Anaerobe Verwertung von landwirtschaftlichen und industriellen Reststoffen in einer ausgewählten Region der Türkei

Technisches und ökonomisches Potential sowie aktuelle Herausforderungen bei der Implementierung dieser Technologie


Diplomarbeit, 2015

420 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Wissenschaftliche Fragestellungen

2 Stand des Wissens
2.1 Energiemarktder Turkei
2.1.1 Allgemeine Landerinformation - Turkei
2.1.2 Politischer Wille in der Turkei - „Vision 2023"
2.1.3 Zahlen und Fakten der turkischen Energiemarkt
2.1.4 Energieerzeugung und Energieverbrauch
2.1.5 Elektrizitatserzeugung in der Turkei
2.2 Erneuerbare Energien in der Turkei
2.2.1 Potenziale und Nutzung erneuerbarer Energien
2.2.2 Potenziale und aktuelle Nutzung von Biogas in der Turkei
2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Energiegewinnung aus Biogas
2.3.1 Das Erneuerbare-Energien-Gesetz
2.3.2 EEG-Fordermechanismus
2.3.3 Vergutungen und staatliche Forderungen fur erneuerbare Energien
2.3.4 Verfahren zur Lizenzvergabe fur Biogasanlagen
2.3.5 Abfall- bzw. Guile- und Garrestverwertung sowie der aktuelle Stand der Gesetzlage
2.4 Aktueller Stand der Biogasproduktion am Beispiel der Biogasanlagen in der ausgewahlten Region
2.4.1 Kennzahlen der Biogasanlagenbestande und Anlagenleistungen
2.4.2 Anlagen- und Komponententechnik
2.4.3 Bisherige Storfalle, Reparaturen und Wartungen bei Anlagenkomponenten

3 Material und Methoden
3.1 Instrumente der Datenerhebung
3.2 Auswahl und Beschreibung des Forschungsfeldes
3.3 Auswahl der Lebensmittelindustriebetriebe
3.4 Feldforschungsablauf und Vorgangsweise
3.5 Aufbereitung und Sichtung sowie Auswertung der gesammelten Daten
3.6 Rechnerische Methoden zur Potenzialabschatzung bei der Dimensionierung und Wirtschaftlichkeit
3.6.1 Biogasertrag der Einsatzstoffe
3.6.2 Fermentervolumen und BHKW-Leistung
3.6.3 Annahmen zur Berechnung der Investitionskosten
3.6.4 Rechnerische Methoden und Annahmen zur Wirtschaftlichkeitsberechnung

4 Wirtschaftlichkeitsberechnung und wirtschaftliche Betrachtung
4.1 Wirtschaftlichkeit bei Integration einer Anaerobstufe in den einzelnen Lebensmittelindustriebetrieben
4.1.1 75 kW Biogasanlage fur den Betrieb LMEB1 - Molkerei
4.1.2 100 kW Biogasanlage fur den Betrieb LMEB6 & 7 - Landwirtschaftsbetrieb & Molkerei
4.1.3 360 kW Biogasanlage fur die Betriebe LMEB16 & 20 & 21 - Molkerei & zwei Konservenfabriken
4.1.4 420 kW Biogasanlage fur den Betrieb LMEB14 - Olivenolhersteller
4.1.5 530 kW Biogasanlage fur den Betrieb LMEB2 - Fruchtsafthersteller
4.1.6 800 kW Biogasanlage fur den Betrieb LMEB22 - Staatlicher Landwirtschaftsbetrieb
4.1.7 900 kW Biogasanlage fur die Betriebe LMEB19 & 23 - Molkerei & Viehzuchtbetrieb
4.1.8 1000 kW Biogasanlage fur den Betrieb LMEB5 - Molkerei
4.1.9 1400 kW Biogasanlage fur den Betrieb LMEB9 - Molkerei
4.1.10 2200 kW Biogasanlage fur die Betriebe LMEB17 & 18 - Viehsuchtbetrieb & Molkerei
4.1.11 2500 kW Biogasanlage fur die Betriebe LMEB 11 & 12 & 13 - Huhnerfleischverarbeitung & Schlachthaus & Huhnermastbetrieb
4.1.12 2500 kW Biogasanlage fur den Betrieb LMEB3 - Fleischwarenproduktion & Schlachthaus
4.2 Zusammenstellung und Ubersicht uber die Resultate der Wirtschaftlichkeitsrechnungen

5 Diskussionen und Schlussfolgerungen

6 Zusammenfassung

7 Verzeichnisse
7.1 Literaturverzeichnis
7.2 Abbildungsverzeichnis
7.3 Tabellenverzeichnis
7.4 Abkurzungen

8 Anhange
8.1 Anhang 1 - Die Fragebogen der Lebensmittelindustriebetriebe
8.2 Anhang 2 - Die Fragebogen der Biogasanlagen
8.3 Anhang 3 - Studien, Expertisen und Publikationen
8.4 Anhang 4 - Daten zur Dimensionierung & Wirtschaftlichkeitsrechnungen
8.4.1 75 kW Biogasanlage - LMEB1
8.4.2 100 kW Biogasanlage - LMEB6&7
8.4.3 360 kW Biogasanlage - LMEB16&20&21
8.4.4 420 kW Biogasanlage - LMEB14
8.4.5 530 kW Biogasanlage - LMEB2
8.4.6 800 kW Biogasanlage - LMEB22
8.4.7 900 kW Biogasanlage - LMEB19 & 23
8.4.8 1000 kW Biogasanlage - LMEB5
8.4.9 1400 kW Biogasanlage - LMEB9
8.4.10 2200 kW Biogasanlage - LMEB17&18
8.4.11 2500 kW Biogasanlage - LMEB11&12&13
8.4.12 2500 kW Biogasanlage - LMEB3

Vorwort

Diese vorliegende Masterarbeit ist in Zusammenarbeit und mit Unterstutzung des Instituts fur Umweltbiotechnologie am Interuniversitaren Department fur Agrarbiotechnologie der BOKU entstanden.

Bei der exakt dreiwochigen Feldforschung im Zeitraum vom 20. Dezember 2013 bis 13. Janner 2014 habe ich mehr als 4500 km zuruckgelegt und dabei sieben Biogasanlagen und 23 Lebensmittelindustriebetriebe besichtigt. Dadurch bin ich mit sehr vielen und wertvollen Informationen, die ich fur diese Arbeit benotigt habe, wieder zuruck nach Wien gekommen.

Mit so vielen Informationen umzugehen, war am Anfang der Schreibphase nicht leicht. Dank der zielorientierten Unterstutzung meines Betreuers, der bei der Erstellung dieser Arbeit fur mich eine sehr wichtige Hilfe war, habe ich dies uberwinden konnen. Deshalb mochte ich an dieser Stelle meinen besonderen Dank meinem Betreuer DDipl.- Ing Markus Ortner aussprechen.

AnschlieBend bedanke ich mich herzlichst bei meiner Frau Mag. Barbara Deda-Knoll, die trotz ihrer Schwangerschaft im neunten Monat meine Arbeit korrigiert hat. Diese Arbeit hatte ohne ihre herzliche Unterstutzung und ihre Aufmunterung wahrend meines gesamten Studiums nicht entstehen konnen.

Auch bei meinem lieben mittlerweile geborenen Sohn Emil Mehmet mochte ich mich bedanken, da er so lange ruhig darauf gewartet hat, dass ich meine Arbeit abgebe.

Zum Schluss mochte ich mich bei meinen Kindern Arpad Mazhar, Atilla Emre und Sara Elif fur ihre Geduld und ihr Verstandnis bedanken, da mein Studium ihnen sehr viele Freizeitmoglichkeiten mit mir weggenommen hat.

Dipl.-Ing. Umit Ne§at Deda Wien, 17. Februar 2015

Nachhaltige Energiesysteme - NES 11

Kurzfassung

Der Energiebedarf in der Turkei steigt unaufhaltsam an. Parallel zu dieser Entwicklung nimmt der Anteil an importierter Energie (71% im Jahr 2012) am gesamten Energiekonsum zu. Eine Studie der Germany Trade & Invest (Bagoglu, N. C. & Knupp M., 2013) fasst die Grunde in drei Rubriken zusammen: Der wirtschaftliche Aufschwung des Landes in den letzten Jahren, die stark steigende Bevolkerungszahl und das zunehmende Bruttoinlandsprodukt. Laut Prognosen wird der Energiebedarf bis 2020 jahrlich urn ca. 7,5% anwachsen. Eine unabhangige und nachhaltige Energieerzeugung sei derzeit die hochste Prioritat, betont die turkische Regierung.

Urn die hochgradige Abhangigkeit von Energieimporten zu reduzieren, will die turkische Regierung die im Land vorhandenen Ressourcen starker fordern. Dazu zahlen neben der Braunkohle, der Kernenergie, auch die erneuerbaren Energien. Ziel der turkischen Energie- und Wirtschaftspolitik sei es, starker auf erneuerbarer Energien setzen und den Anteil der regenerativen Ressourcen bei der Energieerzeugung bis 2023 auf 30% steigern, hat die Regierung wiederholt unterstrichen. In den letzten Jahren wurden allerdings Wasserkraft und Windenergie im Vergleich zu den restlichen erneuerbaren Energiequellen uberproportional gefordert. Biogastechnologie scheint in Vergessenheit geraten zu sein und eine konkrete Strategie zum Ausbau dieser fehlt derzeit.

Laut einer Studie des deutschen BiomasseForschungsZentrum DBFZ (2011) verfugt die Turkei uber ein hohes technisches Biogaspotenzial mit insgesamt 221,5 Petajoule im Jahr. Dieses bleibt aber weitgehend ungenutzt, obwohl bereits immense Fortschritte durch Forschungsprojekte von Universitaten im Bereich Biogas, Biokraftstoffe, Deponie- und Mullverbrennungsanlagen erzielt worden sind. Deren kommerzielle und technische Umsetzung und Nutzung in der Turkei hat aber noch nicht begonnen.

Das groBte Biogaspotenzial liegt im Bereich der Viehzucht und der Agrarindustrie, gefolgt von der Lebensmittelindustrie. In der Turkei arbeiten derzeit 5,5 Mio. Beschaftigte (entspricht ca. 20,8 % aller Arbeitskrafte) in der Landwirtschaft. In den letzten 20 Jahren ist die Anzahl der Viehzuchtbetriebe besonders im Westen der Turkei gestiegen. Damit einhergehend ist die Anzahl der Lebensmittel- industriebetriebe und ihre Produktion stark ausgeweitet worden. Diese landwirtschaftliche und industrielle Entwicklung hat neben wirtschaftlichen Erfolgen auch groBe Umwelt- und umweltbedingte Gesundheitsprobleme fur Tier und Mensch mit sich gebracht. Die organischen Abfalle aus der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie sollten sorgfaltig behandelt und entsorgt werden. Dafur bietet die Anaerobeverwertung (Biogastechnologie) eine der besten Optionen.

Die organischen Abfalle fuhren derzeit zu enormen Umweltbelastungen. Trotz der vorhandenen gesetzlichen Regeln und MaBnahmen ist die Situation der Abfallwirtschaft im agroindustriellen- und Lebensmittelindustriesektor in der Turkei nicht zufriedenstellend, sondern sogar prekar. Die Kontrolle der Abfallwirtschaftskonzepte und der Entsorgung der Abfalle durch die Unternehmen sind viel zu lasch und die Strafen fur Umweltverschmutzung haben keine abschreckende Wirkung. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, der nach einer sorgfaltigen Uberprufung der tatsachlichen Zustande effektivere und durchsetzbarere diesbezugliche Gesetze erlassen sollte.

Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit befasst sich nicht nur mit aktuellen Entwicklungen des Energiemarktes und der Energiepolitik in Bezug auf Biogastechnologie in der Turkei, sondern auch mit der Frage, was die entscheidenden Erfolgskriterien fur eine wirtschaftlich rentable Biogasanlage in der ausgewahlten sudlichen Marmara-Region sind.

Als eines der wichtigsten Ergebnisse hat sich herauskristallisiert, dass die wahrend der Feldforschung besichtigten 23 Lebensmittelindustriebetriebe Biogasanlagen unter den aktuellen gesetzlichen Bedingungen nur dann wirtschaftlich rentabel betreiben konnten, wenn diese eine Leistung von mehr als 400 kW aufweisen wurden.

Aus genannten Grunden sind die Ergebnisse dieser Arbeit sowohl fur die Industrie, als auch fur Technologiebereitsteller und Anlagenbauer interessant und konnten/sollten in die Planung und die Kalkulation zukunftiger Projekte miteinflieBen. Daruber hinaus konnte diese Arbeit bei entsprechender regionaler Dissemination einen Beitrag zum bereits eingeleiteten Paradigmenwechsel im Bereich Biomasseverwertung, Energie und Umweltschutz in der Turkei leisten.

Abstract

Energy demand is continuously rising in Turkey. At the same time the proportion of imported energy of the total energy consumption is also increasing. A study of Germany Trade & Invest (Bagoglu, NC & Knupp M., 2013) summarises the reasons for these developments in three categories: The economic boom of the country in recent years, the rapidly growing population and the increasing gross domestic product. This is why the country's energy is expected to grow at an annual rate of around 7.5% until 2020. The Turkish government emphasises that an independent and sustainable energy production is currently of highest priority.

In order to reduce the high level of dependence on energy imports, the Turkish government wants to foster the use of existing energy resources in the country, including brown coal, nuclear energy and renewable energies. The government has repeatedly underlined that the aim of the Turkish energy and economic policy is to focus on renewable energy and increase the share of renewable resources in energy production to 30% by 2023. In recent years, however, hydro and wind energy have been promoted above average compared to the rest of renewable energy sources. Biogas technology seems to have been left out of the discussion so far and a concrete strategy to develop this form of energy production is currently missing.

According to a study prepared by the German Biomass Research Centre DBFZ (2011) Turkey has a huge technical potential of biogas, mounting up to a total of 221.5 petajoules per year. But this energy source remains largely untapped, though immense progress has been made through research projects at universities in the fields of biogas, biofuels, landfills and refuse incineration techniques already been made. However, their commercial and technical implementation and use in Turkey has not yet begun.

The largest biogas potential lies in the field of animal husbandry and agricultural industry, followed by the food industry. In Turkey, currently 5.5 million people (an equivalent of approximately 20.8% of the country's labour force) work in agriculture. In the past 20 years the number of cattle farms has increased particularly in western Turkey. Concomitantly, the number of food-industry plants and their production has been greatly expanded. This agricultural and industrial development has not only brought about economic successes but also large environmental problems and environmental health concerns for animals and humans. Organic waste from agriculture and food industry should be carefully handled and disposed of. For this purpose biogas technology offers one of the best options.

Currently organic waste causes enormous environmental damage in Turkey. Despite the existing legal rules and measures, the situation of waste management in the agroindustrial- and food processing sectors in Turkey is not only unsatisfactory, but even precarious. The control of waste management concepts and the disposal of the waste by the companies are too lax and penalties for pollution have no deterrent effect. The current situation asks for action by the legislative authorities, who should implement effective and enforceable laws after a careful review of the actual conditions.

The present master thesis not only deals with current developments on the energy market and in the field of energy policy concerning biogas technology in Turkey, but also with the question of establishing the key success criteria for a commercially viable biogas plant in the selected southern Marmara region.

One of the most important results is that the 23 food processing plants visited during field research could only operate biogas plants in a profitable way, if they had a capacity of more than 400 kW.

Due to the present results this paper might be interesting both for the industry as well as technology providers and contractors and could/should be incorporated in the design and calculation of future projects. In addition to that it could make a contribution to the already initiated paradigm shift in the area of biomass utilization, energy and environment protection in Turkey through regional dissemination.

Ozet

Turkiye'nin enerjiye olan talebi her gegen yil buyuk bir ivme ile artmaktadir. ithal edilen enerjinin ulkenin toplam enerji ihtiyacindaki payi (2012 yili igin %71) ise bu duruma paralel olarak buyumektedir. Alman Germany Trade & Invest kurulu§u (Bagoglu, N. C. & Knupp M., 2013), yayinladigi bilimsel bir ara§tirma ile, bu durumun ba§lica nedenlerini: Endustriyel bir ulke olma yolunda Turkiye'nin son yillarda ya§adigi ekonomik kalkinma, gayri safi yurt igi hasiladaki hizli buyume ve artan nufus olarak ug ayri ana ba§likta siralami§tir. Tahminlere gore, ulkenin enerji ihtiyaci 2020 yilina kadar her sene %7,5 oraninda bir arti§ gosterecektir.

Enerjide, yukarida bahsedilen di§a bagimliligin kirilabilmesi ve surdurulebilir bir arz guvenliginin saglanabilmesi, Turkiye'nin son ekonomik programinda da, en onemli oncelikleri arasinda yerini almi§tir. Hukumet, bu sorunlarin gozumunu yerli enerji kaynaklarinin te§vik edilmesinde bulmu§ ve bu sebeple komur uretiminin arttirilmasi, nukleer enerji santrallerinin kurulmasi ve yenilenebilir enerji kaynaklarinin devreye alinmasi konusunda ilk adimlarini atmaya ba§lami§tir. Turkiye, yenilenebilir enerji alaninda mumkun olan turn potansiyelini harekete gegirerek, 2023 yilina kadar yenilenebilir enerji kaynaklarinin enerji uretimindeki payini %30 seviyesine gikarmayi hedeflemektedir. Bu hedef dogrultusunda, gegen yillar suresince en buyuk destegi hidroelektrik ve ruzgar santralleri projeleri alirken, Biyokutle ve Biyogaz teknolojileri projeleri yeterli destek gormemi§ ve gozardi edilmi§lerdir. Turkiye bugune kadar Biyogaz alaninda ulke bazinda bir stratejik plan geli§tirmektede aciz davranmi§tir.

Alman Biyokutle Ara§tirma Merkezi'nin (Deutsches Biomasseforschungszentrum) 2011 yilindaki bir ara§tirmasina gore, Turkiye'de organik atiklarin hesaplanmi§ teknik Biyogaz potansiyeli 221,5 Petajoule/yil olarak belirlenmi§tir. Ulke gapinda mevcut bir gok Universite ve Bilim kurulu§unda iyi yeti§mi§ Bilim insanlarinin, Biyokutle, Biyogaz ve Qopgan konularinda hazirladigi sayisiz ara§tirma ve projelere ragmen, ne yazik ki hala bu buyuk potansiyelin pratikte kullanimina yonelik gerekli adimlar atilamami§tir.

Turkiye'nin en yuksek teknik biyogaz potansiyeli, tarim, hayvancilik ve gida sektorunde bulunmaktadir. Turkiye Istatistik Kurumunun guncel verilerine gore, tarim ve hayvancilik sektorunde galisan sayisi 5,5 Milyon civarindadir, ki bu sayi ulke'nin %20,8'lik i§ gucune tekabul etmektedir. Gegen 20 yillik sure igerisinde, bu sektorlerde ya§anan hizli geli§meler, tarim ve hayvancilik i§letmelerinin sayisini ve dolayisi ile sektor uretim kapasitesini onemli oranda artmi§tir. Bu ekonomik geli§menin sonucu olarak ortaya gikan organik atiklar, insan ve hayvan hayatini tehdit edecek olgude gevre ve saglik problemlerine yol agmaktadir. Bu tehdidin ortadan kaldirilabilmesi, atiklarin ancak zamaninda ve uygun bir metodla bertaraf edilmesi ya da degerlendirilmesi ile mumkundur. Hayata gegirildigi taktirde, Biyogaz teknolojileri, bu sorunun gozumunde gok onemli kilit rol oynayabilecek bir guce sahiptir.

Mevcut kanuni duzenlemelere ve alinan onlemlere ragmen, tarim, hayvancilik ve gida sektorunde isletmelerin pratikte uyguladigi atik yonetim politikalari gevrenin korunmasi konusunda yetersiz kalmaktadir. Uygulanan denetimlerin caydiricilik etkisi beklenenin gok altindadir. Bu a§amada, kanun yapici ve yurutucu devlet kurumlarinin daha efektif ve uygulanmasi kolay kanun maddelerini ve onlemleri yururluge koymasi ve en onemlisi cezai uygulamalarin caydirici hale getirilmesi gerekmektedir.

Bu gali§mada, Biyogaz teknolojisinin Turkiye'deki mevcut enerji piyasasi ve politikasindaki guncel konumu incelenmi§ ve bununla beraber tarim, hayvancilik ve gida sanayi i§letmelerinin atiklarini bertaraf etmek igin kurulabilecek Biyogaz tesislerinin ekonomik agidan ba§arili bir i§letim grafigine eri§ebilmesi igin hangi kriterlere sahip olmasi gerektigi ara§tirilmi§tir.

Guney Marmara bolgesinde gergekle§tirilen saha ara§tirmasi kapsaminda ziyaret edilen farkli sektorlere ait 23 i§letmeden elde edilen bilgiler dogrultusunda yapilan hesaplamalar, bu i§letmelere entegre olarak kurulabilecek Biyogaz tesislerinin ancak 400 kW ve uzeri bir guce sahip olmasi durumunda verimli olabilecegini gostermi§tir.

Bu tez gali§masi ile elde edilen sonuglar hem teknolojiyi sunan ve kullanan endustri i§letmelerinin hem de biyogaz tesisi kuran firmalarin ilgisini gekebilecek detay bilgilere sahip olup, gelecekte Turkiye gapinda gergekle§tirilmesi planlanan projelere ve bu teknolojinin Turkiye'de yayginla§tirilmasina ve sonug olarak gevrenin korunmasina katkida bulunabilecek niteliktedir.

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Obwohl die Biogastechnologie sich in Europa langst als eine wichtige Sparte auf dem Markt regenerativer Energiequellen etabliert hat, wird in der Turkei leider bisher nur ein geringer Teil des nutzbaren Biogaspotenzials energetisch verwertet. Anlagen zur Gewinnung von Strom aus Biomasse bzw. Biogasanlagen sind eine Seltenheit. Es gibt bereits zahlreiche Forschungsprojekte von Universitaten im Bereich Biogas, Biokraftstoffe Deponie- und Mullverbrennungsanlagen, aber deren wirkliche kommerzielle und technische Umsetzung und Nutzung hat in der Turkei noch nicht begonnen. Unabhangig von dem Literaturverzeichnis wurden diese bestehende Studien, Expertisen und Publikationen in Anlehnung an DBFZ (2011) - Deutsches Biomasseforschungszentrum aktualisiert nach dem Veroffentlichungsdatum in Anhang 3 aufgelistet.

Urn die Energieversorgungssicherheit zu erhohen und die Unabhangigkeit von Energieimporten des Landes zu reduzieren - wie es sich die turkische Regierung in ihrem ehrgeizigen Strategieprojekt „Vision 2023" bis zum Jahr 2023 vorgenommen hat - soil kunftig das hohe Wachstumspotenzial der Biotechnologie vor allem in den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie sowie den kommunalen Abfallen genutzt werden.

Der Output dieser Masterarbeit ist sowohl fur die Industrie als auch fur Technologiebereitsteller bzw. Anlagenbauer auBerst interessant und kann/soll in die Planung eines zukunftigen Projektes miteinflieBen. Daruber hinaus kann dies bei entsprechender regionaler Dissemination einen zusatzlichen Beitrag zum bereits eingeleiteten Paradigmenwechsel in Sachen Biomasseverwertung, Energie und Umweltschutz in derTurkei beitragen.

1.2 Zielsetzung

Ziel der vorliegenden Masterarbeit ist daher, einen Einblick in die aktuelle Situation und bisherige Entwicklung der Biogastechnologie in der ausgewahlten Region, der sudlichen Marmara-Region zu geben, sowie fur einzelne Industriezweige abzuschatzen, welche Faktoren fur die kommerzielle und technische Umsetzung forderlich bzw. hinderlich sind.

Ganz konkret wurde in dieser Arbeit anhand von 23 Firmen untersucht, wie und unter welchen Umstanden der Bau und der Betrieb von Biogasanlagen moglich und wirtschaftlich rentabel sind.

Fur diese Art der Zielsetzung war von groBer Bedeutung:

1. Eine umfangreiche Recherche der aktuellen Literatur: Urn die vorliegende Arbeit bedarfsgerecht und wissenschaftlich gestutzt zu schreiben, wurden zahlreiche Studien, Expertisen und Publikationen herangezogen, die eine wichtige Grundlage fur die systematische Bewertung und Diskussion des aktuellen Wissenstandes darstellten.
2. Feldforschung in Form einer quantitativen Fragebogenerhebungen: Um eine datengeschutzte sektoriale Potentialabschatzung unterschiedlicher Industriebetriebe mit organischen Reststoffabfallen inkl. Garrestverwertung zu gewahrleisten, ist zahlreiche Parameter (wie z.B. jahrlicher Energieaufwand, Entsorgungskosten bzw. Erlose und Logistikkosten und Gesetzlage sowie Einspeisetarife usw.) zu bewerten und zu analysieren gewesen.
3. Durchfuhrung der Wirtschaftlichkeitsberechnung: Eine grundlegende okonomische Bilanzierung uber die gesamte Lebensdauer der hier in dieser Arbeit geplanten Biogasanlagen mit Hilfe der Kapitalwertmethode sollte zeigen, welche Bedingungen fur den erfolgreichen Betrieb einer Biogasanlage notwendig sind.

Zum Schluss wurden die Bilanzierung sowie die Bewertung und die Auswertung der Fragebogen mit bereits bestehenden Studien verschrankt und diskutiert.

1.3 Wissenschaftliche Fragestellungen

Die groben Fragestellungen dieser wissenschaftlichen Untersuchung wurden wahrend der Literaturrecherche und bei den Vorbesprechungen mit dem Betreuer gemeinsam konkretisiert und festgelegt. Wahrend der Schreibphase der Masterarbeit wurden diese Fragestellungen verfeinert, erweitert und anschlieBend folgendermaBen formuliert:

Die im Rahmen der Masterarbeit gestellten Forschungsfragen und ihre Beantwortungen sind folgendermaBen zusammengefasst:

I. Im Folgenden werden Forschungsfragen, denen sich diese Arbeit mittels Literaturrecherche, Experteninterviews und Datenerhebung durch Fragebogen im

Kapitel 2 genahert hat, beantwortet:

a. Welche Ziele sieht der nationale Strategieplan der Turkei bezugiich der Biogasinvestitionen vor? 1st es realistisch,sie in dem vorgesehenen Zeitraum zu erreichen?
b. Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen zu Energiegewinnung aus Biogas bestehen derzeit in der Turkei?
c. Wie ist der aktueiie Stand der Biogasproduktion in der ausgewahiten Region? Welche Substrate werden durch diese Biogasanlagen vergart?
d. Welche Art von organischen Reststoffen fallen (zur Biogasproduktion) bei den Lebensmitteiindustriebetrieben in der ausgewahiten Region an?
e. Welche Schwierigkeiten bestehen bei der Verbreitung der Biogastechnoiogie aus dem Biickwinkei eines Lebensmitteiindustriebetriebes? Welche erforderiichen VerbesserungsmaBnahmen mussten vorgenommen werden um die Hindernisse zu beseitigten?
f. Welche Rahmenbedingungen fur die Betriebe mussten gegeben sein,um ihr bisheriges Abfall- bzw. Reststoffkonzept zu uberdenken und sich fur die Biogastechnoiogie zu entscheiden?

II. Im Folgenden wird die Forschungsfrage beantwortet, denen sich diese Arbeit mittels der im Kapitel 4 durchgefuhrten Wirtschaftlichkeitsrechnungen genahert hat:

g. Was sind die entscheidenden Erfoigskriterien fur eine wirtschaftiich rentable Biogasaniage in dersudiichen Marmara-Region?

2 Stand des Wissens

2.1 Energiemarkt der Turkei

Im Rahmen dieses Kapitels werden zunachst die allgemeinen energiepolitischen Ziele und die realisierbaren Perspektiven in der Energiefrage der Turkei konkretisiert. Desweiteren wird versucht, die aktuelle Situation des Energiemarktes in der Turkei aus dem politischen und energiewirtschaftlichen Blickwinkel zu betrachten.

Dabei wird die Primarenergieerzeugung in der Turkei untersucht und das Jahr fur Jahr zunehmende Abhangigkeit des Landes von Energieeinfuhren, mit denen das Defizit zwischen Energieerzeugung und Energieverbrauch gedeckt werden muss, genau betrachtet. Zudem wird der Stromverbrauch pro Einwohner, als Zeichen der wirtschaftlichen Entwicklung und Industrialisierung, in diesem Kapitel komparativ analysiert.

2.1.1 Allgemeine Landerinformation - Turkei

Die Turkei ist ein Staat mit 783.562 km2 Landesflache und damit mehr als neun Mai so groB wie Osterreich. Das Land erstreckt sich uber zwei Kontinente und verbindet Europa und Asien. Der asiatische Teil des Landes umfasst 97 % der Gesamtflache.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1: Turkei und seine benachbarten Lander (in Anlehnung an CIA, 2013)

Die Turkei grenzt im Suden an das Mittelmeer, im Norden an das Schwarze Meer und im Westen an die Agais. Die Nachbarander der Turkei sind Griechenland, Bulgarien, Georgien, Armenien, Aserbaidschan sowie der Iran, Irak und Syrien. Die Tabelle 2.1 zeigt die aktuellen allgemeinen Basisdaten aus dem Jahre 2013.

Tabelle 2.1 Allgemeine Basis- und Wirtschaftsdaten - Turkei (Stand: 2013)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(In Anlehnung an TUIK, 2014, an GTAI, 2014 und an DENA, 2013a)

Das Staatsoberhaupt der Turkei ist seit September 2014 Recep Tayyip Erdogan[1]. Wie aus Tabelle 2.1 ersichtlich ist, ist die Turkei Mitglied zahlreicher internationaler Organisationen. Am 3. Oktober 2005 wurden unter der Regierung Erdogan offiziell die Beitrittsverhandlungen der Turkei mit der Europaischen Union aufgenommen. Die Turkei ist bis jetzt das Land, dessen Beitrittverhandlung am langsten gedauert haben und und politisch gesehen noch weitere Jahrzehnte dauern werden. (Faradsch, 2008)

2.1.2 Politischer Wille in der Turkei - „Vision 2023"

Die Turkei feiert im Jahr 2023, als sakular verfasster Staat, der von Mustafa Kemal Ataturk gegrundet worden ist, ihren 100. Geburtstag. Die turkische Regierung unter dem ehemaligen Ministerprasidenten und jetzigem Staatprasidenten Recep Tayyip Erdogan hat sich bis zu diesem Termin viel vorgenommen.

Die so genannte turkische „Vision 2023" umfasst unter anderem Ziele fur die kunftige Energiepolitik der Turkei, die in folgenden Punkten zusammengefasst werden kann:

- 125.000 MW installierte Leistung (von 57.059 MW im Jahr 2012)
- Erhohung des Anteils erneuerbarer Energien auf 30 %
- 60.717 km Stromleitungen (von 49.104 km im Jahr 2010)
- Eine Kapazitat von 158.460 MVA bei Stromverteilungsstationen (von 98.996 MVA im Jahr 2010)
- Verringerung des elektrischen Verlusts auf 5 % sowie die erweiterte Nutzung intelligenter Netze
- 5 Mrd. m3 Lagerkapazitat fur Erdgas (von 2,6 Mrd. m3 im Jahr 2010)
- Einrichtung einer Energieborse
- 8 Kernreaktoren mit einer Kapazitat von insgesamt 10.000 MW in Betrieb
- Errichtung von 4 Kernreaktoren mit einer Kapazitat von 5.000 MW
- Bau von Kraftwerken mit einer Kapazitat von 18.500 MW in den Kohlerevieren
- Umfassende Nutzung der Wasserkraft
- Erhohung der Windkraft auf 20.000 MW (von 1.694 MW im Jahr 2010)
- Geothermie-Kraftwerke mit einer Kapazitat von 600 MW und 3.000 MW Solarenergie-Kraftwerke (Invest in Turkey, 2014a)

Die Turkei hat sich im Energiesektor bis zum Jahr 2023 sehr ehrgeizige Ziele gesteckt: Der Anteil erneuerbarer Energien soil auf 30% steigen. Diese Ziele sind sehr schwer, aber nicht unmoglich zu erreichen, wenn die turkische Regierung die dafur erforderliche Energiepolitik bzw. die wirtschaftliche Strategien und MaBnahmen weiterfuhren und umsetzen wurde. (Bull, 2013)[2]

Urn diese Ziele zu erreichen, plant die turkische Regierung groBe Investitionen und Forderungen im Bereich der Energie, die innerhalb dieses Kapitels angefuhrt werden.

Der ehemalige turkische Wirtschaftsminister Zafer Caglayan[3] (AKP) verkundete bei der Vertragsunterzeichnung zwischen General Electric (GE) und TUSA§ Motor Sanayi (TEI) in Eski§ehir im September 2013, dass die turkische Regierung bis 2023 rund 130 Mrd.$ in den Energiebereich investieren werde. Laut Caglayan hat die Turkei ihre fruhere veraltete und langst uberholte Energiepolitik verlassen. Die erneuerbare Energie und die Kernenergie sind ab nun Prioritat der turkischen Regierung. Die Regierung ist entschlossen das Energiedefizit moglichst aus heimischen erneuerbaren Energiequellen und aus der Kernenergie zu decken. (Caglayan, 2013)

2.1.3 Zahlen und Fakten derturkischen Energiemarkt

Die Energieerzeugung ist ein notwendiger Faktor fur die wirtschaftliche und soziale Entwicklung eines Landes. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung und der Energieerzeugung bzw. dem Energieverbrauch besonders bei steigender Industrialisierung.

Die derzeitigen Daten der Turkei weisen darauf hin, dass die Energienachfrage in etwa entsprechend dem Wirtschaftswachstum weiterhin zunehmen wird. In den vergangenen acht Jahren gehorte die Turkei trotz internationaler Wirtschaftskrise zu den wachstumsstarksten Landern der Welt. Parallel zum Wirtschaftswachstum des Landes und dem Bevolkerungsanstieg der vergangenen Jahre ist auch der Energieverbrauch aus dem oben genanntem Grund stark angestiegen. Die Turkei hat einen der weltweit am schnellsten wachsenden Strommarkte. Zwischen den Jahren 1990 und 2010 ist der Stromverbrauch urn durchschnittlich 6,7% pro Jahr gestiegen. Laut Schatzungen von TEDA§ (Turkiye Elektrik Dagitim A.§. - Staatliche Aktiengesellschaft fur elektrische Distribution der Turkei) wird der Stromnachfrage in der Turkei bis 2023 urn jahrlich 6 bis 8 % zunehmen. Nach einem Bericht von TMMOB (Turkiye Makine Muhendisleri Odasi - Kammer der turkischen Maschinenbauingenieure) hat das Land derzeit die sechstgroBte Volkswirtschaft und die sechstgroBte Energiewirtschaft Europas. (Turkyilmaz, O. &Ozgiresun, C., 2012)

Der rasante Wirtschaftsaufschwung seit 2001 hat spurbare Auswirkungen auf das Budgetdefizit gehabt. Da die Turkei bei der Stromerzeugung bislang in hohem MaBe von der Einfuhr von Energietragern abhangig war und ist, mussen enorme Devisenbetrage fur diese Importe ausgegeben werden. Nach den Angaben von GTAI -Germany Trade & Invest (Der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland fur AuBenwirtschaft und Standortmarketing) war die Importabhangigkeit von Brennstoffen zur Stromerzeugung im Jahr 2012 fur knapp uber 71% des gesamten Handelsbilanzdefizites des Landes verantwortlich. Insgesamt betrug dieses uber 60,1 Mrd. $. Das heiBt, dass die gesamten Exporteinnahmen nicht ausreichten, urn die Devisenausgaben fur den Import von auslandischen Brennstoffen zu decken. (Bagoglu, N. C. & Knupp M., 2013)

Aus diesem Grund will die turkische Regierung ab nun die erneuerbare Energie verstarkt fordern und damit dem chronischen Defizit und seinen negativen Effekten auf die Wirtschaft entgegenzutreten. Zugleich will die turkische Regierung die Kernenergie nutzen, entgegen dem allgemeinen Trend in Europa aus der Atomenergie auszusteigen.

2.1.4 Energieerzeugung und Energieverbrauch

Die weltweiten fossilen Energieressourcen sind ungleich verteilt und begrenzt. Auch in der Turkei reichen die fossilen Energieressourcen allein nicht aus, weder um den Energieverbrauch des Landes zu decken, noch um die Wirtschaft in Schwung zu halten. Deshalb sollen eigene bestehende Quellen des Landes weiterentwickelt und die Nutzung von erneuerbaren Energien vorangetrieben werden, plant die turkische Regierung. (Yazar, 2010)

Die nicht erneuerbaren Primarenergiequellen der Turkei umfassen Steinkohle, Braunkohle, Erdol und Erdgas. Auch in Hinblick auf die erneuerbaren Energiequellen ist die Turkei ein reiches Land. Zu den wichtigsten erneuerbaren Quellen der Turkei zahlen Wasser- und Windkraft, Geothermie, Sonnenenergie und Biomasse.

Bei den fossilen Primarenergietragern wird die Braunkohle als eine der wichtigsten heimischen Energiequellen gesehen. Diese musse auch gefordert werden, um der Energieimportabhangigkeit entgegenzuwirken, betonte der turkische Energieminister Taner Yildiz (AKP). Das erklarte Ziel der AKP besteht darin, den Anteil von Kohle an der gesamten Elektrizitatserzeugung auf lange Sicht auf uber 30% zu steigern.

Auch die Kernenergie[4] gilt in der Turkei als Energietrager der Zukunft. Nachdem es seit einigen Jahren essentieller Bestandteil der turkischen Energiepolitik ist, die einheimischen Energiequellen zu fordern und zu entwickeln, wird die Atomenergie zweifellos noch viele Jahre einen Ehrenplatz im turkischen Energiemix besetzen. (Bagoglu, N. C. & Knupp M., 2013)

Die Primarenergieproduktion der Turkei lag im Jahre 2011 bei etwa 32,2 Millionen Tonnen Olaquivalenten (MTOE). Die Abbildung 2.1 zeigt die Anteile der einzelnen Energietrager an der Energieerzeugung in gleichem Jahr. Den groBten Anteil nimmt Braunkohle mit 50% (16,1 MTOE) ein, gefolgt von Wasserkraft mit 14% (4,5 MTOE), Biomasse mit 11% (3,5 MTOE), Erdol und Erdolerzeugnisse mit 9% (2,9 MTOE), Geothermie mit 7% (2,3 MTOE), Steinkohle mit 4% (1,3 MTOE), Erdgas mit 2% (0,64 MTOE), Solarthermie mit 2% (0,64 MTOE) und Windenergie mit 1% (0,32 MTOE).

Wahrend die Produktion von Primarenergie aus Braunkohle, Geothermie, Wind und Sonne im Jahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist, ist die Produktion von Primarenergie aus Biomasse (besteht aus Brennholz und auch tierischen Abfallen bzw. Dung) gesunken.

Andererseits betrug der Primarenergieverbrauch im Jahre 2011 nach den Daten des Ministeriums fur Energie und naturliche Ressourcen (ETKB) 114,4 MTOE. Mit diesem Ergebnis lag die Turkei beim Primarenergiebedarf weltweit an der 23. Stelle. erwartet

Das turkische Energieministerium erwartet fur 2020 nach eigenen Daten und Fakten einen Energiebedarf von 222 MTOE. (Energieministerium, 2012)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

32,2 MTOE

Abbildung 2.2: Anteile der Energietrager an der Primarenergieerzeugung in der Turkei, 2011 (in Anlehnung an Energieministerium, 2012)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

114,4 MTOE

Die Anteile der verschiedenen Energiequellen am Primarenergieverbrauch im Jahre 2011 sind in der Abbildung 2.3 dargestellt. Erdgas war und ist bei der

Stromerzeugung fur die Turkei der wichtigste Rohstoff, dessen Anteil im Jahre 2011 33% betrug. Der GroBteil des turkischen Primarenergieverbrauchs setzt sich aus importiertem Erdgas und Erdol zusammen.

Russland ist der groBte Erdgas-Lieferant fur die Turkei. Etwa 55% des verbrauchten Erdgases muss die Turkei aus Russland importieren. Iran steht an der zweiten Stelle und verkauft der Turkei 21% seines Erdgasverbrauches im Jahr 2011. Der Erdgasverbrauch des Landes hat sich von 2002 (16,7 Milliarden m3) bis 2011 (38,7 Milliarden m3) mehr als verdoppelt. (BOTA§, 2011)

Tabelle 2.2: Anteil der Energieimporte am Gesamtimport zwischen 2009-2012

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(In Anlehnung an Turkyilmaz, O. &. Ozgiresun, C., 2012)

Betrachtet man nun das Energiedefizit, das aus der Differenz zwischen der eigenen lokalen Lieferung in den lokalen Energiemarkt (32,2 MTOE) und Energieangebot (114,4 MTOE) entsteht, so ist deutlich zu erkennen, dass die Turkei im Jahre 2011 72% (82,2 MTOE) ihres gesamten Energieverbrauches aus dem Ausland importieren musste.

Aufgrund der rasch gestiegenen Energienachfrage in den letzten Jahren ist es der Turkei nicht gelungen die Energieimporte unter Kontrolle zu halten. (Bagoglu, N.C. & Knupp M., 2013) '

Daher will die Turkei mit den in der Vision 2023 angekundigten Strategien und MaBnahmen in erster Linie seine Energieabhangigkeit vom Ausland verkleinern. Da sonst zu befurchten ist, dass die Turkei ihren Wachstum- und Industrialisierungs- prozess langerfristig nicht rentabel fortfuhren kann.

Die Abbildung 2.4 stellt dar, wie sich das Verhaltnis zwischen der Energieproduktion aus heimischem Energietrager und dem gesamten Energieverbrauch der Turkei in den letzten zwei Jahrzehnten entwickelt hat. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur IEA (2013) liegt die Turkei derzeit bei der Kategorie des am schnellsten wachsenden Energiebedarfs an erster Stelle europaweit und an zweiter Stelle nach China weltweit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.4: Entwicklung des Verhaltnisses zwischen der Energieproduktion aus heimischen Energietrager und Energieverbrauchs in derTurkei von 1990 bis 2011 (In Anlehnung an Turkyilmaz, 0. &Ozgiresun, C., 2012)

Anteil der eigenen Produktion in %

Der Anteil der eigenen Produktion am Energieverbrauch hat sich von 48,4% im Jahr 1990 auf 28.1% im Jahr 2011 verringert (Siehe Abbildung 2.5). Obwohl in den letzten funf Jahren eine leicht steigende Tendenz bei der Energieerzeugung aus eigenen Ressourcen zu beobachten ist, wird diese den Bedarf von der Energieeinfuhr aus dem Ausland - ohne verstarkten Ausbau der erneuerbare Energietrager - aufgrund des enorm wachsenden Energieverbrauchs nicht ausgleichen konnen.

2.1.5 Elektrizitatserzeugung in der Turkei

Zur Produktion von Elektrizitat werden in der Turkei uberwiegend Erdgas, Kohle und Wasserkraft verwendet. Im Jahr 2012 erfolgte die Gewinnung der Elektrizitat zu 43.1% aus Erdgas, zu 27.7% aus Kohle und zu 24.2% aus Wasserkraft. Es folgten Windkraft mit 2.4% und Erdol mit 2%. Biogas und Geothermie hatten im selben Jahr mit einem Prozentanteil von 0.6% die geringste relative Bedeutung bei der Elektrizitatserzeugung. Die Abbildung 2.6 stellt die Produktionsanteile an der turkischen Elektrizitatserzeugung im Jahr 2012 grafisch dar. (EUA§, 2012)

Seit 2001 ist der Nettostromverbrauch aufgrund des rasanten Wirtschaftswachstums urn 87 % gestiegen. Die wichtigsten Sektoren, in denen der Stromverbrauch am starksten gestiegen ist: Dienstleistungen mit 33 %, Stahl und Eisen mit 22 %, Textilien mit 16 %. (DENA, 2013a)

Wie in der Abbildung 2.6 deutlich zu erkennen ist, hat Wasserkraft den drittgroBten Anteil an der gesamten Stromproduktion und ist einer der wichtigsten erneuerbaren Energiequellen in der Turkei.

Laut des turkischen Energieministers Taner Yildiz (AKP) mochte die turkische Regierung bis 2023 das gesamte okonomische Potenzial der turkischen Energietrager auszunutzen. Thermische Kraftwerke aller Art produzieren derzeit rund 70% des turkischen Elektrizitatsbedarfs. Um den Anteil von importiertem Erdgas zu senken, soil die Elektrizitatserzeugung aus lokaler Braunkohle stark gefordert werden. (Bagoglu, N. C. & Knupp M., 2013)

In den letzten Jahren hat der Windkraft bei der Stromgewinnung in der Turkei stark an Bedeutung gewonnen. Windenergie soil bis 2023 einen GroBteil der Nutzkapazitat erreichen, so Yildiz. (Invest in Turkey, 2014b)

Im Vergleich zum Vorjahr (230.3 TWh in 2011) ist der Elektrizitatsverbrauch um 5.04% auf 241.9 TWh und die Elektrizitatserzeugung (229.4 TWh in 2011) um 6.8% auf 245 TWh gestiegen. Laut der aktuellen Prognose der turkischen Regierung wird die Elektrizitatserzeugung gegenuber 2012 wieder um 6.8% von 245 TWh auf 261.5 TWh steigen. Bezogen auf den Stromverbrauch pro Einwohner lasst sich folgender Trend erkennen: Der Pro-Kopf-Stromverbrauch wird sich demnach zwischen 2012 und 2013 von 3292 kWh auf circa 3469 kWh erhohen. Nach Angaben der Regulierungsbehorde fur den Energiemarkt - Enerji Piyasasi Duzenleme Kurumu (EPDK) ist die groBte Verbrauchergruppe des Landes aber mit einem Anteil von 41,7 % die Industrie. (TUIK, 2014)

Die langfristige Prognose des turkischen Ministeriums fur Energie und naturliche Ressourcen zeigt, dass die Stromnachfrage in der Turkei bis 2021 - nach einem optimistischen Szenario - 424,78 TWh erreichen wird (jahrliche Nachfragesteigerung um 6.5%). Die pessimistische Einschatzung belauft sich dagegen auf 467,26 TWh, das wurde eine Nachfragesteigerung von 7.5% pro Jahr bedeuten. (EUA§, 2012)

2.2 Erneuerbare Energien in der Turkei

In diesem Kapitel wird die aktuelle Situation erneuerbarer Energien in der Turkei dargestellt. Entsprechend der Zielsetzung dieser Arbeit wird das Thema Biogas - mit seinen politischen, rechtlichen und energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen - detailliert untersucht.

2.2.1 Potenziale und Nutzung erneuerbarer Energien

Die Turkei ist ein an erneuerbaren Energien reiches Land und hat groBe Biomasse-, Sonnenenergie und Geothermiepotenziale.

Aufgrund der hohen AuBenabhangigkeit bei Energierohstoffen hat das Interesse an Investitionen im Bereich erneuerbare Energien in der Turkei in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Insgesamt belauft sich die installierte elektrische Leistung aus erneuerbaren Energien im Jahre 2012 laut Angaben der staatliche Aktiengesellschaft fur elektrische Distribution der Turkei (TEIA§ - Turk Elektrik ve Iletim A.§) auf 22,1 GW. Der Anteil der erneuerbaren Energie an der gesamten installierten Leistung lag in 2012 bei etwa 39%. Die detaillierte Ubersicht uber die installierte Leistung ist aus der Abbildung 2.7 ersichtlich. (Enerji Enstitusu, 2014)

Installierte Leistung 2012: 57.059,4 MW

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.7: Die detaillierte Ubersicht uber die gesamte installierte Leistung der Turkei in 2012 (In Anlehnung an Enerji Enstitusu, 2014)

Nach ihrem jahrlich publizierten mittelfristigen Marktbericht uber erneuerbare Energien prognostiziert die Internationale Energie Agentur (IEA), dass die installierte Leistung der Turkei aus erneuerbarer Energie bis 2018 um etwa 14.000 MW steigen wird. Wasserkraft und Windenergie ubernehmen in dieser Prognose die Vorreiterrolle. (IEA, 2012)

Der turkische Energieminister Taner Yildiz (AKP) betonte im April 2013 bei der sechsten Internationalen Fachmesse fur Sonnenenergie (SOLAREX), dass der Anteil der erneuerbaren Energie an der Brutto-Stromerzeugung in der Turkei doppel so hoch sei, wie in den EU-Landern. Dieser belaufe sich derzeit auf etwa 26% (siehe Abbildung 2.6). Vorrangiges Ziel der Regierung sei es, diesen Anteil bis 2023 auf 30% zu erhohen. (Yapi, 2013)

2.2.2 Potenziale und aktuelle Nutzung von Biogas in der Turkei

Laut einer Studie des Wissenschafts- und Technologieforschungsinstituts der Turkei konnten in der Turkei insgesamt 1888 Biogasanlagen rein auf Basis tierischer Guile und Abfalle aus der Viehzucht mit einer Kapazitat von jeweils 500 kW betrieben werden. (TUBITAK, 2010) und (DENA, 2013a)

Eine Prognose der Wirtschaftskammer Osterreich und der osterreichischen Gesellschaft fur Umwelt und Technik (OGUT) aus dem Jahre 2008 besagt, dass das Investmentpotenzial in der Turkei fur die Stromerzeugung von 7000 GWh pro Jahr auf Basis von Biogas aus landwirtschaftlichen Reststoffen und Dunger 3 Mrd. Euro betragt. (OGUT, 2008)

Tabelle 2.3: Biogasanlagen auf Basis von Branchen und Status und ihre Gesamtleistung in derTurkei.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(In Anlehnung an DBFZ, 2011)

Nach Angaben der Studie „Biogas Potenzialanalyse - Turkei" des Deutschen Biomasse-Forschungs-Zentrums (DBFZ, 2011) sind derzeit nur 36 Biogasanlagen mit einer Leistung von rund 111,23 MW in Betrieb. Dabei handelt es sich zumeist um Deponiegas- und Klargasanlagen, die zu Industrie Betrieben gehoren Oder von den Stadten und Gemeinden betrieben.

Tabelle 2.4: Sektorale Aufteilung des theoret

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(In Anlehnung an DBFZ, 2011)

Der GroBteil dieser Anlagen befindet sich im Westen der Turkei. In Planung befindliche Projekte haben fast dieselbe Kapazitat und werden ebenfalls in der

Tabelle 2.3 dargestellt. In der folgenden Tabelle wird ein Uberblick uber die Zahl und Kapazitaten von Biogasanlagen in der Turkei je nach den eingesetzten Substraten gegeben.

Wie die Tabelle 2.4 veranschaulicht, betragt das theoretische Biogaspotential turkeiweit insgesamt 813,4 PJ pro Jahr. Die Energiepflanzen haben mit 325,1 PJ/Jahr das groBte Biogaspotenzial. Das zweitgroBte Potenzial zur Biogasproduktion stellen Abfalle aus der Landwirtschaft dar. Die Abfalle aus der Viehzucht sind an dritter Stelle.

Auch die energetische Nutzung von landwirtschaftlichen Nebenprodukten wie Stroh und Maishalmen, Abfallprodukten von Obstplantagen, sowie den Reststoffen aus der Lebensmittelindustrie ist vielversprechend in der Turkei. Die Lebensmittelindustrie basiert vor allem auf Fleisch, Oliven, Zuckerruben und Milch. In Bezug auf das Biogaspotenzial der Lebensmittelindustrie konnten Molke, Schlachtreste, Zuckerrubenpresskuchen, Melasse, Olivenpresskuchen, Saftreste und Treber verwendet werden. (DBFZ, 2011)

Die ersten grundlichen und seriosen Untersuchungen zur Entwicklung und Verbreitung der Biogastechnologie in der Turkei haben staatliche Stellen in den 80er Jahren in Auftrag gegeben. Das Potenzial der Erzeugung und der Verwertung von Biogas wurde auf 2,8 - 3,9 Mrd. m3/Jahr geschatzt. Der turkische Staat plante damals drei Biogasanlage fur jede Provinz und funf pro regionales Zentrum. GroBteils wurden diese geplanten Biogasanlagen auch in Betrieb genommen. Private Initiativen wurden mit diesem Plan anfangs technisch und finanziel ebenfalls unterstutzt. Aufgrund verschiedener technischer und organisatorischer Mangel bzw. politischer Fehlentscheidungen wurde allerdings keine dieser Biogasanlagen weiterbetrieben und letzendlich samtliche Versuche gestoppt.

Erst im Jahr 1987 wurde durch einen Fragebogen der Grund des Scheiterns dieser Versuche erhoben. Zu den Ursachen gehorten: zu wenig fachlich geschultes Personal, fehlendes technisches Wissen von den jeweiligen Betreibern und keine fachliche Betreuung bei Bedarf. Nach dem Misslingen dieser ersten staatlichen Versuche und der daraus entstandenen Frustration wurden lange Zeit alle Plane und Versuche auf Eis gelegt. Erst im Jahr 2002 wurde das Interesse der Gemeinden in der Turkei durch den erfolgreichen Biogasanlagensektor in Europa wiedererweckt. (Deniz, 1987) und (DENA, 2013a)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.8: Aufteilung der Biogasanlagen (in Betrieb) in derTurkei (In Anlehnung an DBFZ, 2011)

Dieses Interesse der Gemeinden griff der turkische Staat auf und das Energieministerium veranstaltete im Jahre 2004 eine umfangreiche Tagung zur Entwicklung und energetischen Nutzung der Biogasanlagen. Um neue Projekte zu entwickeln wurde das Staatliche Planungsamt der Turkei (DPT - Devlet Planlama Teskilati) mit der Planung beauftragt. Ab 2005 - mit dem 8. Funfjahresplan - starteten wieder erste Projekte zur Nutzung, Entwicklung und Verbreitung der Biogastechnologie.

Bislang betragt die installierte Leistung der Biogasanlagen 15 MW (Siehe Tabelle 2.3 - Biogasanlagen in Betrieb ohne Muhldeponiegasanlagen). Wenn man an das groBe Biogaspotenzial und die gesamte installierte elektrische Leistung (circa 57 TW) der Turkei denkt, sind diese Werte sehr gering und nicht ausreichend fur die Zukunft", erklarte der Geologe Prof. Dr. Dogan Aydal von der Universitat Ankara in einer Reportage uber die Bedeutung von Biogas fur die Turkei. (Aydal, 2011)

Der Strategieplan der Turkei aus dem Jahre 2008, genannt ,,Vision 2023", nennt die Erhohung des Anteils erneuerbarer Energien eines ihrer wichtigsten Ziele. Unter anderem waren wichtige Aktivitaten im Bereich der Bioenergienutzung vorgesehen. Der Strategieplan stellte 2008 in Aussicht, Untersuchungen im Bereich der Vergasung von Biomasse durchzufuhren und im Jahre 2018 erste Vergasungsanlagen in kleinem (1-3 MW) und mittlerem Umfang (5-10 MW) zu errichten. Als weiteres Ziel sah die „Vision 2023" vor, bis zum Jahr 2009 anaerobe Zersetzungsreaktoren mit einer Kapazitat von 20 m3 Methan pro Tonne Bioabfall zur Beseitigung von organischen Substanzen fur Haushalte zur Verfugung zu stellen. AuBerdem war bis zum Jahr 2012 die Entwicklung von Reaktortypen geplant, die das zusammengesetzte Deponiegas in nutzbare Warmeenergie umwandeln und bis 2014 in dem Bereich Strom erzeugen konnen. Des Weiteren nahm man sich vor im Jahr 2016 gasformigen Wasserstoff durch ein Reinigungsverfahren des zusammengesetzten Deponiegases gewinnen zu konnen, um 2018 diese Wasserstofftechnik in Fahrzeugen zur Anwendung bringen zu konnen. (DENA, 2007)

Bis jetzt sind fur diese Prognosen und Ziele jedoch keinerlei mittel- bzw. langfristige Aktionsplane und strategische Vorgehensweise entwickelt worden. Die turkische Regierung ist immer noch weit entfernt von der konkreten Umsetzung der Ziele im Zusammenhang mit der Bioenergienutzung. (WEC, 2012)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.9: Aufteilung der Biogasanlagen (in Betrieb und in Planung) in derTurkei (In Anlehnung an DBFZ, 2011)

Die Internetplattform uber erneuerbare Energie „Limitsiz Enerji" (Energie ohne Limit) betont am 1. April 2013, dass der Strategieplan „Vision 2023" Phantasie bleiben werde, sollten die Investitionen in erneuerbare Energie weiter durch die turkische Regierung blockiert werden. Der Experte Dr. M. Cihat Tuna erklart in dem Artikel, dass die installierte Leistung zur Stromerzeugung in den letzten 10 Jahren urn mehr als das Doppelte gestiegen sei, von circa 28.000 MW auf etwa 58.000 MW. Die gesamten Exporterlose der Turkei im Jahr 2012 beliefen sich auf 150 Mrd. Dollar. Das Ziel der Exporterlose der turkischen Regierung fur das Jahr 2023 seien aber 500 Mrd. Dollar. Dies entspreche dem mehr als dreifachen Volumen der im Jahr 2012 erzielten Exporterlose. Wenn die Turkei das Ziel der Exporterlose von 500 Mrd. Dollar im Jahre 2023 erreichen wolle, musste die installierte Leistung mindestens dreimal so hoch sein wie heute. Circa 150.000 MW mussten noch installiert werden. Das hieBe, dass die Turkei in den nachsten 10 Jahren mindestens noch 100.000 MW im Bereich Energie investieren musse. Tuna unterstreicht, dass der Anteil der erneuerbaren Energien an den gesamten Investitionen naturlich auch eine sehr groBe Rolle spiele. Private Initiativen wurden bis jetzt durch die mangelnde Gesetzlage blockiert und nicht unterstutzt. Es sei geradezu paradox, wenn die Turkei ein so ehrgeiziges Ziel habe, aber trotzdem die Entwicklung von Projekte der Privatwirtschaft nicht unterstutze, betont der Experte. Die Turkei solle eher die Hindernisse fur die Entwicklung neuer Projekte von privaten Investoren mit entsprechenden Gesetzen beseitigen, anstatt Projekte zu blockieren, so Dr. M. Cihat Tuna. (Limitsizenerji, 2013)

Die Entwicklung und Verbreitung der Biogastechnologie in landlichen Gebieten hangt wesentlich von folgenden Faktoren ab: niedrige Fertigungskosten, einfachen Bedienung bzw. Instandhaltung und die Leistung der Biogasanlage. Doch diese technischen und finanziellen Vorteile reichen allein nicht aus. Fur die erfolgreiche Verbreitung spielt die Akzeptanz der Biogastechnologie seitens der Bevolkerung eine wesentliche Rolle. Die Politik kann das mogliche bestehende Konfliktpotenzial und den Mangel an Akzeptanz dieser alternativen Technologie durch verschiedene Forderungen und Informationskampagnen, sowie durch Einschulungen und die Miteinbeziehung von Anwohnern und Privatpersonen in die lokalen Projekte, uberwinden. Zudem steigt das Interesse an Biogastechnologie, wenn die Ersatzteile und technische Betreuung nach dem Bau der Anlage vor Ort zu finden sind. (Kocar, 2012).

2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Energiegewinnung aus Biogas

Nachfolgend werden die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen erlautert, die sich auf die Umsetzung der Biomassenutzung bzw. Biogastechnologie zur Elektrizitatserzeugung beziehen. Dazu werden hier im Folgenden die mit dem Erhalt der jeweiligen Vergutungen verbundenen Besonderheiten und Auflagen naher untersucht und diskutiert.

Die aktuellen und relevanten gesetzlichen Grundlagen fur die Nutzung der Biomasse in derTurkei werden in der folgenden Tabelle 2.5 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(In Anlehnung an DBFZ, 2011 und an MBS, 2014)

2.3.1 Das Erneuerbare-Energien-Gesetz

Der erste und wohl einer der wichtigsten Schritte in Richtung einer erneuerbaren Energiepolitik in der Turkei war die Verabschiedung des Gesetzes zur Nutzung Erneuerbarer Energie zum Zweck der Erzeugung der elektrischer Energie (Gesetz Nr. 5346) am 10. Mai 2005. Ziel dieses Gesetzes ist es, die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen zur Erzeugung von elektrischer Energie zu erhohen, die nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung fur die Zukunft zu sichern, die Weiterentwicklung von Technologien aus erneuerbaren Energien (nur fur Elektrizitatserzeugung, nicht fur Warmeerzeugung) zu fordern und kunftig die Energiediversifizierung durch erneuerbare Energie zu steigern und dadurch die Treibhausgasemissionen zu verringern, sowie die Abfallprodukte aus den verschiedenen Sektoren zu bewerten. (DBFZ, 2011)

Eine neue Ara begann am 29. Dezember 2010 als dieses Gesetz durch das Parlament uberarbeitet und anschlieBend im Amtsblatt Resmi Gazete am 8. Januar 2011 mit der Gesetz Nr. 6094 veroffentlichtet wurde. Vor der Novellierung des Erneuerbare Energiegesetzes stand der Gesetzentwurf mehrmals auf der Tagesordnung des turkischen Parlaments, ohne verabschiedet zu werden. Der Grund dafur lag darin, dass die Regierung hohere Vergutungssatze vermeiden wollte, da durch hohe Einspeisevergutungen letztlich auslandische Technologien auf Kosten der Verbraucher gefordert wurden. Am Ende der Diskussion im turkischen Parlament einigte man sich, eine unter den Erwartungen liegende Grundvergutung mit einer Bonusvergutung fur die lokale Beschaffung der verschiedenen Teile der Erneuerbare Energieanlagen zu beschlieBen. (Pinarak, 2011)

Das Erneuerbare-Energie-Gesetz[5] (Yenilenebilir Enerjiler Kanunu - YEK) definiert Wind-, Solar- und Geothermalenergie, Biomasse, Gas aus Biomasse (einschl. Abfallgas), Wellenenergie, Stromungs- und Gehzeitenenergie sowie Ressourcen, die sich zur Errichtung von hydroelektrischen Anlagen eignen wie Kanale Oder Flusse Oder Reservoire (mit einer Flache von weniger als funfzehn Quadratkilometern) als erneuerbare Energieressourcen. Der Begriff Biomasse wurde im Rahmen dieses Gesetzes als eine Ressource konkretisiert, die aus organischen Abfallen, Produkten der Land- und Forstwirtschaft einschlieBlich Pflanzenolabfallen und Ernteruckstanden sowie aus Nebenprodukte, die bei der Verarbeitung derartiger Produkte anfallen, gewonnen werden. (TR EEG, Novelle 2011)

2.3.2 EEG-Fordermechanismus

Jeder Stromerzeuger ist verpflichtet eine Erzeugerlizenz zu besitzen. Mit dem turkischen Erneuerbaren-Energie-Gesetz ist die Aufsichtsbehorde fur den Energiemarkt (EPDK) befugt, den Anlagenbetreiber - sowohl auf dem Binnenmarkt als auch auf internationalen Markten - fur den Handel mit Strom aus erneuerbaren Energieressourcen zur Ausweisung der Art der Ressource und zum Zweck der Verfolgung ein „Zertifikat fur Erneuerbare Energieressourcen" (YEK-Zertifikat) auszustellen. Dabei zwingt das EE-Gesetz den Anlagenbetreiber nicht dieses Zertifikat zu erwerben. (Uycan, 2012)

Die Anlagenbetreiber, die sich fur Erwerb des YEK-Zertifikats entscheiden, schlieBen sich automatisch dem sogenannten EEG-Fordermechanismus (Yenilenebilir Enerji Kanunu Destekleme Mekanizmasi - Fordermechanismus fur Erneuerbare-Energie- Ressourcen) fur eine Dauer von einem Jahr an. Sie durfen diesen im laufenden Jahr der Umsetzung des Mechanismus nicht verlassen.

Durch den EEG-Fordermechanismus wird der obligatorische Einkauf des Stromes aus erneuerbaren Energien geregelt. Stromversorger, die Verbraucher mit Strom beliefern, sind durch das Gesetz gezwungen eine bestimmte Menge von Strom von dem EE-Anlagenbetreiber mit YEK-Zertifikat zu kaufen. Dieser Pflichtabnahmesatz wird fur jeden Stromversorger und fur jeden Abrechnungszeitraum aus dem EEG- Gesamtbetrag ermittelt und durch die Zentralstelle fur Finanzausgleich PMUM (Piyasa Mali Uzlastirma Merkezi) bekanntgegeben. Das bedeutet, dass fur jeden Stromversorger eine Rechnung mit dem Pflichtabnahmebetrag ausgestellt wird. AnschlieBend wird das Geld, das von alien Stromversorgern einkassiert worden ist, dem EEG-Fordermechanismus angehorenden Anlagenbetreiber je nach ihrem Anteil ausgezahlt. Die EE-Anlagenbetreiber, die nicht dem EEG-Fordermechanismus angehoren, konnen ihren Strom im Rahmen ihrer Erzeugerlizenzen auf dem freien Markt verkaufen. (Deloitte, 2011)

Die Anlagenbetreiber, die dem EEG-Fordermechanismus[6] angeschlossen sind und ab dem Inkrafttreten des Erneuerbaren-Energie-Gesetz (ab dem 18.05.2005) mit dem Stromerzeugung begonnen haben Oder bis zum 31.12.2015 begonnen werden, durfen von den Einspeisetarifen, die in folgenden naher erlautert werden, profitieren. (TR EEG, Novelle 2011)

2.3.3 Vergutungen und staatliche Forderungen fur erneuerbare Energien

In der Novellierung des EE-Gesetzes durch die Gesetzesnovelle Nr. 6094 vom 29. Dezember 2010 wurden, wie aus Tabelle 2.6 ersichtlich, die Einspeisevergutungen in US Cent festgelegt, die den im bisher gultigen Gesetz vom Jahr 2005 (Gesetz Nr. 5346) beschlossenen einheitlichen Satz fur alle erneuerbare Energiearten in der Hohe von 5,5 Euro-Cent ersetzen sollte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.6: Uberblick uber die aktuellen Einspeisevergutungen zur Erzeugung der Elektrizitat aus erneuerbaren Energiequellen

(In Anlehnung an TR EEG, Novelle 2011)

Die staatlich garantierten Einspeisevergutungen fur die EE-Anlagen, die sowohl Stromerzeugerlizenz, als auch das YEK-Zertifikat besitzen, sind fur eine begrenzte Zeit vorgesehen. Diese gilt zehn Jahre lang fur die Anlagen, die bis zum 31. Dezember 2015 in Betrieb genommen werden. (TR EEG, Novelle 2011)

Wenn eine Biogasanlage beispielsweise am 1. Janner 2014 in Betrieb genommen wird, beginnt der Vergutungszeitraum gleich mit der Inbetriebnahme der Anlage und sie hat Anspruch auf die Einspeisevergutung bis 31. Dezember 2024. Nach der Ankundigung des turkischen Energieministers Taner Yildiz vom 11. Oktober 2013 wurde die Anmeldefrist fur den Anspruch auf die EEG-Vergutung bis 31. Dezember 2020 verlangert. (Enerji Enstitusu, 2013)

Fur alle Anlagen, die erst nach dem 31. Dezember 2020 ans Netz gehen werden, gelten die durch den Ministerrat festgelegten neuen Vergutungssatze, die die vor dem 31. Dezember 2020 festgelegten Einspeisevergutungen nicht ubersteigen durfen. Das neue Erneuerbare-Energie-Gesetz regelt auBerdem eine zusatzliche Bonus-Vergutung. Die vor der festgelegten Frist in Betrieb genommenen erneuerbare Energie-Anlagen und deren Betreiber, deren mechanische bzw. elektronische Bauteile vollstandig Oder teilweise durch lokale Beschaffung angefertigt wurden, erhalten zusatzliche Forderungen fur die Dauer von funf Jahren nach ihrer Inbetriebnahme. Das Forderinstrument zur Unterstutzung der lokalen Industrie bei der Herstellung der Bauteile in der Turkei erhoht die Einspeisevergutungssatze der verschiedenen Energietrager zwischen 0,4 und 3,5 US-Cent pro kWh. Bei der Elektrizitatserzeugung aus Biomasse inklusive lokaler Beschaffung aller aufgefuhrten Teile, ist eine Vergutung von bis zu 18,9 US-Cent pro kWh moglich. (TR EEG, Novelle 2011)

GemaB Expertenmeinung konnen landwirtschaftlichen Biogasanlagen nur dann wirtschaftlich rentabel betrieben werden, wenn sie eine Leistung von mehr als 500 kW aufweisen. Voraussetzung hierfur sind die o.g. staatlichen Forderungen. (DENA, 2013a)

Im Falle von Stromerzeugung aus Biomasse ist bei der Verwendung technischer und mechanischer Teile aus turkischer Erzeugung folgende zusatzliche Vergutung 7 moglich:

Tabelle 2.7: Zusatzliche Einspeisevergutung fur Biomasse bei lokaler Beschaffung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(In Anlehnung an das turkische Erneuerbare-Energie-Gesetz, TR EEG, Novelle 2011)

Das bedeutet: Investoren konnen hohere Vergutungen erhalten, sofern sie o.g. Komponenten in der Turkei produzieren bzw. produzieren lassen und fur ihre Biogasprojekte nutzen.

Durch die Novellierung des EE-Gesetzes haben die Naturschutzfreunde eine wenig erfreuliche Nachricht bekommen: Die Genehmigungen fur erneuerbare Energieanlagen in Natur- und Landschaftsschutzgebieten, Nationalparks, Waldgebieten sowie Wasserschutzgebieten werden kunftig leichter zu erhalten sein, da in der Vergangenheit aufgrund der gesetzlichen Naturschutzvorschriften zahlreiche Wasserkraftprojekte nicht verwirklicht werden konnten. (Pinarak, 2011)

AuBerdem wurden durch den neuen Artikel 8 des EE-Gesetzes beschlossen, die Gebuhren in den ersten zehn Jahren nach der Inbetriebnahme fur die Verkehrswege, den Netzanschluss ans Netz, die Pacht und die Kosten fur die Nutzungserlaubnis auf 85% zu reduzieren. (TR EEG, Novelle 2011)

Weitere staatliche Forderungen zur Finanzierung von Biogasanlagen sind untenhalb in Tabelle 2.8 dargestellt.

Tabelle 2.8: Andere Entwicklungsforderungen fur Biogasanlagen in der Turkei

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[8]

2.3.4 Verfahren zur Lizenzvergabe fur Biogasanlagen

Die erste Voraussetzung fur die Erlaubnis der Inbetriebnahme einer Biogasanlage in der Turkei ist, eine Erzeugerlizenz durch die Aufsichtsbehorde fur den Energiemarkt EPDK (Enerji Piyasasi Duzenleme Kurumu) zu erwerben. EPDK ist als Vertretungs- und Entscheidungsorgan mit Sitz in Ankara ist einer der wichtigsten Behorden fur den Elektrizitatsmarkt.

Das neue Elektrizitatsmarktgesetz Nr.: 6446 (Novelle am 14.03.2013) und die Lizenzierungsverordnung fur den Elektrizitatsmarkt Nr.: 28809 (Novelle am 02.10.2013) regelt nicht nur, ob eine Biogasanlage eine Genehmigung (Lizenz) benotigt, sondern auch die verschiedene Tatigkeiten unter anderem die Erzeugung, der Transport, die Verteilung, der Einzel- und GroBhandel sowie den Import und Export der elektrischer Energie. Zusatzlich werden sowohl gemaB dem Energiemarktgesetz als auch der Lizenzierungsverordnung die Rechte und die Pflichten der Lizenznehmer konkretisiert.

Die Erzeugerlizenz ermachtigt den Anlagenbetreiber die elektrische Energie zu erzeugen und den erzeugten Strom zu vermarkten und ist unubertragbar. Die Dauer der Lizenz zur Erzeugung, Transport und Verteilung ist maximal auf49 Jahre und auf eine Mindestdauer auf 10 Jahre begrenzt[9]. (Pinarak, 2012)

Folgende Schritte sind nach dem Elektrizitatsmarktgesetz fur den Erwerb einer Erzeugerlizenz - unabhangig von der Ressource - notwendig.

- Das Antragsformular mit den notigen Unterlagen wird bei der EPDK eingereicht.
- EPDK wird daraufhin uberprufen, ob alle erforderlichen Antragsunterlagen vorliegen und richtig gestaltet sind.
- Bei der vollstandigen und formalen Antragstellung muss der Antragsteller 1% der ublichen Lizenzgebuhr einzahlen. Die Anlagenbetreiber, die Strom aus erneuerbare Energie erzeugen, sind anschlieBend fur die ersten acht Jahre von der jahrlichen Lizenzgebuhr befreit.
- Weiteres wird der Lizenzantrag bzw. die Stromerzeugungsanlage der Reihe nach durch die staatliche Oder private Stromubertragungsnetzbetreiber und durch Verteilernetzbetreiber in Hinsicht auf die Stromubertragung, Stromverteilung, Anschlusse und der Nutzung der Systeme gepruft und bewertet.
- Nachdem die staatlichen und privaten Prufinstitutionen ihre Bewertung und Ansichten der EPDK mitgeteilt haben, entscheidet der Rat der EPDK uber den Lizenzantrag.
- Bei einer positiven Entscheidung des Lizenzantrages muss der Antragsteller anschlieBend eine Begutachtung nach der Verordnung zur Bewertung von Umwelteinflussen (Cevresel Etki Degerlendirmesi Yonetmeligi) vom Umwelt- und Forstministerium einholen.
- Nach Vorlage der Erganzungsunterlagen und der Erfullung der Voraussetzungen erteilt der Rat der EPDK die entsprechende Lizenz. (Burkhardt, 2011) und (TR EMG, Novelle 2013)

Durch die am 02.10.2013 in Kraft getretene neue Durchfuhrungsverordnung der EPDK zur lizenzfreien Elektrizitatserzeugung erweitert die Turkei seine lizenzfreie zulassige Stromerzeugungsobergrenze am Elektrizitatsmarkt vom 500kW auf 1MW. Vorausgesetz hierfur ist allerdings, dass die Anlagenbetreiber den Strom nur fur den Eigenverbrauch erzeugen[10]. Eine weitere Neuerung ist auBerdem, dass die Uberproduktion der lizenzfreien Stromerzeugung in das Netz eingespeist und verkauft werden kann. Die lizenzfrei betriebenen Kraftwerke durfen von den durch das neue EE-Gesetz festgelegten Einspeisevergutungen profitieren, genauso wie die lizenzierten Kraftwerke. Nach den bisherigen Bestimmungen war es nicht moglich. (Bagoglu, 2013)

2.3.5 Abfall- bzw. Guile- und Garrestverwertung sowie der aktuelle Stand der Gesetzlage

Faktum ist, dass es in der Turkei weder nationale noch regionale Oder lokale Abfallbewirtschaftungsplane gibt. Das hat dazu gefuhrt, dass das Recycling und die Verwertung den Abfallen immer wieder auBer Acht gelassen werden. Aufgrund der jahrelangen Vernachlassigung des Themas Abfall in der Turkei fehlen groBteils funktionierende Rechtsgrundlagen, Verwaltungsstrukturen bzw. Kontroll- und Durchsetzungsmechanismen fur die wenigen bestehenden Gesetze.

In der Turkei werden kommunale und industrielle Abfallen ohne jegliche Form der Vorbehandlung und/oder Trennung gemischt auf Mulldeponien entsorgt. Das ist die ubliche Methode wie mit den Abfallen umgegangen wird. Abfalle, die nicht sofort auf Mulldeponien gebracht werden konnen, werden gleich vor Ort, wo sie entstehen in einer unorganisierten und unkontrollierten Weise - ohne die negativen Folgen fur die Umwelt zu beachten - gelagert. Mulldeponien werden sehr selten eingezaunt und Brande auf Deponien kommen haufig vor. Nur wenige Mulldeponien erfullen die grundlegenden Anforderungen und Richtlinien der modernen und sicheren Deponieanlagen. (Turan etal., 2009)

Erst am 05.07.2008 wurde eine allgemeine Richtlinie zur Abfallwirtschaft erlassen. Das Ziel dieser Verordnung ist es, schadliche Auswirkungen der Abfalle auf die Umwelt von ihrer Herstellung bis zu ihrer Entsorgung zu verhindern[11]. Organische Abfalle sind von der Verordnung ausgeschlossen. Die Verordnung lautet:

- Das Verschmutzen der Umwelt ist verboten.
- Die Zivilorganisationen, die Industriebetriebe, die Universitaten und das Umweltministerium sollen zusammenarbeiten, urn die Abfalle zu verringern, zu entsorgen bzw. zu verwerten.
- Jeder Betrieb, der neu errichtet wird, soil dem Ministerium einen Bericht mit Umweltfolgenabschatzungen vorlegen. Falls das Genehmigungsverfahren des Betriebes negativ endet, darf er nicht in Betrieb gehen, solange die Kritikpunkte des Ministeriums nicht behoben worden sind.
- Jeder Betrieb ist fur die Beseitigung der eigenen Abfalle verantwortlich. Falls dies nicht moglich sein sollte, soil die Entsorgung, basierend auf den entsprechenden Gesetzen, durch Dritte durchgefuhrt werden.
- Betriebe, die Umweltverschmutzung verursachen, sind verantwortlich die schadlichen Folgen der Umweltverschmutzung zu beseitigen.
- Betriebe, die ihre eigene Abwasserbehandlungsanlage besitzen, konnen mit Erlaubnis des Ministeriums Strom gunstig einkaufen.
- Die unkontrollierte Verbrennung von Guile ist verboten
- Betriebe sind verantwortlich, ihre Geruchsemissionen unter dem erlaubten Grenzwert zu halten.
Der Schutz vor Geruchsemissionen (z.B.: Rindergulle, Huhnermist) wurde im Rahmen der Verordnung vom 03.07.2009 (Novelle am 19.07.2013) uber die „Kontrolle der Luftverschmutzung aus Industriebetrieben" beschlossen. Die Verbrennung und/oder Beseitigung von organischen Abfallen aus der Landwirtschaft und der Tierhaltung ist ebenfalls mit dieser Verordnung geregelt worden.

[...]


[1] Recep Tayyip Erdogan (Adalet ve Kalkinma Partisi - Partei fur Gerechtigkeit und Aufschwung - AKP) hat als Ministerprasident 11 Jahre lang (zwischen den Jahren 2003 und 2014) die Regierung gefuhrt.

[2] „Dr. Stanley Bull" ist der Vizeprasident der gemeinnutzigen, wissenschaftlichen Organisation MRI- Global. Bull war jahrelang Leiter des wichtigsten Labor der USA fur Forschung und Entwicklungen auf den Gebiet der erneuerbaren Energie und der Energieeffizienz (National Renewable Energy Laboratory, Colorado)

[3] Wirtschaftsminister Zafer Caglayan (AKP) ist wegen Korruptionsverdacht Anfang 2014 zuruckgetreten.

[4] Die Turkei will 12 „Kernkraftwerke" innerhalb von nachsten 7-8 Jahre bauen. Uber solche Plane berichtete der turkische Energieminister Taner Yildiz im Juni 2012 bei dem Internationalen Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg. „Ohne Atomenergie kann die Welt nicht auskommen", ist der turkische Minister sicher. (Yildiz, 2012)

[5] § 1 Abs. 1, (Erneuerbare-Energie-Gesetz der Turkei) Gesetzes zur Nutzung Erneuerbarer Energien zum Zweck der Erzeugung der elektrischer Energie (Nr.: 5346) - Novelle am 01.01.2013 (Nr.: 6094)

[6] § Anhang, Tabelle 1, (Erneuerbare-Energie-Gesetz der Turkei) Gesetzes zur Nutzung Erneuerbarer Energien zum Zweck der Erzeugung der elektrischer Energie (Nr.: 5346) - Novelle am 01.01.2013 (Nr.: 6094)

[7] Die derzeitigen zusatzlichen Local-Content-Bonus-Richtlinien je nach Anlagenkomponenten beziehen sich auf Biomasse. Eine spezifische Richtlinie fur Biogasanlagen ist derzeit nicht vorhanden. Ein Erlass wird aber erwartet. Ein Zeitpunkt dafur ist aber nicht bekannt. (DENA, 2013a)

[8] §5 Abs. 13, Verordnung zur Unterstutzung der landwirtschaftlichen Entwicklungsinvestitionen am 04.09.2012 (Nr.:28401)

[9] §5 Abs. 2, ElektrizitatsmarktgesetzTurkei (Nr.: 4628) - Novelle am 14.03.2013 (Nr.: 6446) Nachhaltige Energiesysteme - NES 11

[10] §3 Abs. 11 und 12 Durchfuhrungsverordnung zur lizenzfreie Elektrizitatserzeugung im Strommarkt in der Turkei (Nr.: 27774) - Novelle am 02.10.2013 (Nr.: 28513)

[11] §1 Abs. 1 Verordnung zur Abfallwirtschaft - Atik Yonetimi Genel Esaslarina ili§kin Yonetmelik (Nr.: 26927) am 05.07.2008

Ende der Leseprobe aus 420 Seiten

Details

Titel
Anaerobe Verwertung von landwirtschaftlichen und industriellen Reststoffen in einer ausgewählten Region der Türkei
Untertitel
Technisches und ökonomisches Potential sowie aktuelle Herausforderungen bei der Implementierung dieser Technologie
Hochschule
Fachhochschule Burgenland  (Nachhaltige Energiesysteme)
Note
1
Autor
Jahr
2015
Seiten
420
Katalognummer
V374026
ISBN (eBook)
9783668580343
ISBN (Buch)
9783668580350
Dateigröße
47171 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Biogas, Türkei, Erneuerbare Energie
Arbeit zitieren
DDipl.-Ing. Ümit Nesat Deda (Autor:in), 2015, Anaerobe Verwertung von landwirtschaftlichen und industriellen Reststoffen in einer ausgewählten Region der Türkei, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/374026

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