Märchen als kreativer Schreibanlass im Deutschunterricht


Hausarbeit, 2017

17 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsklärung Märchen

3. Abgrenzung zu benachbarten Gattungen

4. Eigenschaften eines Volksmärchens

6. Gegenwärtiges Interesse an Märchen

7. Kreatives Schreiben

8. Bildungsplan 2016

9. Märchen als kreativer Schreibanlass im Deutschunterricht
9.1. Märchen fortsetzen
9.2. Märchen schreiben durch Überschriften
9.3. Märchen schreiben durch Stichwortkatalog

10. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

Im Jahr 2005 wurden die Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm zum UNESCO-Weltdokumentenerbe hinzugefügt. Dort werden in einem globalen Netzwerk historisch bedeutsame Werke aufgenommen, um sie vor dem Vergessen zu schützen (vgl. Deutsche UNESCO-Kommission unter http://www.unesco.de/kommunikation/2013/neue-urkunde-grimm-maerchen.html [gesehen 03.03.17]). Darüber hinaus macht Bruno Bettelheim, ein Psychoanalytiker und Kinderpsychologe, mit dem Titel seines Werkes „Kinder brauchen Märchen“ deutlich, wie wichtig Märchen speziell für Kinder sind (Bettelheim 2013).

Die vorliegende Hausarbeit zeigt auf, wie Märchen, als wichtige Gattung, in den Deutschunterricht eingebettet werden können. Dabei wird vom traditionellen Aufsatzunterricht Abstand gehalten und das Kreative Schreiben in den Vordergrund gestellt.

Zunächst wird der Begriff „Märchen“ operationalisiert und von den benachbarten Gattungen abgegrenzt. Anschließend werden die Eigenschaften eines Volksmärchens erarbeitet. Diese Punkte sind auch später im Unterricht wichtig, da Märchen als kreativer Schreibanlass nur dann möglich sind, wenn die Kinder sich mit der Gattung auskennen, sie von anderen Gattungen unterscheiden können und deren Wesenszüge kennen. Im Anschluss wird das gegenwärtige Interesse an Märchen erarbeitet, um klar zu machen, wieso Märchen im heutigen Unterricht noch ihren Platz finden sollten.

Daraufhin folgt der Übergang zum Begriff des Kreativen Schreibens. Dort wird er im Allgemeinen und als didaktisches Mittel operationalisiert. Es folgt der Punkt zum Bildungsplan 2016. Darin wird festgehalten, inwieweit die Textproduktion im Bildungsplan verankert ist. Dies verdeutlicht, dass das Kreative Schreiben ein Mittel sein kann, durch das die Kinder die angestrebten Kompetenzen des Bildungsplans erwerben können. Abschließend wurden drei eigene Ideen erarbeitet, wie Märchen als kreativer Schreibanlass im Unterricht eingesetzt werden können.

Zur besseren Lesbarkeit wird von Schülerinnen und Schülern als Schülerinnen gesprochen. Dies impliziert immer beide Geschlechter. Außerdem wurde das Kreative Schreiben, wie auch das Freie Schreiben, großgeschrieben, um sie als eigenständige Konzepte hervorzuheben.

2. Begriffsklärung Märchen

Da der Fokus dieser Arbeit auf Märchen liegt, sollte zunächst geklärt werden, was unter dem Begriff zu verstehen ist. Allgemein bezeichnet der Duden das Märchen als „im Volk überlieferte Erzählung, in der übernatürliche Kräfte und Gestalten in das Leben der Menschen eingreifen und meist am Ende die Guten belohnt und die Bösen bestraft werden“ (Duden online unter http://www.duden.de/rechtschreibung/Maerchen [gesehen 24.01.17]). Ebenfalls wird vermerkt, dass der Begriff Märchen im umgangssprachlichen als „unglaubwürdige, (als Ausrede) erfundene Geschichte“ (ebd.) verwendet wird. Das deutsche Wort Märchen ist eine Verkleinerungsform zu „Mär“, welches heutzutage nicht mehr verwendet wird und eine kurze Erzählung bezeichnet. Im Mittelhochdeutschen bedeuten die Worte „diu maere“ so viel wie Bericht, Erzählung, Gerücht oder Kunde (vgl. Lüthi 2004, S. 1). Der Begriff erfuhr im Laufe der Zeit eine Bedeutungsverschlechterung. Somit verstand man unter Märchen eine Zeit lang keine Erzählung mehr, sondern eine Lügengeschichte (vgl. Lange 2012, S. 9). Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wuchs die Bedeutung der Märchen in Deutschland und die Romantiker fingen an Märchen zu sammeln (z.B. Kinder- und Jugendmärchen der Gebrüder Grimm). Dies führte dazu, dass das Prestige von Märchen stieg und ein neuer Bedeutungswandel in Kraft trat, dieses Mal jedoch im positiven Sinne. Unter dem Märchenbegriff verstand man ทนท „eine phantastische Erzählung, die mündlich überliefert war“ (Lange 2012, S. 10). Formulierungen wie „Erzähle mir doch keine Märchen“ sind, wie zuvor im Duden erwähnt, noch heutzutage geläufig. Dennoch wird ทนท unter dem Ausdruck Märchen, wertungsfrei, eine Erzählgattung verstanden.

Man unterscheidet im engeren Sinne das Volksmärchen und das Kunstmärchen. Unter einem Volksmärchen versteht man ein Märchen, welches „längere Zeit in mündlicher Tradition gelebt hat und durch sie mitgeformt worden ist“ (Lüthi 2004, S. 5). Das Kunstmärchen rechnet man zur Individualliteratur, welches von Dichtern geschaffen wurde. Der Begriff Kunstmärchen ist nicht wertend gemeint, sondern bezeichnet die künstlerische Leistung, eine phantastische Geschichte zu erfinden. Kunstmärchen orientieren sich oft an dem Handlungsschema des Volksmärchens. Häufig sind es aber auch freie Wundergeschichten (vgl. ebd.).

Im Folgenden erfolgt eine knappe Übersicht der benachbarten Gattungen des Volksmärchens, um dieses von den anderen abzugrenzen. Ebenfalls sollen die charakteristischen Wesenszüge des Volksmärchens aufgezeigt werden.

3. Abgrenzung zu benachbarten Gattungen

Volksmärchen beinhalten übernatürliches und Wunderhaftes. Sie sind jedoch nicht die einzige Gattung, die sich mit diesen Inhalten beschäftigt. Hinzu kommen die Erzähl gattungen Sage, Legende, Mythus und Fabel.

Als Sage bezeichnet man laut Lüthi Erzählungen, „die mit dem Anspruch auftreten, wirkliche Vorgänge zu berichten, die sich aber [...] von dieser Wirklichkeit irgendwie entfernt haben“ (Lüthi 2004, S. 6). Die Entfernung entstand dadurch, dass die Sage über die Jahre und die verschiedenen Erzähler eine charakteristische Umformung erhalten haben (Volkssage oder Lokalsage) oder dadurch, dass sie absichtlich dichterisch gestaltet wurden (Heldensage). Lange schließt sich der Aussage an und betont, dass Sagen auf der Wirklichkeit rekurrieren (Lange 2012, S. 13). Der Mittelpunkt der Sage ist die zugleich Vertrauen und Schauern erweckende Macht und die besonderen Gestalten (Gespenster, Riesen etc.). Dies unterscheidet sie von den Märchen, welche eher die Handlung in den Mittelpunkt stellen und denen das Numinose, Gespenstische, fehlt. Ein weiterer Punkt in dem sich die zwei Gattungen unterscheiden, ist die Ergriffenheit des Erzählers und der vorkommenden Gestalten. Während der Sagenerzähler und die Sagengestalten in der Handlung gebannt sind, begegnet der Märchenerzähler und die Gestalten des Märchens, dem Ungewöhnlichen und übernatürlichem mit einer gewissen Selbstverständlichkeit. In der Sage werden die weltliche und die numinose Dimension streng voneinander getrennt, während sich im Märchen die Dimensionen begegnen können, ohne darüber in Erstaunen zu geraten (vgl. Lüthi 2004, S. 7f.).

Die Legende ähnelt der Sage stark. Sie erzählt ebenfalls von übernatürlichem Geschehen, wird dagegen von einem religiösen System aus gedeutet (vgl. Lüthi 2004, S. 10). Das Wort Legende stammt vom lateinischen Wort Legenda, was „das zu Lesende“ bedeutet. Legenden sind Geschichten die man lesen kann und sind nicht, wie Märchen, mündliche Überlieferungen, sondern von Geistlichen auf gezeichnete Geschichten (vgl. Lüthi 2008, S. 29). Die Legendenforschung unterscheidet die eigentliche Legende, die das Leben einer heiligen Person auf der Erde erzählt und die Mirakellegende, die von Wundern als Offenbarung Gottes berichten. Das Wunder im Märchen ist zwar übernatürlich, wird jedoch nicht mit Gott stigmatisiert und ist, wie schon erwähnt, selbstverständlich in die Handlung des Märchens eingebettet. Somit steht die Legende der Sage näher als dem Märchen (vgl. Lüthi 2004, S. 10). Der Hauptunterschied ist dennoch der Wirklichkeitsbezug, den Sagen und Legenden besitzen, Märchen jedoch nicht. Sagen und Legenden weisen immer historische Belege für das von ihnen Berichtete auf und werden deshalb mimetische (wirklichkeitsbezogene) Gattungen genannt. Im Gegensatz dazu sind die Märchen amimetisch (wirklichkeitsfern) (vgl. Lange 2012, S. 13).

Während sich Sagen, Legenden und Märchen auf den Menschen beziehen, muss im Mythus nicht die Rede von Menschen sein. Die Protagonisten des Mythus sind Götter, die auch in Gestalt von Tieren oder Menschen auftreten können. Ein weiterer Unterschied zu den anderen Gattungen ist, dass diese einen Bezug vom Irdischen auf das Jenseitige werfen, während der Mythus im Anderen spielt (vgl. Lüthi 2004, S. 11).

Die Hauptfiguren der Fabel sind meist sprechende und handelnde Tiere und Pflanzen. Die Fabel wird von ihrem Schöpfer wie auch vom Erzähler jedoch nicht wegen ihrer Figuren oder der Handlung erzählt, sondern wegen ihrer belehrenden Absicht (vgl. Lüthi 2004, S. 12).

Das Märchen (Volksmärchen) kennzeichnet sich durch ausgewählte und wiederkehrende Protagonisten und Requisiten. Ebenfalls charakteristisch sind der Handlungsablauf und die bestimmte Darstellungsart. Im nächsten Punkt wird auf diese Wesenszüge näher eingegangen.

4. Eigenschaften eines Volksmärchens

„Die Gattung Märchen hat ihren eigenen Stil, der durch die individuellen und nationalen Besonderheiten des Erzählens hindurchleuchtet und von dem ein guter Teil der Faszinationskraft des Märchens ausgeht“ (Lüthi 2008, S. 39).

Die Anfangsformel „Es war einmal“ ist ein äußerst bekanntes stilistisches Mittel des Märchens. Laut Lüthi betont sie jedoch nicht die Vergangenheit des Erzählens, sondern dass Dinge die einmal passiert sind, die Tendenz haben immer wiederzukommen (vgl. Lüthi 2008, S. 39).

Das Volksmärchen beschäftigt sich thematisch im Allgemeinen mit Schwierigkeiten und ihrer Bewältigung. Jeweils im Gegensatz zueinander Stehen der Kampf und der Sieg und die Aufgabe und ihre Lösung. Ebenfalls charakteristisch ist es, dass Märchen immer ein gutes Ende finden (vgl. Lüthi 2004, S. 25T). Weitere Themen sind Intrigen und Hilfe, Schädigung und Heilung, Mord/Gefangensetzung/Vergewaltigung und Erlösung, sowie Befreiung, Rettung, Werbung und Vermählung. Besonders einprägend ist der Sieg des Kleinen und Schwachen über das Große und Mächtige. Widersprüchlichkeiten sind im Märchen selbstverständlich und werden kaum mehr als solche empfunden (vgl. ebd.). Extreme und Kontraste, wie grässliche Strafen und wundervolle Belohnungen, das Gute und das Böse oder die Schönheit und das Hässliche, sind immer zu finden (vgl. Lüthi 2008, S. 42).

Eine weitere Auffälligkeit ist die Bestimmtheit und Klarheit der einsträngigen Handlung (vgl. Lüthi 2004, S. 29). Dazu trägt ebenfalls bei, dass sich das Märchen auf das Geschehen fokussiert und sich nicht in der Darstellung der Schauplätze und Figuren verliert (vgl. Lüthi 2008, S. 41f.). Lüthi weist darauf hin, dass Volksmärchen auf genauere Beschreibungen verzichten und diese, wenn sie in den Märchen der Gebrüder Grimm auftauchen, „[deren] eigene Zutat“ (Lüthi 2008, S. 42) sind. Das Innere der Personen wird ebenfalls nicht lange beschrieben. Volksmärchen halten sich an die Formel, dass nur die Dinge erwähnt werden, die für die Handlung wichtig sind. Dies trägt ebenfalls zur Klarheit des Märchens bei (vgl. ebd.).

Märchen lieben das Feste und klar Geformte, wie Silber/Gold und Eisen/Kristall. Ein weiteres Beispiel für das klar Geformte ist, dass eher Schloss und Stadt erwähnt werden, wie Dorf und Höhle (vgl. Lüthi 2008, S.42). Weitere Requisiten sind linienscharfe Dinge wie Ringe, Schwerter und Messer (vgl. ebd.). Hauptrequisit sind jedoch die Gaben, die den Helden zur Lösung bzw. zur Rettung verhelfen. Dazu gehört auch ein „Rat, Dienstleistung [en] [...] [sowie] wunderhafte und profane, dinghafte und nichtdinghafte Gaben“ (Lüthi 2004, S. 28).

Eine hier nur kurz zu erwähnende weitere Eigenschaft, ist die Freude an der Wiederholung. Seien es formelhafte Zahlen wie drei, sieben, zwölf und hundert, als auch wörtliche Wiederholungen (vgl. Lüthi 2008, S. 44f.).

Als letzter Punkt ist auf die charakteristischen Figuren und die Hauptträger der Handlungen, die Helden, einzugehen. Letztere können sowohl männlich als auch weiblich sein und sind im Allgemeinen menschlich (vgl. Lüthi 2004, S. 27). Lüthi gibt an, dass das Märchen „die letzten Ausläufer der Gesellschaft zu seinen Helden [macht]“ (Lüthi 2008, S. 42). Dazu gehören der Prinz und die Königstochter, als auch der Schweinejunge, der Tölpel und die Gänsemagd. Der Held handelt, er steht nicht da und grübelt (vgl. ebd.). Sein Auftreten kommt immer zur rechten Zeit und im allerletzten Augenblick (vgl. Lüthi 2008, S. 48). Alle wichtigen Figuren haben einen Bezug zum Helden (erfolglose Geschwister, Neider, falsche Helden, Auftraggeber etc.) und treten als Partner, Schädiger oder Helfer etc. auf. Dazu ist zu erwähnen, dass die Gegner und Helfer des Helden, meist der außermenschlichen Welt angehören (z.B. Tiere, Zwerge oder Hexen) (vgl. Lüthi 2004, S. 27T). Bei der kurzen Beschreibung aller Figuren wird mit den zuvor schon erwähnten Kontrasten gespielt (gut/böse, schön/hässlich etc.) (vgl. ebd.).

Märchen sind eine sehr alte Gattung. Im nächsten Schritt wird das gegenwärtige Interesse an Märchen behandelt und warum Märchen selbst zu unserer Zeit, noch wichtig für Kinder sind.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Märchen als kreativer Schreibanlass im Deutschunterricht
Hochschule
Pädagogische Hochschule Heidelberg
Note
1,5
Autor
Jahr
2017
Seiten
17
Katalognummer
V368383
ISBN (eBook)
9783668474765
ISBN (Buch)
9783668474772
Dateigröße
575 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
märchen, schreibanlass, deutschunterricht
Arbeit zitieren
Marie-Claire Lahuerta Casañ (Autor:in), 2017, Märchen als kreativer Schreibanlass im Deutschunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/368383

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