Das Alter(n) des Zeno Cosini in "La coscienza di Zeno" und "Il vegliardo". Analyse und Vergleich


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

27 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Alter(n) des Zeno Cosini
2.1 In La coscienza di Zeno
2.2 In Il vegliardo

3. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

La Coscienza di Zeno verdankt Svevo 1923 seinen lange ersehnten und lange ausstehenden Erfolg. Das Werk wurde von Svevos Freund und Englischlehrer James Joyce gelobt und an Schriftsteller und Kritiker, wie Valéry Larbaud, Benjamin Crémieux, T.S. Eliot und F.M. Ford empfohlen.[1]

Nur ein paar Monate vor seinem Tod begann Italo Svevo eine Fortsetzung des Zeno Cosini zu schreiben. Am 16.5.1928 heißt es im Brief an Crémieux: dopo alcune settimane meno buone sto tanto bene che, con improvvisa decisione, mi sono messo a fare un altro romanzo, Il Vecchione, una continuazione di Zeno. Ne scrissi una ventina di pagine e mi diverto un mondo. Non ci sarà niente di male se non arriverò a terminarlo. Intanto avrò riso di gusto una volta di più nella mia vita[2]

Italo Svevo hat zwischen Ende April und Anfang Mai angefangen, an dem Werk Il vecchione – wie er es zunächst nennt – zu schreiben. Später scheint er sich umentschieden zu haben und es ist mehrmals von Il vegliardo die Rede, z.B. in seinen Briefen an Crémieux im Juli 1928, an Marie Anne Comn è ne am 19.08.1928 und im Brief des Federico Sternberg an Svevo vom 01.09.1928, in dem Sternberg schreibt: „penso al Suo nuovo romanzo Il vegliardo.“[3]

Da Svevo am 13.09.1928 bei einem Autounfall starb, wurden diese Continuazioni bzw. der vierte Roman nicht vollendet. Gerade das ist philologisch interessant, denn es gibt keine feste Anordnung der Kapitel bzw. Texte und es ist nicht bekannt, wie die einzelnen Kapitel geheißen hätten. Es lässt sich feststellen: Benannt sind nur die Kapitel Umbertino, Il mio ozio und die zweite Prefazione. Für die anderen Kapitel müssen die Herausgeber jeweils entscheiden, ob und wie sie die Kapitel benennen. Langella z.B. übernimmt die Namen aus der englischen Übersetzung von Furbank und Johnson[4]. Am Beispiel von Umbertino lässt sich vermuten, dass es sich nach der Familie richten sollte, also wurden andere Kapitel nach einigen anderen Familienmitgliedern benannt, z.B. Alfio und Antonia. Außerdem gibt es mehrere Anfänge von Texten, so z.B. die zwei Prefazioni.

Mehrere Herausgeber haben versucht, dem Text einen Rahmen zu geben. Diese Arbeit hält sich an die Vorschläge und Einteilungen des Herausgebers Giuseppe Langella.[5] Es gibt zwei Prefazioni und sechs Capitoli, die von Svevo immer wieder überarbeitet und korrigiert wurden bzw., die er neu zu schreiben angefangen hatte. Daran sieht man, dass Svevo noch nicht ganz zufrieden war, so lässt sich direkt sein work in progress sehen. Außerdem gibt es noch „ un piccolo arcipelago di frammenti.“.[6] Einige Blätter sind handgeschrieben, andere wurden mit der Schreibmaschine getippt.

Langella bezieht sich bei seiner Aufteilung auf Maier und unterteilt die Kapitel bzw. die zwei Vorworte in Vegliardo I und Vegliardo II. Zurecht kann gesagt werden, der Vegliardo „avrebbe potuto <benissimo essere l'inizio di un capolavoro […] che Svevo avesse scritto>“[7]

Der erste Roman behandelt viele Lebensphasen und wichtige Ereignisse in diesen Abschnitten. Hier gibt es den beschriebenen Zeno, der in den Kapiteln jeweils unterschiedlich – chronologisch aufsteigend – alt ist und den aufschreibenden reifen Zeno.

Im zweiten Buch spricht Zeno nicht mehr über die ferne Vergangenheit, sondern schreibt über die Gegenwart und über einige Begebenheiten der letzten Jahre. Er ist nun wirklich alt.

Gegenstand dieser Arbeit wird sein, das Alter(n) des jüngeren und des älteren Zeno Cosini anhand von La coscienza di Zeno und Il vegliardo zu untersuchen und zu sehen, wie der Protagonist diesbezüglich empfindet und urteilt. Nicht nur in diesen zwei Werken, auch in anderen Texten Svevos kommt dem Alter eine große Bedeutung zu: „Le note di Svevo sulla vecchiaia non si contano“[8].

2. Das Alter(n) des Zeno Cosini

[…] lo stesso termine di vecchiaia o di senilit à […] vengono ad assumere, a seconda dei casi, almeno due significati o immagini apparentemente diversi. La senilit à puo rappresentare il simbolo di un equilibrio sia pure precario e difficile, un sufficiente distacco da ogni illusione o sforzo. […]

L'altro aspetto consiste nel considerare la senilit à come sinonimo di debolezza e incapacit à [9] sagt Camerino in seiner Untersuchung zum Alter in den Werken Svevos.

In dem folgenden Kapitel soll herausgearbeitet werden, wie Zeno über das Alter denkt, auf welche Weise er auf sein eigenes Älterwerden reagiert und wie sich seine Einstellung im Laufe der Zeit ändert. Dazu wird intensiv mit den zahlreichen Textbelegen gearbeitet, in denen es Verweise auf dieses Thema gibt.

2.1 In La coscienza di Zeno

Zu Beginn erfährt der Leser von Doktor S., dass der Patient alt war und der Doktor hoffte, die Vergangenheit würde durch das Schreiben in seiner Erinnerung neu aufleben. Somit erschien ihm die Autobiographie als ein geeignetes Vorspiel zur Psychoanalyse: „egli era vecchio ed io sperai che in tale rievocazione il suo passato si rinverdisse, che l'autobiografia fosse un buon preludio alla psico-analisi.“[10] Daraus lässt sich ableiten, dass ein jüngerer Patient wahrscheinlich nicht darum gebeten worden wäre, seine Autobiographie aufzuschreiben, was wiederum bedeutet, dass dieser Text, den Doktor S. veröffentlicht hat, wohl nur existiert, weil Zeno bereits in fortgeschrittenem Alter ist. Genauer gesagt ist Zeno, als er anfängt die Teile seiner Biographie aufzuschreiben, 57 Jahre alt (CZ, S. 40). In seinen Aufzeichnungen beschreibt er Ereignisse und Zeitspannen aus seinem Leben, in denen er unterschiedlich alt war. Es stellt sich hier die Frage, ob 57 wirklich weit fortgeschritten ist. Svevo selbst war im Jahre 1917 wohl der Meinung: „Un uomo vecchio è necessariamente un uomo ordinato. Adesso a 56 anni io devo badare a tre qualit à di occhiali e ci ò mi abitu ò all'ordine.“[11]

Bezogen auf Zenos Laster, das Rauchen, bedeutet das Alter für ihn eine gewisse Erleichterung, eine Lockerung:

La ridda delle ultime sigarette, formatasi a vent’anni, si muove tuttavia. Meno violento è il proposito e la mia debolezza trova nel mio vecchio animo maggior indulgenza. Da vecchi si sorride della vita e di ogni suo contenuto. Posso anzi dire, che da qualche tempo io fumo molte sigarette ... che non sono le ultime. (CZ, S. 28)

Zu dieser Stelle meint Palumbo: „L'anarchia dei vizi pu ò essere accettata senza conflitto e la stessa fioritura del proponimento pu ò arrestarsi nella sua costante periodicit à“[12] . Nur eine Seite später überlegt Zeno, warum er früher nicht aufhören konnte zu rauchen. Er sieht diese Tatsache als jugendliche Schwäche und wird sich dessen bewusst, dass er auch jetzt nach diesem Muster Zigarette – Vorsatz und umgekehrt verfährt, obwohl niemand etwas von ihm fordern kann:

Chissà se cessando di fumare io sarei divenuto l’uomo ideale e forte che m’aspettavo? Forse fu tale dubbio che mi legò al mio vizio perché è un modo comodo di vivere quello di credersi grande di una grandezza latente. Io avanzo tale ipotesi per spiegare la mia debolezza giovanile, ma senza una decisa convinzione. Adesso che sono vecchio e che nessuno esige qualche cosa da me, passo tuttavia da sigaretta a proposito, e da proposito a sigaretta. (CZ, S. 30)

Zeno ist nun frei und muss sich eigentlich nicht rechtfertigen, doch interessanterweise klingt der erste Satz des Zitats wie eine Verteidigung seines Lasters. Aus der jugendlichen Schwäche hat sich eine Verhaltensstruktur ergeben, die Zeno nun weiterhin beschäftigt, die er aber zu akzeptieren scheint. Aus psychologischer Sicht ließe sich das mit der Begründung erklären, dass ältere Menschen ihre konstanten Gewohnheiten besitzen und üblicherweise keine großen Veränderungen vornehmen (wollen).

Im Kapitel La morte di mio padre behauptet Zeno, Nachsicht mit seinem Vater zu haben, da er dessen Schwächen dem Alter zuschreibt (CZ, S. 84). Außerdem findet eine Unterhaltung zwischen Zeno und seinem Vater bezüglich des Themas Tod statt:

Pensava costantemente alla morte come se con quell’atto avesse avuto un contatto con essa. Una sera mi domandò: – Tu credi che quando si è morti tutto cessi? Al mistero della morte io ci penso ogni giorno, ma non ero ancora in grado di dargli le informazioni ch’egli domandava. (CZ, S. 92)

Das Wort „mistero“ schwächt die Aussage ab, der schreibende Zeno denkt nicht an den Tod an sich, sondern an das Mysterium des Todes. Die Aussage kann spirituell-philosophisch verortet werden und nimmt dem ernsten Thema die Härte. Der damalige Zeno hat seinem Vater nicht antworten können, da er damals noch nicht in der Lage war, dies zu beantworten und man erfährt auch nicht, was der 57-Jährige Zeno antworten würde.

Im Kapitel La storia del mio matrimonio lernt Zeno seinen zukünftigen Schwiegervater Giovanni Malfenti aus und erfährt dann erst von seinen Töchtern, deren Namen alle mit dem Buchstaben A anfangen. Er möchte von Anfang an genau in diese Familie der Malfenti einheiraten.[13]

Zunächst ist Ada seine Auserwählte, sie soll seine zweite Mutter werden „che m'avrebbe addotto a una vita intera, virile, di lotta, e di vittoria.“ (CZ, S. 214 f.) Mit ihr erhofft Zeno sich stark und männlich zu bleiben, doch es kommt anders. Er heiratet Augusta – eine Substituts-Ehe[14] , die Zeno akzeptiert, über die er zunächst aber nicht glücklich ist. Später kehrt sich alles um. Ada erkrankt am Morbus Basedowii , verliert ihre Schönheit und Augusta gibt Zeno was er braucht; die Mütterlichkeit, die Wärme und die Sicherheit. Bewundernd spricht Zeno: „[...] si formò una speranza, la grande speranza di poter finire col somigliare ad Augusta ch'era la salute personificata.“ (CZ, S. 418 f.), „[...]io adoravo quella sicurezza.“ (CZ, S. 420) und „Augusta in quel tempo non era altro che una buona balia sanissima.“ (CZ, S. 678). Zeno erkennt, was für ein Glück er mit seiner Frau hatte, von A(ugusta)-Z(eno) schließt sich der Kreis. Wie sein literarischer Bruder Alfonso Nitti[15] ist Zeno ein 'inetto', doch genau die 'inettitudine' ist es, die ihn hier zu der richtigen Frau führt.[16] In einem Gespräch mit Augusta geht es darum, dass Guido eines der Dienstmädchen geküsst haben soll.[17] Augusta bemitleidet Ada und meint: „Essa avrebbe fatto ben meglio di sposare te!“ (CZ, S. 688) und Zeno antwortet: „Sta a vedere se io avrei fatto un miglior affare sposando lei invece di te!“ (CZ, S. 690). Meynaud fasst zusammen: „La situazione di Zeno nel capitolo VI del romanzo è nota: ammogliatosi senza passione, una volta entrato nella vita coniugale, egli prende a stimare e ad amare la sposa che diventa la sostituita della madre […]“[18]

Hier, im Kapitel V, redet Zeno noch ein Mal über den Tod, seine Gesprächspartnerinnen sind die Malfenti Schwestern:

M’ostinai e asserii che la morte era la vera organizzatrice della vita. Io sempre alla morte pensavo e perciò non avevo che un solo dolore: La certezza di dover morire. Tutte le altre cose divenivano tanto poco importanti che per esse non avevo che un lieto sorriso […] (CZ, S. 210)

Wie bei vielem was Zeno sagt, kann man sich fragen, wie ernst dies genommen werden kann. Sind das wirklich Zenos origenelle Gedanken oder sind das kleine Lügen, Sätze die er formuliert, um z.B. die Malfenti Schwestern – und hier vor allem Ada – zu beeindrucken? Stärker aber als im letzten Zitat (s.o. das Gespräch mit dem Vater: CZ, S. 92) ist in diesen vier Sätzen die Angst Zenos vor dem Tod zu sehen.

Es gibt in regelmäßigen Abständen weitere Stellen, an denen Zeno seine Angst vor dem Alter und dem Sterben zum Ausdruck bringt, so zum Beispiel im Kapitel La moglie e l'amante :

Ma mi colse allora un’altra piccola malattia da cui non dovevo più guarire. Una cosa da niente: la paura d’invecchiare e sopra tutto la paura di morire. Io credo abbia avuto origine da una speciale forma di gelosia. L’invecchiamento mi faceva paura solo perché m’avvicinava alla morte. Finché ero vivo, certamente Augusta non m’avrebbe tradito, ma mi figuravo che non appena morto e sepolto, […] subito essa si sarebbe guardata d’intorno per darmi il successore […] (CZ, S. 434)

Dieses Gefühl überkommt Zeno als ein Fremdenführer sich die Lüge ausdenkt, dass bereits die alten Römer die elektrische Energie gekannt und genutzt hätten. Er sagt sogar die passenden lateinischen Verse dazu auf, daraufhin folgt die zitierte Stelle. Vermutlich befällt Zeno diese Angst, die ihn nicht wieder loslassen wird auch, weil er in der Art wie der Fremdenführer lügt, sich erkennt und weil er weiß, dass Augusta dies gefallen könnte.[19] Es lässt Zeno nicht mehr los: „Ma la paura d’invecchiare non mi lasciò più, sempre per la paura di consegnare ad altri mia moglie. […] Quando la paura di morire m'assillava, mi rivolgevo ad Augusta per averne conforto come quei bambini che porgono al bacio della mamma la manina ferita.“ (CZ, S. 438). Blaschke erklärt diese „postmortale“ Eifersucht als die „Angst um den Verlust des eigenen Vermögens“[20] , aber dies ist nur ein Aspekt. Im Vordergrund steht – und das betont Zeno eindeutig – die Angst vor dem Altern.

Als Zeno das Kapitel über seine Heirat schreibt, erwähnt er, dass er sich neulich mit der Frau unterhielt, zu der er eine Bindung hatte, bevor die Familie Malfenti in sein Leben trat.

Die Frau hat nun graue Haare und ein jugendlich errötetes Gesicht, sie stellt ihm die Frage, warum er sie verlassen habe. Er meint, er wisse es nicht mehr, so wie auch vieles Andere. Darauf passiert Folgendes: „A me dispiace, – ella disse e già m’inchinavo al complimento che cosí mi prometteva. – Nella vecchiaia mi sembrate un uomo molto divertente. – Mi rizzai con uno sforzo. Non era il caso di ringraziare.“ (CZ, S. 184)

Das mühsame Aufrichten kann als Zeichen des Alters interpretiert werden, darüber hinaus lässt sich sagen, dass es eine psychosomatisch bedingte Reaktion ist. Gerade weil die Dame sein Alter anspricht, spürt Zeno dessen Auswirkungen auf seinen Körper.

Im nächsten Kapitel lernt Zeno Carla kennen und fängt an seine Frau mit dieser zu betrügen.

In einer Nacht kann Zeno nicht schlafen, sein Gewissen scheint ihn zu beschäftigen. Augusta will wissen, was passiert sei:

[...] mi domandò che cosa avessi ed io risposi con una breve parola, la prima che mi si fosse affacciata alla mente quando seppi rimettermi dallo spavento di vedermi interrogato in un momento in cui mi pareva di aver gridata una confessione: – Penso alla vecchiaia incombente! (CZ, S. 520)

Zeno will sich nicht verraten, Augusta soll nichts von seinen Gedanken erfahren und deshalb meint er, das Erstbeste was ihm in den Sinn kommt zu sagen. Die Stelle ist aber auffällig, denn „la vecchiaia incombente“, so scheint es zumindest, ist keine Aussage, die einem Menschen spontan in der Nacht einfällt. Es hat sich längst in Zenos Bewusstsein festgesetzt und so ist es nicht verwunderlich, dass er genau diesen Gedanken laut ausspricht.

Es sollte gefragt werden, weshalb Zeno sich eine Geliebte zulegt, wenn es ihm doch mit Augusta sehr gut ergeht. Meynaud meint:

Zeno incontra poi Carla Genco che gli offre quanto Augusta, consacrata nella sua funzione di moglie-madre sacerdotessa del focolare domestico gli ha tolto: la libertà e le avventure della vita celibe e le soddisfazioni della sensualità. Carla agisce quale personaggio complementare di Augusta […][21]

Zeno scheint nicht einsehen zu wollen, dass er nun ein erwachsener und verheirateter Mann ist und will sich die Abenteuer nicht nehmen lassen doch es scheint, als wolle er sich auch die Zeit und die damit verbundenen Möglichkeiten offen halten. Die diesbezügliche Beobachtung Bartolonis ist treffend: „La relazione con Carla, che offre a Zeno la possibilità di prevedere una futura redenzione, serve allo scopo di dare profondità al tempo e di conseguenza di tenere a bada la morte.“[22] Zeno ist bald hin und her gerissen, er beginnt sich schuldig zu fühlen und fasst Vorsätze, diese Affäre zu beenden, doch genau wie bei dem Rauchen[23] , schafft er es nicht konsequent zu bleiben und redet sich heraus, auch indem er sich selbst belügt. „Zeno si cerca scuse ed attenuanti, mirando a trasferire quel suo molesto senso di colpevolezza sulla responsabilità altrui: <fu proprio la musica che mi ricondusse a Carla> (CZ, S. 492), <Augusta stessa fece precipitare gli avvenimenti> (CZ, S. 494).“[24] Da er es gewohnt ist, das Leben in seinen Bahnen laufen zu lassen, möchte er keinen großen Aufwand betreiben und vertraut darauf, dass alles sich von selber lösen wird. Das könnte auch an der Unlust[25] liegen, die Zeno empfinden würde, wenn er sich zu sehr mit Veränderungen und den damit einhergehenden Gefahren und Risiken beschäftigen würde. Sicher spielt das Alter auch hier eine Rolle. Zeno ist weniger risikobereit und möchte keine einschneidenden Veränderungen vornehmen[26] .

Genazino verbindet die überraschende Wende bezüglich der Wahl der Ehefrau mit dem Abenteuer mit der späteren Geliebten:

Die Möglichkeit, die >falsche< Entscheidung zu korrigieren, zieht Cosini wegen zu großer Ehrfurcht vor dem großen, ihn überfordernden Schmerz […] gar nicht erst in Erwägung. Die Trennungsidee bleibt aber latent in der einmal getroffenen Entscheidung für einen Menschen immer vorhanden und auch aktivierbar. Im Zentrum des inneren Vorbehalts, den Cosini seiner Ehefrau Augusta gegenüber lebenslang nicht ganz aufgibt, richtet sich nach langen Ehejahren seine Geliebte Carla ein. […] So kann Cosini seinem Trennungswunsch immer nachgehen, ohne ihn je einlösen zu müssen […] sobald Cosini der Wirklichkeit der Trennung von seiner Ehefrau ein wenig zu nahe kommt, wird die Unlust zu groß und Cosini weicht mit Wonne zurück in die schmerzfreien Zonen […][27]

Bei den Versuchen die Beziehung zu beenden und bei dem Gedanken daran, dass dies nun wirklich und endgültig das letzte Mal sein wird, kommt die psychologische Struktur Zenos bezüglich des Vorsatzes zum Vorschein. Wie die letzte Zigarette besser und intensiver schmeckt, so ist auch das letzte Mal mit der Geliebten etwas Besonderes: „- Per l’ultima volta! Fu un istante delizioso. Il proposito fatto a due aveva un’efficacia che cancellava qualsiasi colpa. Eravamo innocenti e beati!“ (CZ, S. 684 f.).[28] Spranzi merkt an: „Zeno non parla mai tanto di innocenza come nel suo rapporto con l'amante!“[29]

[...]


[1] Spagnoletti, Giacinto (1986): Svevo. Ironia e nevrosi. Massa: Memoranda, S. 43.

[2] Svevo, Italo (1966): Epistolario. Mailand: Dall'Oglio, S. 876-877.

[3] Die Briefe an Crémieux und Comn è ne in: Ebd, S. 879 und 888. Der Brief von Sternberg in: Maier, zit. in.: Svevo, Italo (1995): Il vegliardo, hg. von Giuseppe Langella. Mailand: Vita e pensiero, S. 48-49.

[4] B. Johnson and P.N. Furbank zit. in: Ebd., S. 50-51.

[5] Giuseppe Langella ist Herausgeber des Buches Il vegliardo und hat dazu eine Introduzione, sowie eine Nota al testo geschrieben. Es sollte beachtet werden, dass andere Wissenschaftler bzw. Herausgeber auch andere Vorschläge bezüglich der Anordnung der Kapitel etc. haben. Siehe z.B. Ebd., S. 43.

[6] Ebd., S. 31.

[7] Benco zit. in: Langella, Giuseppe (1995): Il tempo cristalizzato. Introduzione al testamento letterario di Svevo. Neapel: Edizoni Scientifiche Italiane, S. 11-12.

[8] Camerino, Giuseppe Antonio (2002): Italo Svevo e la crisi della Mitteleuropa. Neapel: Liguori Editore, S. 78.

[9] Ebd., S. 88-89.

[10] Svevo, Italo (2007): La coscienza di Zeno. Zenos Gewissen . Frankfurt am Main: Zweitausendeins, S. 8. Im Folgenden wird für diese Angabe zur Vereinfachung des Lesens die Abkürzung CZ benutzt.

[11] Svevo, Italo (1968): Racconti – Saggi – Pagine sparse . Mailand: Dall'Oglio, S. 828.

[12] Botti, Francesco Paolo/ Mazzacurati, Giancarlo/ Palumbo, Matteo (1982): Il secondo Svevo . Neapel: Liguori Editore, S. 87.

[13] Teresa de Lauretis untersucht in ihrem Buch sehr ausführlich u.a. die Beziehungen der drei großen Protagonisten Svevos (Alfonso, Emilio, Zeno) zu den anderen (wichtigen) Personen im jeweiligen Buch und vergleicht diese Strukturen in den drei Romanen untereinander: De Lauretis, Teresa (1976): La sintassi del desiderio. Struttura e forme del romanzo sveviano. Ravenna: Longo Editore.

[14] Blaschke benutzt diesen Ausdruck: Blaschke, Bernd (2001): Der homo oeconomicus und sein Kredit bei Musil, Joyce, Svevo, Unamuno und Céline . München: Wilhelm Fink Verlag, S. 230. Auch für Zenos Tochter Antonia, die in Il vegliardo Valentino heiratet, dessen Bruder Eugenio im Krieg starb und den Antonia (so nimmt Zeno an) geliebt hat, benutzt Blaschke dieses Wort (Ebd., S. 267).

[15] Protagonist des Buches Una vita, erschienen 1892. Von Svevo geplanter Titel: Un inetto.

[16] Vgl. dazu auch: Mehltretter, Florian (2000): „Die Wahrheit über Zeno Cosini. Svevos erzählerischer Dialog mit Freud“, in: Italienische Studien 21, S. 161-200, S. 173.

[17] Diese Stelle ist auch ironisch aufzufassen, denn Augusta weiß nicht, dass Zeno sie mit Carla betrügt. Dadurch, dass nun über den ehebrecherischen Guido geredet wird, fühlt Zeno sich unschuldig und rein.

[18] Meynaud, Maryse Jeuland (1985): Zeno e i suoi fratelli . Bologna: Pàtron Editore, S. 153.

[19] Siehe Stelle: „Molto tempo dopo appresi da Augusta che nessuna delle tre fanciulle aveva creduto che le mie storielle fossero vere. Ad Augusta apparvero perciò più preziose perché, inventate da me, le sembrava fossero più mie […]“ CZ, S. 222.

[20] Blaschke (2004), S. 231.

[21] Meynaud (1985), S. 153-154.

[22] Bartoloni, Paolo (2015): Sapere di scrivere. Svevo e gli ordigni di La coscienza di Zeno . Catania: Il Carrubo, S. 89. Im nächsten Kapitel wird dies auch – noch mehr – auf den alten Zeno zutreffen.

[23] Dazu eine Anmerkung von Bartoloni: „Se il proposito di smettere di fumare garantirebbe a Zeno il ritorno alla salute, Carla gli presente l'occasione di tornare ad essere fedele.“ Ebd., S. 87.

[24] Meynaud (1985), S. 155. Die zitierten Stellen wurden aus Meynaud übernommen, jedoch mit den Seitenangaben des in dieser Arbeit verwendet Buches angegeben.

[25] Siehe dazu Sigmund, Freud (2010): Abriss der Psychoanalyse. Stuttgart: Reclam, S. 10 f.

[26] Demgegenüber hat der jüngere Zeno z.B. mehrmals sein Studienfach gewechselt, konnte also wichtige Entscheidungen – vom Erfolg dieser ganz abgesehen – treffen.

[27] Svevo (2007), S. 1190-1191. Es sollte noch kurz erwähnt werden, dass Carla per se der Ehe bzw. Augusta nicht geschadet hat – ganz im Gegenteil. Das untersucht z.B. Blaschke ausführlich: Blaschke (2001), S. 230-241. Hier können nur einige Textstellen zitiert werden: „Andavo da Carla per riaccendere la mia passione per lei [Augusta] (CZ, S. 562)“, „Fu cosí ch'ebbimo la lavanderia e ancora oggidí, quando passo dinanzi alla minuscola costruzione, ricordo che Augusta la volle e Carla la consentí.“ (CZ, S. 516), „Lí, accanto a Carla, rinacque intera la mia passione per Augusta.“ (CZ, S. 566).

[28] Auch Meynaud untersucht diese Stelle und sieht es ähnlich: Meynaud (1985), S. 159.

[29] Spranzi, Aldo/ Buzzi, Augusto Fabiano (2008): Il Segreto di Zeno. Interpretazione de La coscienza di Zeno di Italo Svevo . Mailand: Edizioni Unicopli, S. 59.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Das Alter(n) des Zeno Cosini in "La coscienza di Zeno" und "Il vegliardo". Analyse und Vergleich
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
1.3
Autor
Jahr
2016
Seiten
27
Katalognummer
V368899
ISBN (eBook)
9783668469402
ISBN (Buch)
9783668469419
Dateigröße
611 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Italo Svevo, Zeno Cosini, Alter
Arbeit zitieren
Margarita Mayzlina (Autor:in), 2016, Das Alter(n) des Zeno Cosini in "La coscienza di Zeno" und "Il vegliardo". Analyse und Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/368899

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Das Alter(n) des Zeno Cosini in "La coscienza di Zeno" und "Il vegliardo".  Analyse und Vergleich



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden