Der Umgang mit Tod und Sterben in mittelalterlichen Klöstern


Hausarbeit, 2017

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Der Tod ist gewiss, seine Stunde ungewiss

2. Der Tod im Mittelalter

3. Sterben im Kloster
3.1 Visionen als Voraussage des Todes
3.2 Das monastische Sterberitual

4. Totengedenken
4.1 Memoria - Gedenken im Kloster
4.2 Bedeutung des Totengedenkens für die Mönche anhand von Beispielen aus dem Mirakelbuch von Abt Johanes III

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis
6.1 Quellen
6.2 Sekundärliteratur

1. Der Tod ist gewiss, seine Stunde ungewiss

Mors certa, hora incerta. Nichts ist gewisser als der Tod, nichts ist ungewisser als seine Stunde. Mit diesen treffenden Worten beschreibt dieses lateinische Sprichwort das Ende des Lebens. Der Tod als Faktum, das die Menschheit seit ihrem Bestehen unerlässlich beschäftigt. Heute würde jenes Zitat mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Angst vor dem Sterben assoziiert werden. Die Forschung liefert uns Annahmen, dass es Perioden in der Vergangenheit gab, in denen man das Sterben weniger fürchtete als in der heutigen Zeit, sowohl als auch gegensätzliche Thesen, die dies als „romantische Verklärung“ des Mittelalters beschreiben. Einig ist man sich jedoch, dass es mit Sicherheit Umstände gab, die den Prozess des Sterbens für den Menschen erleichtern konnten.[1]

So soll die vorliegende Arbeit zeigen, inwiefern mittelalterliche Klöster das Thema Tod behandelten und ob diese den Sterbeprozess erträglicher machen konnten. Hierbei soll zuerst die Vorstellung des Todes im Mittelalter allgemein beleuchtet werden, um einen Einblick in die damalige Weltanschauung zu gewinnen. Anschließend werden zeittypische Visionen des Todes als Vorbereitung auf diesen und das sich anschließende monastische Sterberitual erläutert. Zuletzt soll der Fokus noch auf das klösterliche Totengedenken gelegt werden. Dabei wird beispielhaft als Primärquelle das Mirakelbuch des Abtes Johannes III., eine Quelle für das Alltags- und Geistesleben im spätmittelalterlichen Waldsassen, herangezogen. Die Mirakelberichte behandeln intensiv die Themen Todesvorhersage und den anschließenden Umgang mit dem Tod im oberpfälzischen Kloster Waldsassen. Die Quelle wird in der Übersetzung von Franz Binhack aus dem Jahre 1890 verwendet. Unterstützend dienen außerdem als Sekundärliteratur folgende Werke: Karl Stüber - Commendatio animae-Sterben im Mittelalter, Hans-Henning Kortüm - Menschen und Mentalitäten, Norbert Ohler - Sterben und Tod im Mittelalter sowie die Aufsätze Werner Goez - Die Einstellung zum Tode im Mittelalter und Joachim Wollasch - Totengedenken im Reformmönchtum.

2. Der Tod im Mittelalter

Im Gegensatz zu einer im heutigen Zeitalter vergleichsweise hohen Lebenserwartung, starben die Menschen im Mittelalter schon im Schnitt zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Häufiger als heute wurden die Menschen ohnehin mit dem Tod konfrontiert. Durch Seuchen, Epidemien und vor allem die Pest kamen unzählige Teile der Bevölkerung willkürlich zu Tode. Ebenfalls wirkten sich zahlreiche Kriege dezimierend auf die Bevölkerungszahlen aus.

Der Tod stellte dabei nicht den Abschluss des Daseins dar, sondern einen Abschnitt innerhalb dessen. Die oben genannten Gründe des Sterbens, zeigen sich für die Menschen der Zeit als besonderen Schrecken, denn man wollte darauf vorbereitet sein, aus dem Leben zu gehen. Die Seele, die nach christlicher Auffassung die physische Existenz überdauert, sollte durch Fürbitten von Sünden freigemacht werden.[2] Mit Zuversicht wurde auf das einen erwartende ewige Heil geblickt. In den Mirakelberichten von Abt Johannes III. wird der Tod als „die Stunde, in der er den Lohn empfangen sollte“[3] beschrieben.

Dabei mahnte man immer wieder davor sein gegenwärtiges Leben und Verhalten auf diesen Hinblick auszurichten, der für die Menschen ein nächstes, höheres Leben bedeuten sollte.[4] Die Menschen sollten sich nicht zu sehr an ihrer währenden Gegenwart erfreuen, denn der Tod war allgegenwärtig und dies sollte ihnen auch bewusst bleiben. „Nam quod es, hoc fueram; quod sum nunc, et eris“ - „was ihr seid, das waren wir. Was wir sind, das werdet ihr“. Eine Weisheit die im Mittelalter weitverbreitet, auf Grabmälern zu lesen war oder als Thema in Erzählungen den Menschen ihr bevorstehendes Schicksal vor Augen führen sollte.[5]

Des Weiteren wurden die Toten auf Gräbern häufig zweifach dargestellt. In einer Ausführung als schlafend, in einer anderen darunter als Skelett, von dem sich Tiere nährten. Für diese vergängliche Weltanschauung entwickelte sich der monastische Ausdruck „memento mori“ - „Gedenke zu sterben“. Doch nicht nur in Denkmälern, sondern auch in der Literatur war der Tod ein beständiges Thema. Es bildete sich sogar eine eigene mittelalterliche Gattung hierfür aus, die sogenannten Vado-mori-Gedichte. Diesen ist gemeinsam, dass an deren Anfang und Ende die Worte „Ich gehe Sterben“ stehen. Am Ende des Tages, ja vielmehr am Ende des Lebens, sollte den Menschen vor Augen geführt werden, dass sie letztendlich alle gleich waren und der Tod keinen Halt vor sozialen Unterschieden machte.[6] Man starb den Tod, den man verdiente. Das Leben als Chance auf das Sterben hinzuarbeiten, an dessen Ende dann der Eintritt in das Himmelreich oder doch die Verdammnis stand. Für Letzteres hatte man die Vorstellung von einem Ort, an dem man seinen Sünden doch noch ein letztes Mal Buße tun konnte, um am Ende begnadigt zu werden. Dies sollte im sogenannten Fegefeuer geschehen, vor dem die Furcht aber größer gewesen sein durfte, als vor dem Tod an sich.[7] Deshalb versuchte man möglichst vor dem Tod von seinen Sünden freizukommen. Kein Ort wäre hierfür geeigneter gewesen als Klöster, wo Gebet, Gottesdienst und der damit erhoffte Sündenerlass allzeit im Mittelpunkt standen. Aus diesem Grunde begaben sich viele Angesehene und Herrscher in ihren letzten Stunden in die Obhut der Mönche.

3. Sterben im Kloster

3.1 Visionen als Voraussage des Todes

Der Verfasser des Mirakelbuches Abt Johannes III. berichtet, dass häufig vor dem eintretenden Tod ein Klopfen zu vermerken war, welches unmissverständlich den Tod eines Bruders ankündigte. Es heißt Gott wollte nicht erscheinen wie ein „Dieb in der Nacht, sondern mit einer vorausgehenden Mahnung, (...) dass sie sich auf seine Ankunft würdig vorbereiten, ihren erscheinenden Herren wachsam erwarten und dem Anklopfenden die Thüre öffnen konnten.“[8] Eine solche Vision konnte also zur Vorbereitung auf den nahenden Tod gesehen werden und als Chance genutzt werden, das eigene Verhalten nochmals zu Bessern.

Ebenfalls gab es weitere Anzeichen, die auf ein nahendes Lebensende hindeuteten. So wird uns in einem der Mirakel berichtet, dass ein Mönch beim Holztragen eine bestimmte Stelle des Weges nicht betreten konnte. Als man den Klostervorsteher über diesen Vorfall informierte, antwortete er mit den Worten: „Bereite dich vor, o Bruder, weil du in Bälde sterben wirst.“ Was den Mönch daran gehindert hat die Stelle zu betreten und inwiefern dies im Zusammenhang mit dem baldigen Tod stand, bleibt unklar. Der Abt sah darin jedoch einen Vorboten und dieser sollte recht behalten, denn der Betroffene verstarb bald darauf.[9]

Weiterhin handelt ein anderes Mirakel von einem Mönch, welcher sich eines Nachts im Traum an der Stelle beten sah, an der er sonst sein nächtliches Gebet verübte. Anders war dabei in seiner Vision, dass er eine „festliche Prozession“ gesehen habe „und während er dieses sah, schlug man an das Totenbrett und der Convent fand zur nemlichen Stunde in dem Krankensaale einen Bruder in den letzten Zügen.“[10] Auch im Mittelalter zweifelte man schon an dem Wahrheitsgehalt der Visionen, die die Mönche ersuchten. Johannes von Carthaus, der selbst im Krankenbett lag, erschienen in einer Offenbarung an diesem sechs Ordensmitglieder. „Er habe eine Stimme sprechen hören: Wie du diese in der Reihe stehen siehst so werden sie der Reihe nach in Kurzem sterben! - Ihm erwiderte der Abt: Dieses bedarf vielleicht irgend einer Auslegung und es wird nicht so geschehen!“[11] Trotz der Anzweiflung durch den Abt, sollte sich seine Vorhersage binnen kurzer Zeit bewahrheitet haben.

In der Auseinandersetzung mit dem Mittelalter begegnet man immer wieder Berichten über solche Visionen, vor allem hinsichtlich des Sterbens.

Sie stellten in der damaligen Zeit offensichtlich einen zentralen Aspekt dar und waren im Leben der Menschen von großer Bedeutung. Jedoch sei dahin gestellt, ob sich dies auch wirklich so zugetragen haben konnte. Abt Johannes III. schrieb hinsichtlich dessen in seinen Mirakeln: „Da für den Menschen nichts ungewisser ist als die Stunde des Todes, wer bezweifelt demnach, dass sie diesem gottergebenen Manne nur durch göttliche Eingebung geoffenbart war!“[12] Er versuchte also jegliche Anzweiflung aus dem Weg zu räumen. Hans-Henning Kortüm meint dazu in seinem Werk „Einführung in die Vorstellungswelten des Mittelalters“, dass er keinen Anlass sehe, hierbei einen Unterschied zwischen Mittelalter und anderen Zeitaltern zu machen. Man könne seinen Tod heute schließlich auch nicht voraussehen und es liegen keine aussagenkräftigen Anhaltspunkte vor, die uns die Annahme liefern, dass es sich damals anders zugetragen habe.[13] Im weiteren Verlauf der Arbeit, werden uns ähnliche Offenbarungen zuteil. Dies weist eindeutig auf deren universelle Präsenz in der mittelalterlichen Zeit hin und gewährt uns einen Einblick in die damalige Weltanschauung.

[...]


[1] Vgl. Kortüm, Hans-Henning: Menschen und Mentalitäten. Einführung in die Vorstellungswelten des Mittelalters, Berlin 1996, S. 257 ff.

[2] Vgl. Ohler, Norbert: Sterben und Tod im Mittelalter, München 1994, S. 32.

[3] Binhack, Franz: Die Gründung der Cisterzienser-Abtei Waldsassen nebst den Erzählungen aus dem Leben Waldsassener Mönche und die Geschichte der Dreifaltigkeitskirche nach gedruckten und ungedruckten Quellen (Programm der K. Studienanstalt Eichstätt 1889/90), Eichstätt 1890, S. 71.

[4] Vgl. Goez Werner: Die Einstellung zum Tode im Mittelalter, in: Der Grenzbereich zwischen Leben und Tod. Vorträge gehalten auf der Tagung der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg am 9. und 10. Oktober 1975, hg. von Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg, Göttingen 1976, S. 118.

[5] Vgl. Goez: Die Einstellung zum Tode im Mittelalter, S. 119.

[6] Vgl. Goez: Die Einstellung zum Tode im Mittelalter, S. 120. f.

[7] Vgl. ebd. S. 122.

[8] Vgl. Binhack: Die Gründung der Cisterziener-Abtei Waldsassen, S. 54.

[9] Vgl. ebd. S.58.

[10] Vgl. ebd. S.63.

[11] Vgl. Binhack: Die Gründung der Cisterzienser-Abtei Waldsassen, S. 68.

[12] Vgl. ebd. S. 74.

[13] Vgl. Kortüm: Menschen und Mentalitäten, S. 261.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Der Umgang mit Tod und Sterben in mittelalterlichen Klöstern
Hochschule
Universität Regensburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
12
Katalognummer
V373395
ISBN (eBook)
9783668508835
ISBN (Buch)
9783668508842
Dateigröße
382 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
umgang, sterben, klöstern
Arbeit zitieren
Alicia Strobel (Autor:in), 2017, Der Umgang mit Tod und Sterben in mittelalterlichen Klöstern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/373395

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