Der erste und der zweite Weltkrieg (1756-1763 bzw. 1793-1815) - Ein Beitrag zur Geschichte der Globalisierung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Einleitung

1. Globalisierung in historischer Perspektive

2. Der erste und der zweite Weltkrieg
2.1. Zur Vorgeschichte: der britisch-französische Gegensatz im 18. Jahrhundert
2.2. Der Siebenjährige Krieg
2.3. Die Napoleonischen Kriege

3. Globalisierungselemente und -defizite
3.1. Globale Konzeptionen und weltpolitische Neuordnung
3.2. Globale Strategien und die Verflechtung der Kriegsschauplätze
3.3. Völkerrecht und weltweiter Krieg

Resümee

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Einleitung

Auf dem Wiener Kongress 1814/15 kam es, nach dem Ende Napoleons, nicht nur zur Neu-ordnung bzw. Restauration der politischen Verhältnisse Europas, zur gleichen Zeit stand auch fest, dass die fortgesetzte koloniale Rivalität des 18. Jahrhunderts zwischen Frankreich und Großbritannien, das jahrzehntelange Ringen beider Mächte um den Status der dominierenden Weltmacht endgültig zu Gunsten Großbritanniens entschieden worden war. Es war das Zweite Britische Empire, das sich nach 1815 als führende Weltmacht etablierte und dies war im Wesentlichen das Ergebnis zweier Kriege: des Siebenjährigen Krieges und der Napoleoni-schen Kriege1.

In der vorliegenden Arbeit sollen diese beiden Kriege nun aus globalisierungshistorischer Perspektive betrachtet werden, handelt es sich doch um die ersten wirklich globalen Ausein-andersetzungen der Geschichte, da besonders der britisch-französische Konflikt nicht allein in Europa, sondern weltweit ausgetragen wurde. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, wo sich innerhalb dieser Kriege Globalisierungselemente bzw. -defizite finden lassen.

Dazu wird im ersten Kapitel zunächst auf allgemeine Fragen zur Globalisierung als einem auch historischen Phänomen eingegangen. Im zweiten Kapitel folgt dann eine knappe Dar-stellung zu beiden Kriegen, wobei die globale Dimension dieser Auseinandersetzungen schon erkennbar werden soll. Im dritten Teil sollen schließlich explizit Globalisierungselemente so-wie die globalen Dimensionen der Kriegsziele und Strategien beider Seiten verdeutlicht und daneben auch ein Beispiel von Fragmentierung innerhalb dieser globalen Konflikte gezeigt werden.

Seine aktuelle Bedeutung gewinnt das Thema einer Geschichte der Globalisierung aus der Tatsache, dass Globalisierung heute für uns allgegenwärtig ist und einen bestimmenden Ein-fluss auf unser Leben besitzt. Dabei ist Globalisierung ein Phänomen mit langer Vorge-schichte und die Beschäftigung mit dieser Geschichte erscheint heute geradezu notwendig, um aktuelle Ereignisse einordnen und besser verstehen zu können. So lassen sich etwa über-mäßige Euphorie oder Ängste vermeiden, wenn das Bewusstsein vorhanden ist, dass Globali-sierung heute kein neues, unbekanntes Phänomen, sondern eine gewisse Kontinuität in der Geschichte darstellt.

Mit Eingang des Begriffs Globalisierung in den alltäglichen Sprachgebrauch seit Ende der 1990er Jahre ist auch ein extremes Anwachsen des Schrifttums zum Phänomen Globali-sierung zu beobachten. Im Zuge dessen ist es auch immer mehr zu einem Thema in der Geschichtswissenschaft geworden2. So lässt sich etwa unter der Bezeichnung Weltgeschichte, Universalgeschichte oder Globalgeschichte ein Forschungsansatz zusammenfassen, welcher sich mit Phänomenen beschäftigt wie der Geschichte weltweiter Wirtschaftsbeziehungen und -systeme oder politischen und kulturellen Verbindungen, etwa in der Geschichte der interna-tionalen Beziehungen oder der Migrationsgeschichte. In diesen Kontext gehört auch die Ge-schichte der europäischen Expansion, welche für das Thema globaler Kriege in der frühen Neuzeit, wie für die Globalisierungsgeschichte überhaupt, von großer Bedeutung ist.3

Die wichtigsten hier verwendeten Titel sind das Buch von Osterhammel/ Petersson (siehe Anm.3), als knappe Geschichte der Globalisierung, wobei ich mich vor allem am theoreti-schen Begriffshof dieses Buches orientiert habe, sowie zu den globalen Zusammenhängen die schon etwas ältere ‚Geschichte des weltpolitischen Denkens‘ von Heinz Gollwitzer4.

1. Globalisierung in historischer Perspektive

Globalisierung lässt sich in wenigen Worten als „Ausweitung, Verdichtung und Beschleuni-gung weltweiter Beziehungen“ beschreiben5. Diese Verdichtung und Beschleunigung wird heute etwa durch mediale (Live-)Berichterstattung aus der ganzen Welt, weltweiten Massen-tourismus oder das Internet vorangetrieben und hat zur Folge, dass die Welt in unserer Wahr- nehmung „kleiner“ wird - ein Phänomen, das seine Umschreibung in der Formel „space-time- compression“, der Verdichtung von Raum und Zeit, gefunden hat6.

Jedoch ist Globalisierung kein Phänomen allein der Gegenwart, statt dessen lassen sich schon über Jahrhunderte, wenn nicht gar Jahrtausende, zunehmende Verflechtungen in wachsenden geographischen Räumen beobachten, ebenso wie wiederholte Phasen des Stillstands und der Umkehr. So hat es in der Vergangenheit immer wieder wirtschaftliche, politische, kulturelle oder militärische Verflechtungen mit jeweils eigener Dynamik und unterschiedlichen Ur-sachen und Auswirkungen gegeben7. Insgesamt kann man dabei mehrere „Schübe großräumi-ger Integration“ herausarbeiten, beginnend etwa mit der umma, der religiösen Gemeinschaft der Muslime, im 8. Jahrhundert und den Mongolen im 13. Jahrhundert, die mit der Ausdeh-nung ihrer Herrschaftsgebiete jeweils eine solch großräumige Integration bewirkt hatten8.

Ein weiterer Integrationsschub, die Entstehung der portugiesischen und spanischen Kolonial-

reiche im 16. Jahrhundert, markierte dann den Beginn der europäischen Expansion, infolge- dessen bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts dauerhafte interkontinentale Vernetzungen geschaf-fen worden sind. Auf die Entstehung einer wirklichen Weltwirtschaft im 18./ 19. Jahrhun-dert, als sich eine weltweite ökonomische Interdependenz herausbildete, folgte zwar vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1945 eine Phase der Umkehr mit Weltwirtschaftskrisen und zwei Weltkriegen, danach setzte jedoch ein erneuter Globalisierungsschub ein, welcher schließlich bis heute anhält und weltweite Verflechtungen in nie dagewesenem Ausmaß mit sich bringt.9

Globalisierung bedeutet also, dass die Intensivierung weltweiter Interaktionen die Entstehung und Ausweitung von Interaktionsräumen und schließlich die Herausbildung von Netzwerken dauerhafter Verflechtung bewirkt, so dass unter Globalisierung - zusammengefasst - Aufbau, Verdichtung und zunehmende Bedeutung weltweiter Vernetzung verstanden werden kann10.

Dabei lassen sich diese theoretischen Begriffe zur Umschreibung von Globalisierung auch auf Konflikte, auf militärische Auseinandersetzungen übertragen, was im dritten Kapitel dieser Arbeit anhand der globalen Konflikte des Siebenjährigen Krieges und der Napoleonischen Kriege geschehen soll.

2. Der erste und der zweite Weltkrieg

2.1. Zur Vorgeschichte: der britisch-französische Gegensatz im 18. Jahrhundert

Nach den Integrationsschüben des 8., 13. und 16. Jahrhunderts konstatieren Osterhammel/ Pe-tersson für die Mitte des 18. Jahrhunderts einen neuen Schub großräumiger Integration: die Seeherrschaft der Europäer, welche sich zu dieser Zeit auf alle Bereiche der Schifffahrt, seien es Entdeckungsreisen, Handel oder Marine, erstreckte und eine dauerhafte Vernetzung der Kontinente erst ermöglichte. Besonders die Kriegsmarine wurde dabei zum Instrument einer frühen Weltpolitik, da sie die europäischen Großmächte zur Expansion in alle Teile der Welt, zu globaler Kriegführung und damit zu wirklicher Weltpolitik befähigte11.

Die Seeherrschaft der Europäer führte also zu einer dominierenden Weltstellung Europas, so dass unter Weltpolitik im 18. Jahrhundert in erster Linie die Rivalität der europäischen Staa-ten in und außerhalb Europas verstanden werden muss, während außereuropäische Großreiche keine weltpolitische Konkurrenz darstellten12. Dabei entwickelte sich die Rivalität der Euro-päer im 18. Jahrhundert hauptsächlich zu einer Auseinandersetzung zwischen Großbritannien und Frankreich - zwei Staaten, welche sich weltweit gegenüberstanden und bekämpften.

Beide trugen seit 1689 einen „weltpolitischen Machtkampf“13 aus, der auch als zweiter ‚Hun-dertjähriger Krieg‘ bezeichnet worden ist14. Das bestimmende Kennzeichen dieses Konfliktes, welches ihn aus globalisierungshistorischer Perspektive so interessant erscheinen lässt, war dabei eine auf beiden Seiten zu beobachtende Verbindung von europäischen und außereuropä- ischen Interessen. Einerseits stritt man um das europäische Gleichgewicht bzw. die Vorherr- schaft in Europa, gleichzeitig aber auch um die Dominanz in Übersee, um die führende Rolle zur See und im Welthandel, so dass sich beides schließlich zu einem großen globalen Konflikt verband, der dann in mehreren Kriegen ausgetragen worden ist15.

Kolonialkonflikte zwischen den Europäern hatte es, mit zunächst geringer Rückwirkung auf Europa, schon seit dem 16. Jahrhundert gegeben. Die britisch-französische Rivalität in Über- see spitzte sich dann im 17. Jahrhundert immer mehr zu. Beide Staaten wurden zu Hauptkon-kurrenten in Indien, Nordamerika und der Karibik, während man sich seit 1689 auch in Euro-pa nahezu ununterbrochen feindselig gegenüberstand. So hatte sich England bis 1697 im Krieg mit dem Frankreich Ludwigs des XIV. befunden, dessen Expansionsplänen die eng-lisch-niederländische Personalunion nach der Glorious Revolution von 1688/89 im Wege stand. Im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-14) führte Großbritannien dann als Garantiemacht des europäischen Gleichgewichts erfolgreich eine europäische Koalition gegen Frankreich an, um dessen Hegemonialansprüchen zu begegnen. Dabei waren diese europäischen Kriege be-reits seit 1689 auch mit begrenzten Auseinandersetzungen in Übersee verbunden. 1740 brach der weltweite britisch-französische Konflikt im Zuge des Österreichischen Erbfolgekrieges erneut aus. Wiederum standen sich beide Seiten in Europa gegenüber, während es gleichzeitig zu Auseinandersetzungen in der Karibik und in Nordamerika kam. Zwar wurde dieser Konflikt in Europa 1748 mit dem Frieden von Aachen beigelegt, in Übersee setzte sich die britisch-französische Rivalität - etwa als Kleinkrieg in den nordamerikanischen Kolonien - je-doch ununterbrochen fort.16

[...]

1 Die Bezeichnung Napoleonische Kriege wird hier für den gesamten Zeitraum von 1793-1815 verwendet. Eine Unterscheidung in Koalitionskriege / Napoleonische Kriege kann unterbleiben, da das Handeln Napoleons bereits seit seinem Italienfeldzug während des 1. Koalitionskrieges die Epoche maßgeblich prägte.

2 Eine kurze Literaturübersicht zur Geschichte der Globalisierung mit Stand von 2001 findet sich bei Borchardt, Knut: Globalisierung in historischer Perspektive, München 2001, S. 4.

3 Siehe dazu Osterhammel, Jürgen/ Petersson, Niels P.: Geschichte der Globalisierung: Dimensionen, Prozesse, Epochen, München 2003, S. 17-20; eine ausführliche Zusammenfassung zur Entwicklung dieser Forschungs- gebiete seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mit umfassenden Literaturhinweisen auf dem Stand von 1998 findet sich bei: Pietschmann, Horst: Geschichte der europäischen Expansion - Geschichte des atlantischen Rau- mes - Globalgeschichte, in: Beck, Thomas u.a. (Hrsg.): Überseegeschichte: Beiträge der jüngeren Forschung, Stuttgart 1999, S. 21-35.

4 Gollwitzer, Heinz: Geschichte des weltpolitischen Denkens, Bd.1: Vom Zeitalter der Entdeckungen bis zum Beginn des Imperialismus, Göttingen 1972; wichtig in Bezug auf das Thema sind vor allem auch Darstellun- gen zur Geschichte des Britischen Empire, hier etwa verwendet: James, Lawrence: The Rise and Fall of the British Empire, New York 1996; aus der Auswahl an Darstellungen zur Geschichte der europäischen Expan- sion wurde hier verwendet: Parry, John H.: Europäische Kolonialreiche: Welthandel und Weltherrschaft im 18. Jahrhundert, München 1983.

5 Osterhammel/ Petersson: 2003, S. 10.

6 Siehe dazu Osterhammel/ Petersson: 2003, S. 12.

7 Vgl. ebd., S. 14 (Osterhammel/ Petersson beziehen sich bei dieser Aussage auf: Held, David u.a.: Global Trans- formations: Politics, Economics and Culture, Cambridge 1999).

8 Ebd., S. 30ff.

9 Siehe ebd., S. 24ff.; ebenso die gelungene Darstellung zur Geschichte der Globalisierung, allerdings aus stark wirtschaftshistorischer Perspektive, dafür mit ausführlichen Literaturhinweisen, von Knut Borchardt (siehe Anm.2).

10 Siehe ebd., S. 20-24.

11 Siehe Osterhammel/ Petersson: 2003, S. 46f. 12 Vgl. Gollwitzer: 1972, S. 215.

13 Erbe, Michael: Revolutionäre Erschütterung und erneuertes Gleichgewicht: Internationale Beziehungen 1785- 1830 (Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen, Bd. 5), Paderborn u.a. 2004, S. 1f.

14 Ebd., S. 63.

15 Sowohl der Siebenjährige Krieg als auch die Napoleonischen Kriege gehören in den Kontext dieser Ausein- andersetzung und sind als Abschnitte dieses Konfliktes zu verstehen: vgl. dazu Gollwitzer: 1972, S. 216f.; ebenso James: 1996, S. 51.

16 Vgl. dazu die Grundzüge in Rothermund, Dietmar: Europa und Asien im Zeitalter des Merkantilismus, Darmstadt 1978, S. 130f.; eine ausführlichere Darstellung findet sich bei: James: 1996, S. 51-65.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Der erste und der zweite Weltkrieg (1756-1763 bzw. 1793-1815) - Ein Beitrag zur Geschichte der Globalisierung
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V36904
ISBN (eBook)
9783638364102
Dateigröße
454 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Weltkrieg, Beitrag, Geschichte, Globalisierung
Arbeit zitieren
Daniel Jacob (Autor:in), 2005, Der erste und der zweite Weltkrieg (1756-1763 bzw. 1793-1815) - Ein Beitrag zur Geschichte der Globalisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36904

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