Muzafer Sherif und seine Forschung zur Gruppendynamik. Ein Überblick


Seminararbeit, 2017

24 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einführung

2 Das Leben und Werk von Muzafer Sherif

3 Das Robber´s Cave Experiment
3.1 Versuchsgruppe
3.2 Untersuchungsmethoden
3.3 Ort des Experiments
3.4 Phase der Gruppenbildung
3.5 Konfliktphase
3.6 Kooperationsphase
3.7 Ergebnisse

4 Praxistransfer

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

7 Quellenverzeichnis

Abstract

Die vorliegende Seminararbeit gibt einen Überblick über die Forschung des türkischen Sozialpsychologen Muzaffer Sherif, im Bereich der Gruppendynamik. Nach einer kurzen Einführung zu seiner Person, wird im weiteren Verlauf der Arbeit sein bekanntes Ferienlagerexperiment (orig. „Robber’s-Cave-Experimente“) beschrieben, in welchem er zeigte, dass es zum Abbauen von Stereotypen nicht nur reicht, genügend Kontakt zwischen den verschiedenen Gruppen herzustellen, sondern zusätzlich gemeinsame Ziele und aktive Zusammenarbeit notwendig sind. Die daraus abgeleiteten Erkenntnisse, werden einem Praxistransfer unterzogen. Die Basis dieser Seminararbeit sind die Werke Sherif u .Sherif (1953); Sherif et al. (1955) und Sherif et al. (1961) sowie entsprechende Grundlagenlektüre der Sozialpsychologie. Die Arbeit ist sowohl für Studierende in den Fächern Psychologie sowie Pädagogik, als auch für Führungskräfte in der freien Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung interessant.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Muzafer Sherif und Carolyn W. Sherif (Jon Endres, 2015)

Abbildung 2: Teil der Versuchsgruppe (Jon Endres, 2015)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Gruppenbewertung nach Annäherungsphase (Sherif,1954, S. 189)

Tabelle 2: Haltung der Gruppen nach Phase 3 (Sherif, 1954, S.194)

1 Einführung

Unabhängig von seinem spezifischen Lebens- und Arbeitsumfeld, ist jeder von uns Beobachter, vielleicht sogar Teilnehmer von Projekten, bei denen es darauf ankommt, dass mehrere, die sozialen Verhältnisse betreffend völlig unterschiedliche, Gruppen sich zur Erreichung gemeinsamer Ziele beziehungsweise Interessen zusammentun.

Diese Unterschiede zwischen den Gruppen und die daraus resultierenden Verhältnisse zueinander können sowohl positive, als auch negative sozialee Effekte haben. Ein anschauliches Beispiel liefert das Verhalten von Neonazis gegenüber Zuwanderern: Hier werden tiefgreifende Konflikte auf sozialer Ebene hervorgerufen, doch auch alltäglich, lassen sich solche von Angriffslust oder gar Gewalt, wenn auch häufig in subtiler Form, finden. Im Gegensatz hierzu, lassen sich positive Interaktionen, geprägt von Solidarität und Gemeinschaftsarbeit zwischen sozialen Gruppen beobachten, exemplarisch etwa in Wohngemeinschaften, politische Parteien oder gemeinnützigen Vereinen.

Die Sozialpsychologie untersucht das Verhalten von Mitgliedern einer Gruppe gegenüber den Mitgliedern einer anderen Gruppe unter dem Begriff der Gruppendynamik und des Intergruppenverhaltens.

Die Gruppendynamik ist „das Studium der Art und Weise, in der Gruppenprozesse das Verhalten des Individuums verändern“ (Gerrig & Zimbado, 2008, S. 734). Unter Intergruppenverhalten werden sowohl Fälle sozialen Konflikten und deren Entstehung subsumiert, als auch Konstellationen, die sich durch gegenseitiger Hilfe und Verständnis auszeichnen.

Der türkische Sozialpsychologe Muzaffer Serif, hat eine Theorie für das Intergruppenverhalten aufgestellt. Sie besagt, dass Intergruppeneinstellungen und -verhalten von Gruppenmitgliedern ein objektives Interesse einer Gruppe gegenüber der anderen Gruppe widerspiegeln. Entsteht durch das objektive Interesse ein Konflikt und kreuzen sich dadurch Interessen, kommt es zu einem Wettbewerb, der von Vorurteilen bis hin zu feindseligem Verhalten führt. Die Eigengruppe jedoch wird immer als dominierend und besser im Vergleich zu der anderen Gruppe angesehen.

Um die Gültigkeit seiner Theorie zu bestätigen, machte Sherif drei Feldexperimente, die zu Klassikern der sozialpsychologischen Literatur geworden sind. (Sherif u .Sherif 1953; Sherif et al.1955; Sherif et al.1961)

Diese Arbeit soll die Theorie, den Aufbau der Feldexperimente sowie die daraus gewonnenen Erkenntnisse durchleuchten und zusammenfassen. Des Weiteren soll ein Praxistransfer die Thematik greifbar machen und veranschaulichen.

2 Das Leben und Werk von Muzafer Sherif

Muzafer Sherif wurde am 29. Juli 1906 als Muzaffer Şerif Başoğlu geboren. Er kam aus einer kleinen Stadt (Ödemis bei Izmir) und war das zweite von fünf Kindern einer wohlhabenden Familie. Nach der Grundschule ging Sherif auf das Internationale College in Izmir (Çetik, 2007). Mit 17 Jahren lebte Sherif bereits 11 Jahre in einem Land, welches vom Krieg und ethnischen Konflikten gezeichnet war. Den steigenden Nationalismus, der während des libyschen Krieges, der Balkankriege und des Ersten Weltkrieges herrschte , in dem das Osmanische Reich ein Verbündeter Deutschlands war, erlebte er direkt mit. Auch durchlebte er die Deportation der Armenier und die Besetzung der Stadt Izmir durch die Griechen und anschließend durch die türkischen Soldaten, während des türkischen Unabhängigkeit Krieges. Er selbst sah sein Überleben als „Wunder“ an (Trotter, 1985).

Nach seinem Abschluss als Bachelor of Arts für Psychologie am American International College im Jahr 1924 studierte Sherif Philosophie an der Universität Istanbul. Er beteiligte sich zu dieser Zeit an vielen politischen Diskussionen über die Modernisierung und der Annäherung der türkischen Gesellschaft an den Westen und interessierte sich für die „hormische Psychologie“ von William McDougall (welche den Gegenstand der Psychologie als das Verhalten von Mensch und Tier bestimmt). Für seine Master- und Doktorandenstudien ging Sherif in die USA, in welcher zu dieser Zeit die Große Depression herrschte. In Harvard erweiterte er seine Interessen auf andere Bereiche der Sozialwissenschaften und fokussierte sich auf die soziale Strukturierung von Wahrnehmung und Verständnis. Dies führte ihn zu experimentellen Studien über „Prestige-Suggestion“, worüber er auch seine zweite Masterarbeit schrieb (Batur, 2014). Nach seinem zweiten Masterabschluss in Harvard, besuche Sherif 1932 Europa. Er besuchte Vorlesungen in Berlin und erlebte den Aufstieg der Nationalsozialisten (Granberg & Sarup, 1992). Im Herbst 1933 kehrte Sherif nach Harvard zurück. In den USA wurden zu dieser Zeit breite Volksfronten mit sozialdemokratischen Parteien gefördert, um eine weltweite antifaschistische Front zu bilden. Diese Entwicklung war ein guter Nährboden für kommunistische Ideen, welche vor allem in akademischen Kreisen aufkamen. Sherif wird von diesen Ideen beeinflusst und entwickelt eine marxistische Sozialanalyse. Seine Doktorarbeit absolvierte er an der Columbia University mit Gardner Murphy.

Die Arbeit mit dem Titel „A study of some social factors in perception“ (Sherif, 1935) untersuchte die psychologische Basis sozialer Normen und gilt bis heute als Grundlektüre der Sozialpsychologie.

Nach der Promotion kehrte Sherif in die Türkei zurück und setzte sich aktiv gegen Faschismus und Rassismus in der Türkei ein. Seine sozialpsychologische Idee war zu dieser Zeit, dass menschliche Gedanken, Ziele und Wünsche nicht angeboren sind, sondern aus der Gesellschaft kommen.

Aufgrund seiner Kritik an türkischen Bürokraten, welche die Nazis unterstützten, handelte er sich eine Gefängnisstrafe ein, welche zunächst auf 27 Jahre festgelegt wurde. Geschuldet der Tatsache, dass die Allierten den Krieg vermutlich gewinnen würden und auf Drängen ehemaliger Harvard-Studenten hin, ließ die türkische Regierung das Urteil gegen ihn fallen. Nach vier Monaten Haft war Sherif wieder frei und emigriert daraufhin in die USA und kehrte nie wieder in die Türkei zurück.

Kurz nach seiner Rückkehr in die USA arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Princeton und lernte seine Frau Carolyn Sherif kennen, welche er noch im selben Jahr heiratete. Zu dieser Zeit schrieb Sherif einige seiner wichtigsten Arbeiten. Aus diesen wurde auch seine politische Überzeugung immer klarer. Er war davon überzeugt, dass eine individualistische, wettbewerbsfähige und konfliktreiche Gesellschaft wie die amerikanische, nicht unvermeidlich ist (Kayaoğlu, Batur und Aslıtürk, 2014).

Nachdem Sherifs politische Ansichten in den 1950er Jahren immer weniger populär wurden und ihn auch das FBI beobachtete, wurde er weniger explizit in seinen Ansichten über den Marxismus. In seinen Kernideen lebte dieser jedoch weiter. Dies wurde in den weiteren Arbeiten während seiner Exiljahre sichtbar. In den 1950er und 1960er Jahren widmete er sich mit seiner Frau wieder verstärkt der sozialpsychologischen Forschung.

An der Yale Universität und später als Professor für Psychologie an der Universität Oklahoma, verfasste er eine Reihe einflussreicher Texte, darunter „An Outline of Social Psychology“ (Sherif, 1948), „Social Psychology at the Crossroads“ (Rohrer & Sherif, 1951), „Group Relations at the Crossroads“ (Sherif & Wilson, 1953), „Groups in Harmony and Tension“ (Sherif & Sherif, 1953) und „Emerging Problems in Social Psychology“ (Sherif & Wilson, 1957). In diesen Büchern argumentiert er für eine „soziale“ Sozialpsychologie und beschäftigte sich mit der Bekämpfung des individualistischen menschlichen Verhaltens (Granberg & Sarup, 1992). Besonders deutlich wird dies in Sherifs berühmtester Arbeit, der „realistic conflict theory“ (Sherif et al., 1961). Auf der einen Seite ist die Botschaft seiner Arbeit recht simpel: Die psychologischen Beziehungen zwischen den Gruppenmitgliedern spiegeln die funktionalen Beziehungen zwischen den Gruppen wider. Auf der anderen Seite ist es eine theoretisch, methodisch und politische Botschaft: Gruppenverhalten kann nicht auf intrapersonale Tendenzen oder zwischenmenschliche Konflikte reduziert werden. Es hängt zu großen Teilen von den sozialen Strukturen ab (Valentim, 2007). Cherry (1995, S. 106) beschreibt diese Botschaften so: „Die Sherifs liefern eine optimistische und liberale Nachricht, dass alle Menschen miteinander klarkommen und auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten können, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind“. 1954 führt er gemeinsam mit seiner Frau Carolyn das berühmte „Robber´s Cave Experiment“ (1954) durch, welches bis heute in vielen Lehrbüchern zitiert wird. 1972 verließ Sherif die Pennsylvania State University, an welcher er ab 1965 Professor für Soziologie war. Er starb 1988 im Alter von 82 Jahren in Alaska an einem Herzinfarkt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Muzafer Sherif und Carolyn W. Sherif (Jon Endres, 2015)

Wie bei vielen der „großen“ Sozialpsychologen, wird auch Muzafer Sherif häufig nur wegen seiner berühmtesten Forschung, dem Ferienlagerexperiment (engl. the Robber´s Cave Experiment), in den Lehrbüchern zitiert. Gleichzeitig werden seine weiteren intellektuellen und politischen Ansichten in der Regel ignoriert.

Muzafer Sherifs Leben war von einer historisch sehr turbulenten Zeit geprägt: Den letzten Jahren des Osmanischen Reiches, dem Aufstieg der türkischen Republik, dem zweiten Weltkrieg, und dem kalten Krieg. Sherif entwickelte seine sozialpsychologischen Thesen in einem Kontext, geprägt von Krieg und ideologischen Konflikten. Darüber hinaus war er politisch sehr aktiv. Besonders während seiner Jahre in der Türkei.

Betrachtet man sein ganzes Leben, drängt sich einem der Eindruck auf, dass es zwei Sherifs gab. Einmal den brillanten Sozialpsychologen und zum Anderen einen politischen Aktivisten, der aus seinem Land fliehen musste und im Exil starb. Sein Leben wurde zwischen der Türkei und den USA geteilt. Die scharfe Trennung dieser Leben, welche er in den beiden Ländern verbrachte, kann als eine Reise von Muzaffer Sherif zu Muzafer Sherif, von einem Leben zum anderen gesehen werden (Batur & Aslitürk, 2007). Dennoch sind die beiden Seiten Sherifs und die beiden Perioden seines Lebens auch eng miteinander verknüpft. Die akademische Arbeit Sherifs wurde von den gesellschaftlichen Ereignissen enorm beeinflusst. Seine gesamte wissenschaftliche Aktivität widmete er leidenschaftlich dem Ideal des universellen Friedens. Um dies verstehen zu können, ist es wichtig über seine weniger bekannten, frühen Jahre in der Türkei zu wissen.

3 Das Robber´s Cave Experiment

Das mit Abstand wichtigste Experiment Sherifs, welches sich mit der Thematik der Gruppendynamik beschäftigt, ist das „Das Robber´s Cave Experiment“, welches im deutschen Sprachraum als „Ferienlagerexperiment“ bekannt ist. Insgesamt wurden drei dieser so genannten Ferienlagerexperimente von Sherif durchgeführt. Das erste im Jahre 1949 in Connecticut, gefolgt von einer weiteren Untersuchung 1953 im Staate New York. Die dritte, unter dem Namen "Robber´s Cave Study" bekannt gewordene Untersuchung, wurde im Sommer 1954 in Oklahoma durchgeführt und hat im Rahmen dieser Arbeit die größte Bedeutung erlangt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Muzafer Sherif und seine Forschung zur Gruppendynamik. Ein Überblick
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Köln
Veranstaltung
Sozialpsychologie
Note
1,5
Autor
Jahr
2017
Seiten
24
Katalognummer
V374413
ISBN (eBook)
9783668540293
ISBN (Buch)
9783668540309
Dateigröße
2090 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ferienlagerexperiment, Robber, Muzafer, Sherif, Muzafer Sherif, Gruppendynamik, Sozialpsychologe, PSychologie, Sozialpsychologie, Vorurteile, Gruppen
Arbeit zitieren
B.A. BWL Felix Pfister (Autor:in), 2017, Muzafer Sherif und seine Forschung zur Gruppendynamik. Ein Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/374413

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