Vergleich von "An den gecreuzigten Jesum" und "Über den gekreuzigten Jesus"

Betrachtungen religiöser Lyrik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

20 Seiten, Note: 2,3

Ariela Eiloff (Autor:in)


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Andreas Gryphius - An den gecreuzigten JEsum
2.1 Analyse
2.1.1 Äußere Form
2.1.2 Visuelle Form
2.2 Adressat
2.3 Rhetorische Mittel und Stilmittel
2.4 Thema und theologischer Gehalt

3. Catharina Regina von Greiffenberg- Über den gekreuzigten Jesus
3.1 Analyse
3.1.1 Äußere Form
3.1.2 Visuelle Form
3.2 Adressat
3.3 Rhetorische Mittel und Stilmittel
3.4 Thema und theologischer Gehalt

4. Vergleich
4.1 Jesusdarstellung
4.2 Leidensdarstellungen

5. Fazit

6. Literturverzeichnis

1. Einleitung

Alleine schon der Titel der Hausarbeit lässt erkennen, dass es sich bei den zu vergleichenden Gedichten um Kreuzigungsgedichte handelt. Zum einen handelt diese Hausarbeit von dem Gedicht Über den gekreuzigten Jesus[1] von Catharina Regina von Greiffenberg und zum anderen von dem Gedicht An den gecreutzigten Jesum[2] von Andreas Gryphius. Ich möchte in meiner Hausarbeit vor allem darauf zu sprechen kommen, inwiefern sich die Ähnlichkeit der Titel der Gedichte auch im Inhalt wiederspiegeln. Aus diesem Grund werde ich zunächst auf jedes Gedicht einzeln eingehen und es im Hinblick auf Form, Aufbau, Adressat, stilistische Mittel und religiösem Gehalt analysieren. Im Anschluss werde ich dann die Jesusdarstellungen und die Leidensdarstellungen beider Gedichte vergleichen und im Fazit mit einem allgemeinen Vergleich abschließen.

Andreas Gryphius Gedicht An den gecreuzigten JEsum erschien erstmals 1637 als „An den am Creutz auffgehenckten Heyland“ in den Lissaer Sonetten, der ersten Sonettensammlung des jungen Gryphius. Es ist eine Übertragung des lateinischen Gedichtes „Ad pedes christi in cruce morientis Auctor provolutus“ des gefeierten jesuitischen Dichters Sarbiewski.[3] Gryphius schrieb die Sonette während seiner Zeit in Danzig, wo er von 1634 bis 1636 das akademische Gymnasium besuchte. Das Gedicht wurde 1637 als "An den am Creutz auffgehenckten Heyland" geschrieben und mehrmals überarbeitet (1643, 1650, 1657 und 1663), wobei der Inhalt im Wesentlichen gleich blieb. Ich werde hier die Fassung von 1643 betrachten. Zu finden ist das Gedicht in der Fassung von 1643 als viertes von fünf geistlichen Sonetten, die an erster Stelle der Lissaer Sonetten- Sammlung stehen. In der Erstfassung stand das Gedicht noch an der dritten Stelle vor dem Todesgedicht, was in der folgenden Fassung getauscht wurde, um die sachlich-thematische Anordnung der Sonette einzuhalten und die heilsgeschichtliche Grundkonzeption sichtbar zu machen. Die Abfolge Geburt, Gefängnis, Leichnam, Kreuzigung von 1643 entspricht dabei nicht der biografischen Abfolge der Ereignisse, dafür aber der thematischen Abfolge eher als die Lissaer Fassung mit der Abfolge Gefängnis, Kreuzigung, Piéta.[4] Mit Kreuzigung ist hier außerdem nicht der Akt der Kreuzigung gemeint, sondern vielmehr der Zustand des gekreuzigt seins. Durch diesen Widerspruch zur biografischen Abfolge stellt Gryphius die Wichtigkeit des Sonettes heraus. Das Kreuzungsgedicht ist also ein Teil der Leidensgeschichte Jesu, die Gryphius in seinen Dichtungen der geistlichen Sonette erzählt. Es steht für die Erlösung die man erfährt, wenn man an Gott glaubt.

Das Gedicht Über den gekreuzigten Jesus von Catharina Regina von Greiffenberg ist auf zwei Wegen überliefert, zum einen in der handschriftlichen Form und zum anderen in Greiffenbergs 1662 erschienenen Werk „Geistliche Sonnette / Lieder und Gedichte zu Gottseeligem Zeitvertreib“. Es liegt in drei unterschiedlichen Fassungen vor, unter anderem in der Fassung von Sigmund Birken. Dies hat den Grund, dass Frauen zur Lebzeit von Greiffenbergs kein sehr hoher Bildungsgrad zugesprochen wurde. Auf Regina von Greiffenberg traf dies allerdings nicht zu, da sie eine sehr gute schulische Bildung genießen durfte. Das Besondere an diesem Gedicht ist, dass es sich um ein Figurengedicht, lateinisch carmen figuratum, handelt. Der thematisierte Gegenstand des Gedichts spiegelt sich dann in der äußeren Form wieder. Beide Gedichte weisen einen hohen religösen Gehalt auf, den ich im Folgenden genauer betrachten werde.

2. Andreas Gryphius - An den gecreuzigten JEsum

2.1 Analyse

2.1.1 Äußere Form

Das Gedicht ist wie für die Lissaer Sonnette üblich und auch für Gryphius typisch im Alexandriner geschrieben, also ein 6-hebiger Jambus mit Zäsur nach der dritten Hebung. Das Reimschema in den Quartetten ist ABBA ABBA und CCD EED in den Terzetten. Die Verse mit den A und D-Reimen stehen in weiblicher Kadenz, die Verse mit den B, C und E-Reimen stehen in der männlichen Kadenz. Der Rhythmus ändert sich im Laufe des Gedichts von einem harten, entschlossenen Rhythmus mit einer hohen Dynamik zu einem sanften und leichten, fast schon feierlichen Ton. Ein Rhythmuskontrast „vom erregten

Bekenntnis zum ruhig getragenen Bittgesuch“[5]. Die äußere Form und der Inhalt stehen im Gleichklang zueinander und spiegeln sich gegenseitig wieder.

2.1.2 Visuelle Form

Die visuelle Form weist auf den ersten Blick keine Besonderheiten auf. Es handelt sich um zwei Quartette und zwei Terzette die jeweils untereinander stehen. Im Hinblick auf den Inhalt lässt sich feststellen, dass die Sätze die die Leiden beschreiben und leidbringende Substantive wie Waffen und Himmelsgewalten erhalten, länger sind, als die, in denen es um Trost und die Liebe zu Jesu geht. Die Sätze in denen von „fröhlich singen“ (V. 8), dem Willen, Jesu treu zu bleiben (V. 10) und „Herr Jesu“ (V. 13) die Rede ist, sind die deutlich kürzesten Sätze des Gedichts. Als Leser gewinnt man dadurch den Eindruck, wie stark die äußeren Einwirkungen auf das lyrische Ich sind und wie schwach es, körperlich betrachtet, zu sein scheint. Visuell stechen auch die von Gryphius verwendeten Großbuchstaben hervor, wodurch der Leser gleich einen Eindruck gewinnt, worauf der Autor wert legt (Titel „JEsum“ und V. 13 „HErr JEsu“). Eine Interpretation dessen erfolgt in 2.3.

2.2 Adressat

Das Gedicht richtet sich, wie bereits aus dem Titel ersichtlich, an den Gekreuzigten, also an Jesus Christus. Dieser wird innerhalb des Gedichtes auch direkt angesprochen (V. 10 „dir“, V. 12 „du“). Dadurch ergibt sich, dass das lyrische Ich eine Verbindung zum Gekreuzigten hat und innerhalb des Gedichtes eine Beziehung zu ihm aufbaut. Als Leser kann man annehmen, dass sich das lyrische Ich Hilfe erhofft, indem sich Jesus Christus angesprochen fühlt. Es ist somit ganz klar, an wen die Worte gerichtet sind und es gibt keinen Zweifel für die angesprochene Person. Indirekt können auch die Menschen als Adressat des Gedichtes gesehen werden, die sich gegen den Glauben stellen und Leid bringen, also gegen den Willen Gottes handeln. Diese Menschen gelten in gewisser Weise mit als Teufel, der innerhalb des Gedichtes ebenfalls erwähnt wird. Das Gedicht richtet sich außerdem an alle gläubigen Menschen, die innerhalb des dreißigjährigen Krieges die Hoffnung verloren haben und Trost suchen. Durch das Gedicht werden die Menschen daran erinnert, wie wichtig der Glaube ist, dass man zuerst alles Schlechte überstehen muss, bis man zum ewigen Leben gelangt und dass nur die Liebe zu Jesu dabei helfen kann.

2.3 Rhetorische Mittel und Stilmittel

Bereits zu Beginn zeigt sich eine Auffälligkeit in der Überschrift mit dem Wort JEsum" und dem ersten Wort des ersten Verses "HIr". Bei beiden Wörtern sind jeweils die ersten beiden Buchstaben groß geschrieben. Damit zeigt der Autor nicht nur die Wichtigkeit Jesu, indem er ihm zwei große Anfangsbuchstaben widmet, sondern auch die Zusammengehörigkeit. "Hier" ist der Ort des Gedichtes und "hier" ist bei Jesus unter dem Kreuz. Dieser Ort ist kein Ort der sicher ist, sondern ein Ort der mit Angst und Leid verbunden ist. Diese Angst und das Leid spiegeln sich darin wieder, dass Menschen über sich selbst hinauswachsen müssen und unter Umständen viel Leid erfahren müssen, wenn sie sich zu Jesus Christus und zum Glaube bekennen. Dieses „hier“ wird im Laufe des Gedichts noch weiter ausgebaut in ein „weder dort noch hier“ (V. 9), dass die Perspektive der Betrachtung noch erweitert und mehrere Orte mit einschließt. Gleiches macht Gryphius mit der Zeit, indem er von „nun und ewig“ (V. 10) spricht. Dadurch ergibt sich der Fortbestand des Glaubens über zeitliche Grenzen hinaus, bis zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt „ewig“, der keine Grenze hat.

Der erste Vers beginnt gleich mit dem Imperativsatz "HIr wil ich gantz nicht weg! ". In der ersten Fassung von 1637 kommt dieser Ausruf noch ohne Ausrufezeichen aus, steht in der Fassung von 1643 mit. Dadurch wird dem Satz noch mehr Ausdruck verliehen und die Wahrheit und Überzeugung kommt noch mehr zum Ausdruck. Es wird unmissverständlich klar, dass das lyrische Ich sich nicht vom Kreuz wegbewegen will und sich ganz und gar dem Gekreuzigten verschreibt. Dies wird in Vers 4 erneut deutlich gemacht, dass "kein Todt kein Teufel" das lyrische Ich vom Kreuz wegbringen kann. Durch den Jambus liegt die Betonung auf dem "will", was dem Satz einen trotzigen Unterton verleiht. Es erinnert an ein kleines trotziges Kind, das vor dem Süßigkeitenregal steht und auf den Boden stampft. Das "Hier will ich" wird in Vers 5 und 11 nochmal wiederholt. Der Wille des lyrischen Ichs wird nochmal verdeutlicht. Nach der Beschreibung aller Leiden schließt Gryphius das Gedicht dann erneut mit dem Imperativ ab. Im Mittelteil könnte man als Leser den Eindruck gewinnen, dass das lyrische Ich trotz aller Entschlossenheit immer schwächer wird. Das spiegelt sich sowohl im Inhalt als auch in der sprachlichen Umsetzung und dem Ton wieder. Im letzten Satz ist aufgrund des Ausrufezeichens allerdings klar, dass dass lyrische Ich alle Kraft nochmal sammelt, um diesen Satz rauszubringen und seinen Standpunkt klar zu machen.

Das lyrische Ich fühlt sich wohl in der Nähe Jesu. Es zählt auf, dass egal was passiert, es "hier", also unter dem Kreuz bei Jesus, "fröhlich" singt (V. 8). Keine Elementargewalten wie Erdbeben ("Wenn Erd und Meer auffreisst" V. 6) oder Gewitter ("Donner Macht"/ "dunckel-rotem Blitz" V. 6-7) und keine psychischen Leiden wie Angst (V.5) oder Schmerz (V. 5 und V.9) können das lyrische Ich davon abhalten, so lange am Kreuz zu wachen, bis es stirbt ("den matten Geist aufgeben" V. 11). Eine Steigerung des Ausdrucks der leidbringenden Substantive ist nicht möglich. Es wird klar, dass um das Kreuz ein Bedrohungszustand herrscht, der von Angst und Tod geprägt ist ("Schwerdter", "Spiß und Sebel", "Waffen Macht" V. 1-2). Während der Autor den Waffen noch Macht beimisst, gibt er dem Tod und dem Teufel diese nicht, da selbst diese ihn nicht von seinem Glauben abhalten können (V. 4). Nach der Anhäufung von Wörtern, die mit Leid und Schmerz in Verbindung stehen, wiederholt das lyrische Ich erneut, dass es nicht vom Kreutz weg "will" (V. 11), sondern hier sterben will ("den matten Geist aufgeben" V. 11). Gryphius beschreibt nach dem Glaubensbekenntnis den Bedrohungszustand der Welt und die Qualen die das lyrische Ich erleiden muss oder erleiden wird und wiederholt dann als antithetische Gegenüberstellung nochmal sein Glaubensbekenntnis mit besonderer Betonung auf die Hingabe zu Jesus Christus. Auffällig ist, dass der Autor im Titel vom "gekreuzigten" oder in der früheren Fassung "aufgehängten" Jesus spricht, dies innerhalb des Gedichtes aber nicht aufgreift, sondern mit "stehst aufgerichtet" umschreibt. (V.12). Obwohl er alle Leiden aufzählt, hält er sich in der Beschreibung des Zustandes Jesu zurück und beschönigt seine Art des "Hängens" in "aufgerichtet sein". Auf diese Weise wird klar, dass der Autor in tiefem Glaube mit Jesus verbunden ist. Der Glaube ist dabei ungebrochen, übersteht alle Himmels- und Menschengewalten und besteht bis in den Tod. Jesus wird auch nicht nur als Jesus, sondern als "HErr JEsu" angesprochen (V. 13). Nicht nur, dass das lyrische Ich Jesu als seinen Herrn ansieht, in der Schrift erhält sowohl das Herr, als auch Jesus jeweils zwei große Buchstaben am Ende. Durch diese Art der Schrift heben sich die Wörter vom Text ab und stechen dem Leser sofort ins Auge. Es verdeutlicht sich, worauf der Autor wert legt und was er als wirklich wichtig erachtet. Der Ständeunterschied zeigt sich, indem der Autor Jesu eine höhere Position beimisst. Das lyrische Ich und Jesus befinden sich nicht auf Augenhöhe, sondern Jesus ist höhergestellt ("hoch am Holtz" V.12) und wird vom lyrischen Ich aufgefordert, "herab" (V.13) zu blicken. In diesem Kontext kann das Herabneigen des Kopfes auch sinnbildlich für den Tod stehen. In berühmten Darstellung des gekreuzigten Jesus sinkt der Kopf ebenfalls ab, wenn er stirbt. Für diese Art der Interpretation spricht, dass das lyrische Ich Jesus sagt, dass er in ihm ewig weiterleben wird und der Glaube bis zum Tod des lyrischen Ich ungebrochen sein wird.

Durch den unregelmäßigen Rhythmus zu Beginn erhält man als Leser den Eindruck, dass das lyrische Ich im Laufe des Gedichtes ruhiger wird. Zu Beginn ist das lyrische Ich aufgeregt und fest entschlossen, was sich in der Anhäufung von leidvollen Substantiven zeigt. Im Mittelteil wird der Ton etwas weicher ("fröhlich singen" V. 8) und es grenzt schon fast an eine Liebeserklärung an den Gekreuzigten, vom dem es nichts reißen kann (V. 10). Gegen Ende werden die Umstände dann beschönigt, indem der Autor die leidvollen Wörter umschreibt ( sterben --> "matten Geist aufgeben", gekreuzigt/aufgehängt --> "stehst auffgericht"), bis das Gedicht in der Vereinigung durch Tod und Glaube bis hin zur Erlösung ("ewig leben") endet. Die Schlusszeilen erwecken den Eindruck, als sei das lyrische Ich angekommen, würde in sich ruhen und sei erleichtert, indem es seine Bitte auf Erlösung noch einmal feierlich wiederholt. Die Worte „Todt“ und „ewig Leben“ stehen unmittelbar nebeneinander im Satz. Dadurch werden die Verbindung und der Zusammenhang des Todes und des ewigen Lebens sowohl inhaltlich als auch sachlich klar. Durch die ständige Wiederholung der Worte „hier“ und „ich“, der Kraft der Symbolik und der „metaphorische(n) und syntaktische(n) Aufgipfelung in jeder Sprache“[6] wird die Wechselwirkung zwischen dem Tod Jesu und der Erlösung des Menschen deutlich.

2.4 Thema und theologischer Gehalt

Das Gedicht An den gecreuzigten JEsum stammt aus den Lissaer Sonetten, die Andreas Gryphius in seinen frühen Jahren geschrieben hat. Er war Sohn eines Autodiakons der lutherischen Kirche, der 1621 starb und besuchte eine protestantische Schule. Zur Zeit der ersten Fassung des Gedichts stand er sehr im religiösen Einfluss. Auch das Wüten des Dreißigjährigen Krieges zu dieser Zeit sollte man nicht außer Acht lassen. Die Menschen flüchteten sich in die Religion und suchten Trost und Schutz im Glauben. In den Lissaer Sonetten kristallisierte sich erstmals der Vanitas-Gedanke heraus, der später typisch für Gryphius sein sollte. Gryphius war offen für andere Religionen und lehnte „konfessionelle Polemik und Streitereien ab“[7] und pflegte Freundschaften sowohl zu Protestanten als auch zu Katholiken. Gryphius beruft sich immer wieder auf den Brief Paulus an die Epheser (Eph. 4, 1-6), der zur Einheit aufruft und in dem es heißt, dass beide Konfessionen den gleichen Gott anbeten und somit in der Liebe vereint sind, sich also nicht bekämpfen sollen.[8] Das Gedicht An den gecreuzigten JEsum wurde also aus der Sicht eines protestantischen Autors geschrieben, der innerhalb des Gedichtes auf das christliche Credo „Ewiges Leben“ (V.14) verweist. Das Gedicht ist eine Übertragung des lateinischen Gedichtes „Ad pedes christi in cruce morientis Auctor provolutus“ von Sarbiewski. Im Gegensatz zu Gryphius Werk ist Sarbiewskis Werk weicher im Ton, das Reimschema „ist zu fließend [...] um mit voller Kraft das Bekenntnis zur Nachfolge Christi auszudrücken“[9]. Diese Lücke schließt Gryphius und gibt dem Gedicht die nötige Überzeugungskraft.

Die christliche Symbolik wird mehrfach im Gedicht aufgegriffen. Gryphius zählt auf, was alles Leid bringt und erwähnt hier auch den Teufel (V.4) Der Teufel steht in der christlichen Religion für den Inbegriff des Bösen. Jesus hingegen ist als Sohn Gottes im Gegensatz dazu der Heilbringer und Trostspender. In der Erstfassung bezeichnet Gryphius Jesu als Heiland, also als den Heilbringer der Menschen. Das lyrische Ich im Gedicht will diesem Heilbringer so nah sein, dass es nichts und niemand aufhalten kann, ihm nah zu sein. Es opfert sich auf, indem es alle Leiden und Schmerzen aushält, um dem Gekreuzigten zu beweisen, dass es ihm nah ist, um am Ende dafür um das ewige Leben, die Auferstehung, zu bitten. Im Christentum wird das „ewige Leben“ als Erlösung von allen Leiden auf der Erde verstanden. Das Leben, das mit dem Tod endet, wird dann nach der Auferstehung und der Reise ins Paradies fortgesetzt. Dort ist man Gott nah. Mauser bringt es auf den Punkt, indem er sagt: „Der Gläubige der das Kreuz auf sich nimmt, und mit dem Bekenntnis zum Kreuz Christi durch Leiden und Schmerzen, die Gott auferlegt hat, hindurchgeht, erhält die Fähigkeit, diese Leiden zu ertragen, sich von den Sünden zu reinigen und in das ewige Leben einzugehen.“[10]

[...]


[1] Catharina Regina von Greiffenberg: Handschriftliche Fassung des Gedichts über den gekreuzigten Jesus [ohne Titel], in: Dichtung und Emblematik bei Catharina Regina von Greiffenberg, hg. v. Peter M. Daly, 1. Aufl., Bonn 1976, S. 250

[2] Gryphius, Andreas: An den am Creutz auffgehenckten Heyland, in: Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 32 in der von 1643 überarbeiteten Fassung „An den gecreuzigten JEsum“

[3] Mauser, Wolfram: Dichtung, Religion und Gesellschaft im 17. Jahrhundert. Die Sonette des Andreas Gryphius, München 1976, S. 94.

[4] Ebd. S.87

[5] Mauser, S. 95

[6] Ebd, S.88.

[7] Szewczyk, Grazyna Barbara: Andreas Gryphius als Dichter der Verständigung und in der Zeit des Konfessionalismus, in: Czarnecka, Miroslawa; Borgstedt, Thomas; Jablecki, Tomasz (Hg.): Frühneuzeitliche Stereotype. Zur Produktivität und Restriktivität sozialer Vorstellungsmuster, V. Jahrestag der internationalen Andreas Gryphius Gesellschaft Wroclaw, 08. bis 11. Oktober 2008, Bern 2010, S. 361.

[8] Ebd. S. 355-356.

[9] Mauser, S. 94.

[10] Ebd, S.95

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Vergleich von "An den gecreuzigten Jesum" und "Über den gekreuzigten Jesus"
Untertitel
Betrachtungen religiöser Lyrik
Hochschule
Universität des Saarlandes
Veranstaltung
Religiöse Lyrik
Note
2,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
20
Katalognummer
V371187
ISBN (eBook)
9783668494701
ISBN (Buch)
9783668494718
Dateigröße
764 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kreuzigung, Gedicht, Vergleich, Analyse, Jesus, Kreuz, Religion, Christentum, Lyrik, Andreas Gryphius, Sarbiewski, Catharina Regina, Über den gekreuzigten Jesus, An den gecreuzigten JEsum
Arbeit zitieren
Ariela Eiloff (Autor:in), 2016, Vergleich von "An den gecreuzigten Jesum" und "Über den gekreuzigten Jesus", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/371187

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