Verhaltensorientiertes Controlling. Wollens- und Könnensdefizite im Budgetierungsprozess


Bachelorarbeit, 2016

57 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen des Controllings
2.1 Controlling = Kontrolle?
2.2 Entwicklung des Controllings
2.3 Leitbild des IGC
2.4 Theoretische Konzeption des Controllings
2.5 Aufgaben des Controllings
2.5.1 Planung und Kontrolle
2.5.2 Informationsversorgung
2.6 Das Prozessmodell
2.7 Budgetierung
2.7.1 Definition und Funktionen
2.7.2 Budgetierungsprozess

3 Verhaltensorientiertes Controlling
3.1 Entwicklung
3.2 Rationalität als Grundlage
3.3 Das Akteursmodell
3.4 Homo oeconomicus
3.5 Prinzipal-Agenten-Theorie
3.6 Heuristiken
3.6.1 Entwicklung
3.6.2 Grundlegende Beispiele
3.6.3 Ankereffekt
3.6.4 Verfügbarkeitsfehler
3.6.5 Repräsentativitätsheuristik

4 Verhalten in der Budgetierung
4.1 Problemstellung
4.2 Wollens- und Könnensdefizite im Budgetierungsprozess
4.2.1 Budgetplanung
4.2.2 Budgetkontrolle

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Strategischen und operatives Controlling

Abbildung 2: Einordnung des Controllings in die Prozesslandkarte des Unternehmens

Abbildung 3: Das Controlling-Prozessmodell

Abbildung 4: Aufbau des Hauptprozesses Operative Planung und Controlling

Abbildung 5: Prozessschritte der Budgetierung

Abbildung 6: Manager und Controller im Dialog

Abbildung 7: Dimensionen der Rationalität und Heuristiken

Abbildung 9: Könnens- und Wollensdefizite in der Budgetplanung

Abbildung 10: Wollens- und Könnensdefizite in der Budgetkontrolle

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Das Controlling hat seit Anfang der 1950er Jahre eine wechselhafte Entwicklung durchgemacht.1 Von der Unterstützung bei der Gewinnerzielung, über die Informationsversorgung und Koordination, ist der Faktor Mensch immer mehr in den Fokus der Betrachtung gerückt.2 So wollen sich viele Controller von der klassischen Rolle des „Erbsenzählers“ losreißen und immer mehr als Business Partner im Unternehmen agieren.3 Hierzu sind nicht nur analytische Fähigkeiten von Nöten, sondern auch psychologische Aspekte zu berücksichtigen. Der Chef des Supply Chain Controllings der Beiersdorf AG behauptet sogar etwas überspitzt:

„ [Es] sollte eine gehörige Portion Psychologe in jedem Controller stecken “ 4

Eine empirische Studie des WHU-Controllerpanel aus dem Jahr 2011 mit 522 Teilnehmern bestätigt diese Aussage. In der Auswertung wiesen nur etwa 17% der Befragten dem verhaltensorientierten Controlling eine geringe Bedeutung zu.5 Auch die Budgetierung als „das“ Instrument zur Prognose, Koordination und Motivation im Unternehmen ist in Zeiten hoher gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Dynamik immer mehr in Kritik geraten.6 So argumentiert Siegfried Gänßlen, Leiter der Horváth Akademie in Stuttgart:

„ Diese hohe Volatilität ist mit einem klassischen Budgetansatz nicht mehr abzubilden “ 7

Doch bevor neue Ansätze wie das „Better Budgeting“ oder das „Beyond Budgeting“ in der Praxis implementiert werden, sollten Probleme der klassischen Budgetierung zunächst analysiert und Lösungsvorschläge entwickelt werden.8 Besonders mein persönliches Interesse psychologischer Fragestellungen in der Betriebswirtschaftslehre haben mich bestärkt dieses Thema aufzugreifen. Meiner Meinung nach werden quantitative Verfahren in der Wissenschaft sehr stark in den Vordergrund gestellt, obwohl menschliche Interaktionen letztlich zu Wertschöpfung im Unternehmen führen.

1.1 Zielsetzung

Im Rahmen dieser Arbeit soll das noch junge Gebiet des verhaltensorientierten Controllings beschrieben und auf den Budgetierungsprozess angewendet werden. In diesem Zusammenhang stellt sich zunächst die Frage inwieweit die Verhaltensorientierung Einzug in die traditionellen Konzeptionen des Controllings erhalten hat. Des Weiteren ist zu untersuchen welche Intention das Verhaltensorientierte Controlling verfolgt und welchen Modellen und Theorien es sich bedient. Nach Klärung dieser sehr allgemeinen Fragestellungen soll die Budgetierung als Instrument der Planung in den Vordergrund der Betrachtung rücken. Hierbei stellt sich die Frage welche Verhaltensaspekte im Budgetierungsprozess für Fehlentscheidung sorgen und was für Lösungsvorschläge die Praxis und Wissenschaft dafür vorsieht. Als letztes und übergeordnetes Ziel dieser Arbeit soll geklärt werden, ob Controller durch die Berücksichtigung von Verhalten erfolgreicher sind.

1.2 Aufbau der Arbeit

Zur Erarbeitung der vorher genannten Ziele wird in Kapitel zwei zunächst auf die Grundlagen des Controllings eingegangen. Nach einer Begriffsdefinition und der Erläuterung der Entwicklung des Controllings, wird explizit ein Bezug zu praktischen und theoretischen Controllingkonzeptionen hergestellt. Die nächsten Abschnitte beschäftigen sich mit den daraus abgeleiteten Hauptaufgaben des Controllers. Mit der Intention den Budgetierungsprozess möglichst genau einzuordnen wird im Folgenden zunächst das Prozessmodell der International Group of Controlling vorgestellt, um mit der Budgetierung das Kapitel zwei abzuschließen.

Kapitel drei beschäftigt sich mit dem Verhaltensorientierten Controlling. Nach der historischen Entwicklung dieses Themengebiets, wird vorerst Grundlagenwissen zu dieser Thematik im Rahmen der Rationalität, des Akteurmodells und des homo oeconomicus vermittelt. Darauf aufbauend soll auf motivationale Eigenschaften im Rahmen der Prinzipal-Agent-Theorie und auf kognitive Beschränkung in Form von Heuristiken erfolgen. Letzt genanntes wird anhand grundlegender und themenspezifischer Beispiele sehr umfangreich erläutert.

In Kapitel 4 wird die Hauptthematik dieser Arbeit behandelt. Nachdem die Problemstellung verhaltensorientierter Aspekte in der Budgetierung erläutert wurde, folgt eine detaillierte Analyse aller Teilprozesse. Hierbei wurde eine Trennung in Budgetplanung und Budgetkontrolle vorgenommen. Die Verzerrungen in den einzelnen Teilprozessen werden anhand der in Kapitel drei erarbeiteten Konzepte erläutert und durch alternative Ansätze ergänzt. Im Anschluss jeden Prozesses folgen konkrete Handlungsempfehlungen für Controller.

Diese Arbeit schließt mit einem Fazit ab, in dem die zuvor genannten Fragestellungen beantwortet werden und auf Auffälligkeiten bei der Bearbeitung hingewiesen wird.

2 Grundlagen des Controllings

In diesem Kapitel wird eine Einführung in die Thematik des Controllings gegeben. Zunächst erfolgt eine Abgrenzung des Begriffs Controlling, um danach auf die Entwicklung des Controllings und den Wandel der Aufgabenfelder einzugehen. In den folgenden beiden Abschnitten soll das Controlling einmal aus praktischer Sicht durch das Leitbild des IGC und aus theoretischer Sicht weiter abgegrenzt werden. Darauf aufbauend werden die sich ergebenden Aufgaben des Controllings im Rahmen der Planungs-, Kontroll-, und Informationsversorgungsfunktion näher erläutert. Mit Hinblick auf die nähere Betrachtung der Budgetierung soll zuerst das Prozessmodell des Controllings vorgestellt werden, um eine Einordnung dieses Hauptprozesses vornehmen zu können. Zur effizienteren Erarbeitung verhaltenswissenschaftlicher Aspekte in der Budgetierung soll im letzten Abschnitt dieser Prozess definiert und in Teilprozesse zerlegt werden.

2.1 Controlling = Kontrolle?

Bei erstmaliger Konfrontierung mit dem Begriff Controlling wird zumindest in der deutschen Sprache die Bedeutung der Kontrolle assoziiert. In der betriebswirtschaftlichen Literatur bedeutet Kontrolle jedoch ausschließlich die Durchführung eines Vergleichs.9 Reicht das Aufgabenspektrum des Controllings nicht viel weiter?

In der englischsprachigen Managementliteratur werden „Control“ und „Controlling synonym verwendet. Control wird dort als Beherrschung, Lenkung, Steuerung und Regelung von Prozessen definiert. Folglich kann der Begriff des „Controlling“ mit Steuerung übersetzt und simplifiziert werden.10 Als Einstieg in die Thematik soll diese oberflächliche Bedeutung zunächst ausreichen. Eine detailliertere Beschreibung wird im weiteren Verlauf der Arbeit folgen.

2.2 Entwicklung des Controllings

Die ersten Aufgaben des Controllings traten bereits im 15. Jahrhundert in den staatlichen Verwaltungen Englands auf. Hierbei wurden zunächst Überprüfungen im Rahmen des Geld- und Güterverkehrs durchgeführt. 1778 wurde durch den amerikanischen Kongress eine gesetzliche Grundlage für die Tätigkeit des Controllers im Staatsdienst geschaffen. Aufgaben waren die Überwachung des Staatshaushalts und die Mittelverwendung. Die ersten Wurzeln der heutigen Controllertätigkeit bildeten sich etwa in den 20er und 30er Jahren des 20.

Jahrhunderts. Gründe dafür waren beispielsweise zunehmende Kommunikations- und Koordinationsprobleme in Großunternehmen, Beschränkung der unternehmerischen Flexibilität durch zunehmende Fixkostenintensität und der Bedarf nach effizienten Instrumenten durch volkswirtschaftliche Turbulenzen und Unsicherheiten. Abweichungsanalysen dienten zudem als Bewertungs- und Beratungsaufgaben. Weiterhin sei darauf hingewiesen, dass zumindest in den USA das externe Rechnungswesen dem Controller untergeordnet war und in den meisten Fällen noch heute untergeordnet ist. Durch Tochtergesellschaften US-amerikanischer Muttergesellschaften beginnt die Verbreitung des Controllings um 1970 auch in Deutschland.11 Dabei nahmen Aufgabenbereiche wie die Budgetierung, die Finanzplanung und die strategische Planung immer weiter zu.12 Die Gründung des Internationalen Controllervereins (ICV) im Jahre 1975 prägte die Controllertätigkeit im deutschen Sprachraum und setzte einheitliche Standards. Mittlerweile sind dem ICV 6500 Mitglieder in Zentral- und Osteuropa angehörig.13 Eine Weiterentwicklung der institutionellen Ebene erfolgte 1995 mit der Gründung der International Group of Controlling (IGC). Hierbei diente das Wissen deutscher, schweizerischer und österreichischer Controller-Trainer als Grundlage, was den weltweiten Einfluss des mitteleuropäischen Controllingverständnisses unterstreicht.14

2.3 Leitbild des IGC

Wie im vorigen Abschnitt erwähnt ist Controlling in der Praxis endstanden. Aus diesem Grund soll im Folgenden auf das Leitbild der (IGC) eingegangen werden, das am 08. Juni 2013 auf ihrer Vollversammlung in Bukarest überarbeitet wurde. Demzufolge gestalten und begleiten Controller den Management-Prozess der Zielfindung, Planung und Steuerung mit, sodass jeder Entscheidungsträger zielorientiert handeln kann. Des Weiteren steht eine zukunftsorientierte Sicht im Vordergrund, die Chancen wahrnehmen und mit Risiken umgehen soll. Neben dem Integrieren der Ziele und Pläne aller Beteiligten entwickeln und pflegen Controller spezifische Systeme und sichern somit die Datenqualität, die als entscheidungsrelevante Informationen dient. Abgerundet wird das Leitbild durch die Eigenschaft des betriebswirtschaftlichen Gewissens, das dem Wohl der Organisation als Ganzes verpflichtet ist.15

2.4 Theoretische Konzeption des Controllings

Ein einheitliches Verständnis über die Konzeption des Controllings ist in der Literatur nicht vorhanden.16 So wird in klassischen Controlling-Konzeptionen lediglich die Unterstützung bei der Gewinnerzielung in den Vordergrund gestellt. Nach Ansicht von Dehyle soll der Controller „ für eine Methodik sorgen, die darauf hinwirkt, dass die Unternehmung das Gewinnziel erreicht “ 17

Des Weiteren wird das Rechnungswesen als Haupttätigkeitsfeld in den Vordergrund gestellt.18 Auch Mann bezeichnet die Steuerung der Gewinne als Zweck des Controllings und zählt es zu dessen „täglichen Handwerkszeug“. In diesem Zusammenhang wird von einer rein quantitativen Sichtweise ausgegangen, die ausschließlich auf den operativen Bereich bezogen wird.

Einige Weiterentwicklungen dieser Konzeption beziehen auch den strategischen Bereich mit ein.19

Andere Autoren wie Hoffmann oder Heigl bezeichnen die Informationsversorgungsfunktion als Hauptbestandteil des Controllings.20 Dabei ist charakteristisch die Führungs- bzw. Managementsubsysteme mit entscheidungsrelevanten Informationen zu versorgen um die Erfolgserreichung bei allen betrieblichen Entscheidungen und Handlungen zu sichern. Auch Reichmann stellt in seinem neusten Standardwerk die Informationsbasierte Controlling-Konzeption in den Vordergrund.

„ Controlling ist die zielbezogene Unterstützung von Führungsaufgaben, die der systemgestützten Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung … dient “ 21

Horváth hingegen sieht in der Koordination die Hauptfunktion des Controllings. Er bezeichnet es als „ dasjenige Subsystem der Führung, das Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung systembildend und systemkoppelnd zielorientiert koordiniert und so eine Adaption und Koordination des Gesamtsystems unterstützt. “ 22

Diese Konzeption ist sehr breit anwendbar und wurde aus diesem Grund als zu weitgehend sowie unpräzise kritisiert.23

Auf Basis der kritischen Auseinandersetzung mit dem Koordinationsansatz befindet sich in den neueren Auflagen des Standardwerks „Einführung in das Controlling“ von Weber eine neue Konzeption. Der Autor bezeichnet das Controlling als Rationalitätssicherungsfunktion der Führung.24 Hintergrund dieser Konzeption ist das Verhalten der Manager, die als eigenständige Ziele verfolgende Akteure charakterisiert sind. Dieses Verhalten kann durch Wollens- oder Könnensdefizite beschränkt sein und so zu Rationalitätsdefiziten führen. Ziel des Controllings ist es diese Rationalitätsdefizite zu erkennen und zu vermindern oder zu beseitigen25 Diese Thematik wird im weiteren Verlauf der Arbeit näher betrachtet.

Auf Grundlage der bisherigen Aussagen lässt sich als Hauptaufgabe des Controllings die Führungsunterstützungsfunktion im Sinne einer Dienstleistung festlegen, die sich in quantitativer und qualitativer Koordinationsverbesserung zeigt. Zur Koordination gehören primär die Planung, Kontrolle und Informationsversorgung sowie sekundär Abstimmungen mit Organisation, Führung und dem strategischen Management. Die inhaltliche Orientierung des Controllings fokussiert die Unterstützungsleistung zur verbesserten Leistung aller unternehmenspolitischen Ziele. Ergänzend wird vom Controlling die Systemgestaltung und koordinierte Nutzung der Managementteilsysteme verlangt.26

Mit Hinblick auf die Verhaltensorientierung des Controllings liefert besonders Weber einen geeigneten Denkansatz in die Thematik dieser Arbeit.

2.5 Aufgaben des Controllings

Wie in Abschnitt 2.4 beschrieben sind die Planung, Kontrolle und Informationsversorgung Hauptaufgaben der Koordination und somit auch des Controllings. Im Folgenden sollen diese drei Tätigkeiten näher beschrieben werden. Dabei wird die Planung und Kontrolle als sich ergänzende Vorgänge zusammengefasst.

2.5.1 Planung und Kontrolle

Planung und Kontrolle können als Einheit gesehen werden.27 Horváth bestätigt diese Aussage mit der Begründung, dass die durch die Planung definierte Soll- Größe als Vergleichsmaßstab eine überragende Bedeutung hat und mit der Ist- Größe über Rückkopplungseffekte untrennbar verbunden ist. Zur Ungewissheitsreduktion muss die Planung durch Kontrollen ergänzt werden.28 In diesem Zusammenhang herrscht in der einschlägigen Literatur Uneinigkeit über die Definition der beiden Begriffe.29 Die Planung kann als „ ein systematisches, zukunftsbezogenes Durchdenken und Festlegen von Zielen, Maßnahmen, Mitteln und Wegen zur künftigen Zielerreichung “ 30 aufgefasst werden. Hierbei soll „zukünftiges Tathandeln“ vorweggenommen werden.31 Die Kontrolle kann aus controllingorientierter Sichtweise als „ Vergleich eines eingetretenen Ist mit einem vorgegeben Soll verstanden werden. “ 32

Neben reinen Dokumentationspflichten besitzt die Kontrolle eine Durchsetzungs- und eine Lernfunktion.33 Abweichend von Horváths Ansicht negiert Küpper die Vereinheitlichung der Planung und Kontrolle. Er betont beispielsweise, dass Planungen ohne Kontrolle sinnvoll sein können und die spezifischen Probleme und Instrumente der Kontrolle nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Trotz der Uneinigkeit in der Literatur lässt sich die enge Verbindung von Planung und Kontrolle nicht abstreiten. Vor diesem Hintergrund muss eine ständige Abstimmung beider Systeme zueinander gewährleistet werden.34

Zur Vereinfachung wird im weiteren Verlauf von einem Planung- und Kontrollsystem gesprochen (PK-System). Hinsichtlich des Zeithorizonts der Planung lässt sich eine Einteilung in strategische und operative Planung vornehmen. Auf der strategischen Ebene steht die Entwicklung des gesamten Unternehmens für einen längeren Zeitraum im Vordergrund. Der Planungshorizont erstreckt sich hierbei über mehrere Jahre. Aufgabe des PK-Systems ist es Chancen und Risiken frühzeitig zu erkennen und mögliche Strategien zur Chancennutzung und Risikohandhabung zu entwickeln. Die operative Planung wird kurzfristig durchgeführt und beschäftigt sich mit Leistungserstellungs- und Leistungsaustauschprozessen im Rahmen gegebener Kapazitäten.35 In diesem Zusammenhang liegt ein besonderer Fokus auf den „ Entwicklungen, die sich bereits in der Gegenwart durch Aufwand und Ertrag manifestieren “ 36 . Im Gegensatz zur strategischen Planung, die sich auch mit unternehmensexternen Entwicklungen beschäftigt, ist die operative Ebene auf interne Aspekte des Unternehmens ausgerichtet.37 Der Planungshorizont liegt bei einem Jahr oder kürzer.38 Sowohl die Budgetierung als auch der Forecast sind Bestandteil der operativen Planung.39

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Strategischen und operatives Controlling40

2.5.2 Informationsversorgung

Die Informationsbereitstellung als Bestandteil der Koordination nimmt wie in Kapitel 2.4 einen hohen Stellenwert ein. Informationen allgemein gesehen beschreibt Weber als

„ Daten oder Nachrichten, die Führungswissen repräsentieren und beim Informationsempfänger potenziell zu einer Erhöhung seines Wissensstandes führen. “ 41

Insbesondere für die Gewinnung und Aufbereitung, der vom PK-System benötigten Informationen, ist ein Informationsversorgungssystem (IV-System) unumgänglich. Infolgedessen muss eine Koordination mit der Planung und Kontrolle erfolgen um mögliche Schnittstellen festzulegen.42 Hauptaufgabe des Informationssystems ist den Informationsbedarf der Benutzer, insbesondere der Unternehmensleitung zu decken. Zur Erfüllung dieser Aufgabe bedient sich das Controlling Instrumenten in Form von Modellen und Methoden. In der heutigen Zeit erfolgt die Umsetzung durchgängig mithilfe von IT.43 Weitere Teile der ausführenden Arbeit sind beispielsweise das interne Rechnungswesen (KostenLeistungsrechnung, Investitionsrechnung). Bestandteil des IV-Prozesses ist die Ermittlung des Informationsbedarfs sowie die Informationsbeschaffung,aufbereitung und -übermittlung.44

Weber geht in seinem Standardwerk abweichend zu anderen Autoren auch auf das menschliche Informationsverhalten ein. In diesem Zusammenhang beschreibt er Fehler bei der Wahrnehmung und Interpretation von Informationen. Des Weiteren weist er auf die Notwendigkeit des Controllings hin, Einschränkungen in der Wahrnehmung beim Design der Informationsinstrumente zu berücksichtigen, damit Interpretationsfehler vermieden werden.45 Auf solche Interpretationsfehler soll im Rahmen der Verhaltensorientierung des Controllings näher eingegangen werden.

2.6 Das Prozessmodell

Wie in Kapitel 2.3 erwähnt gestalten Controller den Management-Prozess der Zielfindung, Planung und Steuerung mit. Mit der Zeit haben sich standardisierte Prozessmodelle durchgesetzt, die die Grundlage für Performancemessung, Benchmarkingaktivitäten und Prozessoptimierungen bilden. Als Beispiel für die Gestaltung des Controllings in der Praxis soll das Prozessmodell der IGC herangezogen werden. Das Prozessmodell besteht aus vier Prozessebenen: dem Geschäftsprozess, dem Hauptprozess, dem Teilprozess und der Aktivität.46 Grundlage für diese Darstellung ist die Einordnung des Controllings in die „Prozess-Landkarte“ des Unternehmens. Folgende Abbildung gibt eine Übersicht der Geschäftsprozesse im Unternehmen wieder und ordnet das Controlling ein:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Einordnung des Controllings in die Prozesslandkarte des Unternehmens47

Hierbei nimmt der Controller die Rolle des „Process Owner“ ein. Auf der Hauptprozessebene sind folgende Prozesse abzugrenzen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Das Controlling-Prozessmodell48

Ziel dieses Modells ist die Bestimmung, einheitliche Beschreibung und grafische Darstellung der Prozesse des Controllings. Ergänzend sollen konkrete Hinweise für die Praxis dargestellt werden.

Wie der Abbildung zu entnehmen ist, sind auf der Hauptprozessebene zehn Abläufe abgebildet. Die sieben grau unterlegten Hauptprozesse („Strategische Planung“ bis „Risikomanagement“) spiegeln hierbei die klassischen Controllingaktivitäten wieder. Die übrigen Hauptprozesse sind sogenannte „Querschnittsprozesse“. Das Funktionscontrolling beispielsweise impliziert wiederum die sieben vorher genannten Hauptprozesse und die Weiterentwicklung der Organisation beschäftigt sich mit dessen Optimierung. Weiterführend werden auf der Teilprozessebene die Hauptprozesse untergliedert. Dies soll im Folgenden in Hinblick auf den Themenschwerpunkt dieser Arbeit im Rahmen der Budgetierung erfolgen.

2.7 Budgetierung

Mit der Entwicklung der Budgetierung in den ersten Jahrzenten des 20. Jahrhunderts sollten die damaligen, zunehmend diversifizierten und komplexen Großunternehmen wie z.B. General Motors oder Siemens einfacher zu steuern sein. Dies erfolgte mit Hilfe eines systematischen Abgleichs von dezentralen und zentralen Wissensbasen im Rahmen des Planungsprozesses.49 Obwohl die Budgetierung zwischen 1990 und 2005 in der deutschen Literatur nur sporadisch aufgegriffen wurde, findet sie heute in nahezu jedem Controlling Standardwerk ihren Platz.50 Auch in der Praxis haben Budgets bei der Tätigkeit des Controllers heutzutage einen hohen Stellenwert. So wird der Begriff „Controllership“ in amerikanischen Unternehmen sogar häufig mit „Budgeting“ gleichgesetzt.51

[...]


1 Vgl. Horváth (2015), S. 15 ff.

2 Vgl. Küpper et al. (2013), S. 19 ff.

3 Vgl. Weber/ Schäffer (2013), S. 7

4 Weber et al. (2012), S. 84

5 Vgl. ebenda, S. 9 ff.

6 Vgl. Weber/ Lindner (2003), S. 7

7 Gleich (2013), S. 15

8 Vgl. Weber/ Schäffer (2011), S. 294 ff.

9 Vgl. Horváth (2015), S. 13

10 Vgl. ebenda

11 Vgl. Jung (2014), S. 3f.

12 Vgl. Ossadnik (2009), S. 7 ff.

13 Vgl. Internationaler Controllerverein (o.J. )

14 Vgl. International Group of Controlling (o.J.)

15 Vgl. International Group of Controlling (2013 )

16 Vgl. Jung (2014), S. 6

17 Deyhle/ Steigmeier (1993 ), S. 25

18 Vgl. ebenda

19 Vgl. Ossadnik (2009), S. 14

20 Vgl. Weber/ Schäffer (2011), S. 21

21 Reichmann et al. (2016), S. 12

22 Horváth (2015, S. 56

23 Vgl. Barth/ Barth (2008), S. 27

24 Weber/ Schäffer (2011), S. 26

25 Vgl. Weber/ Schäffer (2011), S. 21 f.

26 Vgl. Steinle/ Daum (2007), S. 16 f.

27 Vgl. Hill (1971), S. 16

28 Vgl. Horváth (2015 ), S. 71

29 Weber/ Schäffer (2011), S. 252

30 Barth/ Barth (2008), S. 75

31 Vgl. Horváth (2015 ), S. 68

32 Weber/ Schäffer (2011), S. 252

33 Vgl. ebenda., S. 253

34 Küpper et al. (2013), S. 266

35 Vgl. Horváth (2015 ), S. 78 ff. ; Küpper et al. (2013), S.137

36 Horváth (2015 ), S. 109

37 Vgl. Ossadnik (2009), S. 54; Horváth (2015 ), S. 109

38 Vgl. Küpper et al. (2013), S. 137

39 Vgl. Horváth (2015 ), S. 163

40 Ebenda., S. 55

41 Weber/ Schäffer (2011), S. 77

42 Vgl. Ossadnik (2009), 172 f.

43 Vgl. Horváth (2015 ), S. 178

44 Vgl. Barth/ Barth (2008), S. 126 ff.

45 Vgl. Weber/ Schäffer (2011), S. 89 ff.

46 Vgl. Horváth (2015 ), S. 402 f.

47 International Group of Controlling (2011 ), S. 18

48 Ebenda., S. 21

49 Vgl. Weber/ Lindner (2003), S. 8

50 Vgl. Horváth (2015 ), S. 119

51 Vgl. ebenda.

Ende der Leseprobe aus 57 Seiten

Details

Titel
Verhaltensorientiertes Controlling. Wollens- und Könnensdefizite im Budgetierungsprozess
Hochschule
Hochschule Bochum
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
57
Katalognummer
V368511
ISBN (eBook)
9783668477391
ISBN (Buch)
9783668477407
Dateigröße
1444 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
verhaltensorientiertes, controlling, wollens-, könnensdefizite, budgetierungsprozess
Arbeit zitieren
Carsten Kiefer (Autor:in), 2016, Verhaltensorientiertes Controlling. Wollens- und Könnensdefizite im Budgetierungsprozess, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/368511

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