Das elegische Distichon. Die sprachliche und metrische Ausgestaltung Martials 8. Buches


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

12 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1) Einleitung

2) Textvorlage
2.1) Übersetzung
2.2) Textkritik

3) Interpretation

4) Abschlussbetrachtung

5) Bibliographie

1) Einleitung

Im Proseminar „Das elegische Distichon von Ennius bis Claudian“ wurden verschiedene Autoren in Form von Referaten behandelt und deren sprachlicher Stil analysiert, wobei besonderes Augenmerk auf die Metrik, genauer gesagt das elegische Distichon, gelegt wurde. Die vorliegende Arbeit wird sich mit drei ausgewählten Epigrammen aus Martials achtem Buch seines Epigrammzyklus befassen, welches er Kaiser Domitian widmete.

M. Valerius Martialis, kurz Martial (*40 n. Chr. in Bilbilis (Spanien), f 104n. Chr. ebenda), war ein berühmter antiker, römischer Dichter. Bekannt wurde er vor allem durch das Schreiben von Epigrammen, in welchen er römische Alltagssituationen darstellte und häufig mit viel Witz und Spott kritisierte. Insgesamt sind der Liberspectaculorum, die Xenia („Buch 13“). die Apophoreta („Buch 14“) und zwölf Epigrammbücher des Dichters überliefert, welche Epigramme unterschiedlichster Längen, Themen und Versmaße enthalten. Einige seiner Bücher werden durch eine Praefatio eingeleitet, so auch das achte Buch. In dieser Prosaepistel macht das epigrammatische Ich seine Absichten klar: Dieses Buch soll mehr von Ernsthaftigkeit durchzogen sein als die anderen Bücher, es soll weniger Spott enthalten, damit es Kaiser Domitian eine würdige Widmung ist. Diese Ernsthaftigkeit und den „panegyrischen Charakter“[1] spiegelt auch die Metrik wider.

Im Folgenden soll Martials sprachliche Technik untersucht und die Frage geklärt werden, ob und wie er es schafft, die in der Einleitung zu Buch acht postulierte Ernsthaftigkeit metrisch und sprachlich auszudrücken.

2) Textvorlage Vili, 7:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vlll,20:

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten][2]

2.1) Übersetzung

Vlll,7:

Cinna, heisst es redegewandt Prozesse zu führen und zu reden, wenn man in zehn Stunden neun Wörter spricht, Cinna?

Aber eben hast du mit lauter Stimme vier Wasseruhren gefordert. Oh Cinna, wie gut kannst du schweigen!

VIII, 12:

Aus welchem Grund ich keine wohlhabende Frau heiraten will, fragt ihr mich? Ich will nicht die Ehefrau meiner Frau werden.

Die Frau soll dem Gatten untergeordnet sein, Priscus - anders entsteht zwischen Mann und Frau keine Harmonie.

Obwohl du an keinem einzigen Tag nicht zweihundert Verse dichtest, Varus, trägst du dennoch nichts vor. Du bist nicht klug und auch nicht dumm.

2.2) Textkritik

Die ausgewählten Epigramme zeigen nur wenige textkritische Besonderheiten, weshalb hier konkret nur auf ein Beispiel eingegangen werden soll: Im Pentameter des ersten Distichons von VIII, 12 lesen wir in unserer Textausgabe quaeritis? Uxori nubere nolo meae.

Der Ausgabe liegt ein negativertextkritischer Apparat zu Grunde, in welchem nur abweichende Varianten genannt werden. Der Archetypus anderer Codices (Сл) zeigt hier statt quaeritis quaere und statt nolo noli auf. Metrisch gesehen würde diese Änderung Folgendes bedeuten:

quaere uxori || nubere noli meae.

(Frag mich, aus welchem Grund ich keine wohlhabende Frau heiraten will! Nimm nicht meine Ehefrau zur Frau!)

Im ersten Hemiepes würden also nur Spondeen statt Daktylus plus Spondeus auftreten, derzweite Hemiepes bleibt metrisch unverändert. Die Aneinanderreihung von Spondeen im ersten Hemiepes würde durch den dadurch entstehenden „schleppenderen“ Rhythmus die Eindringlichkeit der Aufforderung des epigrammatischen Ichs untermalen und das sich anschließende Verbot durch den Prohibitiv {noli) einleiten. Zudem hätten wir keine kurze Silbe auf ein auslautendes -o {nolo) zu erklären, nachdem dies äußerst selten vorkommt.[3] Ich würde mich dennoch der zu Grunde liegenden Textausgabe anschließen, da ich ein Verbot an Priscus, dass dieser nicht die Frau des epigrammatischen Ichs heiraten soll, für unwahrscheinlich halte. Eine Erklärung, dass das epigrammatische Ich selbst nicht seine eigene Frau zur Frau nehmen möchte, macht in meinen Augen mehr Sinn als das Verbot an einen Außenstehenden.

3) Interpretation

Wie schon in der Praefatio angekündigt, sollen die Epigramme des achten Buches im Vergleich zu den anderen Epigrammen Martials seriöser sein und auf Obszönitäten verzichten (non permisi tam lascive toqui quam soient),[4] weshalb Buch acht und auch Buch fünf (beide sind Kaiser Domitian gewidmet) eine Sonderstellung innerhalb Martials Epigrammzyklus einnehmen. Schöffel sieht einen Zusammenhang zwischen inhaltlichen Aspekten und den verwendeten Versmaßen: Martial benutzt neben Hendekasyllabi und Hinkiamben als Metrum vor allem das elegische Distichon, welches in der Gesamtheit der Epigramme zudem am häufigsten vorkommt. Hendekasyllabi treten auch bei Catull häufig aufund eignen sich besonders, um Exzesse bei den Saturnaliën darzustellen; Hinkiamben finden wir häufig in Martials Spottepigrammen.[5] Die hier näher behandelten Epigramme (VIII, 7, 12 und 20) sind alle im elegischen Distichon abgefasst, Martial „verzichtet auf metrische Experimente“[6].

Das verwendete Versmaß setzt sich jeweils aus einem Hexameter und einem Pentameter zusammen. Der Hexameter besteht aus sechs Daktylen (- —), wobei die beiden Kürzen auch durch eine Länge ersetzt sein können (Spondeus: -- ). Man bezeichnet den Hexameter zudem als katalektisch, da der letzte Versfuß unvollständig ist. Die Ersetzung eines Daktylus durch einen Spondeus kann an jeder beliebigen Stelle stattfinden, im fünften Vers ist dies allerdings selten zu finden (und wird dann versus spondiacus genannt). Zäsuren finden sich meist nach dem dritten (Trithemimeres), fünften (Penthemimeres) und/oder siebten Halbfuß (Hephthemimeres); in unseren Textbeispielen tritt zudem noch die bukolische Dihärese (Vlll,7 V.1 und VIII,12V.1) hinzu, ein Einschnitt nach dem vierten Versfuß, welcher besonders häufig in der bukolischen Dichtung (z.B. in Vergils Eklogen) zu finden ist.

Der Pentameter besteht aus zwei halben Hexametern (Hemiepes), welche immer durch eine Mittelzäsurvoneinander getrennt sind. Der erste Hemiepes kann Spondeen enthalten, im zweiten Hemiepes finden wir allerdings ausschließlich Daktylen.

Martials Epigramme sind häufig zweiteilig aufgebaut und lassen sich in „Erwartung“ und „Aufschluss“ gliedern, dies „erweckt den Eindruck eines Fallberichts mit anschließendem Kommentar, in dem oft persönliche Betroffenheit mitschwingt.“[7] Hierbei ist häufig der erste Teil objektiv gehalten, er enthält meist eine Schilderung eines bestimmten Vorfalls und baut eine „falsche Erwartung“ auf, welche dann im Aufschluss nicht erfüllt wird - eine gängige Technik Martials. Der „Aufschluss“ zeigt hingegen eine subjektiv-gefärbte Stellungnahme und einen Abschluss, ja häufig eine Pointe auf,[8] das gesamte Epigramm ist auf diese hin organisiert.

Für seine literarische Technik hat Martial viele Vorbilder, sowohl griechische als auch römische. Vor allem Catull hat ihn maßgeblich beeinflusst, dennoch greift Martial in seiner Dichtung im Vergleich zu Catull niemanden persönlich an, sondern verurteilt nur ganz allgemein gehalten das Verhalten oder vielmehr die vitia anderer Personen (oft verwendet er zwar namentliche Anreden, es ist aber davon auszugehen, dass er damit fiktive Personen anspricht).

Im Folgenden werden die Epigramme Vlll,7,12 und 20 hinsichtlich der Metrik und der sprachlichen Ausgestaltung näher untersucht und interpretiert. Es soll zudem veranschaulicht werden, inwiefern die Metrik die anfangs postulierte Ernsthaftigkeit widerspiegelt und die Frage geklärt werden, ob Martial sich wirklich an alle metrischen Grundregeln[9] hält.

VIII, 7:

Das siebte Epigramm aus Martials achtem Buch behandelt die Thematik unfähiger Anwälte. Andere Epigramme Martials behandeln dieses Thema ebenfalls, sei es, dass sie die ausschweifende Redeart eines Anwalts tadeln, dessen Unfähigkeit beim Halten einer Rede charakterisieren oder - wie hier - dem Anwalt vorgeworfen wird, er rede zu wenig. Die Erwartung kann im Hexameter stehen, der Aufschluss im sich anschließenden Pentameter. Hier ist das Epigramm jedoch nicht in Hexa- und Pentameter gegliedert, sondern in zwei Distichen geteilt, von denen man das erste als Erwartung und das zweite als Aufschluss bezeichnen könnte. Im ersten wird klar die Situation geschildert: Cinna redet bei seiner Prozessführung (agere causas) zu wenig, gerade mal neun Worte in zehn Stunden. Das erste Distichon ist als Frage formuliert und impliziert schon in der Eröffnung des Epigramms, dass Cinna sich selbst für einen guten Anwalt hält und davon ausgeht, seine Taktik würde einen guten Redner ausmachen. Sprachliche Besonderheiten sind hier vor allem die Epanalepse im ersten Vers (hoc... hoc) und die Alliteration dicere... diserte.[10]

[...]


[1] Schöffel, 18.

[2] Cf. OLD, 1690,2-3 sv sapio.

[3] So allerdings auch in VIII, 9,3: ... brevis est occasio lucri:

[4] Was aber kein „ vollständiges Ausblenden erotischer oder sexueller Themen“ bedeutet. Schöffel, 19.

[5] Cf. Schöffel, 18-19.

[6] Cf. Schöffel, 18.

[7] von Albrecht, 881.

[8] Cf. von Albrecht, 883.

[9] Gemeint ist eine Technik, wie sie vor allem Ovid an den Tag legt.

[10] Cf. Schöffel, 147.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Das elegische Distichon. Die sprachliche und metrische Ausgestaltung Martials 8. Buches
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Seminar für Klassische Philologie)
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
12
Katalognummer
V371521
ISBN (eBook)
9783668494688
ISBN (Buch)
9783668494695
Dateigröße
548 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
distichon, ausgestaltung, martials, buches
Arbeit zitieren
Lisa Pauels (Autor:in), 2012, Das elegische Distichon. Die sprachliche und metrische Ausgestaltung Martials 8. Buches, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/371521

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