Päderastie in Sparta. Pädagogischer Eros in kriegerischen Kulturen der Antike


Hausarbeit, 2016

23 Seiten, Note: 3,0

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Päderastie
2.1. Definition
2.2. Erscheinungsformen der Päderastie
2.3. Die dorische Knabenliebe/ spartanische Knabenliebe
2.4. Komponenten der dorischen Knabenliebe
2.4.1. Rituelle Komponente.
2.4.2. Pädagogische Komponente
2.4.3. Sexuelle Komponente

3. Fokus Sparta
3.1. Die Agoge´
3.2. Bedeutung der syssītia und des Lagerlebens
3.3. Heeresreform Sparta & die homoioi Ideologie
3.4. Hopliten Phalanx.

4. Päderastischer Vorgang

5. Erastēs und Erōmenos

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Päderastie ist ein Begriff der, wie alle Begriffe, einem historischen Wandel unterlag. Oft werden hier vor allem im umgangssprachlichen Gebrauch, gedankliche Brücken zu Homosexualität, oder sogar Pädophilie gebaut, jedoch ist die Päderastie der Antike ein sehr komplexes, emotional vielschichtiges und zum Teil sogar institutionalisiertes griechisches Konzept der Erziehung. Das „Mannwerden“ in kriegerischen Kulturen war ein angeleiteter Prozess der sowohl körperlich als auch geistig vollzogen werden musste. Diese Hausarbeit wird sich im speziellen der dorischen Knabenliebe widmen und dabei den Fokus auf Sparta zwischen dem 6. und 4. Jahrhundert v. Chr. legen. Der sexuelle Aspekt, der zu der semantischen Differenzierung beigetragen hat, wird erläutert, aber vor allem sollen die pädagogischen Charakteristika näher beleuchtet werden.

Die Zentralität der geistigen Verbindung, respektive freundschaftlicher Liebe, soll hier in ihrer Wirkung auf die spätere Effektivität im Kampf erläutert werden. Nicht nur der aktuelle Forschungsstand findet Erwähnung, sondern auch die Wahrnehmung und Bewertung der großen Philosophen der griechischen Antike, wie Aristoteles oder Platon. Da die Lakedaimonier keine schriftlichen Quellen hinterließen, muss sich auf athenische Quellen in Verbindung mit Sekundärliteratur berufen werden. Da nur von Xenophon und Plutarch eine umfassende Darstellung des Themas in Bezug auf Sparta existiert, werden diese kritisch miteinbezogen. Die gesellschaftliche Perzeption, die zur damaligen Zeit eng mit Religiosität verknüpft war, soll den rituellen Aspekt unterstreichen. Diese Thematik wird in der Forschung kontrovers diskutiert, da die Ausformungen der antiken Knabenliebe sich nicht nur territorial, sondern auch soziokulturell unterschieden. Hinzu kommt, dass semantische Hürden abgebaut werden müssen, um Klarheit in die Argumentationsstruktur zu bringen.

2. Päderastie

2.1. Definition

„Die Päderastie (Knabenliebe) ist eine in Griechenland gepflegte Spielart der Homosexualität unter Männern bestimmter Altersstufen. Einem 12-18jährigen “Knaben” (…) gegenüber nahm ein Mann, der älter als 30 Jahre war, die Rolle eines Liebhabers (…) und Erziehers ein. In der Forschung wird der Stellenwert des sexuellen und des pädagogischen Aspektes der Päderastie verschieden gewichtet, indem diese teils als pädagogisch verbrämte sexuelle Beziehung, teils als erotisch gefärbte Erziehung gedeutet wird, bei der die Ausbildung zu kriegerischer Tüchtigkeit (…) des Polisbürgers im Vordergrund stand.“1

2.2. Erscheinungsformen der Päderastie

Im folgenden Abschnitt wird erläutert, welche Erscheinungsformen der Päderastie diskutiert werden und inwieweit sie sich unterscheiden. Zur Zeit des 5 bis 4 Jhd. v. Chr. gab es zwei Ausprägungen der Knabenliebe. Es wird vermutet, dass sich die klassische griechische Knabenliebe, aus der älteren dorischen Form entwickelt haben soll. Bis heute ist dies nicht verifiziert worden. Die Knabenliebe in Athen und dem übrigen, heute griechischen Gebiet, lässt sich im Allgemeinen als erotisch und ästhetisch getönt begreifen und gilt als körperlich-sexuell fokussiert. Kontrastierend dazu wird zum Beispiel von Bethe die dorische Ursprungsform der Knabenliebe als edle und reine Variante dargestellt die sich auf die aretē (kriegerische Tüchtigkeit) bezieht.2 Der Historiker Marrou vertritt hingegen die Meinung, dass sich beide Formern im gesamten hellenistischen Raum eine Grundlage teilten, nämlich die kriegerische. In der Antike sind jeder Gesellschaft kriegerisch sehr ausgeprägte strukturelle Elemente zuzuschreiben, auf dieser Annahme stütz Marrou seine Aussage, dass „(…) eine auf kriegerische aret ē abzielende Knabenliebe einst allen Griechen gemeinsam gewesen sei und sich bei den Doriern nur mit deren gesamten Festhalten an alten kriegerischen Lebensformen erhalten habe“3. Modernisierungsvorgänge, in Bezug auf politische sowie wirtschaftliche Entwicklungen vollzogen sich vor allem in Sparta sehr zeitverzögert im Gegensatz zu Athen, aus diesem Grunde ist die Annahme des Traditionsbewusstseins schlüssig.

2.3. Die dorische Knabenliebe/ spartanische Knabenliebe

Die dorische Knabenliebe war vor allem im Territorium der Dorier vorzufinden, hierzu zählen u.a. Kreta, Theben und Sparta. Grundlegend vereint diese Kulturen eine kriegerische/ militärisch geprägte Gesellschaftsstruktur. Diese war insbesondere bezüglich der Erziehung stark staatlich bzw. durch die Polis organisiert. So wurde in Sparta die körperliche Konstitution der Neugeborenen von staatlichen Beamten umgehend bewertet. Xenophon schildert diesen Vorgang folgendermaßen:

„ ( … ) wo die Ältesten der Gemeindegenossen saßen und das Kind untersuchten und, wenn es wohlgebaut und kräftig war, seine Aufzucht anordneten ( … ) war es aber schwächlich und mißgestaltet, so ließen sie es zu der sogenannten Ablage (Apothetai) bringen, einem Felsabgrund am Taygetos “ 4.

Nicht nur die Selektion lebenswerter Neugeborener, sondern auch die Erziehung des Nachwuchses wurde ab dem Alter von circa 12 Jahren5 vom Elternhaus auf einen hochrangigen Beamten übertragen. Der lakedaimonische Gesetzgeber Lykurg (semi- mystische Gestalt) regelte die pädagogischen Rahmenbedingungen der Kindererziehung, respektive militärischer Erziehung in der sogenannten Krypteia 6. Demnach wurden künftige Spartiaten, nicht wie gewöhnliche griechische Kinder von Sklaven erzogen, sondern von speziellen paidonomos (Knabenaufseher). Wichtig war, dass sie der gleichen gesellschaftlichen Schicht angehörten wie die Familie dessen Kind es zu erziehen galt und dass sie von höchstem aristokratischem Rang waren7. Einige Wissenschaftler vermuten das Eingehen einer Beziehung eines jungen Knaben mit einem älteren Mann, sogar als gesellschaftliche Pflicht, da es im Falle Kreta in der pol ī teia (Verfassung) festgeschrieben war8. Nimmt man Bezug auf die Quellen, wird deutlich, dass Platon und Xenophon unterschiedlich Stellung zur Thematik beziehen. So ist es Platon, der die Päderastie in Sparta als unnatürlich anprangert, da er von einer ausschließlich körperlichen Verbindung ausgeht, und Xenophon, der sie auf freundschaftlicher pädagogischer Ebene wertet, da physische Begierde laut Lykurg, vor allem in Sparta verboten gewesen sei. Konsequenzen der Zuwiderhandlung hätten, laut Plutarch, den Verlust des Vollbürgerstatus zur Folge gehabt.9 Dieses Risiko, verbunden mit den materiellen und rechtlichen Verlusten inklusive der individuellen persönlichen Reputation, wären vermutlich nicht sehr viele Spartiaten eingegangen.

Im Folgenden sollen Deutungsansätze umrissen werden, die verschiedene Komponenten der dorischen Knabenliebe aufzeigen.

2.4. Komponenten der dorischen Knabenliebe

2.4.1. Rituelle Komponente

Besonders über Kreta ist in Bezug auf rituelle Abläufe der Knabenliebe viel bekannt. Hier wurden Riten gelebt, die uns auch heute noch geläufig sind, wie zum Beispiel der Brautraub, nur hier wird dieser, laut Berichten des Ephoros10, Knabenraub genannt.11 Demnach wurde der Knabe spielerisch, festlich und in Anwesenheit der Familie entführt, um mit seinem zukünftigen, nennen wir es in diesem Zusammenhang Entführer, eine zweimonatige Reise anzutreten. Was dort genau passierte ist nicht en détail bekannt, jedoch ist gesichert, dass Fertigkeiten im Bereich des Jagens vermittelt worden sind.12 Dem Jagdtraining wurde auch in Sparta eine zentrale Rolle beigemessen:

„ Lykurg indes stellte den Grundsatz auf, das beste solle f ü r die Männer dieses Alters die Jagd sein ( … ) damit auch sie nicht weniger als die angehenden Männer die Anstrengungen des Kriegsdienstes ertragen k ö nnten “ 13.

Daran lassen sich Parallelen für Kreta und Sparta feststellen.

Da die Angehörigen der Knaben anwesend waren und aktiven Widerspruch hätten leisten können, ist zu vermuten, dass auch hier wieder die Annahme der gesellschaftlichen Akzeptanz greift und es nicht als verpönt galt, eine solche Beziehung zu führen. Zusätzlich hatte der Knabe, nachdem der Knabenraub vollzogen war und die zwei Monate Gemeinschaft beendet waren, die Pflicht, die Festgemeinschaft über etwaige negative Vorkommnisse, wie zum Beispiel Gewalt seitens des Entführers, aufzuklären, um die Verbindung fortzuführen oder zu beenden. Blieb die Verbindung bestehen, wurden dem Knaben Geschenke gemacht: Waffenausrüstung, ein Rind und ein Trinkgefäß14. Daran lassen sich militärische sowie religiös/traditionelle Ideen festmachen. Das Rind wurde Zeus geopfert.

[...]


1 Paederasty - Brill Reference, http://referenceworks.brillonline.com/entries/brill-s-new-pauly/paederasty- e903570?s.num=2&s.q=erastes (18.08.2016).

2 Harald Patzer, Die griechische Knabenliebe. (Sitzungsberichte der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, 19,1). Wiesbaden 1982, 71

3 Patzer (wie Anm. 2), 71

4 Xen. Lak.pol. 2-4, 2. Die lakedaimoinische Gesellschaft: Die Spartiaten (homoioi). 2.1. Die gemeinsame Erziehung (sog. agoge´), in:

5 (wie Anm. 1)

6 Militärtraining, Anlehnung an Platons Interpretation der krypteia laut Plat.leg.633b-c

7 Xen. Lak.pol. 2-4 (wie Anm. 4)

8 Patzer (wie Anm. 2), 71

9 Karl-Wilhelm Welwei, Sparta. Aufstieg und Niedergang einer antiken Großmacht (2004)., 209

10 Search Results - Brill Reference, http://referenceworks.brillonline.com/search?s.q=ephoros&s.f.s2_parent=s.f.book.der-neue- pauly&search-go=Search (07.09.2016).

11 Patzer (wie Anm. 2), 72

12 Patzer (wie Anm. 2), 72

13 Xen. Lak.pol. 2-4 (wie Anm. 4), IV 7

14 Patzer (wie Anm. 2), 72

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Päderastie in Sparta. Pädagogischer Eros in kriegerischen Kulturen der Antike
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Geschichtswissenschaften)
Veranstaltung
Athen und Sparta Seminar
Note
3,0
Jahr
2016
Seiten
23
Katalognummer
V370151
ISBN (eBook)
9783668474741
ISBN (Buch)
9783668474758
Dateigröße
620 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sparta, Eros, Päderatie, Phalanx, Hopliten, Knabenliebe
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Päderastie in Sparta. Pädagogischer Eros in kriegerischen Kulturen der Antike, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/370151

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