Vom Königshof zur Reichsstadt: Frankfurt im Mittelalter


Seminararbeit, 2005

21 Seiten, Note: 1.6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist eine Stadt? – Zur Definition des „Stadt“ –Begriffes

3. Römerstädte als Vorläufer der Bischofsstädte
3.1 Römische Städte unter der Herrschaft von Bischöfen
3.2 Siedlungskontinuität der Bischofsstadt
3.3 Der Bischof und „seine“ Stadt
3.4 Die Kommunale Bewegung
3.5 Das Erscheinungsbild der Bischofstädte

4. Gründungsstädte
4.1 Macht durch Städtegründungen
4.2 Marktgründungen
4.3 Das Erscheinungsbild der Gründungstädte

5. Resümee

6. Literaturnachweis

1. Einleitung

Städte sind heute Mittelpunkt des öffentlichen Lebens. Sie besitzen- in hierarchischer Abstufung- zentralörtliche Funktionen, tragen zur Versorgung der jeweiligen ländlichen Umgebung bei, bieten Arbeitsplätze und kulturelle Vielfalt. Hier werden wichtige politische und ökonomische Entscheidungen getroffen. Von den rund 85 Millionen Einwohnern der Bundesrepublik Deutschland lebt der überwiegende Teil in Städten und Agglomerationsräumen. So leben heute 3.47 Mio. Einwohner in Berlin, der Hauptstadt Deutschlands, 171 Mio. in Hamburg und in Frankfurt leben 653.000 Einwohner.[1]

Doch seit wann existieren Städte? Auf welche Weise sind sie entstanden? Welche Faktoren bestimmen die Herausbildung? Die Beantwortung jener Fragen führt ins Mittelalter zurück und wird durch die Geschichtsforschung, als ein selbständiger Zweig, seit dem Ende des zweiten Weltkrieges untersucht.[2] In dieser Zeit wurden die Grundlagen für die heutigen Städte gelegt, vollzog sich der Wandel von einer agrarisch geprägten zu einer städtisch orientierten Gesellschaft.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Stadtgenese im Mittelalter entsprechend dem heutigen Stand der Forschung nachzuzeichnen. Städte können nach Funktionen, Entstehungen und anderen Kriterientypen zugeordnet werden. Es soll dargestellt werden, welche Stadttypen im Mittelalter existierten. Hierbei bleibt der Blick bewusst auf den deutschen Raum beschränkt.

Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Zu Beginn wird im zweiten Kapitel der Begriff der Stadt einer näheren Betrachtung und Klärung unterzogen. In diesem Zusammenhang soll dargestellt werden, dass eine exakte Definition des „Stadt“ –Begriffes Probleme aufwirft. Im anschließenden Kapitel beschäftigt sich die Arbeit mit den Einzeldarstellungen zwei der bedeutendsten Stadttypen im Mittelalter. Es soll anhand den Bischofsstädten und den gegründeten Städten aufgezeigt werden, welche besonderen Merkmale die jeweiligen Stadttypen haben, welchen Phänomenen und Interessen die Bildung von Städten bestimmten und auf welche Weise diese Entwicklung verlief. Abschließend folgt im fünften Kapitel ein Resümee, das die herausgearbeiteten Ergebnisse zusammenfasst und beurteilt.

2. Was ist eine Stadt? – Zur Definition des „Stadt“ -Begriffes

Wann kann man eine Siedlung von Menschen als eine Stadt bezeichnen? Die Antwort auf diese Frage ist in der Geschichtsforschung umstritten. So wird als Kennzeichnung häufig die Ummauerung, sprich die Stadtmauer, also ihr Festigungscharakter genannt.[3] Die Ansässigkeit von Handel und Gewerbe sowie das Existieren eines Marktes gelten zu dem als weitere städtische Merkmale.[4] Geht man von diesen genannten Merkmalen aus, dann sind die Mauer und der bestehende Markthandel ein Identifizierungsmerkmal für den Begriff der Stadt.

Doch wie sollte man dann die zahlreichen Marktflecken nennen, die keine Befestigung, sprich eine Stadtmauer hatten? Oder ist eine anerkannte Stadt ohne Stadtmauer, nach der oben beschriebenen Definition keine Stadt?[5] Nach Rörig ist die Stadt ein Raum, indem viele Menschen eng zusammenleben können, ohne den Lebensmittelbedarf durch eigene Arbeit erzeugen zu müssen. Somit sind Menschen gemeint, die abhängig sind von ländlichen Produkten, insbesondere von Nahrungsmittel.[6] Doch ist diese Definition auch projizierbar auf das mittelalterliche Stadtverständnis?

Die gegenwärtige Stadtgeschichtsforschung definiert die mittelalterliche Stadt als eine Rechtsstadt oder als eine kommunale Stadt. Eine andere Definition ist die der „Vollstadt“. Bei dieser Definition wird die Stadt als besonderer Rechtsbezirk identifiziert, der gekennzeichnet war durch ein eigenes Recht und eine eigene Verfassung[7], durch den Stadtfrieden und die Stadtfreiheit. Die Kriterien, für die oben genannten Stadtidentifizierungen, sind nicht einfach bestimmbar, sondern es sind ein Bündel Kriterien, die summiert eine Stadt ausmachen bzw. beschreiben[8]. So sind, um nur ein Kriterium zu nennen, Handels- und Wirtschaftsstärke einer Stadt von wichtiger Bedeutung.[9] Jedoch ist festzustellen, dass es im Mittelalter viele Klein- und Mittelstädte gab, die auch als eine Stadt geführt wurden, deren Charakter allerdings vorwiegend agrarisch bestimmt war.[10] Somit hätten wir einen Widerspruch mit Rörigs Definition des Stadtbegriffes.

Die Einschränkungen und Widersprüche lassen erkennen, dass eine verbindliche und allgemeine Definition der Stadt anhand eines festen Musters nicht möglich ist. Vielmehr kann man das Phänomen der Stadt nur mit Hilfe eines Bündels von Merkmalen beschreiben, bei der sich die Rangordnung der Merkmale im Laufe der Zeit verschieben und die Gewichtungen sich mit der Zeit verlegen. So wurde, um nur einige Verschiebung anzuführen, in der Frühzeit die Stadt durch einen Bischofssitz definiert: civitas.[11]

Der Rechtsbegriff (autonome Verwaltung) schiebt sich im 12. Jahrhundert an die vorderste Front der Merkmales-Rangliste. Am umfassendsten wird die Definition ab dem 12. Jahrhundert.[12] Als Bezeichnung für die mittelalterliche Stadt war lange Zeit der Ausdruck der „Burg“ üblich. Damit war nicht nur ein ummauerter herrschaftliche Sitz gemeint, sondern auch der wirtschaftliche Siedlungsprozess mit einem Markt in zentraler Lage.[13] Aus dieser Bezeichnung leitet sich auch der Begriff des „Bürgers“ ab, das im Althochdeutschen des 9. Jahrhunderts als burgare bezeichnet wurde, das wiederum seinerseits auf den Terminus burgwari zurückgeht.[14] Das moderne Wort „Stadt“ tritt zuerst im 11. Jahrhundert auf.[15] Um eine zusammenfassende Identifizierung des Stadtbegriffes im Mittelalter zu ermöglichen führe ich im Folgenden einige Merkmale auf, die wie bereits erwähnt nicht unbedingt alle für eine Stadt gelten:

-äußere Abgrenzung durch Mauer und oft Graben
-kompakte Siedlungsform
-Mittelpunkt: Markt mit Rathaus, Kaufmannshäusern und Bürgerkirche, oft in Opposition zur landesherrlichen Burg mit Burgkirche bzw. Bischofsbezirk
-soziale und räumliche Differenzierung der Stadtbevölkerung: Kaufleute am Markt, Tagelöhner und niedere Handwerker an der Stadtmauer, Mittelschicht, dazwischen; dem entspricht eine zentral-periphere Abstufung der Gebäude
-rechtliche Sonderstellung: städtische Selbstverwaltung und eigene Gerichtsbarkeit Bürgerrecht ("Stadtluft macht frei")[16]

Für diese Arbeit sind die „typenbildenden Betrachtungsweisen“[17] der Stadt von Interesse. Der Begriff der Stadt im Mittelalter wird aus diesem Grund aus zwei Betrachtungsweisen behandelt. Es handelt sich hier um, Bischofsstädte und gegründete Städte, da diese beiden Typen deutlich herauskristallisieren, inwieweit die Stadtwerdung differenziert betrachtet werden kann.

3. Römerstädte als Vorläufer der Bischofsstädte

Wie Röhrig es zum Ausdruck bringt, eine Stadt wird dann namentlich erst zu einer Stadt, wenn sie eine Konsumentengruppe vorweisen kann.[18] Wenn man nun das Ziel hat, die Anfänge des städtischen Lebens auf deutschem Boden nachzuvollziehen, so kommt man nicht um die römischen Besatzungslegionen hinweg, die in vielen Gebieten Deutschlands eine Konsumentengruppe vorzuweisen hatten. Die Römerstädte sind als die früheste Stadtentstehungsschicht in Deutschland anzusehen. So zum Beispiel in Bonn, Regensburg oder Augsburg.[19] Man kann also hier von einem fremden Städtewesen auf deutschem Boden reden. Wobei die innere städtische Struktur, so wie wir sie definieren, nicht gegeben war. Rein wirtschaftlich betrachtet bestand eine funktionierende Konsumentengruppe. Sie bildete sich aus den wohlhabenden Männern und deren besoldeten. Die Produzenten hatten ihren Sitz in den Lagervorstädten.[20]

[...]


[1] http://www.web2face.de/i_data3.htm (stand 15.01.05)

[2] Vgl.: Engel, Evamaria. Die deutsche Stadt des Mittelalters. C.H. Becksche Verlagsbuchhandlung. München 1993, S. 17

[3] Vgl.: Engel, Evamaria: 1993, S. 17

[4] Vgl.: Weber, Max: Die Stadt. Begriff und Kategorien. In: Haase, Carl (Hrsg.): Die Stadt des Mittelalters. Begriff, Entstehung und Ausbreitung. Erster Band. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt1969, S. 36

[5] Vgl.: Haase Carl: Stadtbegriff und Stadtentstehungsschichten in Westfalen. Überlegung zu einer Karte der Stadtentstehungsschichten. In: Haase, Carl (Hrsg.). 1969, S. 65

[6] Vgl.: Rörig, Fritz: Die Stadt in der deutschen Geschichte. In: Haase, Carl (Hrsg): 1969, S.7

[7] Vgl.: Verhulst, Adriaan: Zur Entstehung der Städte in Nordwesteuropa. In: Johanek, Peter (Hrsg.): Städteforschung. Anfänge des Städtewesens an Schelde, Maas und Rhein bis zum Jahre 1000. Veröffentlichung des Institutes für vergleichende Städtegeschichte in Münster. Reihe A: Darstellungen. Band 40. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien. 1996, S. 365

[8] Vgl.: Haase, Carl: Stadtbegriff und Stadtentstehungsschichten. In: Haase, Carl (Hrsg): 1969, S. 72

[9] Vgl. Engel, Evamaria.1993, S. 18 ff.

[10] Vgl.: Haase, Carl: Stadtbegriff und Stadtentstehungsschichten in Westfalen. Überlegung zu einer Karte der Stadtentstehungsschichten. In: Haase, Carl (Hrsg.). 1969, S. 63

[11] Vgl.: Verhulst, Adriaan: Zur Entstehung der Städte in Nordwesteuropa. In: Johanek, Peter

(Hrsg.): 1996, S. 366

[12] Vgl.: Haase, Carl: Stadtbegriff und Stadtentstehungsschichten in Westfalen. Überlegung zu einer Karte der Stadtentstehungsschichten. In: Haase, Carl (Hrsg.). 1969, S. 74 ff.

[13] Vgl.: Engel, Evamaria.1993, S. 20

[14] Vgl.: Walter Schlesinger: Stadt und Burg im Lichte der Wortgeschichte. In: Haase, Carl (Hrsg.):1969, S. 95

[15] Vgl.: Ennen, Edith: Die europäische Stadt des Mittelalters. 3. Auflage. Vandenhoeck &Rupprecht, Göttingen. 1979, S. 103

[16] http://www.supplement.de/geographie/blotevog/stadtgeo/histor.htm#Mittelalter (stand 06.01.05)

[17] Vgl.: Fröhlich Karl: Stadt im Lichte der neueren Forschung. Das Verfassungstopographische Bild der mittelalterlichen Stadt. In: Haase, Carl (Hrsg.). 1969, S. 279

[18] Vgl.: S.2

[19] Rörig, Fritz: Die Stadt in der deutschen Geschichte. In: Haase, Carl (Hrsg.). 1969, S. 7 ff.

[20] Vgl.: Rörig, Fritz: Die Stadt in der deutschen Geschichte. In: Haase, Carl (Hrsg.). 1969, S.8

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Vom Königshof zur Reichsstadt: Frankfurt im Mittelalter
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (fachbereich:geschichte)
Note
1.6
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V36494
ISBN (eBook)
9783638361019
Dateigröße
656 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Königshof, Reichsstadt, Frankfurt, Mittelalter
Arbeit zitieren
Nazife Öztürk (Autor:in), 2005, Vom Königshof zur Reichsstadt: Frankfurt im Mittelalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36494

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