Medientechnik und Medienethik - Institutionelle und persönliche Verantwortung


Essay, 2003

12 Seiten, Note: 1


Leseprobe


In der Geschichte der Menschheit haben technologische Neuent­wicklungen immer auch soziale und historische Veränderungen mit sich gebracht. Einige dieser Neuentwicklungen, wie beispielsweise die Erfindung des Hochofens, des Buchdrucks oder der Dampfmaschine, waren von so gravierendem Ausmaß, dass sie eine ganz neue Epoche in der Mensch­heits­geschichte einläuteten. Damit waren zumeist auch tiefgreifende Umgestaltungen des persönlichen Lebens der Menschen verbunden. Die Industrialisierung hat sowohl neue soziale Hierarchien als auch neue Wertvorstellungen mit sich gebracht. Sie begründete eine neue Welt­ordnung und inspirierte zu Ideologien, deren politische Konsequenzen mehr als ein Jahrhundert lang menschliches Denken und Handeln bestimm­­ten.

Das Bild der Gesellschaft entsteht jedoch nicht kausal aus den neuen technologischen Errungenschaften einer Epoche, vielmehr sind diese Errungenschaften und deren Behauptungsvermögen ein Ausdruck des Zusammenspiels von sozialen, wissenschaftlichen und politischen Aspekten einer Kultur. Gesellschaft und Technologie sind folglich rekursiv miteinander verwoben, sie bedingen sich gegenseitig. Sie entwickeln sich beide parallel zueinander und bilden eine untrennbare Einheit. Eine bestimmte Gesellschaft wäre ohne ihre Technologien undenkbar, während die ihr eigenen Technologien in einer anderen Gesellschaft nicht zum Vorschein gekommen wären. Die menschliche Entwicklung ist demzufolge das Ergebnis einer Vielzahl subtiler Interaktionsprozesse.

Wenn man bedenkt, dass die modernen Informations- und Kommunika­tions­technologien (IKT) auf den gesamten Bereich des menschlichen Handelns Einfluss nehmen, wird deutlich, dass sie in Bezug auf die momentane und zukünftige Entwicklung der Menschheit von enormer Bedeutung sind. Die durch sie neuentstandenen Formen des Wissens- bzw. Informations­austauschs und der Kommunikation wurden innerhalb kürzester Zeit so relevant, dass sich auf ihnen basierend ein neues Gesellschaftsmuster etablieren konnte: die Informationsgesellschaft. Neben den technischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Veränderungen, die das Informa­tions­zeitalter mit sich bringt, wird auf lange Sicht allerdings auch eine tiefgreifende Veränderung der sozialen Struktur der Gesellschaft zu beobachten sein. Eine mehr und mehr auf Wissen und Information aus­gerichtete Wirtschaftswelt stellt unter anderem auch ganz neue Ansprüche an Arbeitnehmer und Selbständige. Früher oder später werden sich die an sie gestellten Anforderungen so drastisch verändert haben, dass es für bestimmte gesellschaftliche Gruppen nicht mehr möglich sein wird, eine Beschäf­tigung zu finden. Als Folge daraus wird sich das gesamte soziale Gefüge der Gesellschaft reorganisieren müssen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird deutlich werden, dass sich die mit dem Informa­tions­zeitalter aufgekommenen Veränderungen langfristig auf alle Bereiche des mensch­lichen Lebens auswirken.

Noch vor der Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes der Gesell­schaft beginnt jedoch ein anderer Prozess: die innere Veränderung. Die modernen Informations- und Kommunikationsmedien, besonders jedoch die Massenmedien, haben einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Moralvorstellungen und Weltbilder ihrer Rezipienten. Die durch den Menschen geschaffene und genutzte Technologie nimmt nun also wieder Einfluss auf den Menschen. Damit die gegenseitige Einflussnahme so verläuft, dass sie im Sinne einer positiven menschlichen Entwicklung steht, muss sie nach bestimmten Regeln und Gesetzen erfolgen.

An dieser Stelle greift der Staat in das evolutionäre Zusammenspiel aus Technik und Gesellschaft ein. Es ist seine Aufgabe, Regeln und Gesetze, also ein Rechtssystem, zu schaffen, dass das Zusammenleben und die Entwicklung der Menschen auf lange Sicht günstig beeinflusst. Die Grundlage für Recht und Gerechtigkeit bildet die Ethik. Sie versucht, allgemeingültige Handlungs- und Verhaltensmuster aufzustellen, die sich aus der sittlichen Verantwortung gegenüber anderen schlussfolgern lassen. Eine Medien­ethik ist also allein schon für die Verabschiedung von Mediengesetzen unverzichtbar. Die Aufgabe des Medienrechts besteht hauptsächlich darin, gesellschaftliche und persön­liche Interessen gegen­einander abzuwägen und die wirtschaftliche Rationalität der Medien­industrie einzugrenzen. Allerdings ist es wünschenswert, die Regulierung des sehr vielschichtigen Mediensystems nicht allein den staatlichen Normen zu überlassen, die allenfalls einen groben Rahmen stecken können, innerhalb dessen sich ein unüberschaubarer und komplexer Prozess vollzieht, der trotz aller Gesetze und Richtlinien immer wieder auch fragwürdig erscheint und moralische Grenzen übertritt. Ein Hauptanliegen der Medienethik ist es, die Kontrolle über die Medienmacht weitestgehend in die Hände einer verant­wortungs­bewussten Gesellschaft zu verlegen. Nur so kann sich ein Gleichgewicht aus staatlichen Regulierungen, wirtschaftlichen Interessen und gesell­schaft­lichen Anliegen herausbilden. Eine zu starke Kontrolle der Medien durch den Staat würde die Mündigkeit seiner Bürger missachten und die Gefahr mit sich bringen, die demokratischen Interessen der Bürger zu unterwandern. Ein völlig dereguliertes Medien­system hingegen würde nur noch marktwirtschaftlichen Prämissen folgen. Die Qualität und die Glaubwürdigkeit der Medien wären die ersten Opfer einer solchen Medienlandschaft.

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Medientechnik und Medienethik - Institutionelle und persönliche Verantwortung
Hochschule
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig
Veranstaltung
Medienethik
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
12
Katalognummer
V37311
ISBN (eBook)
9783638366922
ISBN (Buch)
9783656621812
Dateigröße
373 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Medientechnik, Medienethik, Institutionelle, Verantwortung, Medienethik
Arbeit zitieren
Tino Mager (Autor:in), 2003, Medientechnik und Medienethik - Institutionelle und persönliche Verantwortung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37311

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