Evolutionäres Management. Möglichkeiten und Grenzen des St. Galler Management Modells der vierten Generation


Seminararbeit, 2016

14 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Evolutionäres Management
2.1 Münchner Ansatz
2.2 St. Galler Ansatz der vierten Generation

3 Kritik und Lösungsansätze

4 Voraussetzung für die Gestaltung

5 Fazit

Literatur- und Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1. St. Galler Management Modell

1 Einleitung

„Die große Veränderung der Weltwirtschaft durch die Globalisierung, die Steigerung der Komplexität von Produkten, der geringere Einsatz von Ressourcen und die häufigen Änderungen der Rahmenbedingungen müssen zwangsläufig zu sehr flexiblen Strukturen der Organisationen, wie auch zu entsprechend angepassten Management Konzepten führen“ (Kolberg, 2009, S. 5).

In vielen Stellen der Literatur lassen sich solche und ähnliche Forderungen nach innovativen Management-Konzepten, die entsprechende Flexibilität einfordern, finden. In dieser Seminararbeit wird diesem Anspruch nachgegangen und das Managementkonzept des Evolutionären Managements näher beleuchtet. Es soll geprüft werden, ob jenes Konzept eine Alternative zur bloßen Gewinnmaximierung und Degradierung von Mitarbeitern zur einfachen Ressource bietet sowie festhalten welche Möglichkeiten und Grenzen dieses Konzept aufweist.

Zunächst soll dabei der Grundgedanke evolutionären Managements vorgestellt werden und eine genauere Betrachtung der Begriffe „Evolution“ und „Management“ erfolgen. Um ein Grundverständnis zu vermitteln werden des Weiteren die beiden Ansätze (Münchner Ansatz und St. Galler Ansatz) vorgestellt. Mit dem Fokus auf letzteres Modell, dem St. Gallener Managementmodell der vierten Generation, werden neben den Grundgedanken die Rahmenbedingungen sowie die besondere Bedeutung der Reflexion aufgezeigt und weiterentwickelt. Daraus ergeben sich, neben der teils bekannten Kritik, ein neuer Blick auf Chancen und Risiken. Diese bilden den Grundstein eines differenzierteren Ausblicks auf die Herausforderungen der Zukunft in Zeiten der Digitalisierung und Globalisierung.

2 Evolutionäres Management

Evolutionäres Management wird als Organisationstheorie verstanden, in welcher auf allzu verfestigte Strukturen und eine Vielzahl von vorgegebenen operativen Ziele verzichtet werden soll. Ohnehin seien aufgrund komplexer werdender Managementprobleme diese nicht durch durchweg rationale Organisationsstrukturen lösbar. Vielmehr sollen geeignete Rahmenbedingungen für die Selbstorganisation, die Selbstreflexion und die Einbindung der Mitarbeiter geschaffen werden, um eine Entwicklung der Mitarbeiter und damit der Organisation zu ermöglichen. (Schwamm, 1995, S. 1 f.)

Organisationen sind aus unserer heutigen Sicht nicht mehr wegzudenken, denn sie übernehmen komplexe Aufgaben, die mehrere Akteure benötigen. Diese bedürfen wiederum eigene Akteure der Ordnung. Beispiele für solche Organisationen sind nicht nur Unternehmen, sondern auch politische Parteien, Nicht-Regierungsorganisationen, Vereine und Verbände. Nach Weick (1995, S. 74) werden durch „verteilt ablaufende Prozesse des Organisierens“ komplexere Aufgabenfelder erst flexibel genug, um langfristig bestehen zu können. Nichts desto trotz finden sich in vielen wissenschaftlichen Werken keinerlei Rückschlüsse darüber was eine Organisation ausmacht. Auch bereits bei Rüegg-Stürm & Grand (2015, S. 39) wird die Frage aufgeworfen ob es sich bei einer Organisation um eine steuerbare technische Gestalt, eine Super-Person oder einer Aggregation mehrerer eigensinniger Personen handelt, ohne dabei eine Antwort zu liefern. Von einer Organisationstheorie zu sprechen scheint bei genauerer Betrachtung des St. Galler Management Modells ohnehin als unzureichend, wird doch nicht nur die Organisation einzeln betrachtet, sondern zusammen mit dem Management und der Umwelt als untrennbar beschrieben. Sie ist damit kein klassisches Managementkonzept und gibt keine Handlungsoptionen an. Doch dazu im weiteren Verlauf mehr.

Vielmehr muss zunächst der Begriff „Evolution“ näher betrachtet werden. So wird er vielfach zur Erklärung von Handlungsmustern im Management angeführt und dabei auf die Grundideen Charles Darwins verwiesen. Es gibt nicht nur die rein biologische Weiterentwicklung, sondern beispielsweise auch die kulturelle Evolution. Entscheidend sei dabei die Vernetzung in einem vorliegenden System zu durchleuchten, sei es die Zelle auf der Petrischale, Unternehmen in der Wirtschaft oder Teams in Organisationen. (Otto & Speck, 2010, S. 55 f)

Hierbei sind diese als in sich geschlossene und aktive Systeme zu betrachten. Doch auch wenn sie für sich alleine operieren, so stehen sie im Austausch mit ihrer Umwelt. So verändern sie sich nicht aufgrund der reinen Anpassung an die Umwelt, sondern passen auch die Umwelt an sich an. Dabei funktionieren beide nach eigenen Gesetzmäßigkeiten, welche nicht immer vollständig bekannt sind und die dazu führen, dass eine zielgerichtete, geplante Veränderung nicht immer möglich ist.

„In der Evolution sind lebende Systeme durch die Gesetze von Mutation, Selektion und Offenheit charakterisiert. Nicht Konkurrenz, sondern Kooperation, Vernetzung und Koevolution wären demnach die in der Evolution erfolgreichen Strategien“ (Otto & Speck, 2010, S. 55 f).

Nach ihrer Ansicht ließe sich die Idee der Evolution auch auf Unternehmen übertragen, da sie durch ihre Wandlungsfähigkeit und ihr Austausch mit der Umwelt als „lebendige Systeme“ bewertet werden können. Durch welchen Prozess die Entwicklung und die Wandlungsfähigkeit geprägt sind beschäftigen sich viele verschiedene Managementkonzepte. Doch der Begriff der Mutation impliziert eine zufällig entstehende neue Ordnung, nicht etwa eine vom Management diktierte. Somit kann man den Taylorismus, welcher den rein pragmatisch-wissenschaftlichen Optimierungsgedanken verfolgt, als das Gegenstück zum evolutionären Management betrachten.

Daher könnte man Evaluierungen in Systemen nie als einen menschlichen Entwurf bezeichnen. Sie sind zwar Ergebnisse menschlichen Handels, aber durch die vielfachen Einflussfaktoren und die damit steigende Komplexität lassen sich demnach neue Strukturen nie zu 100% beeinflussen oder aktiv steuern. (Rüegg-Stürm & Grand, 2015, S. 52) Vor diesem Hintergrund sollen daher nun die beiden Ansätze des evolutionären Managements näher beleuchtet werden.

2.1 Münchner Ansatz

Der Münchner Ansatz verfolgt die Fortentwicklung einer Organisation unter der Einbindung aller Mitarbeiter eines Unternehmens in maßgebliche Entscheidungsprozesse, frei von deren Kompetenz und Stellung in der internen Hierarchie. Das Management übernimmt dabei eine Art moderierende Funktion. Es wirft die Fragestellungen auf und soll die Rahmenbedingungen schaffen, dass Ideen, Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen frei kommuniziert werden können. In einem offenem Diskurs – dem „kommunikativen Handeln“ (Habermas, 1981, S. 40) – und Abstimmungsprozessen wird so ein Ergebnis erzielt. Dieses Ergebnis, welches weiterhin unternehmensinterne Ziele weiterverfolgt, lässt sich in seiner Rationalität nicht immer zweifelsfrei erkennen. Wie zuvor bereits angedeutet wurde, kann man aufgrund der dabei entstehenden Komplexität Entwicklungsprozesse nur retrospektiv nachvollziehen. Das Management zeigt vielmehr die Spielräume im Einklang der Unternehmensziele auf, um eine Selbstorganisation zu ermöglichen. (Schwamm, 1995, S. 2)

Dieser „bottom up“-ähnliche Prozess ist mit einem enormen zeitlichen Aufwand verbunden und lässt sich wohl damit nur bedingt in der Praxis umsetzen. Kommunikatives Handeln funktioniere, so kritisiert Schwamm (1995, S.4), ohnehin nur in kleineren Einheiten (Teams oder Abteilungen). Sind diese aber ein Teil einer größeren Organisation – eine Abteilung in einem Unternehmen – besteht die Gefahr der sogenannten Silo-Bildung oder des sogenannten Resort-Egoismus. So könnte es bei Kommunikationsproblem oder Versagen des Managements zu gegenseitigen Konkurrenzverhalten kommen. Beispielsweise ein Wettstreit um ein höheres eigenes Budget. Dies kann zu Lasten weniger dominanter Abteilungen führen oder gar das gesamte Unternehmen finanziell und/oder die Unternehmenskultur belasten. Dies würde nicht nur zu einem Vertrauensverlust untereinander führen, sondern auch zu einen erheblichen Effizienzverlust, der das Fortbestehen der Unternehmung gefährden kann.

Der Münchner Ansatz kann auch insoweit dafür kritisiert werden, dass er nicht konsequent genug durchdacht wurde. Man könnte vorwerfen, dass das Management nicht stark genug in die potenzielle Entwicklung integriert wird. Dadurch, dass es die Fragestellungen selbst formuliert und den Entscheidungsprozess moderiert, wird die Gefahr von Fehlentscheidungen seitens des Managements nicht mit im Evaluierungsprozess berücksichtigt.

Gleichzeit werden im Konzept des kommunikativen Handels von Habermas (1981, S. 41) keine Kommunikationsstrukturen aufgezeigt. Fehlt ein Organigramm, welches die Kommunikationsabläufe abbildet und regelt, kann nicht garantiert werden, dass alle Individuen gleichermaßen in Entscheidungsprozessen einbezogen werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich Aufgaben auf informelle und unvorhergesehene Weise bei einzelnen Personen oder Personengruppen häufen.

Anders geht damit das St. Galler Management Modell um, welches zwar auch Organisationen als zu komplex ansieht, um diese zu „beherrschen“, sie aber mit mehr Distanz betrachtet (Kieser, 2006, S. 265). Diese Systemperspektive lässt mehr Interpretationsspielräume und Entwicklungsmöglichkeiten zu und soll nun in den Fokus der weiteren Arbeit rücken.

2.2 St. Galler Ansatz der vierten Generation

Das grundlegende Modell lebt von der Überzeugung, dass sich Ordnung aus der Unordnung wie ein natürlicher Prozess ergeben würde. Voraussetzung dafür sei aber, dass sich Organisationen nicht zu sehr mit Reglementierungen beschränken. Denn nur dann bestände die nötige Spontanität und die Möglichkeit für „Mutationen“ – also ungeplante Veränderungen. Gibt es keine vorgegebenen Regeln zur Durchführung einer Aufgabe oder Erreichen eines Zieles, würde immer der effektivste Weg zur Erreichung dieses Zieles gefunden und gewählt werden. (Rüegg-Stürm & Grand, 2015, S. 50 ff.) Selbst wenn dies nicht immer sofort der Fall wäre, würde sich durch den evolutionären Prozess der Selektion die auf diese Aufgabe beschränkte klügste Lösung herauskristallisieren. Ähnlich dem darwinistischen Idee des „Survivals of the fittest“. So entsteht aus einer Vielzahl von Situationen eine historisch gewachsene Ordnung. Diese dabei entstehende Ordnung ist sehr komplex und nicht auf Anhieb in ihrem Umfang durchschaubar und nachvollziehbar. Dies gilt insbesondere für Außenstehende, die nicht Teil der Organisation bzw. des Unternehmens sind, aber ein berechtigtes Interesse haben können. Dazu gehören beispielsweise der Staat und seine Institutionen, Kreditinstitute, Aktionäre, etc., die ein berechtigtes Interesse am Verstehen der unternehmensinternen Strukturen haben könnten. (Rüegg-Stürm & Grand, 2015, S. 102 ff) Eine weitere Gruppe sind aber auch potenzielle Mitarbeiter, die – sollten sie einmal für das Unternehmen tätig werden - zunächst in die komplexen Organisationsstrukturen eingeführt werden müssten. Ein nicht zu unterschätzender Aufwand. In Hinblick auf zeitliche und finanzielle Ressourcen und der allgemeinen Integrationsleistung in das bereits bestehendes soziales Gefüge. Denn nach Dunn (1992, S. 39) ist ein Unternehmen ein erwerbswirtschaftlich orientiertes soziales System. Daraus lässt sich unmittelbar folgern, dass dem Menschen eine größere Aufgabe zuteilwerden muss als alleinige Arbeitskraft: Sie sind die Träger der evolutionären Prozesse.

Auf Basis dieser gewollten Komplexität unter der Einbindung der Mitarbeiter unterscheiden sich somit die Aufgaben des Managements erheblich. Es liegt vielfach das Verständnis vor, die Aufgabe des Managements sei es Prozesse zu vereinfachen, um Komplexität abzubauen und Mitarbeiter nur bedingt in den Entscheidungsprozess zu integrieren, um eine schnellere Reaktion auf sich verändernde Umweltbedingungen zu gewährleisten. (Luhmann, 2000, S. 123) Dass das Management ebenfalls erhebliche Fehlentscheidungen treffen kann, wird dabei meist kaum näher betrachtet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1. St. Galler Management Modell (Rüegg-Stürm & Grand, 2015, S. 43)

Die Abbildung verdeutlicht dabei die wechselseitigen Beziehungen, die zunächst kein hierarchisches Verhältnis zu einander aufweisen. Die Umwelt stellt dabei den Möglichkeits- und Erwartungsraum da, in dem sich das Unternehmen bewegen kann und durch dessen Kontroversen die gegenseitige Verantwortung zu einander definiert wird. Die Organisation als Gegenstück wird hierbei primär als „Wertschöpfungssystem“ verstanden, welches sich im gegebenen Referenzrahmen von Umwelt und Management bewegt und nach Entscheidungsoptionen handelt. Der Referenzrahmen vermittelt hierbei die kollektive Orientierung und ermöglicht das Erkennen einer allgemeinen Sinnhaftigkeit des eigenen Handelns. Die daraus entstehenden Ansprüche werden zuvor durch das Management differenziert. Hierbei werden Erwartungen aus der Umwelt und betriebswirtschaftliche Kennzahlen als Orientierung innerhalb der typischen Managementpraktiken herangezogen. Dabei ist nach Luhmann (2002, S. 121) „die Reduktion von Komplexität […] die Bedingung zur Steigerung von Komplexität“. Diese Selektivität als Voraussetzung der Handlungsfähigkeit wird auch von Rüegg-Stürm aufgegriffen. Er erweitert sie mit der Verantwortung des Managements wichtige Entscheidungsprozesse zu stabilisieren. (Rüegg-Stürm & Grand, 2015, S. 247 f)

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Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Evolutionäres Management. Möglichkeiten und Grenzen des St. Galler Management Modells der vierten Generation
Hochschule
Internationale Hochschule für Wirtschaft, Technik und Kultur gGmbH
Note
2,0
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V368871
ISBN (eBook)
9783668477100
Dateigröße
696 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
evolutionäres, management, möglichkeiten, grenzen, galler, modells, generation
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Evolutionäres Management. Möglichkeiten und Grenzen des St. Galler Management Modells der vierten Generation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/368871

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