Ist die Bundesrepublik Deutschland eine Kanzlerdemokratie?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffserläuterung „Kanzlerdemokratie“

3. Strukturprinzipien der Exekutive auf Bundesebene
3.1 Der Bundeskanzler
3.2 Die Bundesminister
3.3 Das Bundeskabinett

4. Grundlagen der Organisationsprinzipien der Regierung
4.1 Das Kanzlerprinzip
4.2 Das Ressortprinzip
4.3 Das Kabinettsprinzip

5. Gegenüberstellung der Organisationsprinzipien

6. Merkmale der Kanzlerdemokratie nach Karlheinz Niclauß
6.1 Politische Führungskraft des Bundeskanzlers
6.2 Das persönliche Prestige des Bundeskanzlers
6.3 Führung der Regierungspartei
6.4 Gegensatz zwischen Regierungslager und Opposition
6.5 Der Bundeskanzler als Außenminister

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland schreibt eine demokratische Staatsverfassung vor. Das bedeutet, eine Demokratie mit parlamentarischem Regierungssystem. Die Regierung soll vom Parlament gesteuert werden und nicht von dem Oberhaupt des Staates. Dies war die Leitidee bei der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Somit sollte sich die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg klar von der Demokratie der Weimarer Republik unterscheiden. „Das ist die Abgrenzung von der Weimarer Reichsverfassung mit ihrem starken Präsidenten (…)“[1]

Des Weiteren sieht das Grundgesetz einen starken Bundeskanzler und einen schwächeren Bundespräsidenten als Staatsoberhaupte vor. Somit wurde mit der Regierung des ersten Bundeskanzlers, Konrad Adenauer in den 1950ern. der Begriff der „Kanzlerdemokratie“ geboren.

Im Rahmen dieser Hausarbeit beschäftige ich mich mit der Fragestellung, ob die Bundesrepublik Deutschland als eine Kanzlerdemokratie zu definieren ist. Hat der Bundeskanzler wirklich eine herausgehobene Position oder ist er nur ein Teil der politischen Prozesse, wie andere Akteure auch?

Die Diskussion über die Machtverhältnisse im Bundestag ist gegenwärtig. Vor allem ist hierbei die Stellung des Regierungschefs, also die des Bundeskanzlers, gemeint.

Um eine Einführung in die Thematik zu geben, befasse ich mich im ersten Teil der Arbeit mit Grundlage-Informationen. Kapitel 2 gibt eine kurze Erläuterung des Begriffes „Kanzlerdemokratie“ wieder. In Kapitel 3 gehe ich auf die im Grundgesetz vorgegebenen Strukturprinzipien der deutschen Exekutive auf Bundesebene ein. Es wird ein Einblick in die Wahl bzw. Abwahl des Bundeskanzlers, die Bedeutung der Bundesminister und die Bildung des Kabinetts verschafft.

Dem folgt eine Einführung in die Regierungsgrundsätze der Bundesrepublik nach Artikel 65 des Grundgesetzes. Das Kanzler-, Ressort-, und Kabinettsprinzip.

Im Anschluss kontrastiere ich diese drei Regierungsgrundsätze und thematisiere sie.

Um nun weiteres Verständnis darüber zu verschaffen, wie die Kanzlerdemokratie zu verstehen ist, benenne und erkläre ich die Merkmale einer Kanzlerdemokratie, die von Karlheinz Niclauß aufgestellt wurden.

In meinem Fazit komme ich dann zu einer abschließenden Beurteilung darüber, ob die Bundesrepublik Deutschland als eine Kanzlerdemokratie zu verstehen ist.

2. Begriffserläuterung „Kanzlerdemokratie“

Eine klare und allgemeingültige Definition der Kanzlerdemokratie ist in Deutschland nicht gegeben, da der Begriff weniger wissenschaftlichen und mehr politisch-journalistischen Ursprungs ist. Der Begriff wird auf politische Systeme angewandt, in denen die Stellung des Bundeskanzlers, im Gegensatz zu der Stellung anderer politischer Akteure, herausgehoben wird. Entstanden ist der Begriff zu Zeiten der Adenauer-Regierung (1949-1961), da viele die Kanzlerschaft Adenauers als eine Kanzlerdemokratie beschreiben.

Von einer Kanzlerdemokratie ist die Rede, wenn der Kanzler seine Rechte bzw. seine Macht, die aus dem Grundgesetz stammen, weiter ausdehnt, um, im Gegensatz zu den anderen politischen Akteuren, seine Stellung in der Bundesregierung noch weiter hervorzuheben.

Mittlerweile ist der Begriff „Kanzlerdemokratie“ auch ein wissenschaftlich genutzter Begriff.[2]

3. Strukturprinzipien der Exekutive auf Bundesebene

3.1 Der Bundeskanzler

Die Bundesregierung setzt sich aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern zusammen. Der Bundeskanzler hat eine herausgehobene Position in der Bundesregierung inne. Ihm obliegt die Bildung des Kabinetts, die Leitung der Geschäfte der Bundesregierung und die Definition der Richtlinien der Politik.[3]

Die Wahl des Kanzlers läuft wie folgt ab:

Nach Gesprächen mit den Parteien- und Fraktionsvorsitzenden schlägt der Bundespräsident einen Kandidaten für das Amt des Bundeskanzlers vor. In der Realität jedoch, entscheiden der Wahlausgang und die Kräfteverhältnisse der Parteien darüber, wer als Kanzler kandidiert.

„Und tatsächlich ist der Spielraum für den Bundespräsidenten bei der Wahl des Kanzlers normalerweise gering. Gewählt wird am Ende, wer eine handlungsfähige Mehrheit von Abgeordneten im Bundestag hinter sich zu bringen vermag, gleichviel, ob darunter die stimmenstärkste Partei ist oder nicht, und unabhängig davon, ob dem Bundespräsidenten die Person und Partei des Kanzlerkandidaten zusagt oder nicht.“[4]

Der Bundestag stimmt über diesen Wahlvorschlag ab, und zwar ohne vorherige Absprache. Um gewählt zu werden benötigt der Kandidat die absolute Mehrheit der Stimmen. Erhält er diese sogenannte „Kanzlermehrheit“, wird er vom Bundespräsidenten ernannt und vereidigt. Wenn der Kandidat jedoch im Bundestag keine absolute Mehrheit erreicht, dann schließt sich eine zweite Wahlphase an. Innerhalb von 14 Tagen muss der Bundestag einen neuen Kandidaten wählen. Erhält dieser Kandidat die absolute Mehrheit im Bundestag, so wird er vom Präsidenten ernannt und vereidigt. Erhält dieser Kandidat nun auch keine absolute Mehrheit, dann muss der Bundestag einen anderen Kandidaten wählen.

In dieser dritten Phase wird der Kandidat zum Kanzler gewählt, der die meisten Stimmen, also die relative Mehrheit, hat. Der Bundespräsident entscheidet darüber, ob er den Kandidaten, der mit einer relativen Mehrheit gewählt wurde, zum Kanzler ernennt oder nicht und somit den Bundestag auflöst. Bei einer Wahl mit der Kanzlermehrheit jedoch, hat der Bundespräsident nicht die Option den Bundestag aufzulösen und den Kanzler nicht zu ernennen.

3.2 Die Bundesminister

Wie schon erwähnt, bildet der Bundeskanzler gemeinsam mit den Bundesministern die Bundesregierung. Die Bundesministerien werden von den jeweiligen Bundesministern, in eigener Verantwortung und im Rahmen der Richtlinien des Bundeskanzlers, geleitet. Auf Vorschlag vom Bundeskanzler werden sie vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen. Die Ministerien bestehen aus verschiedenen Abteilungen mit unterschiedlichen Leitern und Referenten. Des Weiteren stehen den Bundesministern parlamentarische Staatssekretäre zu Verfügung, die die Arbeit des Ministers entlassen sollen.[5]

3.3 Das Bundeskabinett

Das Bundeskabinett setzt sich zusammen aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern. Das Kabinett hat die Aufgabe Gesetzesentwürfe oder Verordnungen zu erarbeiten und diese Vorlagen einzubringen. Im Grundgesetz, den Geschäftsverteilungsplänen, den Haushaltsgesetzen und der Geschäftsordnung kann man die Aufgaben des Kabinetts entnehmen. Die Aufgaben, nach denen die Bundesregierung organisiert ist, ist in der Verfassung in drei Grundprinzipien gegliedert: das Kanzlerprinzip, das Ressortprinzip und das Kabinettsprinzip.[6]

4. Grundlagen der Organisationsprinzipien der Regierung

4.1 Das Kanzlerprinzip

Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wird dem Bundeskanzler eine heraus gehobene Stellung innerhalb der Bundesregierung und somit dem gesamten parlamentarischen Regierungssystem zugewiesen. Der Artikel 65 GG, der die Kompetenzverteilung innerhalb der Bundesregierung regelt, legt fest: „Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. (...) Der Bundeskanzler leitet ihre Geschäfte (der Bundesregierung, Verf.) nach einer (...) Geschäftsordnung.“ Dem Bundeskanzler wird also im Grundgesetz eine „Führungsrolle“[7] bei der Regierungstätigkeit erteilt, die im wesentlichen durch die Richtlinienkompetenz, die Organisationsgewalt der Regierung und die Gesamtleitung der Geschäfte definiert wird.

[...]


[1] Schmidt, Manfred G., Das politische System Deutschlands, München 2007, S. 29

[2] Schmidtke, Evelyn, Der Bundeskanzler im Spannungsfeld zwischen Kanzlerdemokratie und Parteiendemokratie. Ein Vergleich der Regierungsstile Konrad Adenauers und Helmut Kohls, Marburg 2002, S. 12

[3] Hesse, Konrad, Dr., Grundzüge des Verfassungsrechts, Karlsruhe 1977, S.250

[4] Schmidt, Manfred G., S.167

[5] Hesse, Konrad, Dr., S. 255

[6] Pilz, Frank, Einführung in das Politische System der BRD, München 1977, S. 88

[7] Gabriel, O. W. / Holtmann, E., Handbuch politisches System der Bundesrepublik Deutschland, 1997, S. 193

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Ist die Bundesrepublik Deutschland eine Kanzlerdemokratie?
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Politik)
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
17
Katalognummer
V367035
ISBN (eBook)
9783668456976
ISBN (Buch)
9783668456983
Dateigröße
1341 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bundeskanzler, Bundespräsident, Kanzlerdemokratie, Politisches System Bundesrepublik
Arbeit zitieren
Nermin Gündüz (Autor:in), 2011, Ist die Bundesrepublik Deutschland eine Kanzlerdemokratie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/367035

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