"The Times They Are A-Changin'". Musikalischer Protest gegen den Vietnamkrieg in den USA

Ist ein Einfluss durch die Musik Bob Dylans und Joan Baez' in der Antikriegsbewegung erkennbar?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2017

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historischer Kontext
2.1 Vietnamkrieg und die US-Politik
2.2 Antikriegsbewegung und die „Gegenkultur“

3. Protestmusik
3.1 Definition
3.2 Künstler
3.2.1. Bob Dylan
3.2.2 Joan Baez
3.3 Einfluss

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

"We stand today on the edge of a new frontier - the frontier of the 1960`s - a frontier of unknown opportunities and perils - a frontier of unfulfilled hopes and threats." 1

Dieses Zitat des designierten amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy umschreibt bereits im Sommer 1960, in treffender Weise, das vorliegende Jahrzehnt in der US-amerikanischen Geschichte. Schon zu Beginn der Dekade sah Kennedy die USA in eine Zeit der unbekannten Möglichkeiten und Gefahren zusteuern. Seine Prophezeiung wird sich durch das ganze Jahrzehnt ziehen, auch wenn Kennedy diese Umbrüche größtenteils selbst nicht mehr miterlebte. Durch seinen Tod im Jahre 1963 wurde er selbst zu einem Bestandteil des Mythos der 60er Jahre. Jenes Jahrzehnt erhielt seinen mythischen Charakter, den es bis in die heutige Zeit innehat, durch die Bürgerrechtsbewegung und die Ermordung Martin Luther Kings, die Bewegung für die Rechte von Frauen und durch den ausufernden Krieg in Vietnam, sowie der damit verbundenen Friedensbewegung.2

Jene Zeit spiegelte schließlich auch einen Aufbruch in das Unbekannte, den Aufbruch zu einem "mind change" innerhalb der US-Bevölkerung wieder. War die Präsidentschaft Eisenhowers Ende der 50er Jahre noch durch Konservatismus, mit einem möglichen Erhalt von Werten und von einem starken Sicherheitsbedürfnis geprägt, so stellte die Präsidentschaftswahl zwischen Kennedy und Nixon Anfang der 60er Jahre eine Wahl zwischen dem Erhalt des System Eisenhowers (Nixon) und einem Start in eine neue Ära (Kennedy) dar. Dies war gleichbedeutend mit einer Entscheidung zwischen dem Bekannten und dem Unbekannten. Kennedy und Johnson gewannen die Wahl und die Weichen für das folgende Umbruchjahrzehnt waren gestellt.

Johnson war es, welcher nach dem Tod Kennedys das Präsidentschaftsamt übernahm, der die Vereinigten Staaten im Jahr 1964 in den Krieg mit Vietnam führte. Nach einem Angriff der Nordvietnamesen auf ein amerikanisches Marineschiff erhielt der Präsident vom amerikanischen Kongress die Befugnis in Vietnam einzugreifen.3 Dies sollte der Startpunkt für eine offene Auseinandersetzung mit dem südostasiatischen Land darstellen. Weltweit, vor allem in der amerikanischen Bevölkerung, stieß dieses Verhalten auf Ablehnung und Kritik. Insbesondere die Jugend- und Studentenbewegungen äußerten offen ihren Protest gegen die politische Führung und deren Engagement gegen den Vietnam.

An diesem Punkt möchte die Hausarbeit einhaken und die genauen Umstände der Protestbewegung anhand des Stilmittels den Protestsong näher beleuchten. Ist ein Einfluss durch die Musik Bob Dylans und Joan Baez in der Antikriegsbewegung erkennbar? Zunächst soll der historische Kontext genauer skizziert werden, bei dem vor allem die präzisen Umstände des Vietnamkrieges und das Engagement der US-Regierung in den Blick genommen werden. Der Subkultur der Antikriegsbewegung wird ebenfalls ein detaillierter Abschnitt gewidmet. Nach der Darstellung der Umstände wird der Fokus auf die Musik, vordergründig dem Protestsong als Stilmittel, gelegt. Im genaueren wird eine Definition des Protestsongs erstellt und verschiedene Interpreten sowie deren Einwirkung auf die Subkultur untersucht.

Bevor nun der Schritt in den Hauptteil dieser Arbeit erfolgt, wird ein kurzer Blick auf die Literatur gelegt. Da sich die Thematik auf die Geschichte der USA bezieht, ist es augenscheinlich, dass dieser Arbeit hauptsächlich englischsprachige Literatur zu Grunde liegt. Hervorgehoben sei an dieser Stelle Terry Andersons Werk "The movement and the sixties. Protest in America from Greensboro to the wounded knee" 4, welches einen detaillierten Blick auf die Jahre 1960 bis in die frühen 1970er Jahre wirft und die Gegenkultur der 60er Jahre genaustens beleuchtet. Positive Resonanz erhielt der Autor vom Wall Street Journal, welches ihm attestierte: "Mr. Anderson is right about the continuing influence of the counterculture on America" 5 . Auch Publishers Weekly findet positive Worte zu seinem Werk über die 1960er Jahre.6

Des Weiteren wären an dieser Stelle noch weitere wichtige Autoren zu nennen, die sich mit der Thematik befasst haben, aber aus Gründen der Übersichtlichkeit und des geringen Umfangs der Arbeit können sie nur namentlich Erwähnung finden.7

2. Historischer Kontext

Das folgende Kapitel soll einen Überblick über das Jahrzehnt liefern, um so einen besseren Einblick über die Geschehnisse zu bekommen. Thematisch ist es in den Vietnamkrieg und der US-Politik und der Antikriegsbewegung gegliedert.

2.1 Der Vietnamkrieg und die US-Politik

Wie bereits in der Einleitung angeklungen, traten die Amerikaner 1964 offen in die Kriegshandlungen in Vietnam ein. Auslöser war der Angriff der nordvietnamesischen Armee auf ein US-amerikanisches Marineschiff.8 Im Anschluss an dieses Manöver flog die US-Airforce erste Vergeltungsflüge gegen den Norden. Rückhalt für diese Operationen erfuhr Präsident Johnson durch den amerikanischen Kongress, der die Handlungen durch die Tonkin-Resolution legitimierte. Der Name dieser Resolution lag dem Golf von Tonkin zu Grunde, in dem der amerikanische Zerstörer "Maddox" seitens der Nordvietnamesen angegriffen wurde. Diese Ermächtigung erlaubte es Johnson alle nötigen Mittel, auch gewaltsame, vorzunehmen, um die nordvietnamesische Armee zu bekämpfen und Südvietnam zu unterstützen.

Die gestarteten Luftangriffe wurden bereits im Frühjahr 1965 intensiviert, nachdem es zu zwei weiteren Angriffen gegen amerikanische Kasernen gekommen war. Unter dem Namen "Rolling Thunder" ging diese Art der Kriegsführung in die Geschichte ein. Start des Unternehmens war der Februar 19659, beendet wurde die Operation im Jahr 1968. In dieser Zeit kam die US-Airforce auf 304.000 Einsätze, die aber nicht zu den gewünschten Erfolgen führten.10

Eine weitere Eskalationsstufe erfuhr der Vietnamkrieg ebenfalls im Jahr 1965, als amerikanische Bodentruppen in das südostasiatische Land entsandt wurden.11 Erstmals seit dem Koreakrieg waren nun wieder GIs in Kriegshandlungen auf dem asiatischen Kontinent verwickelt. Bis in das Jahr 1968 waren schätzungsweise 550.000 amerikanische Soldaten in den Krieg eingebunden. Nordvietnam sah die Landung der Marines als offene Kriegserklärung seitens der Amerikaner an. Dieses Jahr war ebenfalls ein Wendejahr in der amerikanischen Politik. Im kriegsgebeutelten Vietnam kam es seitens des kommunistischen Nordvietnams zur sogenannten "Tet-Offensive"12, bei der die wichtigsten Städte des Südens angegriffen wurden. Die amerikanische Armee, die US-Führung und auch der Südvietnam hatten nicht mehr mit dieser Schlagkraft gerechnet, was dazu führte, dass das Ansehen Johnsons in der öffentlichen Wahrnehmung stark sank. Ebenfalls war die Überzeugung an einen Sieg über Nordvietnam nun mehr keineswegs ausgeprägt. Als direkte Konsequenz dieser Fehleinschätzung ist die Nicht-Kandidatur Johnsons bei der folgenden Präsidentenwahl sowie eine Kehrtwende in der Innenpolitik zu sehen. Durch die hohen Verluste und Kosten änderte sich die öffentliche Wahrnehmung des Krieges stetig. Die noch zuvor kriegsunterstützende Bevölkerung wandte sich nun immer mehr gegen den Krieg. Es kam vermehrt zu lautstarken Protestmärschen.13 Unter dem Wahlversprechen den Vietnamkrieg zu beenden wurde der Republikaner Nixon zum neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Seiner Überzeugung nach konnte der Krieg nur durch eine Ausweitung gewonnen werden.14 Aufgrund dessen ließ er nordvietnamesische Stellungen an der Grenze zu Kambodscha bombardieren und brachte den Plan eines atomaren Schlages auf den Prüfstand. 1970 startete unter präsidialem Befehl der Einmarsch in das benachbarte Kambodscha15, was offene Kritik und Antikriegsdemonstrationen in den USA nach sich zog. Die Größte fand an der Kent University statt. Die Demonstration, bestehend aus Aktivisten der Antikriegsbewegung und feierwütigen Studenten, eskalierte zunehmend, sodass der Gouverneur von Ohio die Nationalgarde dazu beorderte, dem aktivistischen Treiben ein Ende zu setzen. Resultat dieses verheerenden Wochenendes waren vier tote Demonstranten. Anschließend kam es in den ganzen USA zu Solidaritätsdemonstrationen für die getöteten Aktivisten und gegen die Politik von Nixon.16

Auch innerhalb der US-Armee gab es Widerstand. Es kam gehäuft zu Befehlsverweigerungen gegenüber den Offizieren und auch der offensichtliche Missbrauch von Drogen führte zu einer stetig abnehmenden Moral. Diese Umstände zwangen Washington zum Handeln und die Beendigung des Krieges wurde zur Priorität.

Nixon sah sich gezwungen Friedensgespräche mit der Sowjetunion und China zu führen. Während der Gespräche mit dem kommunistischen China kam es zu einer Steigerung der Kriegshandlungen in Vietnam. Nachdem der Norden eine neue Offensive startete, ließ Nixon die nordvietnamesische Hauptstadt Hanoi bombardieren. Die Gespräche mit der Sowjetunion, für die Nixon nach Moskau reiste, fanden ihren Anfang zwei Wochen nach der erneuten Eskalation. Alle Seiten kamen aber überein, dass der Vietnamkrieg keinerlei Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen den USA und den kommunistischen Regimen hatte. Während dieser Gespräche kam es ebenfalls zu ersten Sondierungen zwischen Kissinger und Nordvietnam in Paris.17 Die Einigungen, welche in der französischen Hauptstadt erfolgten, hatten jedoch keinen Bestand, da Südvietnam diese ablehnte. Die Änderungen, die der Süden an das Abkommen stellte, wurden hingegen ebenfalls vom Norden abgelehnt. Die Folge der gescheiterten Verhandlungen waren gesteigerte Luftangriffe gegen den Nordvietnam Ende 1972.

Im Januar 1973 kam es zu erneuten Verhandlungen beider Kriegsparteien, welche mit der Unterzeichnung des Friedensabkommens in Paris endete.18 Somit war der Krieg für die Vereinigten Staaten beendet, jedoch nicht für den Vietnam. Bereits zwei Jahre später befand sich der Süden unter der Kontrolle des kommunistischen Nordens. Ein Umstand, welcher jedoch keine Reaktion beim amerikanischen Kongress hervorrief.

Die Bilanz des Krieges in Südostasien waren ca. 60.000 tote amerikanische Soldaten und fast fünfmal so viele Verwundete. Zudem spaltete dieser Krieg die amerikanische Gesellschaft wie kein anderer zuvor und danach. Auch die zurückgekehrten Soldaten hatten mit immensen Problemen zu kämpfen. Da der Krieg als verloren angesehen wurde, isolierte die Gesellschaft die GIs. Bis heute bleibt für die Soldaten und auch die Öffentlichkeit die Frage im Raum stehen, warum diese Opfer am anderen Ende der Welt erbracht werden mussten.19

2.2 Antikriegsbewegung und die „Gegenkultur“

Die 60er Jahren wurden geprägt durch zwei Ereignisse, welche die US-amerikanische Gesellschaft auf Dauer verändern sollten. Einerseits war es die Rassentrennung und die damit einhergehende Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung. Dieser wichtige Punkt der amerikanischen Geschichte, die Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King, ist jedoch nicht Schwerpunkt der Arbeit und wird auf Grund dessen nicht weiter erläutert. Andererseits war es der Vietnamkrieg, der die amerikanische Gesellschaft zu einem Umdenken zwang. Rückblickend können jene Ereignisse als Startpunkt bzw. Initialzündung der Protestbewegungen der 60er Jahre angesehen werden.

Der Vietnamkrieg stellt einen Kampf zweier gegensätzlicher Systeme dar. Es standen sich die USA mit dem dort vorherrschenden Kapitalismus auf der einen und die Sowjetunion und China als kommunistische Regime auf der anderen Seite feindlich gegenüber. Kapitalismus gegen Kommunismus. Der Vietnamkonflikt wurde so zu einem typischen Stellvertreterkrieg des Kalten Krieges. Der auf der Hand liegende Systemkampf war jedoch nicht der Grund für die amerikanische Gesellschaft auf die Straße zu gehen, um gegen die vorherrschenden Praktiken zu demonstrieren. Stattdessen war es eher die Ungleichheit der beiden Kriegsgegner, die zu Protesten führte. Auf der einen Seite das hochtechnologische Amerika und auf der Anderen das schwache Nordvietnam. Hintergrund der Proteste bildete daher eine stattfindende Ungleichheit und Unterdrückung.20 Parallelen können hier auch zu der Bürgerrechtsbewegung gezogen werden.

[...]


1 Fifka, Matthias: Von der jugendlichen Rebellion zum Protest einer Generation. Rockmusik in den 50er und 60er Jahren, Baden-Baden 2007, S. 171.

2 Heale, M.J.: The Sixties in America. History, Politics and Protest, Edinburgh 2001, S. 1.

3 Gilcher-Holtey, Ingrid: Die 68er Bewegung. Deutschland - Westeruopa - USA, München 2008, S. 35.

4 Anderson, Terry: The movement and the sixties. Protest in America from Greensboro to the wounded knee, Oxford 1995.

5 Ebd. Umschlagsseite.

6 http://www.publishersweekly.com/978-0-19-507409-3, Stand: 04.04.2017.

7 Vgl. Lankford, Ronald: Folk Music USA. The changing voice of protest, New York 2005.; Marcus, Greil: Mystery Train. Images of America in Rock `n` Roll Music, New York 2008.; Marwick, Arthur: The sixities. Cultural Revolution in Britain, France, Italy and the United States, New York 1998.

8 Anderson, David: The Vietnam War, New York 2005, S. 44.

9 Ebd. S. 46.

10 Steininger, Rolf: Der Vietnamkrieg, in: Bundeszentrale für politische Bildung, Oktober 2008, http://www.bpb.de/internationales/amerika/usa/10620/vietnamkrieg?p=1, S. 1, Stand: 30.03.2017.

11 Anderson: The Vietnam War, S. 46.

12 Ebd. S. 66.

13 Anderson: The Vietnam War, S. 61.

14 Ebd. S. 85.

15 Ebd. S. 93.

16 Ebd. S. 94-95.

17 Ebd. S. 89.

18 Bradley, Mark: Vietnam at War, New York 2009, S. 169.

19 Steininger: Der Vietnamkrieg, S. 2.

20 Wickert, Christian: Bob Dylan und Joan Baez - Ikonen des Protestsongs, Hrsg.: Institut für kriminologische Sozialforschung (IKS) der Universität Hamburg, Hamburg 2013, http://criminologia.de/2013/06/bob-dylan-und-joan- baez-ikonen-des-protestsongs/Stand: 04.04.2017.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
"The Times They Are A-Changin'". Musikalischer Protest gegen den Vietnamkrieg in den USA
Untertitel
Ist ein Einfluss durch die Musik Bob Dylans und Joan Baez' in der Antikriegsbewegung erkennbar?
Hochschule
Universität Trier
Veranstaltung
HS PopHistory
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
19
Katalognummer
V366589
ISBN (eBook)
9783668453913
ISBN (Buch)
9783668453920
Dateigröße
514 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bob Dylan, Joan Baez, Protestsong, USA, Vietnamkrieg, Antikriegsbewegung, 60er Jahre, 1968, Protest
Arbeit zitieren
Michael König (Autor:in), 2017, "The Times They Are A-Changin'". Musikalischer Protest gegen den Vietnamkrieg in den USA, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/366589

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