Lexikographie des Altenglischen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

22 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung: Lexikographie des Altenglischen

2 Die Entwicklung der Lexikographie des Altenglischen
2.1 Frühe altenglische Lexikographie
2.2 Das Anglo-Saxon Dictionary von Bosworth und Toller

3 Dictionary of Old English
3.1 Das Projekt
3.2 Der Drei-Stufen-Plan
3.3 Struktur eines DOE Eintrags
3.4 Definitionen und Zitate

4 Problembereiche historischer Lexikographie
4.1 Figurative Sprache
4.2 Kulturspezifische Begriffe und Institutionen
4.3 Beispiel: ealdormann

5 Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

1 Einleitung: Lexikographie des Altenglischen

In 1969 when Angus Cameron, the founding Editor (1970-1983) of the Dictionary of Old English, began to think about documenting the first six centuries of the English language, English studies were experiencing “a sea-change / Into something rich and strange”. Technology and powerful new tools were changing the context in which we teach and conduct research on English.[1]

Das Dictionary of Old English (DOE)[2], dessen Einträge mittlerweile bis zum Buchstaben F fertig gestellt sind, hat seitdem mit Hilfe modernster Technologie neue Maßstäbe auf dem Gebiet historischer Lexikographie gesetzt. Vor allem der Einsatz von Computertechnik ermöglicht nun die genaue Analyse des gesamten altenglischen Wortschatzes auf der Basis der überlieferten Manuskripte. Antonette diPaolo Healey, die heutige Herausgeberin der DOE an der Universität Toronto, und ihr Forschungsteam fassen deshalb ihre Arbeit mit dem Slogan „From manuscripts to megabytes“ zusammen. „We believed it accurately described the material culture, both old and new, with which we work […]. We also hoped that it revealed our rootedness in the past, and, simultaneously, our willingness to embrace the new expressive technologies of the present and future.”[3]

Aufgrund seiner großen Bedeutung und Aktualität bildet sowohl die Entwicklung als auch der Aufbau des Dictionary of Old English einen inhaltlichen Schwerpunkt dieser Arbeit. Einleitend wird jedoch auf die Entstehungsgeschichte altenglischer Lexikographie eingegangen, deren Tradition bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurückreicht. Besonders am Beispiel des Anglo-Saxon Dictionary [4] zeigen sich Schwachstellen und Lücken bisheriger Nachschlagewerke. Darüber hinaus werden schließlich Problembereiche historischer Lexikographie, vor allem hinsichtlich historischen und kulturspezifischen Vokabulars, untersucht und an Beispielen verdeutlicht.

2 Die Entwicklung der Lexikographie des Altenglischen

2.1 Frühe altenglische Lexikographie

John Joscelyn (1529-1603) gilt als Pionier altenglischer Lexikographie. „Whereas others were able to benefit from and draw upon his work for their own lexicography, Joscelyn lacked the support of a predecessors’s work, with the exception of the more limited lexicographical collections of Laurence Nowell that were available to him.“[5] Joscelyn musste somit die angelsächsischen Manuskripte genauestens untersuchen um den altenglischen Wörtern entsprechende lateinische oder englische Übersetzungen zuordnen zu können. Viele dieser Manuskripte lassen Rückschlüsse auf Joscelyns Vorgehen zu. Sie weisen Unterstreichungen und Nummerierungen auf, die er Wörtern von lexikographischem Interesse zuteilte, welche er dann später in seine Wortlisten übernahm. Insgesamt umfasst dieses frühe altenglische Wörterbuch rund zwanzigtausend Einträge und stellt somit die mit Abstand größte Wortsammlung dieser Art im 16. Jahrhundert dar. Allerdings muss dabei bedacht werden, dass verschiedene Schreibungen und Flexionsformen oft in eigenen Einträgen erfasst wurden. „Throughout the dictionary, lemmata are given in inflected form, just as they occur in the original sources from which they derive. Not uncommonly, the lemma is a phrase rather than a single word”.[6]

Auch wenn wohl ursprünglich geplant, kam es nicht zu einer Veröffentlichung von Joscelyns Arbeit. Erst 1659 erschien William Somners Dictionarium Saxonico-Latino-Anglicum als erstes altenglisches Wörterbuch. Joscelyns Erkenntnisse wurden von seinen Nachfolgern allerdings durchaus wahrgenommen und genutzt. „Somner [...] had a high regard for the scope of Joscelyn’s work, as he wrote in his preface. Joscelyn’s dictionary thus contributed significantly to the first published Old English dictionary.”[7]

Besondere Aktivität auf dem Gebiet der altenglischen Lexikographie gab es allerdings im 19. Jahrhundert. Bedeutende Namen sind hier vor allem Joseph Bosworth, T.N. Toller, Henry Sweet, C.M.W. Grein, J.R. Hall und A.S. Napier, deren Veröffentlichungen bis in die Gegenwart von großer Bedeutung sind. Das Anglo-Saxon Dictionary von Bosworth und Toller ist noch heute ein weit verbreitetes Nachschlagewerk.

2.2 Das Anglo-Saxon Dictionary von Bosworth und Toller

Joseph Bosworth, der Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Erstellung eines altenglischen Wörterbuches begann, war zu seiner Zeit sehr einflussreich auf dem Gebiet der historischen Sprachwissenschaft, aber auch durchaus umstritten. Schon vor dem Erscheinen seines Dictionary of the Anglo-Saxon Language im Jahr 1838 schreibt John Mitchell Kemble, der damals gerade eine Beowulf-Edition erstellt hatte, in einem Brief an seinen deutschen Mentor Jacob Grimm: „We cannot get on in England for want of an Anglo-Saxon dictionary: and though one Mr. Bosworth threatens us with one, I fear we cannot rejoice in the prospect of filling up the void. He is a sad dull dog […] and as he does not profess to read MSS I hope but little from him.”[8] Dennoch erhielt Bosworth begeisterte Kritiken und erlangte so einen hervorragenden Ruf. 1858 erhält er schließlich einen Lehrstuhl an der Universität Oxford und beginnt 1863 mit einer Neuauflage seines Wörterbuches. Diese Version bleibt bis zu Bosworths Tod im Jahr 1876 unvollendet, wird allerdings von T. Northcote Toller fortgeführt und schließlich um einen Nachtragsband erweitert.

„A remarkable accomplishment in its day, this first comprehensive period dictionary of the English language has inevitably become outdated; new and revised editions of Old English texts and subsequent research have revealed an increasing number of lexical gaps, unsatisfactory definitions and methodological shortcomings”.[9] Viele dieser Schwächen werden bei der Benutzung des Anglo-Saxon Dictionary auffällig. Problematisch ist hier vor allem die Tatsache, dass verschiedene Schreibweisen eines Wortes häufig in eigenen Einträgen erfasst werden. Dieser Sachverhalt macht das Wörterbuch unübersichtlich und weitschweifig, aber besonders durch die inkonsequente Handhabung dieser Praxis und aufgrund mangelnder Querverweise auch verwirrend für den Benutzer.[10] Darüber hinaus wird oft die inkonsequente Struktur der einzelnen Einträge kritisiert. Diese sind in manchen Fällen nach Bedeutungsfeldern und Definitionen gegliedert, in anderen Fällen wiederum gibt es gar keine Unterteilung.[11] So ist beispielsweise der Eintrag für Ae. draca gegliedert nach 'I. a dragon'; 'II. a serpent'; 'III. the serpent = the devil; diabŏlus'. Auf der nächsten Seite finden sich unter dem Eintrag dōn die Definitionen 'To do, make, cause; agĕre, facĕre', allerdings sind die darauf folgenden Belege gar nicht untergliedert, obwohl der eben genannte Eintrag durchaus länger ist als der für draca und die Definitionen in gleichem Maß differieren.[12]

Diese Schwächen erklären sich meist aus der unreflektierten Übernahme von Inhalten aus anderen altenglischen Wörterbüchern und Glossaren und zeigen sich vor allem bei den frühen Einträgen. Im Laufe der Zeit und mit zunehmender Erfahrung der Lexikographen entwickelte sich ein konsequenteres Vorgehen, wie an der späteren Arbeit von T. N. Toller zu sehen ist. Das Anglo-Saxon Dictionary spiegelt somit den Fortschritt des Lexikographen wider. Im Hinblick auf Toller schreibt Peter Baker: „[We] can measure his progress as a lexicographer by examining the product itself.“[13] Doch aufgrund der verschiedenen Problembereiche und besonders hinsichtlich des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts schien ein völlig neuer Ansatz wünschenswert, welcher derzeit im Dictionary of Old English Projekt umgesetzt wird.

3 Dictionary of Old English

3.1 Das Projekt

Im Jahr 1969 begann die Planung für das Dictionary of Old English. Im Vorwort des Tagungsbandes zur zweiten aus diesem Grund veranstalteten Konferenz in Toronto, wo auch heute noch am DOE gearbeitet wird, findet sich folgende Aussage, die als programmatisch für das Projekt gelten kann: „The Dictionary of Old English [...] will be a scholar’s dictionary, designed to replace the Bosworth-Toller Anglo-Saxon Dictionary […].While making full use of the lexicographical work of the past, the Dictionary of Old English project will begin with a new and exhaustive collection of materials and will take a fresh look at Old English vocabulary.”[14] An den Konferenzen in Toronto waren neben historischen Lexikographen und Spezialisten auf dem Gebiet des Altenglischen auch Computerexperten beteiligt, denn von Anfang an war die Nutzung neuer technischer Ressourcen bei der Erstellung des DOE geplant.

Hinsichtlich der Periodisierung hat man sich auf die Zeit zwischen 600 und 1150 geeinigt, was bedeutet, dass das DOE auf schriftlichen Aufzeichnungen basiert, die in dieser Periode entstanden sind. Somit deckt es den Zeitraum vor dem Middle English Dictionary und vor dem Oxford English Dictionary (OED) ab, welches nur einen Teil des altenglischen Vokabulars berücksichtigt. Ungefähr 75% des altenglischen Wortschatzes sind nicht erfasst, da nur Wörter aufgenommen wurden, die auch noch nach 1150 gebräuchlich waren. Das DOE komplettiert somit das Oxford English Dictionary, „[which] is widely regarded as the single most important scholarly project ever completed in English studies.“[15]

3.2 Der Drei-Stufen-Plan

„[Das DOE sollte] folgende drei Bedingungen erfüllen: 1. Erfassung der gesamten altenglischen Überlieferung, 2. erschöpfende Information zu jedem Stichwort, 3. Maschinenlesbarkeit des Materials und Herstellung mittels aller Hilfen, die die moderne Datenverarbeitung bietet.“[16] Zur Umsetzung dieser Ziele wurde ein Drei-Stufen-Programm entwickelt.

[...]


[1] Healey, Antonette diPaolo, “The mapping of meaning and Toronto’s Dictionary of Old English“, in: To explain the present: Studies in the Changing English Language in Honour of Matti Rissanen, ed. by Terttu Nevalainen and Leena Kahlas-Tarkka (Helsinki, 1997), S. 35-49, hier S. 36.

[2] Cameron, Angus; Amos, Ashley Crandell; Healey, Antonette diPaolo (ed.), Dictionary of Old English A-F on CD-ROM (Toronto, 2003).

[3] Healey, Antonette diPaolo, “The Dictionary of Old English: From Manuscripts to Megabytes”, Dictionaries 23 (2002), S. 156-179, hier S. 157.

[4] Bosworth, Joseph; Toller, T.N. (ed.), An Anglo-Saxon Dictionary (London, 1898); Supplement Toller, T.N. (London, 1921).

[5] Graham, Timothy, “John Joscely, Pioneer of Old English Lexicography”, in: The Recovery of Old English: Anglo-Saxon Studies in the Sixteenth and Seventeenth Centuries, ed. by Timothy Graham (Kalmazoo, 2000), S. 83-140, hier S. 98.

[6] Graham, S. 90.

[7] Graham, S. 98.

[8] Baker, Peter, “Toller at School: Joseph Bosworth, T. Northcote Toller, and the Progress of Old English Lexicography in the Nineteenth Century”, in: Textual and material culture in Anglo-Saxon England: Thomas Northcote Toller and the Toller Memorial Lectures, ed. by Donald Scragg (Cambrige, 2003), S. 283-300, hier S. 287.

[9] Kornexl, Lucia, “Progress in historical lexicography: The Dictionary of Old English”, in: Anglia 112 (1994), S. 421-453, hier. S.421f.

[10] Vgl. Anhang 1.

[11] Vgl. Anhang 2.

[12] Vgl. Baker, S. 294.

[13] Baker, S. 285.

[14] Frank, Roberta; Cameron, Angus (ed.), A plan for the Dictionary of Old English (Toronto, 1973), S. vi.

[15] Healey (1997), S. 38.

[16] Wenisch, Franz, „Das >Dictionary of Old English< in Toronto: Ein Überblick über seine Entwicklung“, in: Maschinelle Verarbeitung altdeutscher Texte IV, ed. by Kurt Gärtner et al. (Tübingen, 1991), S. 68-74, hier S. 68.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Lexikographie des Altenglischen
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Veranstaltung
Hauptseminar Sprachwissenschaft: Altenglische historische Texte
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V37349
ISBN (eBook)
9783638367226
Dateigröße
957 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der inhaltliche Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Entwicklung und dem Aufbau des Dictionary of Old English. Einleitend wird auf die Entstehungsgeschichte altenglischer Lexikographie eingegangen. Darüber hinaus werden Problembereiche historischer Lexikographie, vor allem hinsichtlich historischen und kulturspezifischen Vokabulars, untersucht und an Beispielen verdeutlicht.
Schlagworte
Lexikographie, Altenglischen, Hauptseminar, Sprachwissenschaft, Altenglische, Texte
Arbeit zitieren
Markus Fellner (Autor:in), 2005, Lexikographie des Altenglischen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37349

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