Klassische Führungstheorien im aktuellen Kontext. Personen- und verhaltenszentrierte Führungsansätze

Gegenüberstellung für eine erfolgreiche Führung


Bachelorarbeit, 2017

93 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


I Inhaltsverzeichnis

II Abbildungsverzeichnis

III Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Die theoretischen Grundlagen der Führung
2.1 Die Definition des Führungsbegriffes
2.2 Die Führungskraft: Abgrenzung zwischen Leader und Manager
2.3 Die ideologische Begründung der Führung
2.4 Die Führung im Unternehmen
2.5 Die Rolle der Führungskraft im Unternehmen

3 Die klassischen Führungstheorien im Überblick
3.1 Die Grundlagen der Führungstheorie
3.2 Die personenzentrierten Führungsansätze
3.3 Die verhaltenszentrierten Führungsansätze
3.4 Die situativen Führungsansätze
3.5 Die Grenzen der Führungstheorien

4 Die Führungsbeurteilung
4.1 Der personenzentrierte Führungsansatz: Die Eigenschaftstheorie
4.1.1 Die Definition und Geschichte der Eigenschaftstheorie
4.1.2 Die Aktualität und Kritikpunkte
4.2 Der verhaltenszentrierte Führungsansatz: Die Ohio-Studien
4.2.1 Die Durchführung und Ergebnisse der Ohio-Studien
4.2.2 Der Ohio-State-Leadership-Quadrant
4.2.3 Die Folgestudien und Kritikpunkte

5 Die Auswertung der Führungstheorien
5.1 Die Versuchsbeschreibung
5.2 Die Gesamtauswertung
5.3 Die Auswertung im Blick auf Führungskräfte
5.4 Die Auswertung im Blick auf Geführte
5.5 Die kritische Würdigung

6 Die Ableitung von Handlungsempfehlungen
6.1 Die Optimierungspotenziale
6.2 Der konkrete Leitfaden

7 Fazit

IV Literaturverzeichnis

V Autorenverzeichnis

Zusammenfassung

Das Ziel der vorliegenden Arbeit lag in der Gegenüberstellung der personen- und verhaltenszentrierten Führungsansätzen, welche exemplarisch durch die Eigenschaftstheorie nach Ralph Stogdill und die Ohio-Studien nach Shartle et al. repräsentiert wurden. Um die Aktualität der Ergebnisse zu erforschen und valide Handlungsempfehlungen präsentieren zu können, wurde eine empirische Datenerhebung vollzogen. Für die empirische Datenerhebung erfolgte eine qualitative Online-Umfrage von 104 Personen, wobei die Aktualität und die Präferenzen der genannten Theorien untersucht wurden. Zudem wurden die allgemeinen Rahmenbedingungen der Führung sowie die Thematik des Geschlechts einer Führungskraft erfragt. Im Rahmen der Datenauswertung wurden die Inhalte der Theorien in der Gesamtauswertung mit quantitativen Resultaten dargestellt. Es erfolgte eine Unterteilung der Befragungsteilnehmer in die Gruppen der Führungskräfte und Geführten. Hieraus ließ sich zielführend ableiten, dass der Vergleich dieser Gruppen eine überwiegende Übereinstimmung hinsichtlich der relevanten Faktoren hervorbrachte. Des Weiteren konnte festgehalten werden, dass die Eigenschaften und die Verhaltensweisen von Vorgesetzten gleichwohl bedeutsam sind und daher in einem ausgewogenen Verhältnis vorhanden sein sollten. Die hieraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen wurden in Form eines Leitfadens festgehalten und richten sich an (potenzielle) Führungskräfte, um eine optimierte Zusammenarbeit gewährleisten zu können und einen Erfolg im Rahmen der Führung zu erzielen.

Abstract

This bachelor thesis aimed to compare the person-centered and the behavior-centered leadership approaches, which were represented by the Trait Theory and the Ohio-Studies. Therefore, an empirical survey was conducted to ensure the topicality and to present valid results. The data collection in the form of an online survey included 104 respondents and researched the topicality and the preferences within the leadership approaches. In addition, the framework in leadership was investigated. The approaches were joined with the related quantitative information inside the results. Furthermore, the results were divided into the groups of leader and subordinates. The final results indicated, that the comparison of leaders and subordinates did not show significant discrepancies towards the relevant factors. Moreover, the ratio of personality traits and behavior patterns should be balanced to achieve success in leadership. Derived from these conclusions, a manual for optimized leadership was created and is geared towards (potential) leaders to ensure a better cooperation and working environment and to achieve success in leadership

II Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Die direkte und indirekte Führung

Abb. 2: Der Führungsbegriff: (In)direkte Führung

Abb. 3: Die nationale Verteilung der Führungskräfte nach Altersgruppen

Abb. 4: Die Gegenüberstellung der Karriere nach Geschlecht

Abb. 5: Die historische Entwicklung der Führungstheorien

Abb. 6: Die Kernführungstheorien und -ansätze

Abb. 7: Die Führungsansätze: Einflussfaktoren des Führungserfolgs

Abb. 8: Die Führungsstile des Ohio-State-Leadership-Quadranten

Abb. 9: Die Führungsweisen im Verhaltensgitter

Abb. 10: Die Wechselwirkung von Führungs- und Situationsvariablen

Abb. 11: Der Reifegrad des Geführten und Führungsempfehlungen

Abb. 12: Die Faktoren innerhalb der Weg-Ziel-Theorie

Abb. 13: Der Ohio-State-Leadership-Quadrant: Führungsstile

Abb. 14: Die Einordnung im Kontext der Führung

Abb. 15: Die Eigenschaftsmerkmale: Erlernt oder angeboren?

Abb. 16: Die Relevanz der Eigenschaftskategorien

Abb. 17: Die Mitarbeiterführung: Arbeits-oder Mitarbeiterorientiert?

III Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Die Kernelemente der Führung

Tab. 2: Die Manager-/Leaderdivergenz

Tab. 3: Die Führung: Eine soziale Tatsache

Tab. 4: Die Klassifizierung der Führungstätigkeiten

Tab. 5: Die Reifegrade des Führungserfolges

Tab. 6: Die Kategorien des Eigenschaftskatalogs (Ralph Stogdill)

Tab. 7: Die Altersstruktur der Umfrage-Teilnehmer

Tab. 8: Der Karrierestand der Umfrage-Teilnehmer

Tab. 9: Die Eigenschaften einer erfolgreichen Führungskraft

Tab. 10: Die Geschlechterzuordnung von Eigenschaften

Tab. 11: Die Bewertung der Führungsstile

Tab. 12: Die fünf wichtigsten Eigenschaften (Führungskräfte)

Tab. 13: Die Auswertung der Merkmale (Führungskräfte)

Tab. 14: Die Auswertung der Führungsstile (Führungskräfte)

Tab. 15: Die fünf wichtigsten Eigenschaften (Geführte)

Tab. 16: Die Auswertung der Merkmale (Geführte)

Tab. 17: Die Auswertung der Führungsstile (Geführte)

Tab. 18: Die Grundbausteine des Leitfadens für eine erfolgreiche Führung

1 Einleitung

Die Thematik der Führung steht seit jeher in einer kontroversen Diskussion, wobei in der Wissenschaft kein einheitliches Verständnis darüber herrscht, wie der Führungsbegriff allgemeingültig zu definieren ist und welche Rolle eine Führungskraft innerhalb von Organisationen einnimmt. Die Forschung beschäftigt sich insbesondere mit verschiedenen Führungsansätzen und -theorien, deren Grundlagen das Ziel eines erfolgreichen Führens verfolgen. In diesem Zusammenhang wird zwischen den personen- und verhaltenszentrierten sowie situativen Führungstheorien unterschieden. Hinsichtlich einer existierenden Vielzahl und stetigen Entwicklung an unterschiedlichen Theorien des erfolgreichen Führens, bilden die genannten Ansätze die zentralen wissenschaftlichen Untersuchungen.[1] Im Rahmen der Führungsforschung werden diese Ansätze im Verlauf der Arbeit historisch begründet und anhand ihrer Grenzen auf ihre Aktualität im heutigen Zeitalter geprüft. Hierbei werden die Ansichten von Führungspersonen und Geführten geschlechterabhängig darstellt und unter anderem im Rahmen der Faktoren Autorität, Charakter, Beeinflussung und Verhalten verglichen.

Zusammenfassend untersucht die vorliegende Arbeit die Thematik der Führung als einen entscheidenden Faktor innerhalb einer erfolgreichen Unternehmensorganisation. Aufbauend auf den theoretischen Grundlagen des Führungsbegriffes erfolgt eine Untersuchung der klassischen Führungstheorien, wobei die Grenzen innerhalb der Forschung aufgezeigt werden. Um die analysierten Führungstheorien in einen aktuellen Kontext einzuordnen, werden die Ansichten von Führungskräften den Meinungen von Geführten direkt gegenübergestellt. Die hierzu erforderlichen Daten werden mithilfe einer Online-Umfrage erhoben und anhand von Häufigkeitsanalysen ausgewertet. Insbesondere werden neben den spezifischen Führungstheorien die menschlichen Präferenzen untersucht, welche im Hinblick auf der Notwendigkeit einer Führungsperson sowie auf das Geschlecht, die Führungsebene und auf die spezifischen Aufgaben gelten. Schlussendlich werden die verschiedenen Erfolgsgaranten der Führung aus beiderlei Perspektiven zusammengestellt und mit den Erkenntnissen im Rahmen der personen- sowie verhaltenszentrierten Führungstheorien verglichen. Die Ergebnisse lassen folglich auf mögliche Optimierungspotenziale im Rahmen der Führung schließen und stellen das Ziel dieser Arbeit dar, definierte Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Führung zu definieren.

2 Die theoretischen Grundlagen der Führung

Das Thema Führung wird seit mehr als 2.000 Jahren zur Diskussion gestellt, wobei sich Begriffsdefinitionen, Managementtheoretiker, angenommene Führungsvoraussetzungen und -eigenschaften sowie Erfahrungswerte verschiedenster Persönlichkeiten kontrovers gegenüberstehen.[2] Als Grundlage dieser Arbeit befasst sich das erste Kapitel mit der Theorie der Führung und durchleuchtet die unterschiedlichen Auffassungen des Führungsbegriffes. Zudem liefert das Kapitel einen detaillierten Eindruck über die Funktionen des Managements und stellt die Führung als Bestandteil des menschlichen Erfolgs zusammenhängend dar. Im Gesamtkontext der vorliegenden Arbeit stellen die theoretischen Grundlagen die Basis für die Umfrage (Kapitel 5) im Rahmen der personen- und verhaltenszentrierten Führungsansätzen dar. Schlussfolgernd bilden die daraus analysierten Ergebnissen das Ziel dieser Arbeit: Die Ableitung von Optimierungspotenzialen im Blick auf eine erfolgreiche Führung.

2.1 Die Definition des Führungsbegriffes

Für den Begriff der Führung existiert eine Vielzahl von Interpretationen und Beschreibungen, wobei keine einheitlich akzeptierte Definition gegeben ist. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden dem Führungsbegriff zudem verschiedene Wörter derselben Bedeutung zugeordnet, wie beispielsweise „Leitung“, „Steuerung“, „Leadership“ oder „Management“ (Kapitel 2.2).[3]

Peter Ferdinand Drucker (1909-2005) nahm als weltweit renommierter Pionier der modernen Management-Theorie einen hohen Einfluss auf die Managementlehre und die Auffassungen der Unternehmensstrategie.[4] Der US-amerikanische Ökonom befasste sich mit essentiellen Entwicklungen im Rahmen der Wirtschaft und des Managements und definiert den Führungsbegriff wie folgt:[5]

“1. The only definition of a leader is someone who has followers. (…)
2. An effective leader is not someone who is loved or admired. He or she is someone whose followers do the right things. Popularity is not leadership. Results are.
3. Leaders are highly visible. They therefore set examples.
4. Leadership is not rank, privileges, titles, or money. It is responsibility.“[6]

Nach dieser Definition bilden die „Follower“[7] (dt.: Anhänger) das ausschlaggebende Kriterium und folgen der führenden Person aktiv und selbstbestimmt. Jedoch liegt der Erfolg weder in der Bewunderung, noch in der Verehrung der Anhänger gegenüber der führenden Person, sondern vielmehr in der Tatsache, dass die „Follower“ das situativ Richtige fokussieren und umsetzen. Demnach sind das Erzielen von Resultaten, die Übernahme von Verantwortung und die Einnahme einer Vorbildfunktion die ausschlaggebenden Eigenschaften hinter dem Begriff der Führung. Mit einem entsprechenden Vergleich unterstreicht der als profiliertester Managementberater und Führungsexperte Deutschlands geltende Reinhard K. Sprenger die Aussage Drucks: „Wer führt, ohne dass ihm die Menschen folgen, geht nur spazieren“[8].

Inhaltlich trifft eine Mehrzahl von Erläuterungen der Führung bzw. des „Leaderships“[9] in den Punkten zusammen, dass es sich hierbei um einen Prozess handelt, indem mehrere Personen involviert sind und ein gemeinsames Ziel verfolgen. Folgende Definition gibt diese Auffassungen zusammenfassend wieder:

„Unter Führung wird im Allgemeinen ein sozialer Beeinflussungsprozess verstanden, bei dem eine Person (der Führende) versucht, andere Personen (die Geführten) zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben und Erreichung gemeinsamer Ziele zu veranlassen. (…) ‚Führung ist ein Prozess der Beeinflussung anderer, um Verständnis und Akzeptanz dahingehend zu erzeugen, was und wie es getan werden muss, sowie ein Prozess, der individuelle und kollektive Anstrengungen zur Erreichung gemeinsamer Ziele erleichtert.’“[10]

Daraus folgernd erschließt sich die Voraussetzung, dass in entsprechenden Situationen in der Regel die geführten Personen mit einer führenden Person zusammenarbeiten („Führende haben Folgende“[11] ). Hierbei steuert die führende Person einen Prozess in eine bestimmte Richtung zu einem spezifischen Ziel und arbeitet gemeinsam mit den Geführten unter Einsatz von Ressourcen zusammen. In diesem Kontext können drei Säulen der Führung genannt werden, mit welchen sich die beteiligten Personen innerhalb des Prozesses beschäftigen:

1. Das Ziel: Was soll erreicht werden?
2. Die Strategie: Wie kann das Ziel erreicht werden?
3. Die Ressourcen: Mit welchen Mitteln kann das Ziel erreicht werden?[12]

Zusammenfassend stellt die St. Gallener Managementlehre den Begriff „Führung“ als eine Managementfunktion dar, „die der ziel- und ergebnisorientierten Verhaltensbeeinflussung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in und mit einer strukturierten Arbeitssituation dient.“[13] Diese Aussage lässt die folgenden Kernelemente der Führung zuordnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Die Kernelemente der Führung

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Züger [2007], S. 123)

Hierbei ist festzuhalten, dass die Literatur die Führung selbst als personenbezogenen Aspekt der Führungssituation ansieht und somit die Verhaltensbeeinflussung der Mitarbeiter darstellt. So wird zwischen der Leitung bzw. einem Leader als betriebswirtschaftliche Führungskraft und dem Management bzw. dem Manager als Verantwortlichen für die sachorientierte Systemsteuerung unterschieden.[14] Diese Begriffsunterteilung wird im folgenden Kapitel gegenübergestellt, sodass die literarische Abgrenzung zwischen einem Leader und einem Manager verdeutlicht wird.

2.2 Die Führungskraft: Abgrenzung zwischen Leader und Manager

Der vorangegangene Abschnitt zeigt die Diversifikation zwischen einer führenden Person und den geführten Personen (bzw. „Followern“ nach Druck) auf. Um ein einheitliches und detailliertes Verständnis gegenüber der Theorie des Führungsbegriffes zu schaffen, steht in diesem Zusammenhang die Rolle der Führungskraft im Fokus. Für den Begriff „Führungskraft“ ist keine einheitliche Erläuterung im deutschen Sprachgebrauch gegeben. Dennoch existiert die Begriffsdefinition eines „Leitenden Angestellten“ im Gesetz des nationalen Arbeitsrechts. Laut §1 AZO sind sie „Angestellte in leitender Stellung“ mit insgesamt 20 unterstellten Arbeitnehmern.[15]

Eine weitere Definition der Führungskraft im Rahmen einer Unternehmung stellt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) wie folgt auf:

„Führungskräfte umfassen Personen ab 18 Jahren, die (...) als Angestellte in der Privatwirtschaft in

(1) Funktionen mit umfassenden Führungsaufgaben (z.B. Direktor/-innen, Geschäftsführer/-innen oder auch Vorstände größerer Betriebe und Verbände)
(2) sonstigen Leitungsfunktionen oder hochqualifizierten Tätigkeiten (z.B. Abteilungsleiter/-innen, wissenschaftliche Angestellte, Ingenieur/-innen) tätig zu sein. Damit umfasst (...) der Begriff „Führungskräfte“ sowohl Personen in Leitungsfunktionen als auch Beschäftigte in hochqualifizierten Tätigkeiten.“[16]

In der Literatur wird im Zusammenhang mit einer führenden Person zwischen einem Leader (Leadership) und einem Manager (Management) unterschieden. Hierbei handelt es sich im Bereich Leadership in erster Linie um die konkrete Menschenführung, wobei der Fokus auf den personalen sowie interaktionalen Aspekt gelegt wird. Ein Leader beeinflusst und motiviert Mitarbeiter, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen (z.B. Konfliktbehebung, Festlegung strategischer Ziele, Vermittlung von Visionen). Die Definitionen sprechen von der Zuteilung „weicher Elemente“ (sogenannten „soft issues“), welche sich mit der interpersonalen, emotional-sinnstiftenden Einflussnahme innerhalb der Unternehmung beziehen. So werden Leader auch als „Managers of meaning“ bezeichnet, die das Wertesystem einer Unternehmung repräsentieren.[17]

Das Management umfasst hingegen den strukturellen und institutionellen Bereich, welcher sich inhaltlich insbesondere mit der Unternehmensführung beschäftigt. Somit besitzt ein Manager die Aufgabe, die Steuerung von Regeln und Systemen zu übernehmen und Prozesse zu gestalten (z.B. Projektdurchführung, Festlegung operativer Ziele, Ressourcenverteilung). Dem Management werden die „harten“ Elemente (sogenannte „hard issues“) zugeteilt, wobei es sich um Aufgaben in der Verwaltung des unternehmerischen Tagesgeschäfts handelt.[18]

Diese Begriffsunterteilung wird von der Literatur vorgegeben, ist jedoch in der Praxis weitestgehend nicht verbreitet. So fließen viele Aufgaben und Eigenschaften in den definierten Tätigkeitsbereich des jeweilig differenzierten Führungsbegriffs über.[19] Ein in diesem Kontext international verbreitetes Zitat zeigt den Unterschied zwischen Leadern und Managern nochmals auf und gibt Rückschlüsse auf die im Vorangegangen beschriebenen Eigenschaften und Tätigkeiten beider Begriffsunterteilungen: „Managers are people who do things right and leaders are people who do the right thing“[20].

Um die konkreten Merkmale der Führungskraft sowohl als Leader als auch als Manager in einen zusammenfassenden Kontext zu stellen, sind die aus der Literatur jeweils definierten Eigenschaften im Folgenden gegenübergestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 2: Die Manager-/Leaderdivergenz

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Mayrhofer/Kaspar/Furtmüller (Hrsg.) [2015], S. 23)

2.3 Die ideologische Begründung der Führung

Es existiert ein einheitlich durchgängiges Verständnis darüber, in welchem Zusammenhang Menschen miteinander arbeiten, dass Geführte und Führende unterschieden und Organisationsstrukturen aufgebaut werden. Diesem Grundverständnis im Rahmen der Führung der Menschheit liegt eine ideologische Begründung zugrunde, deren Wurzeln vergleichsweise selten hinterfragt werden. Im heutigen Zeitalter wird eine führende Person innerhalb einer Teamzusammensetzung beispielsweise im Unternehmen oder innerhalb von speziellen Gruppen als selbstverständlich empfunden und in den überwiegenden Fällen für ein erfolgreiches gemeinsames Vorgehen vorausgesetzt. Dieses Alltagsverständnis beruht auf der Annahme einer bestehenden sozialen Notwendigkeit der Führungsperson als „naturgesetzliches Faktum“.[21] Diese Tatsache wird in der Regel mit den folgenden fünf Argumenten begründet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3: Die Führung: Eine soziale Tatsache

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hinterhuber/Pircher-Friedrich/Reinhardt et al. (Hrsg.) [2006], S. 141 f.; Mayrhofer/Kaspar/Furtmüller (Hrsg.) [2015], S. 19 f.)

Die aufgelisteten Begründungen der Führung sind in der Historie weit zurückzuverfolgen und haben sich über die Zeit fest in den Auffassungen der Menschen verankert. Bereits der griechische Philosoph Platon (428/427-348/347 v. Chr.[22] ) schrieb in seinem Werk „Politeia“: „Niemand, weder Mann noch Weib, soll jemals ohne Führer sein.“[23] Dieser Aussage schließt sich Sigmund Freud (1856-1939[24] ), der Begründer der Psychoanalyse, an: „Es ist ein Stück der angeborenen und nicht zu beseitigen Ungleichheit der Menschen, dass sie in Führer und in Abhängige zerfallen.“[25] Diese Zitate verdeutlichen die Wurzeln der axiomatischen Sichtweise der heutigen Gesellschaft über den Führungsbegriff.[26]

2.4 Die Führung im Unternehmen

Im Rahmen einer Organisation unterteilt sich die Führung in eine direkte und eine indirekte Führung, welche im Zusammenhang zueinander stehen. Demnach bezieht sich die direkte bzw. interaktive Führung auf die unmittelbare wechselseitige Beziehung zwischen der führenden Person und den zugeordneten Mitarbeitern (Geführten) innerhalb eines Unternehmens. Hierbei herrscht ein intensiver Einfluss aller drei beteiligten Komponenten (Führungsperson, Mitarbeiter und Aufgaben) aufeinander. Die folgende Graphik stellt diese Relation anschaulich dar.[27]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die direkte und indirekte Führung

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Züger [2007], S. 123, angelehnt an Wunderer/Bruch [2004], S. 85 f.)

Zu den Aufgaben der direkten Führung zählen beispielsweise die Zielvereinbarung und die Förderung von Mitarbeitern sowie regelmäßige Feedbackgespräche und die Vereinbarung motivierender Ziele. Die direkte Führung gliedert sich in die systematisch-strukturelle Führung ein, welche wiederum die Grundgegebenheiten für die direkte Beziehung zwischen der führenden Person und den Mitarbeitern schafft. Dies geschieht beispielsweise durch die Definition der Strategie, die Ausgestaltung der Struktur und der Kulturentwicklung. Des Weiteren sind Führungsgrundsätze innerhalb einer Organisation für ein einheitliches Grundverständnis der speziellen Denkmuster und Unternehmensnormen seitens der Vorgesetzten und der Mitarbeiter essentiell wichtig. Führungsgrundsätze können zum Beispiel sein: Wertehaltungen gegenüber dem Führungsstil oder der Kommunikation, Möglichkeiten der Personalentwicklung, Konfliktlösungsverhalten sowie Regeln der gemeinsamen Zusammenarbeit.[28] Abschließend fasst die folgende Graphik den Unterschied zwischen direkter und indirekter Führung übersichtlich zusammen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Der Führungsbegriff: (In)direkte Führung

(Quelle: Pelz [2015], o. S.)

2.5 Die Rolle der Führungskraft im Unternehmen

Nach dem Stand im Jahr 2015 existieren in Deutschland insgesamt 3,9 Millionen Führungskräfte, wobei sich wiederum 8,8 Millionen Menschen zur Führungsspitze ihres Betriebes zählen würden.[29] Hierbei liegt der nationale Frauenanteil in Führungspositionen bei 22,5 Prozent gegenüber einem Männeranteil von insgesamt 77,5 Prozent.[30] Des Weiteren zeigt die Betrachtung der Altersgruppen, dass sich die überwiegende Mehrheit der Führungskräfte in der Position als Geschäftsführer zwischen 51 und 60 Jahren befindet:[31]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Die nationale Verteilung der Führungskräfte nach Altersgruppen

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Statista (Hrsg.) [2016], o. S. (2))

Im internationalen Vergleich existiert in Deutschland eine verhältnismäßig geringe Anzahl an Führungskräften. Ein deutlicher Unterschied ist im direkten Vergleich zu beispielsweise der Schweiz und den USA festzuhalten: Durchschnittlich sind 26 Mitarbeiter auf eine Führungskraft in Deutschland zu zählen. Die Schweiz ordnet 13,6 Mitarbeiter und die USA lediglich 7,1 Mitarbeiter einer Führungskraft zu. Bei nationalen Unternehmen liegt hierbei der niedrigste Wert bei 17,6 Mitarbeitern auf eine Führungskraft. Demgegenüber steht der Wert von 13 Mitarbeitern als höchster Vergleichswert in den USA. Die Begründung hierfür liegt laut Wissenschaftlern in dem Unterschied zwischen der koordinierten Marktwirtschaft in Deutschland und der liberalen Marktwirtschaft in den USA. So sehen sich amerikanische Unternehmen in dem Zwang, eine enge Kontrollspanne einzusetzen um Vertrauen, Qualifikation und Mitarbeiterbindung zu gewährleisten. Da laut des Forschungsstands qualifizierte Mitarbeiter ein geringeres Maß an Kontrolle benötigen, werden in Deutschland flache Hierarchien eingesetzt: "Ein solides Berufsbildungssystem sorge für qualifizierte Arbeiter, die wenig Anleitung und Überwachung brauchen."[32] Schlussfolgernd müssen jeweils drei Kriterien vollständig vorausgesetzt sein, um einen vergleichsweise niedrigen Anteil an Führungspersonen in einem Unternehmen erfolgreich einzusetzen:

1. Eine qualitativ hochwertige Berufsbildung
2. Ein hoher Anteil interner Beförderungen
3. Eine Arbeitnehmervertretung[33]

Auf Grundlage des Einsatzes einer Führungskraft in Relation zu den Qualifikationen der Mitarbeiter, nimmt die eingestellte Führungskraft essentielle Aufgaben und hohe Verantwortung innerhalb des Unternehmens ein. Die allgemeine Aufgabe einer Führungskraft bildet die Austauschsteuerung, welche sich unter anderem auf Dienstleistungen, Finanzen, Produkte, Ressourcen und Informationen bezieht. Hierbei ist die Auswirkung auf interne Bereiche (z.B. Personalwesen) sowie die Einflussnahme auf externe Gegebenheiten (z.B. Nachhaltigkeit, Wirtschaft) stetig zu berücksichtigen.[34] Unter Beobachtung der Alltagstätigkeiten von Vorstandsmitgliedern entwickelte der Wissenschaftler und Professor Henry Mintzberg[35] (*1939[36] ) die erste deskriptive Klassifizierung von Führungstätigkeiten, welche empirisch begründet ist. Hierbei unterteilt Mintzberg die Aufgabe einer Führungskraft in drei entscheidende Rollen: Die interpersonellen Rollen, die informationsbezogenen Rollen und die Entscheidungsrollen.[37] Jede der drei Kategorien besitzt wiederum einzelne Führungstätigkeiten, welche mit verschiedenen Aufgaben und Verantwortungen verbunden sind:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 4: Die Klassifizierung der Führungstätigkeiten

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Puckett [2016], S. 23)

Neben der von Mintzberg erstellten Klassifizierung von Führungstätigkeiten, unterscheidet die Literatur zudem in aufgabenbezogene und mitarbeiterbezogene Ziele einer Führungsrolle (Kapitel 3.3). Hierbei stehen die Erwartungen im Vordergrund, welche an die Führungskraft im Unternehmen gestellt werden: „Von einer kompetenten Führungsperson wird erwartet, dass sie sowohl den aufgaben- als auch den mitarbeiterbezogenen Ansprüchen gerecht wird und sie in der jeweiligen Situation in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander bringt.“[38]. In diesem Zusammenhang wird ein Bezug zu der vorangegangenen Begriffsunterteilung in Leadership und Management gezogen (Kapitel 2.2). Somit beziehen sich die aufgabenbezogenen Ziele auf die Managementfunktionen, wobei die Führungskraft eine „Lokomotivfunktion“ einnimmt und die Ausrichtung der Ziele sowie ein leistungsbezogenes Verhalten vorlebt. Die mitarbeiterbezogenen Ziele beziehen sich hingegen auf die Leadership-Funktionen, indem die Führungskraft eine Zusammenhaltsfunktion einnimmt, Vertrauen schafft und den geführten Personen ein Sicherheitsgefühl vermittelt.[39]

Im Kontext der Aufgaben und vorgesetzten Ziele einer Führungskraft, erfordert diese Position im Unternehmen verschiedene Kompetenzen, um eine erfolgreiche Führungsrolle einzunehmen. In der Regel werden Anforderungen an die Fach-, Methoden-, Sozial- und Ich-Kompetenz gestellt:

1. Fachkompetenz: Fähigkeiten, Wissen und Kenntnisse auf Grundlage der Berufsausbildung und Qualifikation
2. Methodenkompetenz: Arbeits- und systematische Vorgehensweise, Art der Gestaltung von Prozessen
3. Sozialkompetenz: Umgang mit Mitarbeitern und Kunden, Empathie, Kooperationsfähigkeit
4. Ich-Kompetenz: Persönliche Eigenschaften, Art mit sich selbst umzugehen[40]

Abschließend betrifft die Führungsrolle die Themen Autorität und Macht innerhalb des Unternehmens. In Bezug auf die „Ich-Kompetenz“ besteht ein entscheidender Faktor darin, Autorität auszustrahlen und dass die sogenannte „legitimierte Macht“ bei den Mitarbeitern auf Akzeptanz trifft. Ist dies der Fall, so besteht seitens der geführten Personen eine Steigerung der Identifikation, Autonomie und Selbstständigkeit, wodurch sich die Autorität der Führungskraft als Motivation beweist. Dennoch kann das Gegenteil mit einer demotivierten Konsequenz folgen, sobald die Autorität zu Unselbstständigkeit, Angst und Abhängigkeit der Mitarbeiter führt. Im Allgemeinen erhält die Führungskraft eine persönliche Autorität, sofern die Mitarbeiter in ihre Fähigkeiten als Führungskraft vertrauen, durch sie ein Sicherheitsgefühl erhalten und die Anerkennung als Vorbild erfolgt.[41]

Neben der Autorität erhält die Führungskraft eine Positionsmacht, welche sich allein auf das Einnehmen der Stelle im Unternehmen bezieht und in keinem Zusammenhang mit ihren Kompetenzen steht. Im Rahmen einer Führungsrolle erhält die Person verschiedene Formen der Macht, welche im Folgenden aufgeführt sind:

1. Charismatische Macht: Beeinflussung in eine bestimmte positive oder negative Richtung aufgrund der persönlichen Ausstrahlung
2. Expertenmacht: Beeinflussung der Fähigkeiten und des Wissens aufgrund des Informationsvorsprunges
3. Legitimationsmacht: Entscheidungs- und Anordnungsbefugnisse (formelle Macht)
4. Referenzmacht: Identifikation der Mitarbeiter mit der Führungskraft als Person und Vorbild (Identifikationsmacht)
5. Sanktionsmacht: Möglichkeit der Belohnung und Bestrafung gegenüber der Mitarbeiter sowie Ausübung von Zwang oder Druck[42]

Sowohl die Autorität als auch die Macht welche die Führungskraft im Unternehmen einnimmt, wirken sich auf die Kommunikation, das Verhalten und die Arbeitsweise der geführten Personen aus. Je nach Zusammenspiel der einzelnen Faktoren und Umgangsweisen innerhalb der Teamkonstellation, können durch die gemeinsame Arbeit und Führungsweise Erfolge erzielt werden. Gleichzeitig besteht das Risiko, die Mitarbeiter in verschiedenen Ausprägungen zu demotivieren und einen Rückgang der Arbeitseffizienz und der allgemeinen Zufriedenheit im Unternehmen zu erreichen.

Im Rahmen des erfolgreichen Führens hat das Magazin „Harvard Business Manager“ die Vorstandsvorstände herausgefiltert, welche über die vergangenen Jahre eine außergewöhnliche Leistung erbracht haben und zu den 100 „Topmanagern“ des vergangenen Jahres zählen.[43] Insgesamt bilden die 100 CEO’s 22 Nationen, wobei ein Anteil von 16% ein Unternehmen außerhalb ihres eigenen Heimatlandes leitet. Der Durchschnitt wurde im Alter von 44 Jahren als Führungskraft ernannt und ist seit knapp 17 Jahren im Amt. Das Ranking setzt Lars Rebien Sørensen als CEO und Chairman von Novo Nordisk in Dänemark (Gesundheitsbranche) auf den ersten Platz. Er führ das Unternehmen seit dem Jahr 2000. Den zweiten Platz belegt Martin Sorrell, CEO und Chairman von WPP in Großbritannien (Branche Verbraucherdienste), welcher seit 1986 die Rolle als CEO einnimmt. Auf dem dritten Platz folgt Pablo Isla, der CEO von Inditex in Spanien (Branche Einzelhandel). Seit dem Jahr 2005 führt er das Unternehmen. Die Plätze 4 und 5 belegen Herbert Hainer, seit 2001 der Vorstandsvorsitzende von Adidas in Deutschland (Konsumgüterbranche), jedoch seit Oktober 2016 nicht mehr im Amt, und Roberto Egydio Setubal, seit 1994 im Amt als CEO von Itaú Unibanco in Brasilien (Branche Finanzdienstleistungen).[44]

Die Studie zeigt erfolgreiche Führungskräfte in ihrem Amt und verdeutlicht zudem, dass der Anteil an weiblichen Vorstandsvorständen sehr gering ist. Insgesamt wurden lediglich zwei Frauen auf die Liste gesetzt, wobei die Gründe deutlich auf die „schwache Präsenz von Managerinnen in der analysierten Gruppe“[45] gelegt wurden. So zählte ein Anteil von 3% (28 Frauen) zu den Vorstandsvorsitzenden der untersuchten 886 Aktiengesellschaften. Unter das Ranking der 100 besten CEOs des „Harvard Business Managers“ gehören zwei Frauen: Marillyn Hewson im Amt als CEO von Lockheed, einem US-amerikanischen Industriekonzern und Martin Debra Cafaro, die Vorstandsvorsitzende von Ventas, einem US-amerikanischen Finanzdienstleister.[46] Den geringen Frauenanteil in Führungspositionen unterstützt eine Statistik des „brand eins Verlags“, welche verdeutlicht, dass der Männeranteil in Führungspositionen mit insgesamt 69% überwiegt und stark zunimmt, je höher die Führungsebenen betrachtet wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Die Gegenüberstellung der Karriere nach Geschlecht

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Fröhlich [2015], S. 95)

3 Die klassischen Führungstheorien im Überblick

Das nachfolgende Kapitel betrachtet die klassischen Führungsansätze, welche im Rahmen der Führungsforschung besondere Beachtung finden.[47] Die Basis bildet die Darstellung der Aufgaben und der Bedeutung von Führungsansätzen und Führungstheorien. Darauf aufbauend werden die situativen sowie die personen- und verhaltenszentrierten Führungsansätze definiert. Abschließend für dieses Kapitel folgt die Analyse der Theoriegrenzen, sodass diese im wissenschaftlichen und praxisorientierten Kontext eingeordnet werden können. Anhand der hierin enthaltenen Informationen werden die verhaltens- und personenzentrierten Führungstheorien gegenübergestellt und in der nachfolgenden Umfrage (Kapitel 5) aus den Blickwinkeln von Führungskräften und Geführten untersucht. Aus der daraus resultierenden Datenauswertung können die zielführenden Optimierungspotenziale im Rahmen der Führung abgeleitet werden.

3.1 Die Grundlagen der Führungstheorie

Die Führungstheorien sind ein essenzieller Gegenstand der Führungsforschung und beschäftigen sich mit der Fragestellung, woran der Führungserfolg im Kontext der personalen Führung gebunden ist.[48] Aufbauend auf der Erklärung des Führungsbegriffes (Kapitel 2), stellen die Theorien diverse Betrachtungsweisen dieser psychologischen Komponente dar und leiten hierfür entsprechende Handlungsempfehlungen für die Vorgesetzten ab.[49] Die Führungsforschung ist hierbei stets in das historisch-gesellschaftliche Umfeld, sowie in das Denk- und Wertesystem der Menschen eingegliedert. Zudem sind die globalen und kulturellen Einflüsse, sowie die wirtschaftlichen Strukturen des jeweiligen geschichtlichen Zeitpunktes prägend für die Richtung und die Erkenntnisse der Führungsforschung.[50]

Im Hinblick auf die historische Entwicklung der Führungsforschung und -theorien finden sich bereits analoge Verweise in Abhandlungen der Philosophen Aristoteles und Machiavelli.[51] In den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden die ersten wissenschaftlichen Werke zu Führungstheorien, welche in der aktuellen Forschung besondere Relevanz haben.[52] Als wesentliche Ursachen für den Anstoß der Entwicklung von Führungstheorien gelten der Übergang von dem fordistischen zum postfordistischen Produktionsregime[53], der Wertewandel von Mitarbeitern und die Globalisierung der Wirtschaft und der Gesellschaft. Diese Ursachen beeinflussten und veränderten die Sichtweise auf die Führung von Menschen und Organisationen.[54] Speziell in den 1940er Jahren und den 1960er Jahren wurden die fundamentalen Theorien entwickelt, welche sich auf drei Einflussfaktoren im Bezug auf den Führungserfolg beziehen:[55]

1. Die Persönlichkeitseigenschaften der Führungskraft
2. Die Verhaltensweisen der Führungskraft
3. Die situativen Bedingungen der Führung.[56]

Aus diesen Einflussfaktoren mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung entstanden zu dieser Zeit drei traditionelle Führungsansätze, deren untergeordnete Theorien die damalige und aktuelle Führungsforschung in hohem Maße beeinflussen. Darüberhinaus wurden kontinuierlich weitere Ansätze und Theorien der Führung mit diversen Kernpunkten entwickelt, welche eine allumfassende Darstellung der Theorien erschweren.[57] Während die klassischen Führungstheorien primär das Verhalten und die Persönlichkeit des Vorgesetzten fokussieren, konzentrieren sich die modernen Führungstheorien zumeist auf die Interaktion zwischen dem Führenden und den Geführten. Des Weiteren berücksichtigen die modernen Ansätze und Theorien eine größere Vielfalt von Komponenten (z.B. die Kollegen und den Arbeitskontext innerhalb einer Organisation).[58] Die unten stehende Abbildung zeigt eine chronologische Entwicklung von Führungsansätzen mit den entsprechenden Theorien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Die historische Entwicklung der Führungstheorien

(Quelle: Schirmer/Woydt [2016], S. 158)

In der Fachliteratur werden die Begriffe „Führungsansatz“ und „Führungstheorie“ unterschiedlich verwendet, wobei „Ansatz“ als übergeordneter Begriff für Modelle und Theorien eingeordnet wird.[59] Aufgrund der hohen Vielzahl von Ansätzen und dazugehörigen Theorien erhebt die nachfolgende Abbildung keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgt eine Konzentration auf die klassischen Führungsansätze und -theorien, welche in der folgenden Abbildung dargestellt werden.

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Abb. 6: Die Kernführungstheorien und -ansätze

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 16 ff.; Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 74 ff.)

Die Schemata der genannten Führungsansätze werden in der nachstehenden Abbildung illustriert. Hierbei wird deutlich, wie die oben genannten Einflussfaktoren des Führungserfolges innerhalb der Ansätze implementiert sind. Bezüglich des Eigenschaftsansatzes und des Verhaltensansatzes ist zu erkennen, dass sowohl der Stil als auch die Eigenschaften die einzigen Einflusskomponenten auf den Erfolg darstellen. Die graphische Darstellung des situativen Ansatzes zeigt, dass unterschiedliche Situationsvariablen verschiedene Führungsstile erzeugen, welche wiederum zu einem Erfolg führen. Insgesamt fasst diese Graphik die Unterteilung der Ansätze übersichtlich zusammen, sodass darauf aufbauend die einzelnen Führungsansätze in den drei folgenden Unterkapiteln vorgestellt werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Die Führungsansätze: Einflussfaktoren des Führungserfolgs

(Quelle: Lippold [2016], S. 338, angelehnt an Neuberger [2002], o. S.)

3.2 Die personenzentrierten Führungsansätze

„Personale oder eigenschaftsorientierte Ansätze versuchen herauszufinden, welche Persönlichkeitsmerkmale eine erfolgreiche Führungskraft ausmachen.“[60] In diesem individualzentrierten Kontext gilt die Annahme, dass die Befähigung einer Führungsperson auf besonderen zeit- und situationsunabhängigen Charaktereigenschaften basiert.[61] Die psychologische Grundlage stellt hierbei das Studium von charakterlichen Attributen und Persönlichkeitstypen dar, welches in die Personalforschung in Organisationen übernommen wurde.[62] Der Fokus dieser Ansätze liegt auf der Führungspersönlichkeit und dessen einseitige Einflussnahme auf die geführten Menschen. Innerhalb der personenzentrierten Führungsansätze sind die Great-Man-Theorie, die Eigenschaftstheorie und die Skills-Theorie einzuordnen. Diese unterscheiden sich wie folgt: Die Great-Man-Theorie fokussiert die Führungspersönlichkeit, die Eigenschaftstheorie bezieht sich auf stabile und unabhängige Eigenschaften und die Skills-Theorie betrachtet Fähigkeiten, welche entwickelt und trainiert werden können.[63] Die nachfolgenden Inhalte bieten ein Grundverständnis und einen Einstieg in diese Theorien.

Die Great-Man-Theorie wurde im Jahr 1888 von Thomas Carlyle entwickelt. In seinem Essay „The Hero as King“ schreibt Carlyle, dass allein der richtige Führer die Fähigkeit hat, ein Heer von Feiglingen in Löwen zu wandeln.[64] Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts stand die Great-Man-Theorie im Fokus der Führungsforschung und gilt als Ursprungstheorie für die eigenschaftszentrierten Ansätze. Hierauf basierend besagt die Theorie, dass lediglich eine Minderheit innerhalb der Bevölkerung aufgrund der Struktur ihrer Persönlichkeit befähigt ist, eine Führungsrolle wahrzunehmen. Eine Führungsperson ist demnach anhand ihrer besonderen Charaktereigenschaften und angeborenen Qualitäten hervorzuheben, welche sie auf natürliche Weise zur Führung von Menschen befähigen. Die Theorie orientierte sich hierbei an herausragenden Persönlichkeiten aus der Politik, dem Militär und der Gesellschaft. Diese Menschen gelten als ideale Führungspersonen, unabhängig von dem Wirken der Geführten.[65] Die Theorie geht anhand der genannten Informationen der Aufgabe nach, diese Persönlichkeitsmerkmale zu identifizieren, um somit die herausragenden Führungspersonen in der Organisation und der Gesellschaft identifizieren zu können.[66] Hierdurch sollen erfolgreiche Führer von erfolglosen Führern bzw. den Geführten abgegrenzt werden können. Bei der Great-Man-Theorie handelt es sich um einen eindimensionalen Forschungsansatz. Dies bedeutet, dass das Führungsverhalten durch ein Kriterium beeinflusst wird, bei welchem es sich um den Entscheidungsspielraum der Führungsperson handelt.[67]

Die Eigenschaftstheorie stellt ebenfalls einen eindimensionalen Forschungsansatz dar. „In diesem als Eigenschaftstheorie (Trait Theory) bekannt gewordenen Ansatz wird angenommen, dass effektiv Führende bestimmte Eigenschaften besitzen, die sie in die Lage versetzen, Einfluss auf die Handlungen der Geführten auszuüben.“[68] Diese Attribute sind als situationsunabhängig und zeitstabil definiert, sowie deutlich identifizierbar und darüberhinaus als messbar festgelegt.[69] Hierauf aufbauend wurden empirische Untersuchungen durchgeführt, um diese Eigenschaften einer erfolgreichen Führungskraft zu bestimmen.[70] Die zentralen Studien wurden von Ralph Stogdill[71] in den Jahren 1948 und 1974 durchgeführt. Aus ihnen ließen sich diverse Eigenschaften identifizieren, welche im Zusammenhang mit Führungserfolg eine positive Korrelation aufwiesen.[72] Die fünf Eigenschaftsgruppen sind Befähigung, Leistung, Verantwortlichkeit, Teilnahme und Status.[73]

Weitere Studien und Untersuchungen von Richard Mann (1959) und Lord/DeVader/Alliger (1986) im Rahmen des Eigenschaftsansatzes ergaben zudem eine Signifikanz der Eigenschaften „Maskulinität“, „Dominanz“ und „Intelligenz“.[74]

Aus diesen Informationen ergibt sich für die Eigenschaftstheorie, dass ein Mensch eine Führungsposition ausschließlich dann erlangen und erfolgreich ausführen kann, wenn er oder sie über diese ermittelten Eigenschaften und Fähigkeiten verfügt.[75]

Die Skills-Theorie ist ebenfalls eindimensional und wurde im Jahr 1955 von Robert Katz in einem Artikel mit dem Titel „Skills of an Effective Administrator“ angestoßen, welchen er in dem Magazin „Harvard Business Review“ publizierte.[76] In diesem Artikel identifizierte Katz drei Gruppierungen von Fähigkeiten, welche einen Garant für die erfolgreiche Führung darstellen sollen. Als erste Gruppierung nannte Katz die „technischen Fähigkeiten“ einer Person. Beispiele hierfür sind, je nach Berufsfeld, die Bedienung einer Maschine zu beherrschen oder die Fähigkeit Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen. Die zweite Gruppierung nannte Katz die „sozialen Fähigkeiten“. Dies stellt die Fertigkeit dar, mit Menschen zusammenarbeiten zu können und in sozialen Kontakt zu treten. Die dritte Gruppierung umfasst die „Fähigkeit des konzeptionellen Denkens“. Zudem legte Katz den Grundsatz fest, dass die Relevanz der technischen Fähigkeiten abnimmt und die Relevanz der konzeptionellen Fähigkeiten zunimmt, je höher sich ein Mensch in einer Leitungsebene innerhalb einer Organisation befindet.[77] Im Jahr 2000 arbeiteten die Wissenschaftler Mumford, Zaccaro, Connelly und Marks an einer neuen Formulierung der von Katz entwickelten Skills-Theorie und erweiterten sein Basisschema um eine weitere Annahme: Die Basiskompetenzen einer Führungsperson können durch dessen Erfahrungen und durch Umwelteinflüsse modifiziert werden.[78] „Dieser Ansatz beschreibt fünf voneinander abhängige Komponenten effektiver Führung: Kompetenzen, individuelle Attribute, Führungsoutcome, Karriereerwartungen und Einfluss von außen (Umwelt).“[79] Ferner weist die Skills-Theorie darauf hin, dass diese Fähigkeiten erlernbar sind.[80]

Im weiteren Verlauf der Führungsforschung rückte insbesondere das Verhalten einer Führungsperson verstärkt in den Fokus. Durch die kritische Auseinandersetzung mit den eigenschaftszentrierten Ansätzen entstand das Bedürfnis nach alternativen Erklärungsansätzen für eine erfolgreiche Führung.[81] Dieser Fokus wird in den verhaltenszentrierten Führungsansätzen mit den folgenden dazugehörigen Theorien behandelt.

3.3 Die verhaltenszentrierten Führungsansätze

Zu Beginn der 1950er Jahre konzentrierte sich die Führungsforschung auf das Verhalten und den Führungsstil eines Vorgesetzten. In diesem Kontext wurde die Frage formuliert, welches Verhalten die erfolgreichen Führungspersonen adaptieren und in diesem Zusammenhang eine produktive und zufriedene Gruppe von Geführten leiten.[82] „Gemäß verhaltenswissenschaftlicher Ansätze beruht Führungserfolg auf individuellen, mehr oder weniger veränderbaren Verhaltensstilen von Führungspersonen.“[83] Hierauf beruhend nehmen die verhaltenszentrierten Ansätze an, dass eine Führungsperson ein spezifisches Verhalten implementiert, woraufhin ein entsprechendes Verhalten bei den Geführten angeregt wird und somit zu einem Erfolg führt.[84] Einige der unter diesem Ansatz kategorisierten Theorien sind die Theorie der Führungsstile, die Ohio-Studien und das Leadership-Grid-Modell, welche nachfolgend vorgestellt werden. Die letzten beiden Theorien stellen zweidimensionale Ansätze dar, aufgrund der Berücksichtigung der zwei Dimensionen der Mitarbeiterorientierung und der Aufgabenorientierung.[85]

Die eindimensionale Theorie der Führungsstile wurde im Jahr 1939 von dem Psychologen Kurt Lewin, dem Pionier dieses Forschungsgebietes, und seinen Kollegen angeführt.[86] „Der Begriff „Führungsstil“ bezeichnet ein relativ stabiles Verhaltensmuster, das die Führungskraft in Interaktion mit ihren Mitarbeitern unabhängig von der Situation zeigt.“[87] Auf Basis von verschiedenen Studien und Feldforschungen an Kindern und Jugendlichen untersuchte Lewin in den 1940er Jahren drei verschiedene, von ihm definierte Führungsstile: Die autokratische, die demokratische und die Laissez-faire Führung.[88] Der autoritäre Führungsstil übergibt dem Vorgesetzten alle Entscheidungen, ohne die Möglichkeit der Mitwirkung von den Geführten. Die Beziehung zwischen dem Vorgesetzten und den Geführten basiert auf Befehl und Gehorsam. Innerhalb des demokratischen Führungsstils bindet der Vorgesetzte die Geführten aktiv im Rahmen der Ziel- und Aufgabenbestimmung ein. Hierbei ist die Führungskraft bemüht, die Geführten zu informieren und zu unterstützen. Demgegenüber steht der Laissez-faire Führungsstil, welcher durch die Abwesenheit der Führungskraft geprägt ist und den Mitarbeitern keinerlei Unterstützung bietet.[89]

Die drei untersuchten Stile weisen nach Lewin sowohl Vor- als auch Nachteile auf. Insgesamt kam Lewin zu dem Schluss, dass kein idealer Führungsstil existiert, sondern die Stile vielmehr eine Einordnungshilfe der Führenden bilden.[90] Dennoch kam Lewin anhand seiner Forschung zu dem Ergebnis, dass der demokratische Führungsstil im Vergleich besonders erfolgreich ist.[91]

Die Ohio-Führungsstudien entstanden in den 1950er Jahren und wurden von Shartle et al. an der Ohio State University durchgeführt. Des Weiteren wurden ebenfalls an der Universität von Michigan ähnliche Studien vollzogen.[92] Die Grundlage der Ohio-Studien bildet der „Leader-Behavior-Description-Questionnaire“ (LBDQ Studien), welcher an der gleichnamigen Ohio State University aufgestellt und verwendet wurde. Die Datenauswertung der befragten Personen lieferte das Ergebnis, dass zwei zentrale Gruppen im Rahmen des Führungsverhaltens bestehen: Die „Initiating Structure“, welche die aufgabenorientierten Verhaltensweisen zusammenfasst sowie die „Consideration“, welche die beziehungsorientierten Verhaltensweisen beinhaltet.[93] Aus dieser Erkenntnis entstand der „Ohio-State-Leadership-Quadrant“: Die genannten Gruppen lassen sich, je nach der Ausprägung, in vier Führungsstile unterteilen. Sie stehen in der jeweiligen Abhängigkeit zu der Aufgabenorientierung und zu der Mitarbeiterorientierung. Diese Dimensionen und die zugehörigen Führungsstile werden in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.[94]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8: Die Führungsstile des Ohio-State-Leadership-Quadranten

(Quelle: Lippold [2014], S. 218)

Die Darstellung zeigt, dass ein beziehungsorientierter Stil besonders bei einer hohen Mitarbeiterorientierung möglich ist. Bei einer hohen Aufgabenorientierung eignet sich der autoritäre Führungsstil. Bei einer zweifach hohen Ausprägung greift der kooperative Stil und bei einer zweifach niedrigen Ausprägung greift der bürokratische Stil.[95] Auf Basis der Studien kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass eine hohe Ausprägung beider Dimensionen den größten Erfolg verspricht und demnach der kooperative Führungsstil besonders erfolgsversprechend ist.[96] Der primäre Unterschied zwischen den Ohio-Studien und den Michigan-Studien besteht in dem Abhängigkeitsverhältnis der Dimensionen. Die Ergebnisse der Ohio-Studien resultieren in der Annahme, dass die Führungspersonen jeweils eine hohe oder eine niedrige Ausprägung auf den dargestellten Skalen (Abb. 8) erreichen können. Die Michigan Studien besagen im Gegensatz hierzu, dass eine Führungsperson auf lediglich einer der Dimensionen eine hohe Ausprägung aufweisen kann.[97]

Das Leadership-Grid-Modell (auch bekannt als „Managerial Grid“) wurde von Blake und Mouton im Jahr 1964 entwickelt und im Jahr 1985 in revidierter Form dargestellt. Sie beziehen sich ebenfalls auf die Dimensionen der Mitarbeiterorientierung und der Aufgabenorientierung.[98] Die Kernaussagen dieses Modells besagen, dass Führungskräfte beide Dimensionen in ihr Verhalten integrieren sollten, woraufhin sich ein konstant erfolgreiches Führungsverhalten ergibt.[99] Die nachfolgende Abbildung illustriert das beschriebene Verhaltensgitter mit den entsprechenden Führungsweisen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9: Die Führungsweisen im Verhaltensgitter

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 21)

Das „Impoverished Management“ zeugt von geringem Interesse an den Mitarbeitern und ihren Aufgaben. Dieser Verzicht auf Führung drückt sich durch geringe Produktivität und geringe Motivation aus. Das „Authority-Compliance Management“ zeichnet sich durch eine hohe Aufgabenorientierung aus, wodurch eine starke Arbeitsleistung erbracht wird. Jedoch ist es mit einer schlechten Arbeitsatmosphäre verknüpft. Das „Country-Club Management“ zeugt von einer Überbetonung der Mitarbeiterorientierung, wodurch eine positive Arbeitsatmosphäre bei den Geführten herrscht. Dies führt allerdings zu geringer Produktivität und nachlassender Leistung der Mitarbeiter. Das „Team-Management“ betrachtet beide Dimensionen in hohem Maße und besitzt das Potenzial, mit den Geführten eine Hochleistung zu erbringen. Diese Führungsweise ist jedoch sehr zeitintensiv.[100] Blake und Mouton bestimmten auf Basis dieses Modells, dass das „Team Management“ die optimale Verhaltensweise der Führenden darstellt.[101]

Die personenzentrierten als auch die verhaltenszentrierten Theorien ließen bis zu diesem Zeitpunkt die situative Komponente der Führung außen vor. „Die Erkenntnis, dass Führungserfolg weder durch bestimmte Persönlichkeitseigenschaften noch durch einen idealen Führungsstil vollständig erklärt werden kann, beflügelte die Erforschung weiterer Einflussgrößen, darunter vor allem die Situation.“[102] Diese Einflussgröße ist der zentrale Anknüpfungspunkt der situativen Führungsansätze und den dazugehörigen Theorien, welche im nachfolgenden Abschnitt vorgestellt werden.

3.4 Die situativen Führungsansätze

„Situationsorientierte Ansätze postulieren, dass sich das Führungsverhalten einer Person an unterschiedlichen Situationsvariablen auszurichten hat.“[103] Aus diesem Grund stellt die Situation innerhalb dieser Theorien einen zentralen Erfolgsfaktor für die Führung dar.[104] In diesem Kontext untersuchen die situativen Ansätze und Theorien die Beziehung der Führungsperson, sowohl in ihren Eigenschaften als auch im Bezug auf deren Verhalten. Diese untersuchten Variablen stehen in der Abhängigkeit von Situationen, in welchen sich der Vorgesetzte befindet. Demnach spielt es eine zentrale Rolle, wie eine Führungsperson eine bestimmte Situation einschätzt um zu entscheiden, welches Vorgehen angemessen ist. Gemäß dieser situativen Theorien kann die Wirksamkeit der Führung maximiert werden, wenn die Führungskraft ihr Verhalten auf die Situation und die Geführten abstimmt.[105] In diesem Zusammenhang wurden unterschiedliche Führungstheorien entwickelt, wobei die Kontingenztheorie, das Reifegradmodell und die Weg-Ziel-Theorie besonders hervorzuheben sind. Diese Theorien werden nachfolgend in ihren Grundzügen vorgestellt.

Die Kontingenztheorie wurde im Jahr 1967 von dem Wissenschaftler Fred Edward Fiedler entwickelt. Sie betrachtet die Situation der Führung und das Verhalten der Führungskraft auf gleicher Ebene. In dieser Theorie untersuchte Fiedler die Wechselwirkung zwischen den Führungsvariablen (Mitarbeiterorientierung und Aufgabenorientierung) mit den Situationsvariablen. Hierbei handelt es sich um die Aufgabenstruktur, die Positionsmacht und die Beziehung zwischen den Vorgesetzten und den Geführten.[106] Die nachfolgende Abbildung illustriert dieses Grundschema.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10: Die Wechselwirkung von Führungs- und Situationsvariablen

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 24, angelehnt an Yuki [2010], o. S.)

Für die Bestimmung der Komponente des Führungsstils entwickelte Fiedler eine Skala, die ihm erlaubte, den Grad der Mitarbeiterorientierung und der Aufgabenorientierung messbar festzustellen. Bei dieser Messskala handelt es sich um die „Least Preferred Cowoker Scale“ (LPC).[107] Die Skala dient der Orientierung, wie die Führungskraft den am wenigsten geschätzten Mitarbeiter betrachtet. Ist diese Betrachtung positiv, zeigt die Skala eine hohe Mitarbeiterorientierung und einen hohen LPC-Wert, wohingegen die Aufgabenorientierung am anderen Ende dieser Skala steht.[108] Die Situationsvariablen werden herangezogen, um zu bestimmen wie günstig sich die konkrete Situation für die Führung und den Erfolg darstellt. Innerhalb der Aufgabenstruktur geht es um die Abgrenzung und die Struktur einer Aufgabenstellung sowie die Messbarkeit der Aufgabenerreichung. Die Positionsmacht beschreibt die Autorität des Vorgesetzten durch dessen hierarchische Stellung innerhalb der Organisation. Die Beziehung zwischen der Führungsperson und den Geführten bestimmt den Grad, wie gut das Verhältnis auf Vertrauen und Respekt innerhalb der Gruppe basiert. Hierbei stellte Fiedler fest, dass die Beziehung sich primär als günstig auf die Situation auswirkt. Die Positionsmacht wirkt sich wiederum am geringsten auf die Situation aus. Durch die Einbeziehung der Erfolgsvariablen und der Situationsvariablen kann eine Führungsperson somit einschätzen, wie sich diese auf den Erfolg auswirken.[109]

[...]


[1] Vgl. Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 12 ff.

[2] Vgl. Sprenger [2005], S. 187.

[3] Vgl. Detje [2017], S. 6.

[4] Unterstützendes Zitat: „Drucker ist der bedeutendste unter den Zukunftsanalytikern und der hervorragendste unter den Managementtheoretikern unserer Zeit. Wall Street Journal“ (Drucker [2002], o. S.).

[5] Vgl. Veiga [2005], o. S.

[6] Hesselbein/Goldsmith/Beckhard [1996], S. 12.

[7] Wortherkunft: „englisch follower = Anhänger“ (Bibliographisches Institut GmbH, Dudenverlag (Hrsg.) [2016], o. S. (1)).

[8] Hinterhuber/Pircher-Friedrich/Reinhardt et al. (Hrsg.) [2007], S. 69.

[9] Wortbedeutung: „Führung: Gesamtheit der Führungsqualitäten“ (Bibliographisches Institut GmbH, Dudenverlag (Hrsg.) [2016], o. S. (2)).

[10] Neuberger [2002], S. 58 ff., zitiert nach Mayrhofer/Kaspar/Furtmüller (Hrsg.) [2015], S. 19.

[11] Hinterhuber/Pircher-Friedrich/Reinhardt et al. (Hrsg.) [2007], S. 71.

[12] Vgl. Hölzerkopf [2005], S. 25 ff.

[13] Wunderer [2001], o. S., zitiert nach Züger [2007], S. 122.

[14] Vgl. Züger [2007], S. 123.

[15] Vgl. Hofmann [2000], S. 11.

[16] Holst/Busch-Heinzmann/Wieber [2015], S. 16.

[17] Vgl. Mayrhofer/Kaspar/Furtmüller (Hrsg.) [2015], S. 21 ff.

[18] Vgl. Mayrhofer/Kaspar/Furtmüller (Hrsg.) [2015], S. 21 ff.

[19] Vgl. Mayrhofer/Kaspar/Furtmüller (Hrsg.) [2015], S. 21 ff.

[20] Sutton [2010], o. S.

[21] Vgl. Mayrhofer/Kaspar/Furtmüller (Hrsg.) [2015], S. 19 ff.

[22] Vgl. Erler [2006], S. 15 ff.

[23] Platon [1963], S. 74, zitiert nach Gebert/Boerner [1995], S. 275, zitiert nach Mayrhofer/Kaspar/Furtmüller (Hrsg.) [2015], S. 19.

[24] Vgl. Wollheim [1990], o. S.

[25] Freud [1974], S. 284, zitiert nach Mayrhofer/Kaspar/Furtmüller (Hrsg.) [2015], S. 19.

[26] Vgl. Mayrhofer/Kaspar/Furtmüller (Hrsg.) [2015], S. 20 f.

[27] Vgl. Züger [2007], S. 123.

[28] Vgl. Knecht/Pifko/Züger [2011], S. 12 ff.

[29] Vgl. Fröhlich [2015], S. 94.

[30] Vgl. Statista (Hrsg.) [2016], o. S. (1).

[31] Vgl. Statista (Hrsg.) [2016], o. S. (2).

[32] SPIEGEL ONLINE (Hrsg.) [2017], o. S.

[33] Vgl. SPIEGEL ONLINE (Hrsg.) [2017], o. S.

[34] Vgl. Puckett [2016], S. 23 f.

[35] Ergänzende Information: Henry Mintzberg ist ein kanadischer Staatsbürger, welcher seit seiner Studienzeit das Wesen der Manager untersucht und das Thema wissenschaftlich beleuchtet. Bis heute hat der Wissenschaftler und Professor für BWL und Management insgesamt 19 Bücher und eine Vielzahl an Artikeln zum Thema Strategie und Management veröffentlicht (Harvard Business Manager Online (Hrsg.) [2012], o. S.; mintzberg.org (Hrsg.) [o. J.], o. S.).

[36] Vgl. brand eins Verlag GmbH & Co. oHG (Hrsg.) [2011], o. S.

[37] Vgl. Puckett [2016], S. 23 f.

[38] Züger [2007], S. 126.

[39] Vgl. Züger [2007], S. 126 f.

[40] Vgl. Züger [2007], S. 126 f.

[41] Vgl. Züger [2007], S. 129.

[42] Vgl. Züger [2007], S. 129.

[43] Die Gesamtbewertung des „CEO Rankings“ bestand aus zwei Faktoren: Dem Rangplatz des finanziellen Erfolges im Rahmen einer ausgezeichneten Aktienrendite (80%) und die Positionen in den Nachhaltigkeitsranglisten (je 10%), welche auf Basis sozialer, ethischer und ökologischer Faktoren ermittelt worden. Es wurden jene Unternehmen bewertet, welche Ende 2015 im S&P Global 1200 (Index mit 70% der globalen Aktienmarktkapitalisierung) vertreten waren. Es wurden ausschließlich die CEOs für das Ranking in Betracht gezogen, welche mehr als zwei Jahre im Amt waren.

[44] Vgl. Seeger [2016], o. S.

[45] Seeger [2016], o. S.

[46] Vgl. Seeger [2016], o. S.

[47] Vgl. Bartscher [o. J.], o. S.

[48] Vgl. Schirmer/Woydt [2016], S. 159.

[49] Vgl. Marcus [2011], S. 100.

[50] Vgl. Lang/Rybnikowa [2014], S. 15 ff.

[51] Vgl. Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 73.

[52] Vgl. Raich [2005], S. 29.

[53] Wortbedeutung: Der Fordismus, nach dem Automobilproduzenten Henry Ford, begann in den 1920er Jahren nach dem Ersten Weltkrieg und kennzeichnet sich durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen hinsichtlich der standardisierten Massenproduktion, der verstärkten Kaufkraft, dem Aufbau des Sozialstaats und die steigenden Ansprüche an die Lebensqualität. Der Niedergang des Fordismus, eingeleitet u.a. durch die Ölkrise in den 1970er Jahren, markiert den Übergang zum Postfordismus, welcher sich durch Veränderungen im Produktionsbereich, durch eine konstante Innovation von Produktion und Dienstleistungen und dem Abbau von sozialstaatlichen Leistungen auszeichnet. (Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.) [2012], o. S.).

[54] Vgl. Lang/Rybnikowa [2014], S. 19 f.

[55] Vgl. Raich [2005], S. 29.

[56] Vgl. Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 73.

[57] Vgl. Raich [2005], S. 29 f.

[58] Vgl. Lang/Rybnikowa [2014], S. 20 f.

[59] Vgl. Lippold [2016], S. 337.

[60] Raich [2005], S. 30.

[61] Vgl. Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 74.

[62] Vgl. Weinert [2004], S. 466.

[63] Vgl. Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 16.

[64] Vgl. Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 74.

[65] Vgl. Staehle [1999], S. 331 f., zitiert nach Lippold [2014], S. 212.

[66] Vgl. Neuberger [2002], zitiert nach Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 74.

[67] Vgl. Bröckermann [2007], S. 343 f., zitiert nach Lippold [2016], S. 338.

[68] Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 16.

[69] Vgl. Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 16 f.

[70] Vgl. Heinen [1984], S. 149.

[71] Ergänzung: In Werken wie bspw. Lippold [2014] und Schirmer/Woydt [2016] gilt die Eigenschaftstheorie und die Forschung von Stogdill als Fortführung der Great-Man-Theorie und ist hiervon nicht vollständig abgegrenzt.

[72] Vgl. von Rosenstiehl [2003], S. 7 f., zitiert nach Lippold [2014], S. 212.

[73] Vgl. Heinen [1984], S. 149.

[74] Vgl. Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 17.

[75] Vgl. Heinen [1984], S. 149.

[76] Vgl. Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 18.

[77] Vgl. Detje [2017], S. 142.

[78] Vgl. Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 18.

[79] Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 18.

[80] Vgl. Detje [2017], S. 142.

[81] Vgl. Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 75.

[82] Vgl. Weinert [2004], S. 470.

[83] Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 74.

[84] Vgl. Raich [2005], S. 32.

[85] Vgl. Lippold [2016], S. 338.

[86] Vgl. Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 75.

[87] Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 75.

[88] Vgl. Handelsblatt Management Bibliothek (Hrsg.) [2005], S. 116.

[89] Vgl. Schirmer/Woydt [2016], S. 166.

[90] Vgl. Hofert [2016], S. 43 f.

[91] Vgl. Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 75.

[92] Vgl. Hammann [2008], S. 96.

[93] Vgl. Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 19 f.

[94] Vgl. Schulenberg [2016], S. 221.

[95] Vgl. Schulenberg [2016], S. 221.

[96] Vgl. Volk [2004], S. 74.

[97] Vgl. Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 20.

[98] Vgl. Drumm [2008], S. 447.

[99] Vgl. Neugebauer/Thülig [2016], S. 16.

[100] Vgl. Neugebauer/Thülig [2016], S. 17.

[101] Vgl. Drumm [2008], S. 448.

[102] Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 76.

[103] Raich [2005], S. 33.

[104] Vgl. Raich [2005], S. 33.

[105] Vgl. Weinert [2004], S. 483.

[106] Vgl. Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 76.

[107] Vgl. Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 24.

[108] Vgl. Kauffeld/Ianiro/Sauer [2014], S. 76.

[109] Vgl. Stippler/Moore/Rosenthal et al. [2014], S. 24 f.

Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Klassische Führungstheorien im aktuellen Kontext. Personen- und verhaltenszentrierte Führungsansätze
Untertitel
Gegenüberstellung für eine erfolgreiche Führung
Hochschule
Hochschule Fresenius Idstein
Note
1,3
Autoren
Jahr
2017
Seiten
93
Katalognummer
V374522
ISBN (eBook)
9783668526006
ISBN (Buch)
9783668526013
Dateigröße
2242 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Führungstheorien, personenzentriert, verhaltenszentriert, Führungskraft, Führung, Führungsstil, Vorgesetzter, Ohio-Studien, Stogdill
Arbeit zitieren
Marie Leukel (Autor:in)Isabel Schönmann (Autor:in), 2017, Klassische Führungstheorien im aktuellen Kontext. Personen- und verhaltenszentrierte Führungsansätze, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/374522

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