Die neurobiologischen Auswirkungen im Verlauf einer Suchterkrankung am Beispiel von Alkoholismus


Facharbeit (Schule), 2016

26 Seiten, Note: sehr gut (minus)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Alkoholismus
II.1 Definition

III. Die neurobiologischen Grundlagen
III.1 Aufbau und Funktion des zentralen Nervensystems
III.1.1 Das limbische System
III.1.1.1 Das Belohnungssystem
III.1.1.2 Amygdala
III.1.2 Neuronales Netzwerk: Neuronen, Synapsen und Neurotransmitter
III.1.2.1 Neuronen
III.1.2.2 Synapsen
III.1.2.3 Neurotransmitter
III.1.2.3.1 Dopamin
III.1.2.3.2 Serotonin
III.1.2.3.3 Gamma-Aminobuttersäure (GABA)
III.1.2.3.4 Glutamat

IV. Die neurobiologischen Auswirkungen durch Alkoholismus

V. Empirische Untersuchung
V.1 Auswertung

VI. Resümee

VII. Anhang
VII.1 Literaturverzeichnis
VII.2 Abbildungsverzeichnis
VII.3 Fragebogen
VII.4 Diagramme

I. Einleitung

Im Rahmen der Facharbeit wird auf die Alkoholabhängigkeit und ihre neurobiologischen Auswirkungen genauer eingegangen.

Die zentrale Frage lautet, welche Auswirkungen der Alkoholkonsum, insbesondere der lange Konsum, wie er bei einer Alkoholabhängigkeit vorkommt, hat.

Die Motivation dahinter sind die vielen Menschen, die an einer Alkoholabhängigkeit erkrankt sind und sich aber meistens nicht bewusst sind, was für deutliche neurobiologische Konsequenzen der langfristige bzw. auch schon der kurzfristige Konsum nach sich zieht.

Insgesamt ist die Alkoholabhängigkeit in den westlichen Industrienationen die häufigste psychische Erkrankung bei Männern und die zweithäufigste bei den Frauen. Allein in der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich über 30 000 ambulante und stationäre Entwöhnungsbehandlungen durchgeführt

Diese zentrale Frage wird mit Hilfe geeigneter Fachliteratur untersucht. Außerdem werden die Ergebnisse der Fachliteraturanalyse mit einer eigenen empirischen Erhebung verglichen, wozu auf der Basis der Fachliteratur Fragebögen erstellt werden, die von Alkoholabhängigen einer ambulaten Suchttherapiegruppe ausgefüllt werden.

Dies dient dem Ziel die neurobiologischen Auswirkungen des Alkoholkonsums und speziell der Abhängigkeit nicht nur zusammenzufassen, sondern anhand der Probanden diese zu verdeutlichen bzw. erst einmal zu untersuchen, inwiefern die Ergebnisse der Literatur und der empirischen Erhebung übereinstimmen.

II. Alkoholismus

Der Begriff Alkoholismus wird wie auch andere Begriffe (z.B. Alkoholabusus, Abhängigkeitssyndrom) als Synonym für die Alkoholabhängigkeit verwendet (vgl. Lindenmeyer, 2005; 1). Im Folgenden werden nur die Grundlagen, die für das allgemeine Verständnis von Nöten sind, betrachtet.

II.1 Definition

Als einfach zu handhabende Faustregel gilt:

„Alkoholabhängig ist entweder, wer den Konsum von Alkohol nicht beenden kann, ohne dass unangenehme Zustände körperlicher oder psychischer Art eintreten, oder wer nicht aufhören kann zu trinken, obwohl er sich oder anderen immer wieder schweren Schaden zufügt“ (Leibing et al., 2003; 188).

Nach den genauen Diagnosekriterien nach ICD-10 (Internationale Klassifikation psychischer Störungen) ist die Diagnose etwas schwieriger.

Es müssen mindestens 3 der Diagnosekriterien innerhalb des letzten Jahres gleichzeitig vorhanden gewesen sein, um das Abhängigkeitssyndrom (F10.2) diagnostizieren zu können. Mithilfe der fünften Stelle des Diagnosenamens ist es möglich, die Alkoholabhängigkeit weiter zu unterteilen. Für diese Arbeit sind allerdings nur die Diagnosen F 1024- F 1026 von Bedeutung:

F 1024 steht für den gegenwärtigen, F 1025 für den ständigen und F 1026 für den episodischen Alkoholkonsum (vgl. Lindenmeyer, 2005; 2ff.).

III. Die neurobiologischen Grundlagen

Zum besseren Verständnis der neurobiologischen Wirkung werden hier die für das Thema wichtigen Grundlagen genauer erklärt. Dazu zählen vor allem das zentrale Nervensystem (ZNS) und dessen Wirkweise mithilfe von Synapsen und Neurotransmittern.

III.1 Aufbau und Funktion des zentralen Nervensystems

Das zentrale Nervensystem setzt sich aus dem Gehirn und dem Rückenmark zusammen. Das Rückenmark ist ca. 50cm lang und verläuft eingebettet in den Wirbelkanal der Wirbelsäule. Die im Querschnitt zu erkennende graue Substanz besteht vorwiegend aus Zellkörpern der verarbeitenden Neuronen, die man als Ganglien zusammenfasst. Sensorische Reize, die durch die Spiralnerven weitergeleitet werden, werden in den sensorischen Hinterhörnern verarbeitet.

Neben der grauen Substanz besteht das Rückenmark noch aus einer umgebenden weißen Substanz, die aus umkleideten, myelinhaltigen Nervenfasern besteht, die entweder auf- oder absteigen. Diese markhaltigen Axone leiten Informationen entweder zum Gehirn (afferente Fasern) oder erhalten Informationen, die vom Gehirn ausgehen (efferente Fasern).

Das Gehirn liegt eingebettet in drei schützende Häute und ist von der knöchernen Schädelkalotte umgeben. Außerdem wird es von zahlreichen Blutgefäßen versorgt. Grob kann man das Gehirn in 6 Bereiche einteilen: das Großhirn, welches aus zwei Hemisphären besteht, die durch den Balken miteinander verbunden sind, das Zwischenhirn, das limbische System, das Kleinhirn, dem Hirnstamm und dem Mittelhirn (vgl. Hülshoff, 2008; 64f.).

III.1.1 Das limbische System

Der bei der Alkohol-abhängigkeit wichtigste Teil des Gehirns stellt das limbische System dar, welches genau genommen keine Gehirnstruk-tur ist. Es ist ein neuronales Netzwerk, zu dem bestimmte Strukturen wie der Hippo-campus und die Amygdala gehören.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 - Das limbische System (Axess, kein Datum; 13)

Außerdem hängt das limbische System sehr eng mit dem Hypothalamus und dem Prä-frontalem Kortex zusammen.

Das limbische System hat sowohl Einfluss auf das endokrine als auch auf das autonome Nervensystem.

Das endokrine System ist für die Hormonsekretion verantwortlich, das autonome für die unwillkürlichen Körperfunktionen, wie z.B. die Atmung oder den Herzrhythmus, und für die Aufrechterhaltung der Homöostase, also des inneren Gleichgewichts.

Im Grunde stellt das limbische System eine Sammelstelle für Informationen aus verschiedenen Hirnregionen dar, welche dafür verantwortlich ist, dass zu den jeweiligen Situationen eine angemessene Reaktion ausgeführt wird (vgl. Axess, kein Datum, 13).

Laut Beyer et al. (2013; 251) ist das limbische System entscheidend an der Übertragung von Informationen ins Langzeitgedächtnis beteiligt, da es für die emotionale Bewertung zuständig ist.

Außerdem befindet sich das dem Hypothalamus übergeordnete Zentrum des Affektgeschehens, der Aufmerksamkeit, der Merk- und Lernfähigkeit und der Gefühle und Stimmungen innerhalb des limbischen Systems (vgl. Rexrodt, 1981; 103).

III.1.1.1 Das Belohnungssystem

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2- Das Belohungssystem (Axess, kein Datum; 14)

Das Belohnungssystem ist Teil des limbischen Systems, das sich aus dem ventralen tegmentalen Areal (VTA) und dem Nucleus accumbens (NA) zusammensetzt. Alkohol aktiviert das ventrale tegmentale Areal, welches sich im Zentrum des Gehirns befindet. Dort treffen Informationen über den Befriedigungsgrad der Grund-bedürfnisse aus mehreren Gebieten des limbischen Systems zusammen. Zu den Grundbedürfnissen gehören z.B. die Atmung, Ruhe und Schlaf, Muskel- und Nervenaktivität sowie soziale Kontakte. Diese Informationen werden anschließend an den Nucleus accumbens, der weiter vorne im Gehirn liegt, weitergeleitet. Dieser Schaltkreis führt dazu, dass interessante Handlungen ermittelt und verstärkt werden, um sie zukünftig erneut ausführen zu können. Hierzu wird der Neurotransmitter Dopamin verwendet (vgl. Axess, kein Datum; 14).

III.1.1.2 Amygdala

Die Amygdala (Mandelkern) ist ein zweifach ausgebildetes Kerngebiet des Gehirns, welches sich im medialen Teil des Temporallappens befindet und ebenfalls zum limbischen System gehört. Sie spielt bei der Entstehung der Angst sowie bei der emotionalen Bewertung und Wiedererkennung von Situationen sowie der Analyse möglicher Gefahren eine wesentliche Rolle. Dazu verarbeitet sie externe Impulse. Im Falle einer Zerstörung beider Mandelkerne kommt es zu einem Verlust des Furcht- und Aggressionsempfindens, welches zum Zusammenbruch der Warn- und Abwehrreaktionen führt. Kommt es z. B. zu einem Ungleichgewicht der Neurotransmitter sind Fehlfunktionen der Amygdala wie Gedächtnisstörungen, die Unfähigkeit der emotionalen Einschätzung von Situationen und Depression die Folge (vgl. Tretter, 28.2.2007; 4).

Laut Förstl et al. (2006; 27) sind die Hauptfunktionen der Amygdala vor allem die Kontrolle vegetativer Funktionen und Stressregulation, Kontrolle affektiver Reaktionen, die emotionale Konditionierung sowie die emotional unterstützte Konsolidierung von Lerninhalten.

III.1.2 Neuronales Netzwerk: Neuronen, Synapsen und Neurotransmitter

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Neuron mit Axon und Dendriten (Hülshoff, Das Gehirn; 33)

In unserem Gehirn findet man Vielzahl von neuronalen Netzwerken. Dies sind höher geordnete Netzwerke aus sehr vielen Nervenzellen, deren Fortsätze über teilweise große Distanzen wachsen und sich mithilfe von Synapsen mit definierten Partnerzellen verschalten (vgl. Hummel, kein Datum; 1).

Die Kommunikation innerhalb dieser verschiedenen neuronalen Netzwerke geschieht mithilfe verschiedener Neurotransmitter. Diese verschmelzen durch die synaptischen Vesikel im Rahmen einer Exocytose mit der präsynaptischen Membran, wenn ein Aktionspotential in der Präsynapse ankommt, wodurch diese in den synaptischen Spalt abgegeben werden. Dort docken sie an geeignete Rezeptoren an und lösen wiederum eine Erregung aus, die sich am Axonhügel der Postsynapse in ein elektrisches Signal umwandelt. Die Neurotransmitter lösen sich anschließend von den Rezeptoren und werden je nach Transmitterart z. B. durch Endocytose oder durch Transporter wieder in die Präsynapse aufgenommen (vgl. Beyer et al., 2013; 228).

III.1.2.1 Neuronen

Das Gehirn besteht aus einem Netzwerk aus über 100 Milliarden Neuronen, oder auch Nervenzellen genannt, die sich anders als andere Zellen nach der Geburt nicht mehr vermehren können. Neuronen sind hochspezialisierte Zellen, die Informationen aufnehmen, bearbeiten und weiterleiten.

Ein Neuron besteht aus allen wesentlichen Merkmalen einer normalen Zelle wie z. B. dem Zellkern. Allerdings besitzt ein Neuron eine Membran, die mehrere Ausstülpungen aufweist. Diese Fortsätze werden als Axon bezeichnet, über die Informationen über eine saltatorische Erregungsleitung (beim Menschen) zur Synapse und somit zu anderen Zellen geleitet werden. Neben dem informationsweiterleitenden Axon besteht das Neuron noch aus weiteren, mitunter tausenden Verästelungen, den sogenannten Dendriten, die Informationen von anderen angrenzenden Neuronen empfangen (vgl. Hülshoff, 2008; 31f.).

III.1.2.2 Synapsen

Als Synapse bezeichnet man die Verbindungsstelle zweier Nervenzellen, an der Erregungen übertragen werden. Der Aufbau einer Synapse besteht aus dem Endknöpfchen, einem verdickten Axonende, dem synaptischen Spalt und der postsynaptischen Membran. Die Bereiche vor dem synaptischen Spalt werden als präsynaptisch bezeichnet, die da hinter folglich als postsynaptisch. Die Neurotransmitter befinden sich in winzigen Mengen in den synaptischen Bläschen, die im Endknöpfchen zu finden sind. Passende Rezeptorproteine zu den Transmittermolekülen befinden sich in der postsynaptischen Membran. Daneben sind dort noch Enzyme für den Abbau des Transmitters verankert (vgl. Beyer et al., 2013; 228).

III.1.2.3 Neurotransmitter

Transmitter werden, wenn sie speziell im zentralen Nervensystem vorkommen, als Neurotransmitter bezeichnet. Neurotransmitter können in 3 große Gruppen unterteilt werden: es wird zwischen anregenden, hemmenden und solchen die sowohl anregend als auch hemmend wirken unterschieden. Zu den Anregenden gehört z. B. Glutaminsäure, zu den Hemmenden vor allem Gamma-Aminobuttersäure und zu den „Zwittern“Dopamin und Serotonin (vgl. Rexrodt, 1981; 233).

Laut Hülshoff (2008; 36) beruht die Wirkung zahlreicher Suchtstoffe entweder auf der Beeinflussung körpereigener Neurotransmitter oder darauf, dass sie künstlich an den Rezeptor andocken und so eine neuronale Erregung auslösen.

III.1.2.3.1 Dopamin

Dopamin ist einer der wichtigsten Neurotransmitter. Dopaminerge Neurone, also Nervenzellen, in denen man Dopamin wiederfindet, befinden sich hauptsächlich im Mittelhirn (vgl. Tretter, 28.2.2007; 10).

Laut Axess (kein Datum; 15) ist Dopamin der zentrale Botenstoff des Belohnungssystems, das zu einem Lernsignal führt, da erhöht Dopamin freigesetzt wird, wenn man eine Belohnung erhält, mit der nicht gerechnet wurde. Im Gegensatz dazu, fällt die Dopamin Konzentration unter den normalen Wert, wenn vergeblich auf eine Belohnung gewartet wird. Aufgrund dieses Vorgangs wird die Wahrscheinlichkeit, dass das belohnte Verhalten erneut gezeigt wird, erhöht. Dadurch lässt sich auch die Wirkung von Drogen, wie z. B. Alkohol erklären, da sie zu einer erhöhten Dopamin Ausschüttung führen und somit wiederholt werden wollen.

III.1.2.3.2 Serotonin

Serotonin gehört zur Gruppe der Monoamine und fungiert im ZNS als Neurotransmitter. Außerdem reguliert es den Tonus (Druck) in den Blutgefäßen, woher sich auch sein Name ableitet (vgl. Tretter, 28.2.2007; 29).

Der Hauptwirkort verläuft vom Stammhirn mit Verzweigungen über das gesamte Gehirn. Das Serotonin -System ist im Falle eines Mangels maßgeblich am Zustandekommen einer Depression beteiligt. Jedoch ist es nicht nur an der Stimmungslage beteiligt, sondern auch am Schlaf-Wach-Rhythmus, dem Erregungszustand, dem Erleben der eigenen Vitalität und vielem anderem mehr (vgl. Hülshoff, 2008; 115).

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die neurobiologischen Auswirkungen im Verlauf einer Suchterkrankung am Beispiel von Alkoholismus
Note
sehr gut (minus)
Autor
Jahr
2016
Seiten
26
Katalognummer
V367027
ISBN (eBook)
9783668458680
ISBN (Buch)
9783668458697
Dateigröße
2752 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sucht, Biologie, Alkoholismus, Neurobiologie, Psychische Erkrankungen, Veränderungen im Gehirn
Arbeit zitieren
Corinna Dörr (Autor:in), 2016, Die neurobiologischen Auswirkungen im Verlauf einer Suchterkrankung am Beispiel von Alkoholismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/367027

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