Adressatenbezogenheit der aktuellen russisch-deutschen und deutsch-russischen Wörterbücher


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Typologie zweisprachiger Wörterbücher
1.1. Л. В. Щерба zur zweisprachigen Lexikographie
1.2. Einteilung der Wörterbücher nach der Sprachrichtung
1.3. Einteilung der Wörterbücher nach ihrer Funktion
1.4. Typologie der Wörterbücher aus Sicht des Übersetzers

2. Umsetzung der Theorie in die Praxis
2.1. Anforderungen an die Makrostruktur aktiver/passiver Wörterbücher
2.2. Anforderungen an die Mikrostruktur aktiver/passiver Wörterbücher

3. Praktische Umsetzung der Typologie anhand ausgewählter Wörterbücher
3.1. Vorgehensweise
3.2. Das Deutsch-Russische Wörterbuch von Ronald Lötzsch
3.2.1. Makrostruktur
3.2.2. Mikrostruktur
3.2.3. Gesamteindruck
3.3. Das Große Deutsch-Russische Wörterbuch von О.И. Москальская
3.3.1. Makrostruktur
3.3.2. Mikrostruktur
3.3.3. Gesamteindruck
3.4. Das Russisch-Deutsche Wörterbuch von Е.И. Лепинг
3.4.1. Makrostruktur
3.4.2. Mikrostruktur
3.4.3. Gesamteindruck
3.5. Das Russisch-Deutsche Wörterbuch von Hans Holm Bielfeldt
3.5.1. Makrostruktur
3.5.2. Mikrostruktur
3.5.3. Gesamteindruck

Zusammenfassung

Übersichtstabelle

Bibliographie

Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage: Sollten unterschiedliche Wörterbücher für Übersetzungs- bzw. Verständniszwecke für deutsche und russische Muttersprachler herausgegeben werden? Wenn ja, wie sollten sie aussehen? Welche Merkmale sollten die Einträge aufweisen? Im Anschluss an den theoretischen Teil wurden vier Wörterbücher auf ihre Adressatenbezogenheit hin untersucht. Ich habe dafür nur größere Wörterbücher mit mehr als 50 000 Lemmata herangezogen, weil bei kleineren Wörterbüchern wegen des geringeren Umfangs eine Orientierung an der Typologie eher nicht zu erwarten ist.

Es ist besonders für Übersetzer wichtig, sich Kenntnisse über Wörterbücher zu verschaffen, was die Typologie der Wörterbücher einschließt. Schließlich stellen die Wörterbücher eines der wichtigsten Hilfsmittel des Übersetzers dar. Um die Qualität eines Wörterbuchs beurteilen zu können ist es notwendig, sich Grundkenntnisse aus der Lexikographie anzueignen. Es besteht ein großer Unterschied, ob ein deutscher Übersetzer ein aktives oder passives russisch-deutsches Wörterbuch benutzt. Dieser Unterschied sollte deshalb jedem Übersetzer klar sein. In der vorliegenden Arbeit beurteile ich daher die Typologie und die einzelnen Wörterbücher primär aus der Sicht des Übersetzers, versuche aber auch, die Sichtweise anderer Benutzer einzubeziehen.

1. Typologie zweisprachiger Wörterbücher

1.1. Л. В. Щерба zur zweisprachigen Lexikographie

Zur Typologie zweisprachiger Wörterbücher gibt es verschiedene Ansichten. Ein erster Versuch, etwas Klarheit in die Typologie von Wörterbüchern zu bringen wurde von dem russischen Linguisten Щерба im Vorwort zu der ersten Ausgabe seines russisch-französischen Wörterbuchs im Jahre 1936 und in seinem berühmten Aufsatz über Wörterbuchtypen im Jahre 1940 unternommen (Kromann). Darin übte er Kritik an den herkömmlichen Wörterbüchern. Er argumentiert, dass ein Wort in der Fremdsprache nicht immer 1:1 einem anderen Wort in der Zielsprache entspricht, denn „слова одного языка в большинстве случаев не просто соответствуют словам другого языка, а находятся с ним в весьма сложных и многообразных отношениях.“ (Щерба 4). Seiner Meinung nach soll ein Wörterbuch die Bedeutung eines Wortes der Fremdsprache unverfälscht und vollständig aufdecken. Da das durch die Aufzählung von Entsprechungen bzw. Äquivalenten in der Muttersprache jedoch nur schlecht möglich ist, plädiert er dafür, möglichst ein einsprachiges Wörterbuch zu verwenden. Falls aber dafür die Fremdsprachenkenntnisse des Benutzers noch nicht ausreichen, schlägt er ein erklärendes fremdsprachig-muttersprachliches Wörterbuch zum Erlernen der Fremdsprache, aber auch zum Übersetzen von Texten aus der Fremdsprache in die Muttersprache vor. Er geht davon aus, dass die muttersprachliche Kompetenz des Wörterbuchbenutzers ausreicht, um eine passende Übersetzung zu finden (Duda). Diese Einstellung wird aber zum Teil heftig kritisiert, so z. B. von Joachim Mugdan:

„Die mit dem erklärenden Wörterbuch verknüpfte Erwartung, dass dem Benutzer schon ein passendes muttersprachliches Äquivalent einfallen wird, wenn er nur den fremdsprachigen Text richtig verstanden hat, ist zweifellos viel zu optimistisch.“ (Mugdan 29).

Er argumentiert, dass das Verständnis zwar eine notwendige, jedoch keine hinreichende Voraussetzung für das Finden einer geeigneten Übersetzung bietet (Mugdan). Mit seiner Ansicht schließt sich Щерба der Meinung vieler Translationstheoretiker an, für Übersetzungen ein einsprachiges Wörterbuch zur Hilfe zu nehmen, da ein zweisprachiges Wörterbuch keine Übersetzung produzieren kann (Hönig). Das zweisprachige Wörterbuch sucht für das ausgangssprachliche Wort zielsprachliche Entsprechungen auf der Ebene eines einzelnen Wortes. Es wird daher beim naiven Benützer der Eindruck erweckt, dass es immer so etwas wie Wortgleichungen gäbe. Sehr oft lässt sich aber die Bedeutung eines Wortes gar nicht oder nicht zufriedenstellend mit einem Einzelwort wiedergeben (Kußmaul). So bleibt vom translationswissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet doch nur die Möglichkeit, eine gewisse muttersprachliche Kompetenz beim Wörterbuchbenutzer vorauszusetzen, was aber nicht ausschließt, dass der Übersetzer, nachdem er sich die Bedeutung des fremdsprachlichen Wortes im einsprachigen Wörterbuch klar gemacht hat, nicht doch noch ein zweisprachiges Wörterbuch als Hilfe zur Hand nimmt, wenn ihm keine geeignete Übersetzung einfällt oder wenn es sich um bestimmte Fachtermini handelt. Für die Übersetzung von der Muttersprache in die Fremdsprache forderte Щерба „einen besonderen Typ eines Übersetzungswörterbuchs“ (Duda), den er in seinem Ru-F Wörterbuch umzusetzen versucht hat. Dieses Konzept eines aktiven Übersetzungswörterbuchs gab Anstoß für eine detailliertere Typologie der Wörterbücher in aktive und passive Übersetzungswörterbücher, auch wenn die Begriffe „aktiv“ und „passiv“ selbst nicht auf Щерба zurückgehen. Er verwendete die Charakteristika aktiv/passiv in einem anderen Zusammenhang, und zwar in Bezug auf eine aktive und passive Grammatik (Duda). Auch ist er nicht der einzige, der eine solche These zur Wörterbuchtypologie aufgestellt hat. Andere Lexikographen, z. B. Williams (USA, 1957), stellten ähnliche Theorien wie Щерба auf, ohne von ihm zu wissen (Kromann).

1.2. Einteilung der Wörterbücher nach der Sprachrichtung

Zunächst unterscheidet Hausmann zwischen monoskopalen und biskopalen Wörterbüchern. Um ein monoskopales Wörterbuch handelt es sich, wenn das Wörterbuch Äquivalente nur einer bestimmten Sprache für Wortschatzeinheiten nur einer bestimmten anderen Sprache bietet. Nach diesem Kriterium der Sprachrichtung sind daher pro Sprachenpaar zwei verschiedene Wörterbuchtypen möglich: ein monoskopales Wörterbuch Ru-D und D-Ru. Wenn beide Sprachrichtungen in einem Wörterbuch vorhanden sind, spricht man von einem biskopalen Wörterbuch. Die meisten biskopalen Wörterbücher sind getrennt biskopal, d. h. sie bestehen aus zwei getrennten Teilen für jede Sprachrichtung. Es ist jedoch auch ein integriert biskopales Wörterbuch denkbar. Dieser Wörterbuchtyp ist heute selten und tritt ansatzweise noch unter einigen Reisewörterbüchern auf (Hausmann).

1.3. Einteilung der Wörterbücher nach ihrer Funktion

In der sprachenpaarbezogenen Lexikographie werden vier zweisprachige Wörterbuchtypen unterschieden, und zwar ein aktives Wörterbuch für die Übersetzung aus der Muttersprache in die Fremdsprache und ein passives Wörterbuch für die Übersetzung aus der Fremdsprache in die Muttersprache. Das Wörterbuch mit aktiver Funktion dient zur Hinübersetzung (muttersprachliche Dekodierung und fremdsprachliche Enkodierung) und zur translationsunabhängigen Produktion fremdsprachiger Texte. Es wird daher auch Hinübersetzungswörterbuch oder Hinproduktionswörterbuch genannt. Ein passives Wörterbuch kann zwei passiven Funktionen dienen, und zwar der Herübersetzung (fremdsprachliche Dekodierung und muttersprachliche Enkodierung) sowie der Rezeption fremdsprachiger Texte. Dieser Wörterbuchtyp wird daher auch Herübersetzungswörterbuch bzw. Herproduktionswörterbuch genannt. Für das Sprachenpaar Deutsch-Russisch ergibt sich dann folgende Einteilung:

a) deutsch-russisches Wörterbuch für deutschsprachige Benutzer = aktives Wörterbuch
b) deutsch-russisches Wörterbuch für russischsprachige Benutzer = passives Wörterbuch
c) russisch-deutsches Wörterbuch für deutschsprachige Benutzer = passives Wörterbuch
d) russisch-deutsches Wörterbuch für russischsprachige Benutzer = aktives Wörterbuch

Die Begriffe „aktiv“ und „passiv“ bezeichnen nicht die Aktivität bzw. Passivität des Wörterbuchbenutzers, sondern beziehen sich auf die Produktion (aktiv) bzw. Rezeption (passiv) fremdsprachlicher Texte (Hausmann, Wolski).

Kromann u. a. behaupten, dass Hausmann in seiner Typologie acht Wörterbücher je Sprachenpaar fordert. Es ist richtig, dass er insgesamt vier Funktionen unterscheidet, nämlich die bereits oben genannte passive Funktion des Verstehens eines fremdsprachigen Textes, ohne dessen Übersetzung in die Muttersprache (nur Rezeption) (a). Für diese Funktion spricht er von Lesewörterbüchern. Die zweite passive Funktion ist die Übersetzung eines Texts aus der Fremdsprache in die Muttersprache (b). Dafür fordert er ein Herproduktionswörterbuch. Für die freie Textproduktion in der Fremdsprache (c) schlägt er ein Schreibwörterbuch vor und für die zweite aktive Funktion, das Übersetzen in die Fremdsprache (d), ein Hinproduktionswörterbuch. Durch die so von ihm verwendete Terminologie entsteht tatsächlich der Eindruck, er fordere acht Wörterbücher je Sprachenpaar. Dies hat er aber selbst nie explizit gefordert (Mugdan). Seine Ausführungen zur Wörterbuchtypologie erwecken eher den Eindruck, dass er die Funktionen (a) und (b) bzw. (c) und (d) in jeweils einem Wörterbuchtyp intergriert sehen will. Damit schließt er sich der Theorie der vier Wörterbuchtypen je Sprachenpaar an.

Eine Typologie, die nicht nur vier, sondern sechs Wörterbücher je Sprachenpaar fordert, wird jedoch von Duda u. a. vertreten. Zusätzlich zu den aktiven und passiven Übersetzungswörterbüchern nehmen sie in ihre Typologie auch noch das von Щерба entwickelte erklärende Wörterbuch auf. Während die aktiven und passiven Übersetzungswörterbücher der Textproduktion in der Fremdsprache bzw. Muttersprache dienen sollen, erfüllt das erklärende Wörterbuch den Zweck der Textrezeption in der Fremdsprache (Duda).

Trotz dieser theoretischen Überlegungen scheinen nur wenige Wörterbücher den Zuschnitt auf die jeweiligen Benutzergruppen konsequent entlang der aktiv/passiv Typologie durchzuführen. Das spiegelt sich sowohl in der Auswahl und dem Arrangement von Textsegmenten als auch in der für die kommentierenden Textsegmente gewählten Sprache wieder. Meist wollen die zweisprachigen Wörterbücher sowohl aktive als auch passive Funktionen gleichzeitig erfüllen. Ein solches Wörterbuch wird als bifunktional bzw. bidirektional bezeichnet. Im Gegensatz zu den in den vorangegangenen Theorien dargestellten monofunktionalen Wörterbüchern, bezeichnet man ein solches Wörterbuch, dass weder muttersprachlichen noch fremdsprachlichen Benutzern in ausreichendem Maße dienlich ist, als Mischwörterbuch (Wolski). Bei bifunktionalen Wörterbüchern sieht die Verknüpfung von Funkionen oft so aus, dass man von allem ein bisschen bietet. So gibt man dem aktiven Benutzer zwar Hilfen zur Äquivalentunterscheidung, doch fehlt es an phonologischen oder morphologischen Auskünften dazu. Der passive Benutzer findet zwar Flexions- und Ausspracheangaben bei den Lemmata vor, sucht aber vergeblich nach irregulären Formen unter den Lemmata (Mugdan). Es kommt auch oft vor, dass bei Wörterbüchern für beide Sprachrichtungen die Informationen zu Aussprache und Flexion nur auf der ausgangssprachlichen Seite stehen, als ob der Ru-D Teil von deutschen Muttersprachlern und der D-Ru Teil von russischen Muttersprachlern genutzt wird (Wolski). Ein ideales bifunktionales Wörterbuch würde eine lemmaseitig wie äquivalentseitig voll ausgebaute Mikrostruktur des Wörterbuchartikels erforderlich machen. Das wäre wörterbuchtechnisch nur schwer zu realisieren und würde die Benutzbarkeit einschränken (Worbs). Dieses Problem ist laut Hausmann ganz einfach zu lösen. Er stellt fest, dass das Wörterbuch für den aktiven Benutzer auch dem passiven hilft, nicht aber umgekehrt. Daraus folgt, dass für ein bifunktionales Wörterbuch die Gesetze des aktiven Wörterbuchs gelten (Wolski).

1.4. Typologie der Wörterbücher aus Sicht des Übersetzers

Bei den Theorien zur Typologie von Wörterbüchern geht man von den Funktionen Übersetzen, Rezipieren und Produzieren aus. Dabei wird jedoch die Benutzersituation aus der Zweckbestimmung des Wörterbuchs, d. h. auf deduktivem Weg, abgeleitet. Möglich wäre aber auch der umgekehrte induktive Weg, bei dem man durch vorangegangene Tests bzw. Umfragen die Funkion von Wörterbüchern empirisch ermittelt (Duda). Analytische Verfahren zur Ermittlung von Benutzersituationen existieren jedoch praktisch nicht. Es fehlen soziologische Benutzerumfragen, die potentielle Benutzergruppen, ihre linguistische Kompetenz und ihre Bedürfnisse beschreiben (Kromann). So wurden Theorien auf Grund der Annahme einer Benutzersituation aufgestellt, für die empirische Beweise fehlen. Meiner Meinung nach stellt das einen großen Mangel bei dem Versuch der Erarbeitung adressatenbezogener Wörterbücher dar. Dass sich die Vorstellung von Lexikographen bzw. Wörterbuchautoren über die Funktion des Wörterbuchs und die eigentliche Benutzersituation oft nicht decken, sieht man gut am Beispiel Щерба's. Zum Benutzerkreis seines Russisch-Französischen Wörterbuchs sagt er im Vorwort, es sei ein Wörterbuch für jene Benutzer, „die eine Fremdsprache nicht besonders gut kennen und dennoch von Zeit zu Zeit etwas in diese Sprache übersetzen müssen.“ (Щерба in Duda, 12). Hier wird das vorausgesetzt, was heute immer noch häufiger die Praxis ist, und zwar, dass Übersetzungen von Laien angefertigt werden. Wie sich das aus der Sicht des Übersetzers anhört, möchte ich mit einem Bild beschreiben. Щерба's Einleitung zum Wörterbuch würde sich bei einem medizinischen Fachbuch der Chirurgie so anhören: „...die sich mit Chirurgie nicht besonders gut auskennen und dennoch von Zeit zu Zeit einen chirurgischen Eingriff vornehmen müssen.“ Щерба hatte bei seiner Zielgruppe wohl eher an Schüler gedacht, die im Unterricht übersetzen müssen.

Wenn die Theoretiker bzw. Lexikographen beim Aufstellen ihrer Theorien den Dialog mit professionellen Übersetzern gesucht hätten, für die doch u. a. auch ihre Übersetzungswörterbücher bestimmt sind, dann hätten sie feststellen müssen, dass ihren Theorien ein völlig falscher Übersetzungsbegriff zu Grunde liegt. Mugdan definiert Übersetzen z. B. als „die Verknüpfung der Rezeption eines Textes mit der Produktion eines äquivalenten Textes in einer anderen Sprache, also [...] eine aus De- und Enkodierung zusammengesetzte Transkodierung“ (Mugdan 31). Auch in allen anderen theoretischen Abhandlungen sind die Begriffe Dekodierung, Enkodierung und vor allem Äquivalenz sehr häufig anzutreffen. Der durch diese Terminologie entstandene Eindruck, die Lexikographen betrachteten den Übersetzungsvorgang als ein Ersetzen fremdsprachiger Wörter mit muttersprachlichen Äquivalenten und umgekehrt, wird durch folgende Aussage von Duda u.a. noch verstärkt: „Mit Hilfe eines brauchbaren Übersetzungswörterbuchs kann ein Übersetzer, zumal ein erfahrener, auch einen unverstandenen Text, d.i. ohne den Wirklichkeitsbezug vollständig zu erfassen, sprachlich korrekt übersetzen.“ (Duda, 9). Diese traditionelle Übersetzungsansicht setzt die Bedingung voraus, dass man eine sprachliche Form durch eine andere ersetzen kann, ohne dass sich inhaltlich zugleich etwas wesentlich verändert. Untersuchungen haben jedoch längst bewiesen, dass das nicht gilt. Bei einer Translation ändern sich i.d.R. die interagierenden Personen, die Situation und die Kommunikationsintention. Daher kann der aus einer Kommunikationshandlung stammende Ausgangstext bei Übernahme in eine andere transkulturelle Kommunikationshandlung nicht nur formal transkodiert werden. Im Sonderfall kann die nur sprachliche Transkodierung legitimes translatorisches Handeln sein, wenn z.B. ein fremdsprachiger Text durch eine Wort‑für‑Wort Übersetzung einem Lerner strukturell verständlich gemacht werden soll. Übersetzen ist somit keine Transkodierung, sondern die optimale Realisierung einer Kommunikationsintention unter den Gegebenheiten der Zielkultur (Vermeer). Hieraus lässt sich auch schlussfolgern, dass das zweisprachige Wörterbuch nicht das wichtigste oder einzige Werkzeug für Übersetzungen darstellt, mit dem Mängel in der sprachlichen Kompetenz einfach ausgeglichen werden können. Es stellt vielmehr ein zusätzliches Hilfsmittel neben dem vorrangig genutzten einsprachigen Wörterbuch dar.

Trotz der den Theorien zu Grunde gelegten falschen Vorstellung vom Übersetzen ist die Einteilung in aktive und passive Wörterbücher aus Sicht des Übersetzers sinnvoll, da diese zu einer schlüssigeren lexikographischen Praxis führt. Durch das aktiv/passiv Prinzip wird die Muttersprache des Benutzers beim Aufbau des Wörterbuchs mit einbezogen und überflüssige Details werden systematisch zu Gunsten einer höheren Kapazität des Wörterbuchs für relevante Informationen vermieden (Kromann).

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Adressatenbezogenheit der aktuellen russisch-deutschen und deutsch-russischen Wörterbücher
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Slavistik)
Veranstaltung
sprachwissenschaftliches Hauptseminar
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
27
Katalognummer
V36743
ISBN (eBook)
9783638362788
Dateigröße
674 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Adressatenbezogenheit, Wörterbücher, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Katja Dudzinska (Autor:in), 2002, Adressatenbezogenheit der aktuellen russisch-deutschen und deutsch-russischen Wörterbücher, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36743

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