Die Pluralbildung des Substantivs im Luxemburgischen und im Deutschen


Hausarbeit, 2017

17 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Substantiv- Wie kann es sich verändern?

3. Pluralbildung
3.1 Verfahren und Techniken der Pluralbildung
3.2 Der Plural im Deutschen
3.3 Der Plural im Luxemburgischen

4. Synchroner Vergleich des Plurals in den beiden Sprachen
4.1 Gemeinsamkeiten
4.2 Unterschiede
Exkurs: Das Phänomen des Umlautes
4.3 Einordnung der Komplexität

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Anlass für das Thema -Pluralbildung im Luxemburgischen und Deutschen- war der Besuch des Seminars mit dem Überthema „Germanische Kleinsprachen“. Zu Beginn waren die Erwartungen sehr vage, da die Bedeutung des Begriffes „Germanische Kleinsprachen“ nicht bekannt war. Nach und nach wurde die Bedeutung klarer und die Spannung mehr über die „Verwandtschaftsverhältnisse“ der einzelnen Sprachen herauszufinden wuchs.

Das Germanische hat sich aufgrund verschiedener Wanderungsbewegungen aus dem Urgermanischen entwickelt und wird heute in drei Gruppen unterteilt (vgl. Abb.1): Das Westgermanische, das Nordgermanische und das Ostgermanisch, welches mittlerweile ausgestorben ist. Die bestüberlieferte Sprache des Ostgermanischen ist das Gotische (Kausen 2012:105). Die meisten germanischen Sprachen, mit einigen Ausnahmen, werden innerhalb von Europa gesprochen. Allerdings variiert die Sprecheranzahl, wie in Abbildung 1 ersichtlich, sehr stark. Hier lässt sich auch die Erklärung für das Adjektiv „klein“ in Kleinsprachen erkennen. Wohingegen Englisch, Deutsch und Niederländisch von vielen Menschen gesprochen wird, ist die Sprecherzahl der „Germanischen Kleinsprachen“, wie Afrikaans, Luxemburgisch oder Isländisch sehr viel geringer.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Verbreitung und Sprecherzahl der germanischen Sprachen

(Kausen 2012:107)

Luxemburgisch zählt mit seinen 390.000 Sprechern zu den germanischen Kleinsprachen, allerdings wird die Sprache nicht von allen Forschern als eigenständige Sprache anerkannt (Kausen 2012: 106). Der Grund dafür liegt allerdings nicht in der Sprecherzahl begründet, sondern in der Ähnlichkeit zur deutschen Sprachen, weshalb sie auch oft als ein deutscher Dialekt gesehen wird.

Den Luxemburgern ist es allerdings wichtig sich, vor allem vom Deutschen und auch vom Französisch, den zwei weiteren Sprachen die in Luxemburg „genutzt“ werden, abzugrenzen, um dadurch die eigene Identität als eigenständigem Land zu verstärken (Conrad 2009: 49). Eine Besonderheit Luxemburgs ist seine Lage an der romanisch-germanischen Grenze. Beide Sprachbereiche haben damit Einfluss auf die heutige Sprache genommen. Die eigentliche Gründung des Großherzogtums Luxemburg wird auf das Jahr 1839 datiert. Zu diesem Zeitpunkt war die Sprachgrenze auch gleichzeitig die Landesgrenze und Luxemburg bestand nur noch aus germanisch-sprachigen Gebieten (Gilles 2009: 185). Die erste Verfassung im Jahr 1848 legte Deutsch und Französisch als Amtssprachen in Luxemburg fest. Das Luxemburgische wurde durch das Sprachengesetz erst im Jahr 1984 zur Nationalsprache, als Folge daraus, dass viele Bürger Luxemburgisch als Muttersprache lernten. Obwohl alle drei Sprache als Amtssprache anerkannt sind, ist gerade das Deutsch oft niedrig angesehen, was unter anderem aus der deutschen Politik im 20. Jahrhundert, als das „Großherzogtum zweimal von deutschen Herren überrannt worden ist“, herzuleiten ist (Ammon 1995:398). Die junge Sprache hat sich ursprünglich aus dem westmoselfränkischen, einem deutschen Dialekt, entwickelt. Durch den zunehmenden Gebrauch hat sich allerdings eine eigene „linguistische Struktur“ gebildet, sodass selbst Menschen mit moselfränkischem Dialekt die Luxemburger kaum noch verstehen. Dies zeigt, dass Luxemburgisch auch als eigenständige Sprache anzusehen ist (Gilles 2009: 186).

Wo sich noch Gemeinsamkeiten erkennen lassen und welche Merkmale sich in der deutschen und luxemburgischen Sprache unterscheiden, soll im Folgenden am Beispiel der Pluralbildung des Substantivs herausgearbeitet werden. Gerade weil die Sprachen sehr nah miteinander verwandt sind, ist es spannend sie miteinander zu vergleichen. Da die Morphologie eine gute Vergleichbarkeit bietet (Conrad 2009:49), wurde die Pluralbildung für den Vergleich ausgewählt. Bei der Betrachtung wird die diachrone Entwicklung weitestgehend außenvorgelassen und der synchrone Vergleich in den Vordergrund gestellt.

Zu Beginn soll dazu ein kurzer Blick auf die Deklination des Substantives erfolgen. Daraufhin werden verschiedene Bildungsverfahren des Plurals vorstellt und auf die beiden Sprachen angewendet. Daran anschließend sollen die beiden Sprachen miteinander verglichen werden, wobei zum einen auf die Verfahren geschaut und zum andern die Komplexität der Sprachen in den Blick genommen wird. In einem Exkurs wird zudem der Gebrauch des Umlautes näher beleuchtet.

2. Das Substantiv- Wie kann es sich verändern?

Die Nominalmorphologie konnte schon im Urgermanischen innerhalb von drei Dimensionen beschreiben werden: „ Genus, Numerus und Kasus“ (Kausen 2012:115). Diese sind im deutschen wie im Luxemburgischen erhalten geblieben. Das Genus wird eingeteilt in die drei Genera Maskulinum, Femininum und Neutrum (ebd.), wobei jedes Substantiv ein festes Genus besitzt (Schmitt1984:53; Hentschel/Weydt 2013:137).

Innerhalb der Dimensionen Numerus und Kasus kann das Substantiv dekliniert werden. Der Kasus teilt sich in den Nominativ, Genetiv, Dativ und Akkusativ. Hier ist es sowohl im Deutschen als auch im Luxemburgischen so, dass der Genitiv immer weniger verwendet wird und entweder vom Dativ oder Pronomina ersetzt wird (Schmitt 1984: 55). Eine Besonderheit im Luxemburgischen tritt dadurch auf, dass der Nominativ mit dem Akkusativ zusammenfällt, das bedeutet, dass das Subjekt anstatt dem Nominativ mit dem Akkusativ ausgedrückt wird (ebd.).

Der Numerus wird in Singular und Plural dekliniert. Dabei wird das Substantiv meist verändert, um einen Plural anzuzeigen. Diese Veränderung kann durch eine zusätzliche Endung erreicht werden oder durch morphologische Veränderung, wie dem Umlaut. Wie genau der Plural gekennzeichnet wird und welche Bedeutung dabei das Genus und möglicherweise auch der Kasus spielen ist Inhalt der nächsten Kapitel.

3. Pluralbildung

Wenn wir uns alle germanischen Sprachen anschauen, können wir feststellen, dass die Bildung des Plurals mit vielen verschiedenen Techniken und Verfahren erfolgt. Dabei unterscheiden sie sich in ganz unterschiedlichem Maße von dem Germanischen, woher sie ja alle kommen. Jede Sprache hat sich daher mit variierender Intensität weiterentwickelt (Nübling 2006:107). Kürschner (2008:7ff.) spricht von einer hohen bzw. niedrigen Komplexität der Pluralbildungen des Substantivs in den germanischen Sprachen (vgl. Abb. 2). Die Reihenfolge der Sprachen begründet er vereinfacht gesagt, damit, inwiefern sie sich vom Germanischen entfernt haben, wie schwer es für anderssprachige Menschen ist diese Sprache zu erlernen (Grad der Irregularität), inwiefern der Kasus und Genus Einfluss auf die Pluralbildung nehmen und ob sich der Stamm verändert

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie in Abbildung 2 ersichtlich sind sowohl das Luxemburgische als auch das Deutsche relativ komplexe Sprachen hinsichtlich des Plurals. Welche Eigenschaften zu der hohen Komplexitäteinstufung führen wird in 4.1 nochmal explizit aufgefasst und kann im Folgenden schon sehr gut erkannt werden. Da viele Verfahren zusammenkommen sollen im nächsten Schritt die Relevanten vorgestellt werden, bevor auf die einzelnen Sprachen eingegangen wird.

3.1 Verfahren und Techniken der Pluralbildung

Die erste Technik ist die Addition, dabei werden an den Wortstamm, welcher dabei unverändert bleibt, Suffixe angehängt (Nübling 2006:108). Ein Beispiel der Addition ist: Tisch (Sg.) wird zu Tische (Pl.). Das angehängte Suffix wäre hier das -e.

Die Modulation betrifft im Gegensatz zur Addition den Wortstamm. Dabei ist zu unterscheiden, ob es zu einer Veränderung des Vokals oder des Konsonanten kommt (Nübling 2006:108). Die vokalische Modulation führt dabei normalerweise zu einem Umlaut: Mutter (Sg.) wird zu Mütter (Pl.). Auf die genauen Regeln des Umlautes soll später genauer eingegangen werden. Bei den Konsonanten kann es entweder zu einem Wechsel von stimmlosen zu stimmhaften Konsonanten kommen, oder selten werden Konsonanten ganz ausgetauscht: Bréif (Sg.) wird zu Bréiwer (Pl.) (ebd.: 109).

Das dritte Verfahren ist die Subtraktion. Auch hier ist zwischen einer vokalischen und konsonantischen Subtraktion zu trennen. Der Vokal wird dabei in seiner Quantität verändert, d.h. die Vokallänge verändert sich. Die konsonantische Subtraktion führt zum Wegfall ganzer Wortsegmente (Nübling 2006: 109).

Die letzte Markierung des Plurals wird auch als „Nullprozess“ bezeichnet. Dies bedeutet, „der Plural wird nicht am Substative markiert“ (Nübling 2006:109). Um bei dieser Gruppe der Substantive den Plural ausdrücken zu können müssen zusätzliche Elemente eines Satzes, wie ein Zahlwort, ein Artikel oder weitere Beschreibungen darauf hindeuten.

3.2 Der Plural im Deutschen

Die Pluralbildung des Deutschen kann sehr gut mit den obengenannten Verfahren beschrieben werden. Wenn wir uns die Verfahren anschauen können dem Deutschen insgesamt vier Grundverfahren zugeordnet werden (vgl. Abb.3). Dies sind die Addition, die Modulation, der Nullprozess und die vierte Variante ergibt sich aus einer Kombination zwischen der Addition und der Modulation. Es gibt Forscher die beispielsweise anhand der Allomorphe eine Einteilung vornehmen und somit auf eine Anzahl von acht oder neun Kategorien gelangen (Werner 1969:93/Köpke 1993:36). Der Grund für den Unterschied ist darin zu finden, dass eine Addition im Deutschen mit insgesamt fünf Suffixen gebildet werden kann. In Abbildung 3 wurden diese Möglichkeiten aber unter dem Verfahren der Addition zusammengefasst und nicht als einzelne Techniken gezählt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Pluralbildungen im Luxemburgischen und Deutschen (eigene Darstellung in Anlehnung an Nübling 2006: 111; Dammel et al. 2010)

Der Kasus wird im deutschen Plural nur noch im Dativ markiert und ist von daher sehr geschwächt (Dammel et al. 2010:600). Beim Genus dagegen kann eine Abhängigkeit zum Numerus festgestellt werden (Köpke 1993:35/ Werner 1969:97/ Dammel et al. 2010:600). Zusätzlich wird ein Zusammenhang zwischen den Endungen der Substantive und den Verfahren des Plurals gesehen (Dammel et al. 2010: 601/ Werner 1969: 95). Im Folgenden soll sich auf den Zusammenhang zwischen Genus und Numerus konzentriert werden.

Die erste Möglichkeit den Plural im Deutschen zu bilden ist, eine der folgenden Suffixe an dem Wortstamm zu ergänzen: -e, -en, -n, -er, -s. Dabei ist das Auftreten vom Genus abhängig. Das Suffix -e tritt nur bei Maskulina und Neutra auf (Dammel et al. 2010: 601). Eine Ausnahme stellen die Feminina mit den Endungen –nis und – sal dar: Kenntnis – Kenntnisse (Köpke 1993: 36). Strenggenommen muss hier allerdings gesagt werden, dass die Suffigierung aus mehr als einem -e besteht. Das Suffix - en wird am häufigsten von den Feminina gebildet. Bei den Maskulina fallen die schwachen Maskulina und diejenigen mit einer gemischten Deklination in diese Gruppe. Bei den Neutra bilden drei eine Ausnahme: Herz, Bett und Hemd ( Hentschel/Weydt 2013: 142). Der n-Typ ist dem vorangegangenen ähnlich, wobei bei den Neutra Auge die Ausnahme darstellt (Werner 1969:95). Das Suffix -er kommt ausschließlich bei Maskulina und Neutra vor (Köpke 1993:36). Der s-Plural wird von allen drei Genera gebildet und eine Besonderheit stellt die Produktivität bei Fremdwörtern dar (Hentschel/ Weydt 2013: 142).

Das zweite Verfahren stellt die vokalische Modulation dar, wobei der Plural einen Umlaut erhält. In dieser Gruppe finden sich ca. 30 Maskulina (Dammel et al. 2010: 601). Das Neutra Kloster- Klöster und die Feminina Tochter – Töchter, Mutter- Mütter, belegen die einzigen Ausnahmen (Köpke 1993: 36).

Als drittes werden zwei Techniken miteinander verknüpft. Es kommt gleichzeitig zu einer Addition wie zu einer Modulation des Vokals. Bei den Substantiven, die den Vokal umlauten und gleichzeitig ein -er anhängen, lassen sich sowohl Neutra als auch Maskulina finden. Feminina gibt es in dieser Gruppe nicht. Bei dem Suffix -e hingegen lauten nur Feminina und Maskulina den Vokal um (Dammel et al. 2010: 601). Das Neutra Floß- Flöße zeigt einen Einzelfall (Werner 1969: 94).

Nullprozesse kommen nur bei Maskulina und Neutra vor (Hentschel /Weydt 2013: 142). Das bedeutet, dass bei Feminina der Plural immer alleine am Substantiv festgestellt werden kann. Eine Besonderheit der Nullprozesse ist es, dass sie sich bei Substantiven, welche auf -er, -el, und -en enden, häufen (ebd.).

Wie gesehen werden konnte gibt es zwar Tendenzen, welche Substantive mit einem Genera sich einer bestimmten Technik zur Pluralbildung bedienen, da aber keine feste Zuordnung gegeben ist, muss der Plural genau wie das Genus mitgelernt werden. Allerdings gibt es einen guten Überblick über die Möglichkeiten der Bildung.

3.3 Der Plural im Luxemburgischen

Im luxemburgischen Plural hat sich der Kasus komplett vom Numerus getrennt, was bedeutet, dass dort zum einen keine Abhängigkeit besteht und zum anderen der Kasus am Substantiv nicht erkannt werden kann (Nübling 2006:107). Das Genus wird zwar auch nicht morphologisiert, es besteht allerdings ein Zusammenhang zwischen den Bildungsverfahren und dem Genus des Substantivs. Eine weitere Abhängigkeit kann zwischen verschiedenen Endungen erkannt werden, welche auf gewissen Verfahren hinweisen (Dammel et al. 2010: 604f.). Insgesamt bestehen die 12 Grundverfahren (vgl. Abb.3) der Pluralbildung im Luxemburgischen aus der Addition, der Subtraktion, der Modulation und den Nullprozessen. Die große Anzahl begründet sich in einer Verbindung aus bis zu drei Verfahren, die an einem Substantiv realisiert werden.

Die Addition beinhaltet im Luxemburgischen nur die Suffixe -er und -en. Dabei ist der -en Plural auf die Genera maskulin und feminin beschränkt und kommt immer bei der Reduktionsilbe - el und oft bei –er zum Einsatz, z.B. Fierkel (Sg.) wird zu Fierkelen (Pl.) 'Ferkel'. Der –er Plural dagegen ist auf Maskulina und Neutra beschränkt (Dammel et al. 2010:605f.).

Die Modulation eines Vokals kann im Luxemburgischen als alleiniges Merkmal des Plurals nur bei Maskulina auftreten und tritt häufig bei einsilbigen Substantiven auf (Dammel et al. 2010: 605f.). In Abbildung 3 wird deutlich, dass die vokalische Modulation oft in Kombination mit anderen Verfahren auftritt. Dabei ist es auch möglich, dass Substantive der zwei anderen Genera umlauten. Die vokalische Modulation wird mit folgenden Verfahren kombiniert: Addition (Mann –Männer), konsonantische Modulation (Wuert- Wierder 'Wort'), vokalische Subtraktion (Apel-Äppel 'Apfel'), konsonantische Subtraktion (Hand-Hänn). Die konsonantische Modulation kann im Gegensatz dazu nur in Kombination auftreten und stellt kann alleiniges Merkmal des Plurals dar.

Die Subtraktion kann wie oben gesehen auch in eine vokalische und eine konsonantische eingeteilt werden. Der erste Typ geht immer mit einer Modulation einher. Das Verfahren realisiert sich dabei so, dass ein Langvokal in einen Kurzvokal übergeht (Apel-Äppel). Der umgekehrte Fall kann im Luxemburgischen vernachlässigt werden (Nübling 2006: 109). Die konsonantische Subtraktion kann das einzige Pluralisierungsverfahren eines Substantives darstellen und kommt nur bei Maskulina vor. Zusätzlich ist es auffällig, dass viele substantivierte Adjektive in diese Gruppen fallen. An folgendem Beispiel (Frënd (Sg.) – Frënn (Pl.)) soll verdeutlichen werden, dass die durch Subtraktion realisierten Plurale oft durch Umwege über eine Addition entstanden sind: *Frënde → *Frënne → Frënn (Pl.) (Dammel 2010 et al. 606). Eine weitere Möglichkeit ist die Verbindung der konsonantischen Subtraktion, zum einen mit der Addition (Bild –Biller 'Bild') und zum anderen mit der vokalischen Modulation (s.o).

Der Nullprozess tritt im Luxemburgischen immer dann ein, wenn der Stammauslaut des Substantivs -en ist. Dabei kann er in allen Genera vorkommen (ebd.:605).

Die Spezialität des Luxemburgischen ist die starke Kombination verschiedener Techniken. So kommt es dazu, dass bei zwei Grundverfahren drei Techniken miteinander vereint werden (vgl. Abb.3). Einerseits wird die vokalische Subtraktion mit der vokalischen und konsonantischen Modulation verbunden: Steen (Sg.) – Steng (Pl.). Andererseits tritt die Kombination von Addition, vokalischer Modulation und konsonantischer Subtraktion auf : Band (Sg.) – Bänner (Pl.) und Mond (Sg.) - Mënner (Pl.).

4. Synchroner Vergleich des Plurals in den beiden Sprachen

In diesem Kapitel werden die Merkmale des Deutschen und Luxemburgischen herausgearbeitet, die sie zum einen miteinander gemein haben und wo sie sich unterscheiden. Zusätzlich soll der Umlaut, oben als Modulation beschrieben, in beiden Sprachen beleuchtet werden. Zum Abschluss soll nochmal auf die Einordnung der beiden Sprachen innerhalb der germanischen Sprachen eingegangen werden und eine kurze Einschätzung ihre Komplexität erfolgen.

4.1 Gemeinsamkeiten

Eine Gemeinsamkeit der Sprachen Luxemburgisch und Deutsch ist, dass sie den Plural nicht durch ein festes Morphem bzw. phonologisches Zeichen bilden, sondern dazu zahlreiche Möglichkeiten besitzen und diese auch nutzen. Dies bedeutet, dass beiden Sprachen zahlreiche Allomorphe bilden können. Weiterhin benutzen beiden Sprachen die Addition von Suffixen und die Modulation von Vokalen zur Bildung des Plurals. Zusätzlich werden diese verfahren auch von beiden Sprachen kombiniert. Außerdem richten sich die Additionsverfahren in beiden Sprachen nach dem Genus. Im Deutschen wird bei Maskulina und Neutra ein -e angehängt und bei Feminina ein -en. Im Luxemburgischen wird bei maskulinen und femininen Substantiven ein -en ergänzt und bei Neutra und Maskulina das Suffix -er. Im Luxemburgischen sind die Suffixe zwar abweichend aber beide Sprachen zeigen eine Genus-Numerus Abhängigkeit. Überdies gibt es jeweils Wörter, die keine sich vom Singular unterscheidende Pluralform besitzen.

4.2 Unterschiede

Trotz der Gemeinsamkeit, dass sowohl die luxemburgische als auch die deutsche Sprache den Plural unter anderem mit Hilfe der Addition bildet, lässt sich hier ein Unterschied erkennen. Dieser besteht darin, dass das Deutsche fünf Suffixe zur Verfügung hat, während es im Luxemburgischen nur zwei Suffixe sind.

Bei den Nullprozessen unterscheiden sich die auslösenden Endungen voneinander. Es kann nicht davon ausgegangen werden, wenn ein Substantiv in Deutschen einen Null-Plural hat, dass dieses Phänomen im Luxemburgischen ebenso ist. Zum einen tritt im Luxemburgischen der Nullprozess genusübergreifend auf, wobei er im Deutschen auf maskuline und neutrale Substantive beschränkt ist. Zum anderen legt das Luxemburgische den Nullprozess bei Substantiven mit dem Stammauslaut -en fest. Dagegen gibt es im Deutschen keine so strikte Regel. Hier kann nur eine Häufung von Nullprozessen bei - el, -er und -er beobachtet werden.

Ein weiterer Unterschied findet sich in der Entkoppelung von Kasus und Numerus. Wohingegen im Luxemburgischen eine totale Entkopplung stattgefunden hat, wird im Deutschen der Dativ im Plural teilweise noch morphologisiert. Ersichtlich wird dieses Phänomen am Einsatz des Artikels. Das Luxemburgische verwendet einen einheitlichen Artikel im Plural: d‘ (Dammel et al. 2010: 604). Beim Deutschen gibt es zwei Artikel: die und den. Der Plural von Schuh, würde dann im Nominativ die Schuhe und im Dativ den Schuhen, heißen.

Der nächste Punkt betrifft die Modulation von Konsonanten. Hier geht das Luxemburgische erheblich weiter als das Deutsche, weshalb diese Verfahren auch nur im Luxemburgischen zu den Grundverfahren gezählt werden. Der Grund dafür ist, dass es im Luxemburgischen bei vielen Konsonanten zu einer Sonorisierung kommt, auch wenn keine Auslautverhärtung vorliegt. Beim Deutschen tritt diese nur bei der Auslautverhärtung ein: Wald ['valt'] – Wälder ['vεldɐ'] (Nübling 2006: 108f.).

Weiterhin kann festgestellt werden, dass es im Gegensatz zum Luxemburgischen im Deutschen keine Subtraktion gibt. Diese wird im Luxemburgischen allerdings oft mit andern Verfahren kombiniert. So kommt es im Luxemburgischen dazu, dass bis zu drei Verfahren miteinander kombiniert werden, wohingegen das Deutsche nur die Kombination zweier Verfahren realisiert. An folgendem Beispiel soll gezeigt werden, dass es in Folge der vielen Verfahrenskombination im Luxemburgischen zu einer sehr großen Veränderung der Substantive kommen kann: Mond – Mënner (Lux.) im Gegensatz zu Mond – Monde (Deu.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Pluralbildung des Substantivs im Luxemburgischen und im Deutschen
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Germanistik)
Veranstaltung
Germanische Kleinsprachen
Note
3,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
17
Katalognummer
V369557
ISBN (eBook)
9783668482630
ISBN (Buch)
9783668482647
Dateigröße
682 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pluralbildung, Luxemburgisch, Umlaute, Substantiv, Komplexität, Vergleich
Arbeit zitieren
Johanna Franzmann (Autor:in), 2017, Die Pluralbildung des Substantivs im Luxemburgischen und im Deutschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/369557

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