Der Wettbewerb im Opfer


Hausarbeit, 2001

16 Seiten, Note: 2,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Opfer
1.1 Was ist das „Opfer“?
1.2 Aus welchen Gründen wird geopfert?
1.3 Prinzip des Opfer(n)s
1.4 Typen des Opfers
1.5 Probleme beim Opfer

2. Wettbewerb im Opfer
2.1 Vorklassisches Ritualsystem
2.2 Klassisches Ritualsystem
2.3 Auswirkungen

3. Kritik

4. Stellungnahme

Literaturverzeichnis

Einleitung

In meiner Arbeit soll es um die Frage gehen, welche Rolle der Wettbewerb im vedischen Ritualsystem einnimmt. Der Wettbewerb ist eng verknüpft mit der Tätigkeit des Opferns. Opfer hat im Deutschen sowohl die Bedeutung „Geopfertes“, also victim, als auch „Opfertätigkeit“, sacrifice. Im Allgemeinen verwende ich den Ausdruck im Sinne von Opfertätigkeit, an Stellen, wo die Bedeutung unklar werden kann, werde ich es genauer einschränken.

Es soll also darum gehen, was das Opfer im indischen vedischen Ritualsystem ist und welche Funktionen es in diesem Zusammenhang hat. Ich versuche, den groben Begriff „Opfer“ damit genauer einzugrenzen und den Bezug herzustellen. Hier müssen dann auch einige Lücken meinerseits aufgewiesen werden, die religionswissenschaftliche und indologische Bereiche betreffen. Die Thematik berührt die Religionswissenschaft und die Indologie, ich habe dennoch versucht, die ethnologische Sichtweise im Vordergrund zu halten.

Der Übergang vom vorklassischen zum klassischen vedischen Ritualsystem zeigt dann die Rolle des Wettbewerbes auf und die mit dem Übergang verbundenen Veränderungen und Auswirkungen.

Hauptsächlich verwende ich Material von J. Heesterman, weil er in seinen Texten alle auch von mir untersuchten Punkte anspricht und sich somit ein ganzheitliches Bild zusammenfügt. Er verfolgt immer dieselbe Grundeinstellung, somit sind kontroverse Aussagen ausgeschlossen.

Heestermans Darstellung ist natürlich keine allgemein-gültige, und deshalb führe ich eine Kritik von R. Inden an, der mit Heesterman ganz und gar nicht einer Meinung ist.

Abschließend nehme ich dann Stellung zu Indens Kritik und zu Heestermans Darstellungsweise.

Ziel dieser Arbeit ist es, Heestermans Ideen zum Wettbewerb im Opfer darzulegen und seine Darstellungsweise dabei näher zu betrachten. Es soll deutlich werden, was das Opfer in diesem Zusammenhang ist, welche Funktionen es hat und welchen Stellenwert der Wettbewerb darin einnimmt.

1. Opfer

Um feststellen zu können, welchen Platz der Wettbewerb im Opfer einnimmt, muss zuerst der Begriff „Opfer“ näher definiert werden. Allgemein ist ein Opfer eine rituelle Darbringung einer Gabe an eine Gottheit, oftmals verbunden mit der Erwartung einer Gegenleistung. Opfer sind in jeder Kultur und Religion bekannt, werden nur meistens nicht mehr aktiv ausgeführt, so z. B. im Christentum.

Es stellen sich nun Fragen, die nach einer Spezialisierung des Begriffes suchen: Was unterscheidet Opfer von Gabe? Warum werden oder wurden Opfer ausgeführt?

1.1 Was ist das „Opfer“?

Allgemein ausgedrückt ist ein Opfer, bzw. eine Opferhandlung eine Ordnung von Gabe und Reziprozität, von Solidarität und Partizipation (Heesterman 1978: 32). Laut Heesterman gilt sie als ein Mittel zur Erhaltung der Weltordnung, wobei immer eine Vernichtung impliziert ist (Heesterman 1978: 32). Das Opfer bildet einen Zugang zur Transzendenz und ist ein Motiv zur Überwindung des Todes (Heesterman 1978: 32). Außerdem soll es den lückenlosen Kreislauf zwischen Himmel und Erde und so zwischen Gott oder Göttern und Mensch erhalten (Heesterman 1978: 36).

Bezogen auf das vedische Ritualsystem ist diese Vorstellung eng verknüpft mit dem Wettbewerb zwischen Leben und Tod, der später erläutert werden soll. Doch jede Berührung der Transzendenz ist mit Gefahren und Risiken verbunden, denn schon ein kleiner Fehler in der Ausführung kann katastrophale Auswirkungen haben (Heesterman 1978: 32). Deswegen wurde mit dem klassischen vedischen System das Opfer grundlegend verändert: es wurde stärker technisiert und somit relativ risikolos gemacht (Heesterman 1978: 36). Zerstörung und Tod, die im vorklassischen System ein Bestandteil des Opfers waren, finden sich nun in vorgeschriebenen Sprüchen, damit die Gefahr durch Berührung des Transzendenten abgeschwächt ist (Heesterman 1978: 36).

Das Opfer dreht sich also um das Rätsel von Leben und Tod, doch weil dieses Rätsel unlösbar ist, spricht Heesterman von einem Spiel, vom „play of sacrifice“ (Heesterman 1993: 2). Wegen der vielfältigen Praktiken und der Komplexität des Opfers führt er die Umschreibung W. Burkerts an, die von einer „Familie der Phänomene ´sacrifice´“ spricht (Heesterman 1993: 9).

Darüber hinaus ist das Opfer nicht nur eine religiöse Zeremonie, die von der profanen Welt eindeutig separiert ist. Vielmehr stellt sie einen Raum dar, in der Konflikte ausgetragen, Allianzen geschlossen und Distribution betrieben werden (Heesterman 1993: 2f.). Auch kontrolliert das Opfer mit seinem vorgeschriebenen Ablauf Zorn und Begierde (Heesterman 1993: 3). Letztlich sieht Heesterman im Opfer ein soziales Ereignis, in dem –weil gemeinschaftlich Nahrung aufgenommen wird- die Nahrung selbst gefeiert wird (Heesterman 1993:10). Diese These deckt sich mit der von Robertson Smith und Durkheim, dass nämlich das Opfer soziale Ordnung und Solidarität durch das gemeinsame Festessen erweckt.

1.2 Aus welchen Gründen wird geopfert?

Warum geopfert wird, lässt sich nicht mit einem einzigen Grund erklären, es gibt verschiedene Motive. Ein Anlass, ein Opfer durchzuführen, ist der eigene Schutz, der aus der Opfertätigkeit resultieren kann. Sichtbar wird das z. B. beim Agnihotra. Es wird regelmäßig Milch in ein Feuer geopfert, um Erworbenes zurückzugeben. Das ist mit der Vorstellung verbunden, dass der Erwerb und die Zubereitung von Speisen eine Tötung und somit ein Übergriff gegen das Heilige ist, denn jede Speise ist sakral. Somit bedeutet lebenswichtige Ernährung schlicht Gefahr und muss neutralisiert werden, z. B. indem ein Teil der Speise geopfert und desakralisiert wird (Heesterman 1978: 38).

Wie schon erwähnt, bedeutet ein Opfer die Überwindung des Todes. Ein Opferer kann den Opfervorgang auch dazu nutzen, Unsterblichkeit zu erlangen (Heesterman 1978: 38).

Ein anderer Ansatz, warum Opfer durchgeführt werden, kommt von Baal: seiner Meinung nach wird ein Opfer benutzt, um Kommunikation mit dem Übernatürlichen herzustellen. Das zerstörte Teil, das ja immer irgendwo im Opfer Platz nimmt, ist sozusagen die Portion für Gott. Durch den Erhalt dieses Teils ist der betreffende Gott in eine Transaktion eingebunden, und dem Prinzip der Reziprozität folgend an den Opferer gebunden (Heesterman 1993: 11).

Ähnlich sieht das auch Gonda: Opfer sind da, um die Götter so zu beeinflussen, dass sie dem Durchführenden bei bestimmten Vorhaben helfen (Gonda 1960: 104), das Ritual soll dem Opferer ganz besondere Kräfte verleihen, die er anders nicht erlangen könnte (Gonda 1960: 106).

Ein anderer Gedanke kommt von Girard und Burkert: Gewalt, die in jeder Gesellschaft durch Aggression und Rivalität vorhanden ist, kann durch ein Opfer auf das gelenkt werden, was geopfert wird, oftmals ein bestimmtes Tier. Das Geopferte ist somit Geächteter, weil es für etwas bestraft wird und gleichzeitig auch der Retter, der stellvertretend für andere büßt und Gewalt ablenkt. Durch diesen Vorgang kann die Gemeinschaft vor der Aggression geschützt werden (Heesterman 1993: 8). Im Vordergrund dieser Theorie steht also ganz klar die soziale Funktion der Opfertätigkeit.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Der Wettbewerb im Opfer
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Institut für Ethnologie)
Veranstaltung
Opfer in Indien und Nepal
Note
2,1
Autor
Jahr
2001
Seiten
16
Katalognummer
V37426
ISBN (eBook)
9783638367714
Dateigröße
526 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wettbewerb, Opfer, Indien, Nepal
Arbeit zitieren
Andrea Bernhardt (Autor:in), 2001, Der Wettbewerb im Opfer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37426

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