Hilfe zur Erziehung § 27-35 SGB VIII / KJHG


Hausarbeit, 2004

18 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. § 27 KJHG
2.1. Voraussetzungen der Hilfe zur Erziehung
2.1.2 Personensorgeberechtigte als Anspruchsinhaber/innen
2.1.3. Dem Kindeswohl entsprechende Erziehung
2.1.4. Geeignete und notwendige Hilfe
2.2. Art und Umfang der Hilfe
2.2.1. Hilfearten
2.2.2. Orientierung am erzieherischen Bedarf Abs. II S.2
2.2.3. Einbeziehung des engeren sozialen Umfeldes
2.3. Pädagogische und therapeutische Leistungen
2.4. Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen
2.5. Art des Anspruchs ( Anhang zu §27 )

3. Vorwort zu den § 28 – 35

4. §28 SGB VIII – Erziehungsberatung –

5. §29 SGB VIII – Soziale Gruppenarbeit –

6. §30 SGB VIII - Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer –

7. §31 SGB VIII - Sozialpädagogische Familienhilfe –

8. §32 SGB VIII – Erziehung in einer Tagesgruppe –

9. §33 SGB VIII – Vollzeitpflege –

10. §34 SGB VIII - Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform –

11. §35 SGB VIII - Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung -

12. Literaturliste

Hilfe zur Erziehung

1. Einleitung

Hilfe zur Erziehung gehört zu den individuellen Hilfen des KJHG.

Die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Hilfe zur Erziehung gehört zu den wesentlichen Neuerungen im Jugendhilferecht. (Das 8. Buch –Sozialgesetzbuch Kinder- und Jugendhilfe- löste am 1.Januar 1991 das Jugendwohlfahrtsgesetz ab).

Ein Anspruch auf Hilfe zu Erziehung besteht dann, wenn ohne sie eine gedeihliche Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen in einem Maße gefährdet wäre, dass körperliche, geistige, soziale oder seelische Beeinträchtigungen des jungen Menschen befürchtet werden müssen. Dabei muss nicht unbedingt ein schuldhaftes Versagen der Erziehungsperson vorliegen. Schlechte Lebensbedingungen der Familie wie Arbeitslosigkeit, Armut oder aber auch belastende Lebensereignisse wie Trennung oder Scheidung können zu Situationen führen, die einen Bedarf begründen. Jedoch gilt auch hier eines der Strukturprinzipien des Gesetzes, nämlich die Orientierung am Vorzug der elterlichen Erziehungsverantwortung.

2. § 27 KJHG

2.1. Voraussetzungen der Hilfe zur Erziehung

2.1.2 Personensorgeberechtigte als Anspruchsinhaber/innen

Auf Hilfe zur Erziehung besteht ein Rechtsanspruch ( ein subjektiv-öffentlicher Anspruch bei Vorliegen der Voraussetzungen des §27 I, d.h. ein einklagbarer Rechtsanspruch der PSB gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe). „Der Anspruch richtet sich auf Hilfe zur Erziehung in Form einer konkreten Hilfeform, deren Art und Umfang gem. §27 II nach dem jeweiligen erzieherischen Bedarf im Einzelfall zu bestimmen ist.“ ( Fieseler/Schleicher zu §27 SGB VIII, S.42,Rz.72)

Im Gegensatz zu der früheren Rechtslage nach dem JWG sind heute die PSB und nicht die Kinder und Jugendlichen Inhaber dieses Rechtsanspruchs.

Personensorgeberechtigter ist, wem nach den Vorschriften des BGB(§7 I, Nr.5) die Personensorge zusteht:

- Eltern (§1626 BGB) auch bei nichtehelichem Kind nach Kindschaftsrechtreformgesetz vom 1.07.1998 bei Vorliegen von Sorgeerklärung, sonst bei nichtehelichem Kind allein die Mutter (§1626a BGB).
- Vormund (§1793 BGB)
- Pfleger (§1909 BGB)

Obwohl Vormund und Pfleger grundsätzlich vom Vormundschaftsgericht als geeignet eingestuft worden sind eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung leisten zu können, steht es ihnen jedoch auch zu Hilfe zur Erziehung in Anspruch zu nehmen.

Ein minderjähriger Elternteil (nach §106 BGB beschränkt geschäftsfähig) hat neben dem gesetzlichen Vertreter die tatsächliche Personensorge (§1673 II, S.2 BGB). Da jedoch die Hilfe zur Erziehung der tatsächlichen Personensorge zuzuordnen ist, hat bei Meinungsverschiedenheiten der Wunsch des minderjährigen Elternteils mehr Gewicht, wenn der gesetzliche Vertreter Vormund oder Pfleger ist (§1673 II, S.3 BGB).

Ab Vollendung des 15.Lebensjahres hat ein minderjähriger Elternteil Anspruch auf Hilfe zur Erziehung (§11 I, Nr.2 SGB X i.V.m. §36 I SGB I ).

Ausländische PSB können, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt rechtmäßig im Inland haben, nach §6 II Hilfe zur Erziehung beantragen.

Werden jedoch Hilfen zur Erziehung außerhalb der Familie beansprucht, kann dies nach §46, Nr.7 AuslG einen Ausweisungsgrund darstellen. Besondere Regelungen werden im AuslG genannt.

2.1.3. Dem Kindeswohl entsprechende Erziehung

Eine Voraussetzung für den Rechtsanspruch auf Hilfe zur Erziehung ist, wenn eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist.

Hierzu muss zuerst einmal der Begriff des Kindeswohls definiert werden, was jedoch faktisch nicht möglich ist, da es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt und dieser, auf den konkreten Einzelfall bezogen, der Auslegung bedarf.

Der Begriff des Kindeswohls findet sich in unterschiedlichen Rechtsvorschriften und Sachzusammenhängen (z.B. § 1626, 1666, 1684, 1685 BGB) (vgl. Fieseler/Schleicher §27 S.4, Rz.5).Der Ausdruck des Kindeswohls beinhaltet dabei immer das körperliche, geistige und seelische Wohl des Kindes.

Im §1 JWG wurde das Kindeswohl an der Entwicklung der leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit gemessen. Im §1 SGB VIII ist die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit der Maßstab.

Da der Begriff des Kindeswohls nicht genau definiert werden kann, birgt er jedoch nicht nur mehr Chancen dem Einzelfall entsprechende Entscheidungen treffen zu können, sondern auch die Gefahr, dass subjektiv und nach dem Maßstab der Qualitätsstandards „abstrakter Idealfamilien“(vgl. Kunkel S. 249 Rz.2a) mittelschichtsorientiert beurteilt wird. Dieser Gefahr sollte jedoch nach §9, Nr.2 KJHG entschieden entgegengewirkt werden.

Nachdem keine gesetzliche Definition des Kindeswohlbegriffs existiert, gibt es auch keine dafür, wann eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist.

Aus der UN-KindK (Kinderrechtskonvention) abgeleitet ist das Ziel „Gewährleistung des Kindeswohls“ dann erfüllt, wenn die Grundbedürfnisse befriedigt sind, die da wären:

Liebe, Zuwendung, Akzeptanz, stabile Bindung, Versorgung, Körperpflege, Gesundheitsfürsorge, Schutz vor Gefahren, geistige und soziale Bildung. (vgl. Kunkel S.249, 2a)

Eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung kann jedoch aufgrund der individuellen Möglichkeiten des Einzelnen nicht am erzieherischen Optimum, sondern nur am erzieherischen Minimum gemessen werden. Dieses erzieherische Minimum liegt nach dieser Betrachtung direkt oberhalb einer erzieherischen Mangellage, die durch den Ausdruck der Kindeswohlgefährdung bezeichnet ist und deren Auslegung im §1666 BGB verankert ist. §27 soll jedoch Hilfe zur Erziehung unterhalb dieser Schwelle leisten. Aber auch, wenn die Gefährdung schon oberhalb der Schwelle des §1666 BGB liegt, ist Hilfe zur Erziehung nicht ausgeschlossen, wie sich aus §1666a BGB ergibt. Nur wenn Eltern nicht bereit oder fähig sind an der Beseitigung dieser Mangellage mitzuwirken, muss das Jugendamt über §50 III SGB VIII einen Eingriff des Familiengerichts herbeiführen.

Den Bedarf bei Hilfe zur Erziehung kann man in der Praxis auch als „Erziehungshilfebedarf“ bezeichnen.

Positiv an dem unbestimmten Rechtsbegriff des allgemeinen Kindeswohls ist, dass die noch im JWG verankerten Zugangsvoraussetzungen für die einzelnen Hilfen am Maßstab der stark stigmatisierenden Begriffe wie „Gefährdung und Schädigung“ (bei Erziehungsbeistandschaft und freiwilliger Erziehungshilfe) und „Verwahrlosung“ (bei Fürsorgerziehung) entfallen.

Diese machten Erziehungsprobleme ausschließlich an den Kindern und Jugendlichen fest. (vgl.Fieseler/Schleicher §27 S.2, Rz.1).

Eine weitere, jedoch zentrale, Bedeutung für die Interpretation des Begriffs des Kindeswohls ist der erzieherische Bedarf(§27 II S.2). Dieser „erzieherische Bedarf“ ergibt sich aus §27 I (..entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist..), da §27 II, S.2 voraussetzt, dass die entsprechende Erziehung nicht gewährleistet und somit zu kompensieren ist.

Des weiteren bezieht sich die in §27 genannte „entsprechende Erziehung“ nicht nur auf die familiäre Erziehung, sondern umfasst auch von der Familie unabhängige Faktoren, die eine Mangelsituation bewirken können. Gründe für die Nichtgewährleistung einer dem Kindeswohl entsprechenden Erziehung können demnach auch schlechte schulische Leistungen oder ein fehlender Arbeitplatz sein.

Gründe, die dem familiären Bereich entspringen, müssen jedoch nicht immer auf erzieherisches Unvermögen zurückzuführen sein. Arbeitslosigkeit der Eltern oder eine schlechte Wohnsituation können auch Ursachen für die Nichtgewährleistung der dem Kindeswohl entsprechenden Erziehung sein.

2.1.4. Geeignete und notwendige Hilfe

Eine weitere Voraussetzung für die Gewährung von Hilfe zur Erziehung ist, dass „die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig“ ist (§27 I ).

Die Begriffe „geeignet“ und „notwendig“ sind unbestimmte Rechtsbegriffe und so bedarf es einer individuellen Prüfung des Einzelfalls. Da jedoch die Geeignetheit und die Notwendigkeit der Hilfe zur Erziehung zu den Anspruchsvoraussetzungen gehören müssen auch diese Begriffe genauer betrachtet werden.

Als „geeignet“ ist die Hilfe zur Erziehung zu betrachten, wenn sie im Hinblick auf das Kind/Jugendlichen und seine Entwicklung so zugeschnitten ist, dass sie den erzieherischen Bedarf deckt und ein taugliches Mittel ist diesen sicherzustellen.

Als „notwendig“ gilt die Hilfe zur Erziehung, wenn andere Leistungen oder Maßnahmen nicht genügen (auch Eigenhilfe der Eltern), wenn sie also erforderlich ist den erzieherischen Bedarf zu erfüllen und so wirksam ist einem Erziehungsmangel abzuhelfen.

Notwendig kann jedoch immer nur eine geeignete Hilfe sein, was deshalb vorrangig zu prüfen ist. Im Allgemeinen gilt hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Wenn jedoch mehrere Hilfen für einen individuellen Fall geeignet sind, dann wird die notwendigste gewählt werden. „Notwendig kann jedoch eine Hilfe auch dann sein, wenn sie teurer als eine andere, aber zur Beseitigung des Mangels besser geeignet ist.“(Kunkel S.251, Rz.4)

Der Begriff „notwendig“ ist auch im Sinne des §1 genau zu prüfen, da die Pflicht der Familie nicht außer acht gelassen werden darf und der Erhalt einer intakten Familienstruktur an oberster Stellen stehen sollte.

[...]

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Details

Titel
Hilfe zur Erziehung § 27-35 SGB VIII / KJHG
Hochschule
Frankfurt University of Applied Sciences, ehem. Fachhochschule Frankfurt am Main
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V37554
ISBN (eBook)
9783638368544
Dateigröße
571 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hilfe, Erziehung, VIII, KJHG
Arbeit zitieren
Svea Dahlström (Autor:in), 2004, Hilfe zur Erziehung § 27-35 SGB VIII / KJHG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37554

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