Verschuldung bei Jugendlichen


Hausarbeit, 2005

39 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Finanzieller Status von Jugendlichen
2.1 Das Diskretionäre Einkommen

3 Wofür geben die Jugendlichen ihr Geld heute aus?

4 Verschuldung und Überschuldung von Jugendlichen
4.1 Ursachen für Verschuldung der Jugendlichen
4.2 Schuldenfalle Handy
4.3 Bei wem haben die Jugendlichen Schulden?

5 Auswege aus der Verschuldung
5.1 Schuldenprävention als Unterrichtsinhalt

6 Fazit

7 Literatur

Anhang

1 Einleitung

„I want it all and I want it know!“

Queen

Diese Strophe, die einst die Popgruppe Queen sang, drückt die Lebenseinstellung vieler deutscher Jugendlicher in der heutigen Zeit aus. Die Lust auf Genuss, Spaß und Konsum prägen den Alltag.

Seit den 1950er Jahren haben sich Werte und Einstellungen gravierend verändert. Aus diesen Veränderungen resultiert eine Zunahme von Entscheidungsmöglichkeiten in vielfältigen Lebensbereichen. Dadurch wurde eine Individualisierung und Pluralisierung von Lebensstilen ermöglicht[1]. Diese Wandlung schlägt sich auch in einer Veränderung des Lebensstils der heutigen Generationen nieder.

Lebensstile werden insbesondere über den Konsum von Gütern und Dienstleistungen repräsentiert. Die symbolische Bedeutung des Konsums wächst stetig[2]. Besonders Jugendliche leben heute nach anderen Vorstellungen als ihre Eltern oder Großeltern. Diese Entwicklung wird verstärkt durch die gezielte Bewerbung von Kinder und Jugendlichen durch die Werbeindustrie. Werbestrategen haben aktuell nicht nur die sog. Skippies (schoolkids with income and purchase power) im Visier sondern auch schon jüngere Zielgruppen werden genau analysiert und beworben[3]. Doch zunehmende Ver- und Überschuldung von Jugendlichen lässt erahnen, dass eine Aufklärung über die Werbeindustrie, ebenso wie ein verantwortungsvoller Umgang mit Geld und Konsum derzeit nicht ausreichend vermittelt wird[4].

Unsere Gesellschaft ist eine Konsumgesellschaft. Zumindest konsumieren alle kräftig mit: Die, die es sich erlauben können und die die es sich nicht erlauben können, aber mithalten wollen. „Ohne Moos nichts los“ lautet die Devise. Jugendliche haben es besonders schwer in unserer Konsumgesellschaft nicht vom richtigen, d.h. in diesem Falle vom schuldenfreien Weg abzukommen.

In den Medien häufen sich in den letzten Jahren die Beiträge über ver- und sogar überschuldete Jugendliche. Die vorliegende Arbeit beleuchtet die Problematik der Verschuldung bei Jugendlichen und beschäftigt sich mit der Analyse der tatsächlichen finanziellen Situation der Jugendlichen in Deutschland. Welche finanziellen Mittel stehen Jugendlichen heute zur Verfügung und wofür verwenden sie diese? Wie groß ist der Anteil der verschuldeten Jugendlichen und für welche Güter begeben sich die Jugendlichen in die Verschuldung oder sogar die Überschuldung? All diese Fragen stellen sich in Verbindung mit dem in den Medien publizierten Bild der Jugendverschuldung in Deutschland. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich darüber hinaus mit den möglichen Auswegen aus der Verschuldung und Maßnahmen der Schuldenprävention. Dazu werden unter Anderem Beiträge von Erika Claupein, Elmar Lange, Armin Lewald und Tanja Dannenberg, Ingrid Lichtenberg, Hildegard Mackert und Edda Müller, Kerstin Reisdorf und Kirstin Schlegel-Matthies zitiert, betrachtet und diskutiert.

Zusammenfassend beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Analyse der Verschuldungssituation deutscher Jugendlicher heute.

2 Finanzieller Status von Jugendlichen

Einführend soll zunächst die Bezeichnung „Jugend“ und somit auch „Jugendlicher“ definiert werden. Dem Begriff Jugend wird hier das Verständnis einer Lebensphase zugrunde gelegt. Dieser Lebensabschnitt beginnt mit der Pubertät, die etwa um das 13. Lebensjahr stattfindet. Die Jugend dauert bis zur Übernahme der Erwachsenenrolle, die mit dem Übergang in die Berufswelt oder einer Heirat zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr eingeleitet wird[5]. Dieser Lebensabschnitt steht im Fokus dieser Arbeit und stellt den Ausgangspunkt für die weiteren Ausführungen dar.

Finanzielle Mittel sind eine grundlegende Vorraussetzung für den Konsum in einer entwickelten Marktwirtschaft. Doch wie hoch ist die Kaufkraft der Jugendlichen in Deutschland und wie kommt sie zustande? In welchen Größenordnungen haben Jugendliche in der heutigen Zeit Einkünfte, die über ihre Fixkosten hinausgehen und die sie somit zur freien Verfügung haben? Tabelle 1 bietet einen Einblick in die finanzielle Situation der deutschen Jugendlichen.

Tabelle 1 : Verfügbare monatliche Einkünfte der 15-24jährigen insgesamt, sowie nach Status und regionaler Herkunft bzw. nach Status und Geschlecht (Mittelwert in Euro) (Quelle: Lange, 2004: S. 68)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Gesamtdurchschnitt verfügen die deutschen Jugendlichen über 450 € monatlich. Dabei hängt die Höhe der Einkommen vom sozialen Status ab, d.h. ob es sich bei den Jugendlichen um Schüler, Studenten, Auszubildende, Berufstätige oder Arbeitslose handelt. Dabei macht es nur einen geringen Unterschied ob es sich dabei um Jungen oder Mädchen, Ost- oder Westdeutsche handelt. Es resultiert daraus die in Abbildung 1 dargestellte Einkommenshierarchie.

Abbildung 1: Einkommen 15-24 jähriger im direkten Vergleich (Quelle: Zahlen nach Lange, 2004, eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im regionalen Vergleich verdienen westdeutsche Jugendliche mit 457 € geringfügig mehr als ostdeutsche Jugendliche, die im Durchschnitt 423 € verdienen. Der Differenzbetrag beläuft sich daher nur noch auf 7% und ist wesentlich geringer als die Differenz der Haushaltseinkommen der Eltern. Der Differenzbetrag zwischen westdeutschen und ostdeutschen Elterngenerationen beträgt etwa 25%[6].

Männliche Jugendliche verdienen mit durchschnittlich 484 € pro Monat 13% mehr als weibliche Jugendliche, deren Durchschnittseinkommen nur bei 419 € liegt. Diese Differenz lässt sich allerdings nicht, wie man vermuten würde, durch ein längeres verbleiben der Mädchen im Schulsystem erklären, denn wie in Tabelle 1 ersichtlich ist, sind die Differenzen in allen Statusgruppen gleich vertreten. Es lassen sich aus diesem Grund nur Vermutungen anstellen, dass weibliche Jugendliche eventuell diskriminiert werden oder männliche Jugendliche verstärkt durch Jobs ihre Einkünfte aufbessern mögen. Eine detaillierte Übersicht über die Einkommensdisparitäten zeigt die Tabelle 3.

Tabelle 2: Einkünfte der Jugendlichen nach Alter und Geschlecht in Euro (Quelle: Lange, S. 68)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Einkünfte steigen erwartungsgemäß mit zunehmendem Alter an. Deutliche Sprünge findet man vom 17. auf das 18. Lebensjahr, wenn die Jugendlichen üblicherweise eine Berufsausbildung beginnen, sei es ein Ausbildungsberuf oder ein Hochschulstudium und zwischen dem 22. und dem 23. Lebensjahr, wenn viele Jugendliche ins Berufsleben eintreten.

Nach Lange (2004) übt die Zugehörigkeit zur Statusgruppe (Schüler, Studenten, Auszubildende und Berufstätige) den stärksten Einfluss auf die Einkünfte der Jugendlichen aus. An zweiter Stelle folgt die Zugehörigkeit zu den Altersgruppen (je älter, je höher das Einkommen). Ein weiterer Faktor, die Schichtzugehörigkeit durch den väterlichen Berufsstatus übt gegenüber den genannten Faktoren kaum Einfluss aus.

Die Entwicklung der Kaufkraft jugendlicher Konsumenten wird allerdings von verschiedenen Autoren unterschiedlich dargestellt, dies illustriert ein Vergleich zwischen den Autoren Carel Mohn und Elmar Lange.

Nach Carel Mohn[7] ist die Kaufkraft der Jugendlichen von 2001 bis 2003 um 24% „explodiert“. Diese Entwicklung erscheint angesichts genereller Konsumzurückhaltung und schlechter allgemeiner Konjunktur erstaunlich. Jugendliche beeinflussen außerdem das Kaufverhalten ihrer Eltern direkt oder indirekt. Die Bindung an eine Bank oder ein Markenprodukt sei im Schnitt sogar deutlich haltbarer ist als eine Partnerschaft oder Ehe berichtet Mohn. Daraus wiederum resultiert ein entsprechend hoher Werbedruck auf diese augenscheinlich finanziell starke Zielgruppe. Unternehmen investieren gezielt in die Schaffung eines Markenbewusstseins[8].

Lange beurteilt die Entwicklung der Kaufkraft der deutschen Jugendlichen ganz anders. Die Ergebnisse seiner Berichte weichen völlig von denen Carel Mohns ab. Lange berichtet über eine fast konstant gebliebene Konsumstruktur, dabei differenziert er nach Ausgabenbereiche. Bis auf die in den letzten Jahren aufkommenden Ausgabenarten für und Computer und Handy hat kaum eine Veränderung stattgefunden[9]. Ein Beispiel: In Westdeutschland haben die Jugendlichen zwischen 15 und 20 Jahren zwischen 1990 und 2002 0,3 % mehr für Kleidung ausgegeben, aber wiederum 0,2 % weniger für Grundnahrungsmittel. Nach Lange ist das Konsumverhalten hauptsächlich unverändert geblieben, er stellt keine sog. Konsumexplosion fest wie Carel Mohn.

Es lässt sich also kein einheitlicher Trend feststellen, unterschiedliche Autoren berichten von differenzierten Untersuchungsergebnissen. Eindeutig ist, dass die deutschen Jugendlichen über eine starke Kaufkraft verfügen, aber nicht ob sich diese in den letzten Jahren signifikant verändert hat.

2.1 Das Diskretionäre Einkommen

Das gesamte Einkommen steht Jugendlichen nicht immer zur freien Verfügung. Es gibt zwar Jugendliche, die keine Aufwendungen aus ihren eigenen Einkünften für ihre Grundbedürfnisse brauchen, dennoch sind diese nicht die Regel. Die meisten Jugendlichen müssen mit einem Teil ihres Geldes ihre sog. Grundbedürfnisse decken. Zu diesen Grundbedürfnissen zählen: Nahrung, Kleidung und Wohnung. Die Gelder, die davon dann noch übrig bleiben sind die sog. diskretionären Einkünfte, über die frei verfügt werden kann. Tabelle 5 bietet einen Überblick darüber, wie viel % ihres Einkommens den Jugendlichen nach Abzug ihrer Fixkosten noch zur Verfügung stehen.

Tabelle 3: Anteil der diskretionären Einkünfte der 15-24jährigen insgesamt sowie nach Status und regionaler Herkunft bzw. Geschlecht (Quelle: Lange, S. 71)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durchschnittlich 56% der Gesamteinkünfte stehen den deutschen Jugendlichen als diskretionäre Einkommen zur Verfügung[10]. Allerdings wundern sich viele Jugendliche darüber, wie wenig von diesen Einkünften am Monatsende noch vorhanden sind. Oftmals sind die Spielräume schon durch frühere Konsumentscheidungen gebunden, z.B. ein Autokauf oder die Mitgliedschaft in einem Fitness-Club können sich über Jahre auf das Einkommen auswirken. Schülerinnen und Schüler verfügen dabei über die stärksten finanziellen Freiheiten, während Studentinnen und Studenten die geringsten Spielräume haben[11]. Das diskretionäre Einkommen ist folglich stark status- und altersabhängig.

Es fällt auf, dass Jugendliche in den neuen Bundesländern leicht erhöhte Freiräume besitzen, weil sie möglicherweise von niedrigeren Lebenshaltungskosten profitieren. Außerdem haben Frauen deutlich niedrigere diskretionäre Einkünfte, was wiederum mit erhöhten Ausgaben für modische Kleidung zusammen hängen könnte. Tendenziell lässt sich ein sinkender Anteil der diskretionären Einkommensanteile mit steigendem Alter verzeichnen, diese Entwicklung lässt sich mit der Kostenumschichtung des Grundbedarfs von den Eltern auf die Jugendlichen erklären. Je älter Jugendliche sind, desto stärker sind sie auf sich selbst gestellt und desto höher sind die Verbindlichkeiten die sie haben[12].

Jugendliche kombinieren in der Regel ihre Einkünfte aus verschiedenen Quellen. Nach Lange (2004) bessern Schüler ihr Taschengeld mit Jobs auf, Auszubildende erhalten ihre Ausbildungsvergütung und oftmals zusätzlich eine elterliche Zuwendung, während sich die berufstätigen Jugendlichen überwiegend selbst finanzieren. Prinzipiell sind die wichtigsten Einkommensquellen von deutschen Jugendlichen die elterlichen Zuwendungen, welche in Form von regelmäßigen Taschengeldern und unregelmäßigen weiteren Zuwendungen getätigt werden. An zweiter Stelle stehen die Jobs, denen mehr als die Hälfte der Jugendlichen regelmäßig nachgehen. An dritter Stelle kommen dann die Löhne aus geregelter Arbeit, knapp ein Drittel der Jugendlichen sind erwerbstätig. Es folgen dann die Ausbildungsvergütungen, staatliche Transferleistungen (z.B. Ausbildungsförderung) und Einkünfte aus eigenem Vermögen. Die finanzielle Unterstützung durch die Eltern sinkt mit zunehmendem Alter[13].

Durch die Einkommen aus den erwähnten Quellen entsteht eine dementsprechende Kaufkraft, doch wofür geben Jugendliche ihr Geld aus?

[...]


[1] Vgl. Claupein 2001

[2] Vgl. Schlegel-Matthies, http://www.unterrichtshilfe-finanzkompetenz.de/lehrer/Schuldenpraevention-an-Schulen.pdf, Zugriff am 20.01.2005

[3] Vgl. der Senator für Bildung und Wissenschaft in Bremen http://www.schule.bremen.de/curricula/LPsSekI/oeko_bild_sekI.pdf, Zugriff am 13.02.2005

[4] Vgl. Claupein 2001

[5] Vgl. Fend, S. 101ff

[6] Vgl. Lange: S. 68f

[7] Vgl. Mohn Carel, http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Aktuelles/a_Haushalt/s_1430.html, Zugriff am 20.01.2005

[8] Vgl. Mohn, Carel: http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Aktuelles/a_Haushalt/s_1430.html, Zugriff am 20.01.2005

[9] Vgl. Lange: S. 96f

[10] Vgl. Lange: S. 71

[11] Siehe Tabelle 2

[12] Vgl. Lange: S. 71f

[13] Vgl. Lange: S. 77

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Verschuldung bei Jugendlichen
Hochschule
Universität Paderborn
Veranstaltung
Sozioökonomie
Note
1.3
Autor
Jahr
2005
Seiten
39
Katalognummer
V36286
ISBN (eBook)
9783638359542
Dateigröße
1641 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit setzt sich mit der aktuellen Verschuldungssituation deutscher Jugendlicher auseinander und wurde im Bereich des Fachbereichs Ernährung und Verbraucherbildung eingereicht.
Schlagworte
Verschuldung, Jugendlichen, Sozioökonomie
Arbeit zitieren
N. Hoffmeister (Autor:in), 2005, Verschuldung bei Jugendlichen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36286

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