Können Worte verletzen? Sprache als Mittel sozialer Diskriminierung

Eine Untersuchung am Text Herr Tschabobo aus „Da schau her“ von Gerhard Polt


Hausarbeit, 2015

18 Seiten, Note: 14 Punkte (1,0)

Sandra Ebihu (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Definition Diskriminierung

III. Untersuchungsgegenstand sozialer Diskriminierung nach C. F. Graumann und M. Wintermantel
1. Sprache im Fokus diskriminierender Wirkung
2. Das Individuum im Fokus diskriminierender Wirkung

IV. Soziale Diskriminierung - eine Untersuchung anhand des Textes „Herr Tschabobo“ von Gerhard Polt
1. Die Szene
2. Sprachliche Mittel sozialer Diskriminierung am Textbeispiel
3. Analyse einzelner auffälliger Phasen der Szene
3.1. Die Anfangsszene
3.2. Die Sprecher
3.3. Die Minderheit

V. Fazit und Ausblick

VI. Literaturverzeichnis

Können Worte verletzen? Sprache als Mittel sozialer Diskriminierung

Eine Untersuchung am Text Herr Tschabobo aus „Da schau her“ von Gerhard Polt

„Worte können wie winzige Arsendosen sein:

Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“

Victor Klemperer

I. Einleitung

Unsere heutige Gesellschaft befindet sich in einer Zeit in der bestimmte Gruppierungen, Handlungen und Geschehnisse vorurteilsbehaftet sind. Obwohl wir in einer scheinbar offenen multikulturellen Welt leben, stehen wir uns durch unsere angeborenen menschlichen Eigenschaften wie Egoismus, Einseitigkeit und Behäbigkeit oft selbst unbewusst oder auch bewusst für einen offenen gesellschaftlichen Blick im Weg. Dies kann sich offensichtlich durch Handlungen und Gesten, aber auch durch sprachliches Handeln widerspiegeln. Die Diskriminierung einer Person oder Gruppe wird oft nicht bewusst wahrgenommen. Durch einzelne Worte und Sprachmuster lassen wir uns dazu verleiten, zu kategorisieren, zu bewerten und zu verurteilen. Dies liegt in unserer menschlichen Struktur. Die Auswirkung einzelner Worte zeigt sich dabei nicht sofort, sondern offenbart sein Potenzial meist erst nach geraumer Zeit, wenn das gesprochene Wort schon lange verhallt ist. Diesen Aspekt nimmt Klemperer in seinem Zitat auf und regt somit zum Nachdenken an. Sprache spielt eine entscheidende Rolle in unserem Umgang mit anderen Menschen. Sie dient der Kommunikation, ohne derer unser Leben kaum vorstellbar erscheint. Sind wir uns bewusst über die geheime Botschaft unserer Worte? Viel zu oft werden umgangssprachlich im Alltag Wörter verwendet, deren versteckte Bedeutung dazu geeignet sind zu diskriminieren, ohne dass wir es merken und erkennen.

Diese Arbeit beschäftigt sich demnach mit der Frage, wie Sprache dazu geeignet sein kann, zu diskriminieren. Dabei soll zu Beginn eine kurze Definition zum Begriff Diskriminierung gegeben werden. Anschließend werden bestimmte sprachliche Mittel aufgezeigt, welche in diskriminierender Absicht verwendet werden können. Im Anschluss daran stellt sich die Frage welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um diskriminierendes Sprechen überhaupt zu erkennen? Um die Frage, wie Worte verletzende Wirkung durch unbewusste oder bewusste Sprache haben können, wird als Untersuchungsgegenstand der Text von Gerhard Polt Herr Tschabobo [1] herangezogen. Anhand von Textbeispielen werden die verschiedenen Dimensionen und Funktionen sozialer Diskriminierung in der Sprache aufgezeigt und dargestellt. Abschließend soll ein Fazit über die gewonnen Erkenntnisse gezogen werden.

II. Definition Diskriminierung

Was genau können wir nun unter Diskriminierung verstehen?

Der Begriff Diskriminierung hat seinen Ursprung und seine Bedeutung im Lateinischen, wo es wertfrei "trennen" oder "unterscheiden" bedeutet. Ausgehend vom Wortstamm des Wortes beschreibt der Duden folgendermaßen:[2]

dis|kri|mi|nie|ren [lat. discriminareÿ= trennen, absondern]:

Mit dieser Bedeutung wurde es im 17. Jahrhundert ins Deutsche (und in andere europäische Sprachen) entlehnt; in einigen Sprachen (etwa im Englischen und Französischen) hat es diese Bedeutung neben anderen bis heute.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts kam die heutige Bedeutung "herabwürdigen", "benachteiligen" hinzu. Aus einer kognitiven Perspektive bedeutet Diskriminieren das Wahrnehmen oder Kennzeichnen der besonderen Eigenschaften einer Person oder eines Gegenstandes. So stellen auch Gomolla und Radtke fest, dass Unterscheidungen eine gewisse Asymmetrie in sich tragen, da eine Seite der Unterscheidung gegenüber der anderen bevorzugt wird.[3] Demnach lässt sich durchaus erkennen, dass die Eigenart des Diskriminierens keiner Böswilligkeit geschuldet ist, sondern zunächst ein naturwüchsiger Prozess ist, der im Grunde bei allen Beobachtungen zum Tragen kommt. Dies bedeutet, dass wir es sozusagen nicht allen Menschen gleich recht machen können und somit bereits eine Unterscheidung aus Prinzip vornehmen.

III. Untersuchungsgegenstand sozialer Diskriminierung nach C. F. Graumann und M. Wintermantel

Zunächst soll auf theoretischer Basis aufgezeigt werden, welche Untersuchungsgegenstände zur näheren Analyse von Diskriminierung geeignet sind.

1. Sprache im Fokus diskriminierender Wirkung

„Sprache ist ein universelles, komplexes und allgegenwärtiges Phänomenen [...].“[4] Sie dient uns zur Interaktion mit anderen Menschen um uns zu verständigen und gegenseitig zu verstehen. Die Sprache stellt dabei ein Gegenstand vieler verschiedener Forschungsinteressen auf unterschiedlichsten Ebenen dar. Fraglich ist inwieweit Sprache ein geeigneter Untersuchungsgegenstand sozialer Diskriminierung ist.

Graumann und Wintermantel stellen fest, dass bei der Analyse sozialer Diskriminierung durchaus Probleme auftreten. Sie kritisieren die enge Verknüpfung mit Stereotypen und Vorurteilen. Stereotype seien die kognitive Basis für Vorurteile, welche wiederum zu Diskriminierung führe.[5] Dem entgegnen Sie, dass die alltägliche Diskriminierung bei der Betrachtung nicht außer Acht gelassen werden kann. Sprache sei ein wichtiger Aspekt wenn es um soziale Diskriminierung geht. Graumann und Wintermantel kritisieren dabei die Einseitigkeit der Forschung, Sprache einzig und allein als Medium und Werkzeug zu betrachten, bedarf sie doch einem eigenem Untersuchungsprofil.[6] Folglich sollte Sprache im Hinblick auf seinen diskriminierenden Charakter hin möglichst „ [...]nach Zeichen und Symbolen defensiver, aversiver, ambivalenter Einstellungen [...]“ untersucht werden.[7]

Dabei geht es vor allem um das Erkennen von versteckter Diskriminierung. Problematisch erscheint es demnach, jene Diskriminierung zu erkennen, die nicht offensichtlich gewollt, jedoch denen, die es betrifft, geschadet hat. Somit muss Sprache und damit die Auswirkung unserer Worte gegenüber Anderen im Kontext sozialer Diskriminierung untersucht werden. Was steckt hinter dem, was wir sagen?

2. Das Individuum im Fokus diskriminierender Wirkung

Sehen wir Sprache als geeigneten Untersuchungsgegenstand für unser Forschungsinteresse an, so stellt sich die Frage, auf wen dieser bezogen bzw. angewendet werden soll. Wie bereits festgestellt, dient Sprache als Mittel der Interaktionen zwischen Menschen. Somit werden soziale Beziehungen erschaffen, aufrechterhalten, reproduziert oder aufgelöst. Demnach spielt der Mensch und sein Verhalten zu Anderen eine wichtige Rolle bei der Untersuchung der Wirkung von diskriminierendem Verhalten. Dabei sind „ [...] die Opfer eher diejenigen, über die wir reden, mit denen wir aber das direkte Gespräch vermeiden [...]“[8]. Tajfels versucht durch seine sozialpsychologische Theorie Konfliktlösungen zwischen Gruppen zu erklären. Er nimmt dabei die Unterscheidung zwischen der Ingroup (das Eigene, das Selbst) und der Outgroup ( die Anderen) vor. Er stellt fest, dass Individuen danach streben eine positive soziale Identität zu erhalten, die vollständig durch die Mitgliedschaft zu einer Gruppe definiert ist. Diese Identität basiert auf vorteilshaften Vergleichen zwischen der Ingroup und Outgroup.[9] Zunächst basieren diese Vergleiche rein auf das Unterscheiden. Die Gefahr besteht jedoch darin, dass eben genau hier das Potenzial für Diskriminierung liegt. So werden Menschen aufgrund ihrer Gruppen- oder Klassenzugehörigkeit unterschiedlich behandelt. Daher glaubt Tajfel, „[...] dass es, warum auch immer, für Individuen unmöglich oder zumindest schwierig ist, von einer Gruppe in eine andere zu wechseln.“[10] Somit kann man von einem Konzept der Trennung zwischen Ingroup und Outgroup sprechen. Dabei zeigt sich Diskriminierung anhand der scharf gezogenen Trennlinie, entlang derer den Mitgliedern einer Outgroup auf verschiedenen Ebenen und zu verschiedenen Themen eine Gleichberechtigung verwehrt wird.[11] Soziale Diskriminierung dient dabei der Aufrechterhaltung von Machtbeziehungen.[12] Somit ist das Individuum und dessen benachteiligte Behandlung durchaus geeigneter Untersuchungsgegenstand, wenn wir die Wirkung von Diskriminierung durch verbale oder nicht verbale Handlungen untersuchen.

Graumann und Wintermantel zeigen in ihrer schematischen Darstellung die unterschiedlichen Funktionen von Diskriminierung. Dabei stellen Sie die unterschiedlichen Positionen der Trennlinie zwischen der Ingroup und Outgroup dar:

[...]


[1] Polt, G./ Müller, H.-C.(1990): Da schau her. S. 167-170.

[2] http://www.duden.de/rechtschreibung/diskriminieren

[3] Gomolla, M., Radtke, F.-O.: Institutionelle Diskriminierung. Die Herstellung ethnischer Diskriminierung in der Schule. S. 11.

[4] vgl. Graumann C. F./Wintermantel, M.(2007): Diskriminierende Sprechakte. Ein funktionaler Ansatz. S. 156.

[5] ebd. S. 151.

[6] ebd. S. 152

[7] ebd. S. 154.

[8] ebd. S 154.

[9] ebd. S. 155.

[10] Tajfel, H., Differenttiation Between Social Groups, S. 51.

[11] vgl. Graumann C. F./Wintermantel, M.(2007): Diskriminierende Sprechakte. Ein funktionaler Ansatz. S. 155.

[12] ebd. S. 157

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Details

Titel
Können Worte verletzen? Sprache als Mittel sozialer Diskriminierung
Untertitel
Eine Untersuchung am Text Herr Tschabobo aus „Da schau her“ von Gerhard Polt
Hochschule
Universität Kassel
Veranstaltung
Interkulturelle Kommunikation
Note
14 Punkte (1,0)
Autor
Jahr
2015
Seiten
18
Katalognummer
V370621
ISBN (eBook)
9783668482074
Dateigröße
839 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
können, worte, sprache, mittel, diskriminierung, eine, untersuchung, text, herr, tschabobo, gerhard, polt
Arbeit zitieren
Sandra Ebihu (Autor:in), 2015, Können Worte verletzen? Sprache als Mittel sozialer Diskriminierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/370621

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