Hipster-Getränke auf dem Vormarsch. Erfolgreiche Kommunikation nachhaltiger Produkteigenschaften an die Generation Y

Eine empirische Untersuchung am Beispiel von Erfrischungsgetränken


Bachelorarbeit, 2017

56 Seiten, Note: 1,3

Claire Pfaunstiel (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Nachhaltiger Konsum und dessen Umsetzung bei Erfrischungsgetränken

2. Die Generation Y als neue Konsumentengeneration
2.1 Abgrenzung der Generation Y
2.2 Konsumverhalten der Generation Y

3. Nachhaltigkeit im Lebensmittelmarkt und die Attitude-Behavior-Gap
3.1 Forschungsstand zum Konsum nachhaltiger Lebensmittel
3.1.1 Kaufmotive für biologische Lebensmittel
3.1.2 Determinanten des Bio-Konsums
3.1.3 Der Bio-Markt in Deutschland und die Attitude-Behavior-Gap
3.2 Die Schließung der Attitude-Behavior-Gap

4. Nachhaltigkeitskommunikation
4.1 Kommerzielle und Nichtkommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation
4.2 Ansätze der produktbezogenen Nachhaltigkeitskommunikation
4.2.1 Das Elaboration Likelihood Model
4.2.2 Ecotainment als emotionale Form der Nachhaltigkeitskommunikation

5. Methodik
5.1 Vorgehensweise
5.2 Datengrundlage
5.3 Operationalisierung der Variablen
5.3.1 Konsumverhalten bei Erfrischungsgetränken und die Attitude-Behavior-Gap
5.3.2 Konsumententypologie
5.3.3 Kaufmotive für nachhaltige Erfrischungsgetränke
5.3.4 Ausrichtung der produktbezogenen Nachhaltigkeitskommunikation
5.4 Fragebogen
5.5 Erwartungen an die Untersuchungspopulation

6. Darstellung der Ergebnisse und Interpretation
6.1 Sozialstatistische Zusammensetzung der Stichprobe
6.2 Konsumverhalten bei Erfrischungsgetränken
6.3 Kaufmotive für Erfrischungsgetränke
6.4 Die Attitude-Behavior-Gap
6.5 Verortung der Generation Y innerhalb der Konsumententypologie
6.6 Ausrichtung der produktbezogenen Nachhaltigkeitskommunikation
6.7 Kritische Reflektion der Ergebnisse

7. Implikationen für die Praxis und Fazit

III. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Konsumententypologie nach Haubach et. al

Abbildung 2: Das Elaboration Likelihood Model

Abbildung 6: Zusammensetzung der Stichprobe nach Alter

Abbildung 7: Zusammensetzung der Stichprobe nach Studiengängen

Abbildung 8: Konsum von Erfrischungsgetränken

Abbildung 9: Konsumhäufigkeit nachhaltiger Erfrischungsgetränke

Abbildung 10: Kauffaktoren für Erfrischungsgetränke

Abbildung 11: Präferenz für Bio, Regional oder Fair Trade

Abbildung 12: Die Attitude-Behavior-Gap der Befragten

Abbildung 13: Risikobewusstsein, Informationsstand und Handlungsbarrieren

Abbildung 14: Die Generation Y und der Idealtypus des nachhaltigen Konsumierenden

IV. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Ecotainment und Umweltkommunikation im Vergleich

Tabelle 2: Übersicht der operationalisierten Konstrukte

Tabelle 3: Operationalisierung von Ecotainment

I. Abstract

The following scientific paper is about communicating sustainable product features to the Generation Y. In this context two questions shall be answered applied on the food industry with special focus on refreshing drinks: To what extend is the Generation Y suitable as target group of sustainability communication? Therefore, the Generation Y will be located within a consumer typology of sustainability. Secondly, this paper shall answer the question, which alignment of sustainability communication is appropriate to address the Generation Y. For this purpose, the alignment of sustainability communication will be reduced to the distinction between conventional environment communication and an emotional version of sustainability communication called Ecotainment. First, a theoretical framework of the topic will be given and then the assumptions about the Generation Y will be reviewed by analysing the results of a self-conducted online survey with students.

1. Nachhaltiger Konsum und dessen Umsetzung bei Erfrischungsgetränken

Mehr als ein Viertel der Treibhausgasemissionen Deutschlands sind auf den Konsum privater Haushalte zurückzuführen (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, 2016). Der westliche Konsumstil verstößt gegen die intragenerationale Gerechtigkeit, weil er nicht auf die gesamte Menschheit übertragbar ist. Zudem liegt ein Verstoß gegen die intergenerationale Gerechtigkeit vor, da die schwindenden Ressourcen dem heutigen Konsumstil ein zeitliches Limit setzen werden (Tremmel, 2004, S. 32). Nichtsdestotrotz gibt es Hoffnung, da immateriellen Werten, im Zuge eines sich seit einigen Jahren abzeichnenden gesellschaftlichen Wandels, zunehmend große Bedeutung beigemessen wird. Im Hinblick auf das Kaufverhalten von Individuen äußert sich dieses Umdenken durch kritischeren und bewussteren Konsum. Der Anspruch an Konsumgüter umfasst nicht mehr nur die Produktqualität im engeren Sinne, sondern auch ökologische und soziale Aspekte. Der Wert eines Produktes wird an der Steigerung der persönlichen Lebensqualität gemessen. Diese Lebensqualität für den Kunden[1] wird beispielsweise dadurch generiert, dass Unternehmen nachhaltigkeitsrelevante Produkteigenschaften verständlich und vertrauenserweckend an den Kunden kommunizieren und somit die Voraussetzungen für bequemen ethischen Konsum schaffen, welcher beim Käufer ein gutes Gefühl hinterlässt (Otto GmbH & Co KG , 2013, S.9).

So geht in der Lebensmittelbranche aus Produzentensicht der größte Druck zur Implementierung einer nachhaltigen Unternehmensstrategie von der Anspruchsgruppe der Endverbraucher aus (Zentrum für nachhaltige Unternehmensführung & Engel & Zimmermann AG, 2013, S.6f.). Im Rahmen dieser Arbeit wird der Teilmarkt der Erfrischungsgetränke als Forschungsfeld gewählt, da sich der Nachhaltigkeits-Trend hier schon besonders deutlich abzeichnet (Grieß, 2016, S.17). Hierbei muss zunächst der Begriff Nachhaltiges Erfrischungsgetränk abgegrenzt werden. In Anlehnung an eine Studie des Bundesverbands Die Verbraucher Initiative werden nachhaltige Erfrischungsgetränke in dieser Arbeit als Erfrischungsgetränke definiert, welche sich von kommerziellen Erfrischungsgetränken durch mindestens eine besondere ökologische oder soziale Qualität abheben (Schmidt-Pleschka & Dickhut, 2005, S.5). Laut dieser relativ weitgefassten Definition muss beispielsweise ein nachhaltiges Getränk, das gemäß dem Prinzip Fair Trade hergestellt wurde, nicht zwingend auch aus biologischen Zutaten bestehen um als nachhaltig eingestuft zu werden. Studienergebnisse legen nahe, dass die unternehmerischer Nachhaltigkeitskommunikation im Getränkemarkt zukünftig weiter an Bedeutung gewinnt (Grieß, 2016, S.24f.). Die Generation Y stellt auf Basis ihrer erhöhten Mehrpreisbereitschaft für Produkte mit sozialem Aspekt eine entscheidende Zielgruppe für nachhaltige Erfrischungsgetränke dar (Grieß, 2016, S.23). Zudem wird effektive Nachhaltigkeitskommunikation, aufgrund der Komplexität und der schweren Erfassbarkeit des Nachhaltigkeitsbegriffs, zu einer nicht zu unterschätzenden Herausforderung für Unternehmen (Zentrum für nachhaltige Unternehmensführung & Engel & Zimmermann AG, 2013, S.8). Erfolgreichere Nachhaltigkeitskommunikation nützt nicht allein der Unternehmensseite, sondern hat auch das Potenzial nachhaltigen Konsum weiter zu verbreiten und somit zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Im Rahmen dieser Arbeit sollen sowohl allgemeine Erkenntnisse zum Entwicklungspotenzial nachhaltigen Konsumverhaltens der Generation Y als auch spezifische Implikationen für die Vermarktung nachhaltiger Erfrischungsgetränke erarbeitet werden. Aus den genannten Gründen wird im Rahmen dieser Arbeit die folgende Forschungsfrage behandelt:

Wie können nachhaltige Produkteigenschaften erfolgreich an die Generation Y kommuniziert werden? Eine empirische Untersuchung am Beispiel von Erfrischungsgetränken

Dabei werden die Konstrukte Generation Y, Nachhaltiger Lebensmittelkonsum und Nachhaltigkeitskommunikation theoretisch erschlossen. Zunächst wird die Zielgruppe der Generation Y von anderen Generationen abgegrenzt und charakterisiert. Im weiteren Verlauf der Arbeit folgt ein Abriss des bisherigen Forschungsstands zum Konsum nachhaltiger Lebensmittel. Durch die Hervorhebung der Problematik der Lücke zwischen nachhaltigen Konsumeinstellungen und tatsächlichem Konsumverhalten soll die Bedeutung unternehmerischer Kommunikation nachhaltiger Produkteigenschaften herausgearbeitet werden. Es wird eine Konsumententypologie vorgestellt, welche Konsumierende nach ihrer Empfänglichkeit für unternehmerische Nachhaltigkeitskommunikation in Gruppen unterteilt. Mithilfe der Verortung der Generation Y innerhalb dieser Konsumententypologie soll im weiteren Verlauf der Arbeit die Eignung der Generation Y als Zielgruppe für die Kommunikation nachhaltiger Produkteigenschaften geprüft werden. Zur Vervollständigung des theoriebasierten Teils der Arbeit erfolgt eine umfassende Begriffsabgrenzung kommerzieller produktbezogener Nachhaltigkeitskommunikation. Auf dieser Grundlage aufbauend wird näher auf mögliche Ausrichtungsformen der produktbezogenen Nachhaltigkeitskommunikation eingegangen, indem kommerzielle Umweltkommunikation und ihr emotionaleres Pendant Ecotainment gegenübergestellt werden. Es folgt eine empirische Untersuchung mit Studierenden zur Überprüfung der aus der Theorie abgeleiteten Erwartungen an die Untersuchungspopulation. Abschließend werden die Ergebnisse der Studie detailliert dargestellt und interpretiert, um auch Implikationen für die Praxis unternehmerischer Nachhaltigkeitskommunikation abzuleiten.

2. Die Generation Y als neue Konsumentengeneration

Laut öffentlicher Debatte setzt sich die Generation Y, auch als Millennials bezeichnet, verstärkt mit dem Konzept der Nachhaltigkeit auseinander (Karmakonsum 2015; Hildebrandt 2015). Im Folgenden soll die Generation Y definiert und von anderen Generationen abgegrenzt werden. Anschließend wird ein Überblick über den bisherigen Forschungsstand zum Konsumverhalten der Generation Y gegeben.

2.1 Abgrenzung der Generation Y

Unter einer Generation versteht man eine Menge von Menschen bestimmter Geburtsjahrgänge. Von der Geburtskohorte hebt sich die Generation dadurch ab, dass die Spanne der Geburtsjahrgänge größer ist und diese Geburtsjahrgänge eine gemeinsame Prägung erfahren haben (Mannheim, 1931). Doch wie genau ist die Generation Y definiert? Diese Frage ist nicht mit einem Satz zu beantworten, da es in der Literatur unterschiedliche Definitionsversuche der Generation Y gibt (Advertising Age, 1993, S.16; Kecskes, 2012, S.8; Solka & Jackson, 2011). Erstmals wurde die Generation Y in der US-amerikanischen Fachzeitschrift Advertising Age definiert – und zwar als Jahrgänge 1984 bis 1994 (Advertising Age, 1993, S.16). Die folgende Arbeit stützt sich jedoch auf die Definition der Gesellschaft für Konsumforschung, welche die Geburtsjahrgänge 1981 bis 1996 zur Generation Y zählt (Kecskes, 2012, S.8). Die Entscheidung fiel bewusst auf eine deutsche Begriffsabgrenzung der Generation Y, da die prägenden Erfahrungen bestimmter Geburtsjahrgänge sich je nach Kulturraum unterschieden, was eine globale Begriffsdefinition erschwert (ebd., S.6).

2.2 Konsumverhalten der Generation Y

Das Konsumverhalten der Generation Y wurde noch nicht ausreichend erforscht. Die vereinzelten Studien zur Generation Y in der deutschsprachigen Literatur gehen weniger auf das Konsumverhalten der Generation Y, sondern mehr auf die Themen Berufswahl, Arbeitgeberattraktivität und Digitalisierung ein (Appel & Michel-Dittgen, 2013; Parment, 2009; Ruthus, 2013; Welk, 2015). Dennoch liegt eine thematisch passende Studie der GfK mit dem Titel Auf der Suche nach einem kohärenten Qualitätsversprechen aus dem Jahr 2012 vor. Laut dieser Quelle steigt insbesondere bei der Generation Y das Interesse an Qualitätseigenschaften von Fast Moving Consumer Goods. Die Qualitätseigenschaften Frische, Regionalität und Natürlichkeit beeinflussen die Kaufentscheidung zunehmend. Der Generation Y geht es hierbei nicht nur um die Produktqualität im engeren Sinne, sondern um ein ‚ganzheitliches Produktversprechen’. Dieser Anspruch basiert auf dem Wunsch nach Authentizität im nichtöffentlichen Bereich. Diese soll für die Millenials einen Ausgleich zur ständigen öffentlichen Inszenierung bieten. Infolgedessen gewinnen Produkte, denen es gelingt das Gefühl von Authentizität zu vermitteln, für die Käufergruppe der Millenials an Bedeutung. Dabei werden vor allem Naturkosmetik und authentisches Conveniance Food ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken (Kecskes, 2012, S.5). Unter Conveniance Food versteht man „ein Gericht, das für den Verbrauch schon weitgehend zubereitet ist und daher für den Verbraucher eine Arbeitserleichterung bedeutet“ (Dudenredaktion, o.J.).

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die aktuelle Studie der Nielson Company aus dem Jahr 2016, welche die Auswirkungen der Megatrends des Konsumverhaltens auf das Getränkesortiment untersucht. Folgende Megatrends werden identifiziert: Digitaler Konsument, Gesundheit & Wohlbefinden und Markenerlebnis. Im Zuge der Digitalisierung nutzen die Konsumierenden zunehmend verschiedenartige digitale Kanäle zur Interaktion mit Produkten. Zudem nimmt das Gesundheitsbewusstsein der Konsumierenden zu. Zur Kundengewinnung bedarf es eines umgreifenden Markenerlebnisses, im Rahmen dessen mit Innovationen und Markenwelten geworben wird (Grieß, 2016, S.4). Auf dem Getränkemarkt zeigen sich diese Megatrends dadurch, dass Markentradition, Regionale Identität, Premiumisierung, Gesundheitsbewusstsein und Multi-Purpose Gastronomie-Erlebniskonzepte auf dem Vormarsch sind (ebd., S.25). Schlagwörter wie Fair Trade, Better World und Heimat haben naturtrübe Limos, Bitter Getränke, Wasser, Tee und andere Heißgetränke ins Zentrum gerückt (ebd., S.17). Durch den Trend hin zu Gesundheit und Vitalität entwickelt sich der Absatz von High Quality und Heißgetränken positiv, während süße alkoholfreie Getränke mit höherem Zuckergehalt zunehmend an Beliebtheit einbüßen (Grieß, 2016, S.15). Insbesondere die Generation Y legt mehr Wert auf nachhaltige Getränke. 74% der Millenials sind bereit, für Produkte mit sozialem Aspekt wie beispielsweise Fair Trade mehr zu bezahlen als für konventionelle Produkte. Bei der Baby-Boomer Generation liegt dieser Anteil bei vergleichsweise niedrigen 57%. Zudem ist intergenerational auch deutlich das Interesse an den Produktionsprozessen und der Story hinter dem Produkt gestiegen (ebd., S.18).

3. Nachhaltigkeit im Lebensmittelmarkt und die Attitude-Behavior-Gap

Im folgenden Kapitel soll ein Überblick über den Forschungsstand zum Konsum nachhaltiger Lebensmittel gegeben werden, um anschließend verschiedene Kundensegmente zu identifizieren, welche relevant sind für die Schließung der Lücke zwischen der Einstellung zu nachhaltigem Konsum und dessen Umsetzung.

3.1 Forschungsstand zum Konsum nachhaltiger Lebensmittel

Aus welchen Gründen konsumieren Menschen nachhaltig? Schöberl gibt einen Überblick über die zentralen Kaufmotive der Bio-Lebensmittelbranche: Gesundheit, Geschmack, artgerechte Tierhaltung, Umweltschutz und Regionalität sowie Affinität zu Fair Trade (Schöberl, 2012, S.25ff.). Aus Verbrauchersicht sind die Konzepte Bio und Fair Trade stark miteinander verknüpft, denn die Konsumierenden gehen davon aus, dass in der ökologischen Landwirtschaft nicht nur ökologische, sondern auch ethische Prinzipien eingehalten werden (Cottingham & Winkler, 2007, S.51; Oughton & Ritson, 2007, S.85). Auch für die Konzepte Bio und Regional gilt: Die Kaufmotive der Verbraucher für biologische beziehungsweise regionale Lebensmittel weisen hohe Übereinstimmungen auf (Cottingham & Winkler, 2007, S.47; Schade & Reuter, 2001, S.21; Zanoli, 2004, S.119). Folglich unterscheidet diese Arbeit nicht zwischen dem Forschungsstand für Bio-Lebensmittel und dem für nachhaltige Lebensmittel im Allgemeinen. Der sogenannte Bio-Boom aus dem 2007 schaffte es, das Konzept des nachhaltigen Konsums fest in der Gesellschaft zu etablieren. Doch heutzutage verbinden die Verbraucher ethischen Konsum nicht nur mit der Nachhaltigkeitseigenschaft Bio, sondern auch mit Regionalität und sozialen Aspekten (Otto GmbH & Co KG, 2013, S.14f.).

3.1.1 Kaufmotive für biologische Lebensmittel

Wissenschaftliche Studien kommen mehrheitlich zum Ergebnis, dass Bio-Lebensmittel in erster Linie aus gesundheitlichen Gründen gekauft werden (Faltins, 2010, S.56; Hughner, McDonagh, Prothero, Shultz, & Stanton, 2007, S.101; Zanoli & Naspetti, 2002, S.649). Verbraucher gehen davon aus, dass Bio-Lebensmittel keine potenziell krankmachenden chemischen Inhaltsstoffe und dafür umso mehr Nährstoffe enthalten (Naspetti & Zanoli, 2009, S.254). Ein weiteres Kaufmotiv ist der vermeintlich bessere Geschmack von Bio-Lebensmitteln (Hughner et al., 2007, S.101 f.; Oughton & Ritson, 2007, S.84 f.). Der bessere Geschmack kann allerdings nur bei Befragungen als Kaufmotiv identifiziert werden. Im Rahmen von Blindverkostungen konnte kein solcher Zusammenhang festgestellt werden (Fillion & Arazi, 2002, S.156 f.). Studien legen die Annahme nahe, dass die Geschmackswahrnehmung von einer positiven Einstellung gegenüber biologischer Lebensmitteln beeinflusst wird (Cottingham & Winkler, 2007, S.33 f.). Auch das Motiv der artgerechten Tierhaltung trägt entscheidend dazu bei, das Bio-Kaufverhalten zu erklären (Aertsens, Verbeke, Mondelaers, & Van Huylenbroeck, 2009, S.1144; Hughner et al., 2007, S.102). Besonders in Deutschland nimmt dieses Kaufmotiv einen hohen Stellenwert ein (Hamm & Gronefeld, 2004, S.57). Zudem wird in vielen Studien Umweltschutz als wichtiges Kaufkriterium für Bio-Lebensmittel identifiziert (Aertsens et al., 2009, S.1144; Hughner et al., 2007, S.102). Um die Umwelt zu schützen wollen die Befragten Lebensmittel meiden, die mithilfe von Pestiziden oder Gentechnik erzeugt wurden (Baranek, 2007, S.139; Zanoli, 2004, S.57 f.). Das Motiv Umweltschutz ist auch mit der Präferenz für regionale Lebensmittel verknüpft, da diese insbesondere auf der Überzeugung basiert, dass lange Transportwege den Schadstoffausstoß erhöhen (Zanoli, 2004, S.69). Darüber hinaus wollen Befragte durch den Kauf regionaler Produkte die Regionalwirtschaft stützen (Baranek, 2007, S.117; Zanoli, 2004, S.69) und selbst davon profitieren, dass, nach Einschätzung der Verbraucher, regionale Ware besonders frisch, naturbelassen und somit qualitativ hochwertig ist (Zanoli, 2004, S.118). Zuletzt geht Schöberl (2012, S.29) auf die Affinität der Bio-Käufer zu Fair Trade ein. Hinter dem Begriff Fair Trade verbirgt sich die gerechte Entlohnung der Erzeuger in Entwicklungsländern (De Pelsmacker, Driesen, & Rayp, 2005, S.367).

Die Kaufmotive für nachhaltige Lebensmittel lassen sich in zwei Gruppen unterteilen. Gesundheit und Geschmack zählen zu den egoistischen Motiven (Faltins, 2010 S.55 f.; Guido, 2009, S.19), welche sich auf den ‚privaten’ Produktnutzen beziehen, der nur durch den Verzehr der betrachteten Produkte internalisiert werden kann (Wier et al., 2005, S.4). Dem gegenüber stehen die altruistischen oder ‚selbstlosen’ (Guido, 2009, S.19) Kaufmotive artgerechte Tierhaltung, Umweltschutz & Regionalität und Affinität zu Fair Trade (Faltins, 2010, S.56 f.). Altruistische Kaufmotive beziehen sich auf den ‚öffentlichen’ Produktnutzen (Wier et al., 2005, S.4). Belz und Ditze (2005, S.85) erklären altruistische Kaufintentionen für Bio-Lebensmittel anhand der Anreize des guten Gewissens sowie der Anerkennung durch andere, die zu gesteigerter Selbst- und Fremdachtung des Bio-Käufers führen. Egoistische und altruistische Kaufmotive schließen sich nicht gegenseitig aus. Kaufentscheidungen im Lebensmittelmarkt werden von einer individuellen Gewichtung von egoistischen und altruistischen Kaufmotiven beeinflusst (Harrison, Newholm & Shaw, 2005, S.2; Midmore et al., 2005 S.7). Das wirft die Anschlussfrage auf, welchen Anteil egoistische beziehungsweise altruistische Kaufintentionen an der Entscheidung für nachhaltige Lebensmittel haben. Häufig kommen Studien zu dem Ergebnis, dass egoistische Motive das Konsumverhalten besser prognostizieren können als ethische Intentionen (Magnusson et al., 2003, S.114; Zanoli, 2004, S.57 f.). Allerdings gibt es auch gegenläufige Forschungsergebnisse. So kam Guido zu dem Schluss, dass ethische Motive besser dazu geeignet sind, die Kaufentscheidungen für Bio-Lebensmittel zu erklären (Guido, 2009, S.32). Nicht zu vernachlässigen ist, dass die Gewichtung von Kaufmotiven, mit der Häufigkeit des Bio-Kaufs zusammenhängt. Selten- und Gelegenheitskäufer werden häufiger durch egoistische Motive zum Kauf verleitet. Ethische Motive spielen für diese Käufergruppe allenfalls eine untergeordnete Rolle (Spiller, Lüth, & Enneking, 2004, S.88; Zanoli & Naspetti, 2002, S.651, Faltins, 2010, S. 54).

3.1.2 Determinanten des Bio-Konsums

Diverse wissenschaftliche Studien kommen zu dem Ergebnis, dass sich soziodemographische Maße nicht zur Prognose des Bio-Konsums eignen (Aertsens et al., 2009, S.1151 f.; Bruder, Hamm, Bickel, Bien, & Michels, 2010, S.53; Hoffmann & Spiller, 2010, S.74). Besser geeignet sind psychografische Merkmale wie Werte und Überzeugungen (Lea & Worsley, 2005, S.864; Zanoli, 2004, S.21). Vor über zehn Jahren gab es bereits eine Studie zu jungen Erwachsenen als Zielgruppe für den Bio-Markt. Diese kam zu dem Ergebnis, dass das Umweltbewusstsein junger Menschen im Vergleich zur Vorgängergeneration der 68-er gesunken ist und sich junge Menschen deshalb nur bedingt als Zielgruppe für den Bio-Markt eignen (Freifrau von Berlichingen, 2006, S.301ff.). Diese Ergebnisse können allerdings nicht auf die Generation Y übertragen werden, weil es sich bei den Befragten um eine andere Spanne an Geburtsjahrgängen handelt (ebd., S.147). Es besteht erneuter Bedarf für eine empirische Untersuchung des nachhaltigen Konsums der jungen Erwachsenen von heute, denn die psychografischen Merkmale könnten sich intergenerational geändert haben.

3.1.3 Der Bio-Markt in Deutschland und die Attitude-Behavior-Gap

Der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Waren es im Jahr 2000 noch 2,1 Milliarden Euro Umsatz, so betrug der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland im Jahr 2016 ganze 9,5 Milliarden Euro (Statista, 2017). Das klingt erstmal sehr viel, doch mit einem Anteil von 4,4% des Bio-Umsatzes am gesamten Lebensmittelumsatz (Stand 2015), bleibt Deutschland deutlich hinter europäischen Nachbarn wie Dänemark und der Schweiz zurück (Foodwatch, 2016). Zu den wichtigsten Determinanten des Konsumverhaltens gehört das Konstrukt der Einstellung (Trommsdorff, 2009, S.145), insbesondere auch im Bereich Bio-Lebensmittel (Chen, 2007, S.1020f.; Guido, 2009, S.56ff.). Jedoch blieb in vergangen Jahren der Marktanteil von Bio-Lebensmitteln häufig hinter den, auf Befragungsergebnissen gestützten, Wachstumsprognosen zurück (Tögersen, 2007, S. 173; Tögersen/Ölander, 2006, S.1759; Götze, 2002, S.31). Es gibt in der Lebensmittelbranche also eine Diskrepanz zwischen den Einstellungen zu nachhaltigem Konsum und dem tatsächlichen Konsumverhalten in der Lebensmittelbranche (Gupta & Ogden, 2006, S. 200). Der Begriff Einstellung lässt sich definieren als „ [...] learned preposition to respond to any object in a consistently favorable or disfavorable way“ (Fishbein, 1967, S.483). Die klassische Einstellungsforschung basiert auf der Einstellungs-Verhaltens-Hypothese, laut der sich Einstellungen, durch direkte Einflussnahme auf das menschliche Verhalten, dazu eignen letzteres vorherzusagen (Güttler, 2003, S.102). Jedoch kamen Studien, welche die Kongruenz von bekundeten Einstellungen und nachhaltigem Konsumentenverhalten prüften, zu unterschiedlichen Ergebnissen. Einige Studien stellten einen signifikanten positiven Zusammenhang zwischen der Einstellung und dem Verhalten von Individuen fest (Arbuthnot 1977, S.228ff.; Six & Eckes, 1996, S.13). Andere kamen zu dem Schluss, dass es keine beziehungsweise nur eine schwache Korrelation zwischen Pro-Umwelt-Einstellungen und nachhaltigem Konsumverhalten gibt (Webster 1975, S.196; Wicker, 1969, S.65). Zum Teil lassen sich die unterschiedlichen Messergebnisse dadurch erklären, dass die Stärke des festgestellten Zusammenhangs zwischen Einstellung und Verhalten stark mit der gewählten Messmethode korreliert (Six & Eckes, 1996, S.7 ff.). Festzustellen bleibt, dass es im Markt für nachhaltige Lebensmittel eine Lücke zwischen Einstellung und Verhalten der Konsumierenden gibt – auch wenn es unterschiedliche Forschungsergebnisse bezüglich der Größe dieser Lücke gibt. In der Literatur wir die Diskrepanz zwischen Konsumeinstellungen und Konsumentenverhalten auch als Attitude-Behavior Gap bezeichnet (Schenkel-Nofz & Walther, 2004, S.217). Das nächste Unterkapitel geht näher auf das Potenzial von Nachhaltigkeitskommunikation zur Schließung der Attitude-Behavior-Gap ein.

3.2 Die Schließung der Attitude-Behavior-Gap

Als Ursache der Attitude-Behavior-Gap identifizieren Haubach, Moser, Schmidt und Wehner (2013, S.43f.) die mangelhafte Kompetenz des Kunden in Sachen Nachhaltigkeit, auf Basis derer der Konsumierende seine Kaufentscheidungen trifft. Haubach et al. vertritt die These, „dass Konsumenten, die ein ‚ökologischeres’ oder ‚nachhaltigeres’ Produkt kaufen wollen, die Klimaauswirkung von Produkten nur subjektiv und allzu häufig falsch bewerten und aufgrund der Komplexität der Produkte – Ihrer Vielfalt, Ausdifferenzierung, Beschaffenheit und Herkunft – kaum in der Lage sind, eine sachlich basierte Kaufentscheidung zu treffen.“ (ebd.). Im Folgenden wird die Forschungsarbeit von Haubach et. al zu emissionsarmen Konsumgütern auf nachhaltige Konsumgüter im Allgemeinen angewendet. Haubach et. al (2013, S.43ff.) geht der Frage nach, ob und wie die Lücke zwischen Verbrauchereinstellung und Verbraucherverhalten geschlossen werden kann. Die Konsumierenden verknüpfen die Problemfelder der Nachhaltigkeit noch zu wenig mit dem eigenem Konsumverhalten. Ein Weg, um diese Attitude-Behavior-Gap zu schließen, ist die Kommunikation von nachhaltigen Produkteigenschaften an den Endverbraucher. Doch nicht alle Kundengruppen können in gleichem Maße durch Nachhaltigkeitskommunikation beeinflusst werden. Es wird davon ausgegangen, dass das Risikobewusstsein über die Klimawirkungen von Konsumgütern und der Zugang zu Informationen über die Klimawirksamkeit von Produkten von Person zu Person variieren. Darüber hinaus wird unterstellt, dass es weitere interne und externe Handlungsbarrieren gibt, die nachhaltigen Konsum verhindern können. Auf Basis dieser Annahmen wird ein Modell erstellt, dass Kunden anhand der drei Dimensionen Risikobewusstsein, Informationsstand und Handlungsbarrieren in Gruppen unterteilt, welche sich unterschiedlich gut als Zielgruppe von Nachhaltigkeitskommunikation eignen (ebd., S.51).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Konsumententypologie der Nachhaltigkeit Quelle: Haubach et al. (2013, S.51)

In der dargestellten Konsumententypologie werden die Konsumierenden in fünf Extremtypen unterteilt, welche sich unterschiedlich gut als Zielgruppe für Nachhaltigkeitskommunikation eignen. Bei Typ 1, welcher als Idealtyp des nachhaltigen Konsumierenden angesehen werden kann, sind Risikobewusstsein und Informationsstand sehr hoch, während die Handlungsbarrieren sehr niedrig sind. Konsumententyp 2 weißt Informationsdefizite aber gleichzeitig auch hohes Risikobewusstsein auf. Dieser Typ eignet sich besonders gut als Ziel für Nachhaltigkeitskommunikation. Durch das Bereitstellen von Informationen können Wissensdefizite ausgeglichen werden, um den Konsumententyp 2 dem Idealtypus des nachhaltigen Konsumierenden anzunähern. Typ 3 verfügt weder über Risikobewusstsein noch über Informationen über die Umweltauswirkungen von Konsumgütern. Theoretisch ließe sich dieser Konsumententyp in Richtung des Idealtypus beeinflussen, doch dies wäre mit einem deutlichen Mehraufwand verbunden. Dann wäre da noch der ignorante Konsumententyp 4, welcher trotz guten Informationszugangs kein Risikobewusstsein entwickelt. Als letztes ist noch der Konsumententyp 5 zu nennen, der zwar gut informiert ist und über Risikobewusstsein verfügt, jedoch durch erhebliche Handlungsbarrieren am Kauf nachhaltiger Konsumgüter gehindert wird. Die Konsumententypen 4 und 5 eignen sich sehr schlecht als Zielgruppe für Nachhaltigkeitskommunikation (Haubach et al., 2013, S.51). In diesem Zusammenhang ist es von Interesse herauszufinden, wo sich die Mehrheit der Generation Y in diesem Koordinatensystem verorten lässt und inwieweit die Generation sich folglich als Zielgruppe für unternehmerische Nachhaltigkeitskommunikation eignet. Zum einen soll herausgefunden werden, wie nah die Generation am Idealtypus des nachhaltigen Konsumierenden liegt. Da die unterschiedlichen Konsumententypen sich zudem unterschiedlich leicht zum Idealtypus des nachhaltigen Konsumierenden entwickeln können, lassen sich aber noch weiter Schlüsse aus der Verortung innerhalb der Konsumententypologie ziehen. Sollte die empirische Studie zum Beispiel zum Ergebnis kommen, dass die Generation Y über Informationsdefizite verfügt, aber ansonsten dem Idealtypus des nachhaltigen Konsumierenden sehr nahekommt, dann liese sich dieses Problem gut durch produktbezogene Nachhaltigkeitskommunikation auflösen bzw. zumindest schmälern. Sollten dagegen die Handlungsbarrieren als größtes Hindernis identifiziert werden, so kann das Unternehmen nur begrenzt zur Lösung dieses Problems beitragen. Je nachdem wie nah die Generation Y am Idealtypus des nachhaltigen Konsumierenden liegt beziehungsweise wie leicht sie sich diesem annähern lässt, eignen sich unterschiedliche Formen der produktbezogenen Nachhaltigkeitskommunikation.

4. Nachhaltigkeitskommunikation

Zur Identifikation der passenden Ausrichtung der Nachhaltigkeitskommunikation für die Generation Y, wird Nachhaltigkeitskommunikation zunächst näher abgegrenzt. Nachhaltigkeitskommunikation definiert sich als „Verständigungsprozess, in dem es um eine zukunftsgesicherte gesellschaftliche Entwicklung geht, in deren Mittelpunkt das Leitbild der Nachhaltigkeit steht“ (Michelson, 2005, S.27). Nachfolgend sollen zunächst kommerzielle und nichtkommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation voneinander abgegrenzt werden, um im Anschluss zwei mögliche Ausrichtungsformen der produktbezogenen Variante kommerzieller Nachhaltigkeitskommunikation vorzustellen.

4.1 Kommerzielle und Nichtkommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation

Im Bereich der Nachhaltigkeitskommunikation lassen sich zwei große Forschungsrichtungen voneinander abgrenzen: Die kommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation und die nichtkommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation. Erstere meint unternehmerische Nachhaltigkeitskommunikation, die auf die Stärkung von Absatz, Vertrauensposition und Image des Unternehmens abzielt. Als Bestandteil des Marketing-Mix spielt Nachhaltigkeitskommunikation eine entscheidende Rolle bei der Vermarktung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen (Schrader, 2005, S.64ff.). Darüber hinaus kann kommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation unternehmerische Aktivitäten darstellen, unteranderem in Form von Corporate-Social-Responsibility-Maßnahmen und Nachhaltigkeitsreportings (Mast & Fiedler, 2005, S.565ff.). Nichtkommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation dagegen wird von verschiedensten Akteuren angewendet: Staatliche Institutionen, Parteien, Verbände und auch Unternehmen. Die Zielsetzung nichtkommerzieller Nachhaltigkeitskommunikation weißt sich als deutlich komplexer auf als jene der kommerziellen Nachhaltigkeitskommunikation, da erstere sich nicht durch das Verfolgen des Eigeninteresses des Sendenden, sondern durch die Einflussnahme auf gesellschaftspolitische Ziele legitimiert. Trotzdem kann auch bei der nichtkommerziellen Nachhaltigkeitskommunikation die Verfolgung des Eigeninteresses, z.B. in Form von Spenden sammeln, eine Rolle spielen. An dieser Stelle muss zwischen leitbildbezogenen Zielen, der Einflussnahme auf Einstellungen und Werte, und verhaltensbezogenen Zielen, welche auf die Veränderung konkreter Verhaltensweisen abzielen, unterschieden werden (Bilharz, 2008, S.88). Wir stellen also fest, dass es sowohl bei der kommerziellen als auch bei der nichtkommerziellen Nachhaltigkeitskommunikation eine abstraktere und eine weniger abstrakte Variante der Kommunikation gibt. Hierbei gibt es große Überschneidungen zwischen der produkt- und der verhaltensbezogenen Strategie. Sowohl die produktbezogene kommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation als auch die verhaltensbezogene nichtkommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation soll ein bestimmtes Konsumverhalten initiieren. Der Unterschied liegt darin, dass die kommerzielle im Gegensatz zur nichtkommerziellen Nachhaltigkeitskommunikation auf eine Markenbindung abzielt (Brand, Brumbacher, & Sehrer, 2003, S.188). Diese Arbeit richtet den Blick auf kommerzielle Nachhaltigkeitskommunikation und im Besonderen auf produktbezogene Kommunikation nachhaltiger Produkteigenschaften. Die hohe Überschneidung von produktbezogener und verhaltensbezogener Nachhaltigkeitskommunikation verdeutlicht, dass durch produktbezogene Kommunikation nachhaltiger Produkteigenschaften auch der nachhaltige Konsum in anderen Bereichen gefördert wird, wodurch die produktbezogene Nachhaltigkeitskommunikation an zusätzlicher gesellschaftlicher Relevanz gewinnt.

4.2 Ansätze der produktbezogenen Nachhaltigkeitskommunikation

Um die Bedeutung der Motivation und Fähigkeit der Konsumierenden zur Informationsverarbeitung für die zielgruppenspezifische Nachhaltigkeitskommunikation herauszuarbeiten, wenden wir unseren Blick auf das Elaboration Likelihood Model der Psychologie, welches im Jahr 1986 von Richard E. Petty und John T. Cacioppo entwickelt wurde (Petty & Cacioppo, 1986). Darauf basierend werden im Anschluss zwei mögliche Ausrichtungsformen produktbezogener Nachhaltigkeitskommunikaton gegenübergestellt.

4.2.1 Das Elaboration Likelihood Model

Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass sich ein Konsumierender mit produktbezogener Nachhaltigkeitskommunikation auseinandersetzt, gibt es zwei Ansatzmöglichkeiten: Die zentrale und die periphere Route der Informationsverarbeitung. Bei der Kommunikationsverarbeitung über den zentralen Weg stehen Argumente im Vordergrund, um das hohe Informationsbedürfnis, welches vor allem bei extensiven Kaufentscheidungen vorhanden ist, zu befriedigen. Bei emotionalen Kaufentscheidungen auf der peripheren Route spielen Informationen eine untergeordnete Rolle. Diese Form der Kommunikation eignet sich beispielsweise zur Einflussnahme auf Impulskäufe (Felser, 2007, S.323ff.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : Das Elaboration Likelihood Model Quelle: Röse (2012, S.66) in Anlehnung an Felser (2007, S.327)

Laut Felser (2007, S.323ff.) kann keine allgemeine Aussage darüber getroffen werden, welche Variante das höhere Beeinflussungspotential hat, da die beiden Herangehensweisen grundlegend verschieden sind. Der Vorteil der Beeinflussung über die zentrale Route liegt in der Zeitbeständigkeit und Widerstandsfähigkeit der Einstellungsänderung. Zudem sind die Auswirkungen auf das Verhalten des Rezipienten größer. Andererseits ist die Umsetzung der peripheren Beeinflussung einfacher, auch deshalb, weil Low-Involvement Käufe häufiger vorkommen. Auch lange Zeit nach dem Kauf wirkt Low-Involvement-Beeinflussung noch nach. An dieser Stelle drängt sich die Frage auf, wie hoch das produktbezogene Involvement von Erfrischungsgetränken ist. In der Literatur werden Erfrischungsgetränke als klassisches Beispiel für Low-Involvement-Güter genannt (Möll, 2007, S.134; Splawinski, 2014, S.34). Aktuelle Studien belegen aber, dass die Bedeutung sozialer Produkteigenschaften für die Generation Y zunimmt (Grieß, 2016, S.23). Vor diesem Hintergrund ist es von besonderem Interesse zu erfahren, wie hoch das Involvement der Generation Y für nachhaltige Erfrischungsgetränke ist und inwieweit sich folglich kostenwirksame Kommunikation nachhaltiger Produkteigenschaften für die Hersteller nachhaltiger Erfrischungsgetränke lohnt.

4.2.2 Ecotainment als emotionale Form der Nachhaltigkeitskommunikation

Laut Belz befindet sich Nachhaltigkeits-Marketing teilweise in einem Zielkonflikt zwischen ökologischen Anforderungen und Kundenbedürfnissen. Kurzum gilt: Je höher die ökologischen Anforderungen, desto weniger kann auf die Bedürfnisse der breiten Masse eingegangen werden. Mit hohen ökologischen Anforderungen spricht man dafür die Öko-Nische an, auch als sozial-ökologische Aktive bezeichnet (Belz, 2002, S.6). Lichtl unterscheidet zwischen sachlich-argumentativer, emotional-argumentativer und radikal-emotionaler Kommunikation. Eine sachlich-argumentative Ausrichtung der Kommunikation kennzeichnet sich durch Rationalität und viel Text. Zur Verarbeitung sachlich-argumentativer Kommunikation bedarf es intensiver Auseinandersetzung mit den Inhalten. Diese Ausrichtung der Kommunikation zeigt deutliche Parallelen zur zentralen Route des Elaboration Likelihood Models. Dem gegenüber steht die emotional-argumentative Gestaltungsform, bei der „emotionale Stilmittel wie Bilder sowie Sprache oft in Form von Headlines im Vordergrund stehen. Diese Form zielt darauf ab, auf die Gefühlswelt des Rezipienten beziehungsweise der Rezipientin Einfluss zu nehmen (Lichtl, 1999, S.53). Die radikal emotionale Gestaltungsform geht noch einen Schritt weiter. Hier werden die Inhalte der Nachhaltigkeitskommunikation ausschließlich emotional vermittelt. Die Kommunikation muss zwar wahrgenommen werden, aber es bedarf keinerlei inhaltlicher Auseinandersetzung mit der Botschaft (ebd., S.56). Diese Form der Kommunikation wird auch als Ecotainment bezeichnet. Ecotainment zielt darauf ab „das latent vorhandene, aber von materiellen Motiven überlagerte ökologische (und soziale) Bewusstsein so intensiv mit positiven Gefühlen zu verbinden, dass ein dominanter psychischer Nutzen entsteht“ (ebd., S.134). Unter ‚Ecotainment’, abgeleitet von ‚Ecology’ und ‚Entertainment’, versteht Belz eine Kommunikationsform im Spannungsfeld zwischen Information und Animation. Hier steht weniger Ökologie, sondern mehr Lebensfreude und -qualität im Mittelpunkt. Anders als bei der kommerziellen Umweltkommunikation wird Ökologie nicht dominant, sondern gleichberechtigt neben Preis und Qualität positioniert (Belz, 2002, S.6). Während Belz Ecotainment als Kombination von Information und Emotion sieht, was nach Einschätzung des Autors der emotional-argumentativen Kommunikationsstrategie von Lichtl entsprechen würde, definiert Lichtl Ecotainment als radikal-emotionalen Kommunikationsstil, der vor allem Konsumierende mit niedrigem Involvement für Nachhaltigkeit ansprechen soll (Lichtl, 1999, S.18f.). Im Rahmen dieser Arbeit wird die Begriffsabgrenzung von Lichtl verwendet. Die nachfolgende Tabelle soll die Unterschiede zwischen Umweltkommunikation und Ecotainment zusammenfassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 : Ecotainment und Umweltkommunikation im Vergleich

Eigene Darstellung in Anlehnung an Belz (2002, S.7) und Lichtl (1999, S.18f.)

Wenn wir unseren Blick nun wieder auf den Markt für Erfrischungsgetränke richten, können wir auch hier Bespiele sowohl für Ecotainment als auch für klassische Umweltkommunikation identifizieren. Der folgende Abschnitt erhebt nicht den Anspruch den Werbeauftritt der genannten Labels von Erfrischungsgetränken umfassend zu analysieren. Die drei Beispiele, die im Folgenden angerissen werden, dienen lediglich dazu die Konzepte Ecotainment und herkömmliche Umweltkommunikation besser zu veranschaulichen. Ein passendes Beispiel für Ecotainment ist die Werbekampagne der Vio Bio Limo von Coca-Cola aus dem Jahr 2015. Der Werbeslogan der Limo lautet Eine gute Laune der Natur. Im dazugehörigen TV-Spot performen lächelnde Tiere einen Song der Backstreet-Boys. Der Informationsgehalt dieses Werbespots erscheint vergleichsweise gering. Es steht eindeutig der Spaß im Vordergrund. Es ist anzunehmen, dass sich der Rezipient beziehungsweise die Rezipientin über den Werbespot amüsieren soll, um so die Vio-Bio Limo mit positiven Gefühlen in Verbindung bringen. Dazu passend ist die Vio-Bio Limo in kommerziellen Supermarktketten erhältlich. Es spricht also alles dafür, dass die Vio-Bio Limo die breite Masse ansprechen soll (ViO BiO Limo, 2015). Im Kontrast dazu steht die Limonade Bio-Zisch von Voelkl als Beispiel für herkömmliche Umweltkommunikation. Der Werbeaufritt der Bio-Zisch Limonade ist sehr textlastig. Dem Konsumierenden werden Fakten zum Produkt und dessen Herkunft bereitgestellt. Während bei der Vio Bio-Limo der Spaß im Vordergrund steht, geht es bei Bio-Zisch um Verantwortung für Mensch und Natur. Passend dazu findet man die Bio-Zisch Limonade nicht in kommerziellen Supermarktketten, sondern ausschließlich in Bio-Märkten. Alle Indizien sprechen als dafür, dass die Bio-Limo die Gruppe der sozial-ökologisch Aktiven ansprechen soll (Voelkel, o.J.). Viele weitere nachhaltige Erfrischungsgetränke befinden sich wohl irgendwo zwischen diesen Extremen. Nach Meinung des Autors lässt sich zum Beispiel die Kommunikation von LemonAid als emotional-argumentativ einstufen. Die Website von LemonAid ist modern gestaltet. Das erste Foto, dass bei Aufruf der Website ins Auge sticht, ist eine Gruppe junger Menschen auf einem Festival. Nach einigen Sekunden wird ein anderes Werbebild zu sozialen Projekte von LemonAid eingeblendet. Es werden also Spaß und sachliche Informationen gewissermaßen kombiniert (Lemonaid Beverages GmbH, 2017). Diese Arbeit soll der Frage nachgehen, ob sich eher eine sachlich-argumentative, eine radikal-emotionale oder aber eine emotional-argumentative Ausrichtung der Nachhaltigkeitskommunikation am besten eignet, um die Generation Y anzusprechen. Falls die empirische Studie zu dem Ergebnis kommt, dass die Millenials hohes Involvement für Nachhaltigkeit aufweisen, wäre herkömmliche Umweltkommunikation über die zentrale Route der Informationsverarbeitung zu empfehlen. Sollte es der Generation aber an Interesse für nachhaltigen Konsum bzw. für nachhaltige Erfrischungsgetränken mangeln, so wäre zur Strategie des Ecotainments zu raten.

5. Methodik

Im Anschluss an die theoretische Erschließung der Themenkomplexe Konsumentenverhalten der Generation Y, Nachhaltigkeit im Lebensmittelmarkt und Nachhaltigkeitskommunikation wird nun der empirische Teil der Arbeit näher vorgestellt. Dafür werden zunächst die Vorgehensweise und Datengrundlage der Untersuchung erläutert. Es folgt eine detaillierte Herleitung der Operationalisierung der verwendeten Variablen, um daraufhin näher auf die Gestaltung der Umfrage einzugehen. Abschließend werden Erwartungen an die Untersuchungspopulation formuliert.

5.1 Vorgehensweise

Während in der ersten Hälfte theoriebasiert gearbeitet wurde, folgt in der zweiten Hälfte eine empirische Untersuchung. Diese soll aktuelles Datenmaterial liefern, welches das Fundament für die Empfehlung einer, auf die Bedürfnisse der Generation Y ausgerichteten, Kommunikationsstrategie bildet. Gegenüber der qualitativen Datenerhebung wird die quantitative Vorgehensweise bevorzugt, da nachhaltiger Konsum stark zwischen Käufertypen schwankt. Um alle Käufertypen abzudecken ist also eine große Stichprobe nötig (Schöberl, 2012, S.209). Es wurde die Methode der Online-Umfrage gewählt, welche eine besonders anonyme Befragungsform darstellt. Dadurch soll der verzerrende Effekt der sozialen Erwünschtheit, der gerade beim Konsum nachhaltiger Lebensmittel hoch ausfällt (Bien & Michels, 2007, S.2), möglichst gering zu halten. Zudem ermöglicht eine Online-Umfrage, innerhalb kurzer Zeit viele potenzielle Teilnehmende zu erreichen. Gerade auch die Zielgruppe der Generation Y ist online gut zu erreichen (Appel & Michel-Dittgen, 2013, S.27 ff.).

[...]


[1] Im Folgenden wird bei Wörtern, deren genderneutrale Formulierung die Lesbarkeit beeinträchtigen würde, auf die männliche Form des Wortes zurückgegriffen.

Ende der Leseprobe aus 56 Seiten

Details

Titel
Hipster-Getränke auf dem Vormarsch. Erfolgreiche Kommunikation nachhaltiger Produkteigenschaften an die Generation Y
Untertitel
Eine empirische Untersuchung am Beispiel von Erfrischungsgetränken
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Veranstaltung
Nachhaltigkeitsmanagement
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
56
Katalognummer
V367322
ISBN (eBook)
9783668459106
ISBN (Buch)
9783668459113
Dateigröße
2263 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nachhaltigkeit, Konsumverhalten, Erfrischungsgetränke, Generation Y
Arbeit zitieren
Claire Pfaunstiel (Autor:in), 2017, Hipster-Getränke auf dem Vormarsch. Erfolgreiche Kommunikation nachhaltiger Produkteigenschaften an die Generation Y, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/367322

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Hipster-Getränke auf dem Vormarsch. Erfolgreiche Kommunikation nachhaltiger Produkteigenschaften an die Generation Y



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden