Christenverfolgung im römischen Reich


Referat (Ausarbeitung), 2016

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I Verfolgung durch die Juden

II Verfolgung seitens der Heiden

III Verfolgung durch die Römer
1. Unter Nero
2. Unter Domitian und Nerva
3. Unter Trajan
4. Unter Antonius Pius und Marc Aurel
5. Unter den Severern
6. Unter Maximinus Thrax
7. Unter Decius
8. Unter Valerian
9. Unter Aurelian
10. Unter Diocletian

Resümee

Bibliographie

Quellen

Literatur

Einleitung

Wenn man sich mit dem frühen Christentum und seiner Verbreitung im römischen Reich beschäftigt, wird man zwangsläufig auch mit dem Thema der Christenverfolgungen konfrontiert. Nach kurzer Recherche sticht dem aufmerksam Forschendem ein Umstand besonders ins Auge, nämlich die Ungleichmäßigkeit der Quellenherkunft und die verschiedenen Aussageintentionen zu diesem Thema.

Von christlicher Seite ist eine Vielzahl an Schriften und Äußerungen dazu zu finden, deren Ziele weit gefächert sind. In den Evangelien wird die Ansicht vertreten, dass Verfolgung Teil der Mission und somit heilsbringend ist.[1] Die Apologeten des 2. Jh. n. Chr. sind einerseits darum bemüht, die Wahrheit des Glaubens und die Ungerechtigkeit der Christenverfolgungen zu beweisen, die verfolgenden Kaiser als auch von den Heiden gehasste Menschen darzustellen und durch die positive Bewertung nicht verfolgender Kaiser, das Wohlwollen der aktuellen Kaiser zu erlangen, andererseits beschreiben sie die Strafen der Verfolger und die Freuden der in der Verfolgung Standhaften im Jenseits.[2]

Die mit der zunehmenden Häufung von Christenprozessen entstandenen sogenannten Märtyrerakten vermitteln uns die Sicht der Verfolgten auf die Verfolgung und die daraufhin stattfindenden Gerichtsverfahren. Die Schriften des 3. Jh. befassen sich unter anderem mit, durch die Verfolgungen ausgelösten, innerchristlichen Problemen und die Kirchengeschichten des 4. Jh. n. Chr. wollen den Kampf der Heiden gegen die Kirche dokumentieren und zeigen, dass die Verfolger Gottes gerechter Strafe nicht entgehen konnten.[3]

Dem gegenüber steht eine bemerkenswerte Leere von Seiten der Heiden. Erwähnungen von Christen und damit verbundenen Verfolgungen sind in der Historiographie selten, und oftmals wird sogar in Kontexten, in denen man eine Erwähnung erwarten könnte, über das Thema stillschweigend hinweg gegangen.[4]

Im 2. Jh. n. Chr. streifen Verwaltung, Literatur und Philosophie die Christenthematik wenn, dann nur kurz und oftmals oberflächlich und von den polemischen Schriften gegen das Christentum sind uns nur die christlichen Gegenschriften erhalten geblieben.[5] Diese so enorme Spannweite an Motiven und Quellengattungen mit gleichzeitiger Fülle an dunklen Flecken erschwert die Beschäftigung mit der Geschichte und Entwicklung der Christenverfolgungen im römischen Reich.

Zusätzlich erschwert wird die Bewertung des historischen Gehaltes von Berichten durch den Umstand, dass die in der Kirchengeschichte des Eusebius genannten 10 Verfolgungen seit Orosius parallel zu den 10 Plagen des AT gedeutet wurden, d.h. dass unter den verfolgenden Kaisern zu den ägyptischen Plagen äquivalente Katastrophen über das Reich hereinbrachen, und daher auch einiges an schöpferischer Phantasie in dem einem oder anderen Bericht auszusondieren ist.[6] Dieses, in der patristischen Literatur häufig verwendete, Schema führt daher „Verfolgungen“ unter 10 Kaisern, nämlich Nero, Domitian, Trajan, Antoninus Pius, Septimius Severus, Maximinus Thrax, Decius, Valerian, Aurelian, Diokletian und Maximian an.[7]

I Verfolgung durch die Juden

Die frühesten Berichte über Verfolgungen von Christen durch Juden werden uns jedoch in der Apostelgeschichte überliefert. So wurde Stephanus gesteinigt, da er die Aufmerksamkeit einiger Pharisäer erregte und seine Verteidigungsrede nicht gebilligt wurde, und so wurde er zum ersten Märtyrer.[8] Jakobus der Ältere soll von König Herodes Agrippa zum Tode verurteilt worden sein, wobei wir keine näheren Angaben über das Motiv erhalten[9], und Flavius Josephus berichtet vom Tod des Jakobus des Gerechten.[10]

Diese frühen Verfolgungen gehen primär von den Juden aus, die dadurch eine weitere Ausbreitung der, aus ihrer Sicht Irrlehre des Jesus, verhindern wollen. Aus genau diesem Grunde, Anhänger des Jesus aufzuspüren und zu bestrafen, reist Saulus im Auftrag des Hohen Rates nach Damaskus, wo er dann sein berühmtes Erlebnis hat und infolge zum Paulus wird und vor den Nachstellungen der jüdischen Gemeinde nächtens aus der Stadt fliehen muss.[11] Die Apostelgeschichte berichtet immer wieder davon, dass auch in den jüdischen Gemeinden außerhalb Israels die Christen, sobald sie anfingen Fuß zu fassen und als “anders“ erkannt wurden, von den Juden bekämpft wurden.[12] Dass trotz der aktiven Feindschaft der Juden den Christen gegenüber, das Christentum sich weiter verbreitete war dem Umstand geschuldet, dass sich die Position des Paulus durchgesetzt hatte und dadurch kein vorheriger Übertritt zum Judentum notwendig wurde um Christ zu werden.

Da die Juden irgendwann einmal einsehen mussten, dass mit einer Ausrottung der Christen nicht mehr zu rechnen war, wurde um 85/90 n. Chr. in Jabne/Jamnia mit dem sogenannten Ketzerfluch (Birkat ha-Minim) ins Achtzehnbittengebet die Vernichtung der Christen in die Hände Gottes gelegt.[13]

Mit der Ausbreitung des Christentum über die Grenzen Israels hinaus gerieten die Christen aber nicht nur mit den dort ansässigen Juden, sondern auch mit der einheimischen Bevölkerung in Konflikt. Da die Auseinandersetzungen zwischen den Juden und den Christen sehr oft mehr oder weniger heftige Unruhen hervorriefen, mussten immer wieder die römischen Magistrate einschreiten und für Ordnung sorgen. Wobei es sich in den Augen der Römer um Streit zwischen Juden handelte und nicht um Streit zwischen zwei verschiedenen Religionen. Dadurch ist die Geschichte des frühen Christentums aber mittels heidnischer Quellen kaum zu verfolgen, da bei Erwähnungen nicht klar erkennbar ist, ob es sich um Juden oder um damals noch als Juden wahrgenommene Christen handelte.

So dürfte möglicherweise die, wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung, im Jahre 49 n. erfolgte Ausweisung der Juden aus Rom[14] auf den Konflikt zwischen Juden und Christen zurückzuführen sein.[15] Zumindest trifft Paulus in der Apostelgeschichte einige Mitglieder der römischen Gemeinde die sich, nach der Vertreibung durch Claudius, in Korinth niedergelassen hatten.[16]

II Verfolgung seitens der Heiden

Es bedurfte aber nicht immer der Auseinandersetzung mit den Juden, um die Aufmerksamkeit der Magistrate zu erringen. Seit der Hinwendung zur Heidenmission konnte es, bei entsprechend geringem Zartgefühl in der Verbreitung des Evangeliums, durchaus vorkommen, dass der eifrige Missionar sich mit einem wütendem griechisch-heidnischen Mob konfrontiert sah. So wurde Paulus in Ikonion beinahe[17] und in Lystra bewusstlos gesteinigt, weil er den Jupiterkult kritisierte[18] und in Ephesos währen beinahe zwei Begleiter des Paulus getötet worden, als es zu einem Aufruhr unter den Silberschmieden kam, da diese durch die Botschaft des Paulus ihren Absatz an Götterstatuetten gefährdet sahen.[19] Wie die Anzeige des Paulus bei Statthalter Festus[20] zeigt, dürften sich des öfteren nicht nur die Heiden, sondern auch die Juden an die Magistrate gewandt haben, um sich über besonders ärgerliche Christen zu beschweren.[21]

III Verfolgung durch die Römer

Die Christen wurden also im besten Fall als eine jüdische Splittergruppe wahrgenommen. Nun waren aber bereits die Juden bei einem Großteil der Reichsbevölkerung wenig angesehen und mit sehr vielen Vorurteilen behaftet. Daher ist es nicht wirklich überraschend, dass auch die Christen mit den gängigen Vorwürfen gegen Juden, flagitia und des odium humanis generis, bedacht wurden.[22] Dies sollte sich für die Zukunft als verhängnisvoll erweisen.

1. Unter Nero

Denn als 64 n. Chr. große Teile Roms abbrannten konnte Kaiser Nero, der laut Tacitus in Verdacht geraten war am Brand schuld zu sein,[23] die Vorurteile gegen die Christen zu seinen Gunsten ausnutzen und ihnen die Schuld am Brand zuschieben.[24] Angeblich sollen auch die Apostel Petrus und Paulus im Zuge dieser „ersten Christenverfolgung“ hingerichtete worden sein.[25] Leider gibt es dafür keinerlei außerchristliche Belege. Auch wenn der Anlass bei dieser ersten, von einem Kaiser angeordneten Verfolgung eindeutig der eines vorgeworfenen Strafdeliktes und nicht religiöse Feindschaft war, wurde aus späterer christlicher Sicht Nero zum ersten Christenfeind “hochstilisiert“[26] und als der Beginn einer Entwicklung, in der den Christen für alles mögliche die Schuld zugewiesen wurde, angesehen.[27]

2. Unter Domitian und Nerva

Auch unter Domitian soll es 95 n. Chr. in Rom zu einem Vorgehen gegen Christen gekommen sein. Cassius Dio berichtet, dass während dieser “Verfolgung“ auch der Vetter von Domitian, Titus Flavius Clemens, und dessen Frau Flavia Domitilla und noch einige andere, die sich „in die jüdischen Sitten verirrt“ hatten, wegen Gottlosigkeit (ἀθεότητος) von Domitian hingerichtet bzw. verbannt worden sein sollen.[28]

Über Domitians Nachfolger Nerva heißt es: „ Und niemand mehr durfte Anzeige wegen Majestätsbeleidigung [ἀσεβείᾳ] und wegen Annahme jüdischer Lebensweise erheben.“ [29] Auch der um die Jahrhundertwende datierte 1. Clemensbrief lässt auf eine überstandene Bedrohung der Gemeinde zu Rom schließen, bei der es sich, aufgrund der Nennung des positiven Beispiels des Martyriums von Petrus und Paulus, nur um eine Verfolgung handeln kann.[30] Unklar bleiben muss aber, ob 1. mit den jüdischen Sitten wirklich eine Hinwendung zum Christentum gemeint ist. Denn sollte hiermit wirklich eine Konversion gemeint sein, so handelt es sich hierbei um die ersten Christen in einem römischen Kaiserhaus, denn ein Übertritt zum Judentum ist schwerlich vorstellbar. Für diesen hätte es nämlich der Beschneidung des Titus Flavius Clemens bedurft, und die absichtliche Verstümmelung des menschlichen Körpers war für römische Bürger verboten! Wenn aber nur das hegen besondere Sympathien gemeint ist, so muss die Frage unbeantwortet bleiben. Denn das Judentum kannte interessierte Heiden die nicht zwangsläufig konvertierten als θεοσεβής.[31] Weiter bleibt unklar ob 2. ein kausaler Konnex zwischen dem Vorgehen des Kaisers gegen seinen Vetter und den erschlossenen Verfolgungen der Christen besteht, oder ob es zwei voneinander unabhängige Ereignisse waren, die bloß zeitgleich stattgefunden haben und später in der Historiographie zusammengefügt worden sind und ob 3. Domitian überhaupt Christen verfolgt hat und ob es nicht vielmehr, wie 177 n. Chr. in Lugdunum, spontane Volkspogrome waren, die man später dem Kaiser anlastete. Offen bleiben muss leider auch die Frage, ob das coemeterium Domitillae, das älteste Begräbnisfeld der römischen Christen, wirklich nach dieser Flavia Domitilla benannt ist oder nicht.[32]

3. Unter Trajan

Die ersten Informationen über die Sicht eines römischen Magistratsbeamten auf die Christenthematik erhalten wir im Jahr 112 n. Chr. aus dem sog. Christenbrief des Plinius Secundus an Kaiser Trajan.[33] In diesem Brief fragt Plinius, der als Statthalter in Bithynien tätig ist, den Kaiser, wie er denn mit den von ihm festgenommenen Christen zu verfahren habe und beschreibt auch gleich wie er bisher verfahren ist. Besonders unsicher ist Plinius in der Frage, ob denn Christ zu sein an sich (nomen ipsum) oder erst die mit dem Namen verbundenen Verbrechen (an flagitia cohaerentia nomini puniantur) zu bestrafen sind. Sehr interessant ist die Antwort des Trajan.[34] Dieser beurteilt das bisherige Vorgehen zwar als richtig, trägt aber auf keine weiteren Nachforschungen in dieser Thematik anzustellen, es sei denn, es werden Anzeigen eingereicht. Bei erfolgter Anzeige sind die Christen, wenn sie sich weigern das geforderte Opfer zu vollziehen, zu bestrafen. Dieses Rescript des Trajan wurde für die nächsten 150 Jahre die Handlungsnorm römischer Magistrate im Umgang mit den Christen.[35] Diese von Trajan festgesetzte merkwürdige Mischung aus Passivität und Aktivität wird von Tertullian in seiner Apologie des Christentums folgendermaßen kritisiert:

[...]


[1] Lk 6, 22; Mt 9, 35; 11, 1; 10, 17-23; Mk 13, 9-13.

[2] J. Vogt: RAC II (1954) Sp. 1160 sv. Christenverfolgung I (historisch).

[3] Vogt, 1954 Sp. 1161.

[4] Aur. Vict. XXXIX, 44-45 Berichtet ausführlich über die Abschaffung der verhassten frumentarier um dann in nur einem Satz die Religionspolitik des Diocletian zu behandeln: „ Den ältesten Kulten ließ man in größter Reinheit Pflege angedeihen, und auf bewundernswerte Weise wurden mit ganz und gar neuen und schön verzierten Mauern die römischen Hügel sowie weitere Städte geschmückt, vor allem Karthago, Mailand und Nikomedien.“

[5] Vogt, 1954 Sp. 1161-1162.

[6] Vogt, 1954 Sp. 1161.

[7] Oros. VII 27; Augustinus kritisiert jenes zehner Schema dadurch, dass er auf die ersten Märtyrer unter den Juden verweist, die eben nicht als Verfolgung gezählt werden: Aug. De civ. Dei XVIII, 52

[8] Apg 6, 8 -7, 60.

[9] Apg 12, 1-3.

[10] Flav. Jos., Ant. Iud., XX 9.

[11] Apg. 9.

[12] z.B. Apg 14, 2-5; 14, 19-20; Röm 12.

[13] Gustav Wilhelm Nebe: Text und Sprache der hebräischen Weisheitsschrift aus der Kairoer Geniza. (Heidelberger Orientalische Studien). Heidelberg, 1993 S. 285-86.

[14] Suet. Claud. 25,4.

[15] Udo, Schnelle: Die ersten 100 Jahre des Christentums. 30-130 n. Chr. Die Entstehungsgeschichte einer Weltreligion. Stuttgart, 2015. S. 194-195.

[16] Apg 18, 1-3.

[17] Apg 14, 5-6.

[18] Apg 14, 16-20.

[19] Apg. 19, 21-40.

[20] Apg 25, 1.

[21] Schnelle, 2015 S. 197-198

[22] Plin. epist. X 96; Tert. apol. 1, 1; Vogt, 1954 Sp. 1165.

[23] Tac. ann. XV 38, 1; 39, 3; 40, 2; 44, 3

[24] Tac. ann. XV 44, 3-4.

[25] 1. Clem. 5, 1; 6, 2

[26] Tert. apol. 5, 2; 21, 5

[27] Tert. nat. 1, 7, 8f; apol. 1, 1

[28] Cass. Dio LXVII, 14.

[29] Cass. Dio. LXVIII 1, 2.

[30] 1. Clem. 1,1; 7,1.

[31] Marcel Simon: RAC XI (1981) Sp. 1060-1061 s.v. Gottesfürchtiger.

[32] Vogt, 1954 Sp. 1169 der dies bejaht und A. M. Schneider: Die ältesten Denkmäler der Römischen Kirche . in: Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestehens der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Bd. 2 Göttingen, 1951 S.182 der dies verneint.

[33] Plin. epist. X 96

[34] Plin. epist. X 97

[35] Vogt, 1954 Sp. 1171

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Christenverfolgung im römischen Reich
Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz  (Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde)
Veranstaltung
Übung: Frühes Christentum
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
17
Katalognummer
V372940
ISBN (eBook)
9783668518704
ISBN (Buch)
9783668518711
Dateigröße
557 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Christenverfolgung, Christen, Verfolgung, Decius, Diocletian, Valerian, römisches Reich, Christentum
Arbeit zitieren
Winfried Kumpitsch (Autor:in), 2016, Christenverfolgung im römischen Reich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/372940

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