Dopplungen im Werther


Seminararbeit, 2004

18 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsangabe

I Einleitung

II Hauptteil
1. Das 2. Buch ist ein Negativ des ersten Buches
1) Bauernbursche
2) Schulmeistertochter
3) Heinrich der Blumenpflücker
4) Selbstmörderin
5) Nussbäume
2. Werther spiegelt seine Umwelt wider
1) Werthers Laune ist von positiver Bestärkung durch andere Personen abhängig
2) Literatur spiegelt Werthers Seelenzustand
3) Natur beeinflusst Werther
3. Kontraste im Werther

III. Schlusswort - Spiegelungen zwischen Werther und Goethe

IV. Literaturverzeichnis

I Einleitung

„Die Leiden des jungen Werther” von Johann Wolfgang Goethe 1774 verfasst, ist ein vielseitig interpretiertes, facettenreiches Werk. Im Mittelpunkt steht die Geschichte eines jungen Mannes namens Werther, der sich in eine Frau verliebt, ohne jede Hoffnung auf eine Erfüllung dieser Liebe. Er leidet sehr darunter, wie auch unter gesellschaftlichen Zwängen und flüchtet sich in eine eigene scheinbar heile Welt, dort erschafft er sich in seinen Tagträumen ein eigenes Utopia. Nach und nach bemerkt er, dass diese Welt nicht real ist, dass seine Liebe nicht erfüllt werden kann und sieht seinen einzigen Ausweg im Freitod.

Das Werk - ein Briefroman - ist in zwei Bücher aufgeteilt, wobei das erste Buch Werther in Hochstimmung zeigt[1]. Er geniest die Natur, er liest leidenschaftlich gern, er verliebt sich in Lotte. Dieses Buch enthält seine Briefe vom 4. Mai bis zum 10. September 1771 an einen Freund namens Wilhelm, dessen Antworten jedoch nur als Reaktion in Werthers Briefen zu erkennen sind.

Der zweite Teil umfasst die Briefe vom 20. Oktober 1771 bis zum Dezember 1772 und eine Schilderung der letzten Ereignisse durch den Herausgeber. Somit ist das Werk in zwei etwa gleich lange Teile zerlegt, und in diesen beiden Büchern spiegelt sich die auf - und absteigende Linie der Liebesbeziehung zwischen Werther und Lotte.[2] Genau wie Werthers Laune, so ändert sich auch seine Umgebung.

Parallelgeschichten von anderen Personen mit ähnlichem Geschick unterstreichen Werthers eigenes Leiden und weisen auf dessen Ende hin. Auch Werthers veränderte Naturwahrnehmung und sein wechselnder Literaturgeschmack sind Fäden des komplexen Spinnennetzes, mit der sich die Struktur des Werkes am besten beschreiben lässt. Während die Fäden aus den glücklichen Tagen zum Zentrum des Netzes - der Liebe zu Lotte - hindeuten, so wie es auch die Geschicke der Menschen aus den Parallelgeschichten zu tun scheinen, scheinen die Fäden, die für die Verdunkelung von Werthers Welt und seiner Liebe stehen, jedoch davon wegzulaufen.

Diese Parallelgeschichten, Spiegelungen und Kontraste werden in dieser Arbeit näher untersucht und durchleuchtet.[3]

II Hauptteil

1. Das 2. Buch ist ein Negativ des 1. Buches

Der zweite Teil des Briefromans kann als genaues Gegenbild vom ersten Teil betrachtet werden. Dies beginnt schon bei den Jahreszeiten. Während das erste Buch, welches Werthers glückliche Zeit mit Lotte bezeichnet, überwiegend im Frühling, Sommer und Spätsommer stattfindet, so weist das zweite Buch die kälteren und düsteren Zeiten Herbst, Winter und wieder Winter auf.[4] Der Winter wird in der Literatur häufig mit dem Tod assoziiert, da der Tod auch der Winter des Lebens genannt wird. Somit ist auch die Jahreszeit ein Vorbote von Werthers Schicksal.

Auch andere Zeichen deuten auf seinen Untergang hin. Einige der von Goethe meisterlich eingefügten „Bilder, Motive und Episoden des ersten Buches tauchen im zweiten Buch des Romanes wieder auf, wobei ihre anfänglich positive Darstellung sich in eine düstere und hoffnungslose verkehrt.”[5]

Diese Nebenhandlungen laufen parallel zur Haupthandlung ab und „dienen dazu, diese zu vertiefen, Zukünftiges zu antizipieren und Werthers Seelen - und Entwicklungsstand zu beleuchten.”[6]

Goethe ist schon frühzeitig auf diese Erzähltechnik mit der Bezeichnung ‘Spiegelung’ gestoßen, die ihm erlauben “komplexe[.] Stoffmassen zu gliedern und [...] ein dichtes Netz hin und widerlaufender Vergleich zu knüpfen.”[7]

Diese Technik wird in dieser Arbeit anhand der Beispiele der Bauernburschenepisode, der Schulmeisterstochterepisode, der Episode des verrückten Schreibers, der Selbstmörderin und der Nussbäume im Pfarrhof untersucht.

1) Bauernbursche

Die Geschichte des Bauernburschen ist meisterlich von Goethe in drei Schüben die Hauptgeschichte eingeflochten worden[8]. Werther sieht in dem Bauernburschen einen Gleichgesinnten, da dieser wie er in eine verheiratete Frau verliebt ist und - da diese Liebe unerfüllt bleibt - zum Mörder des Rivalen wird.

Zum ersten Mal begegnet Werther dem Bauernburschen kurz vor seinem ersten Treffen mit Lotte. Er unterhält sich mit ihm, und als der Bauernbursche ihm von seiner Liebe zu seiner Herrin, einer Witwe, berichtet, ist Werther aufs Tiefste von der “Reinheit” dieser Liebe berührt .“Ich hab in meinem Leben die dringende Begierde und das heiße, sehnliche Verlangen nicht in dieser Reinheit gesehen, ja wohl kann ich sagen, in dieser Reinheit nicht gedacht und geträumt.”[9] Werther, der immer nach der Idylle strebt, fühlt sich durch die Liebe des einfachen Mannes in seinem Element.

Kurz darauf verliebt er sich selber, da er mit Lotte an einem Ball teilnimmt und ihr dort näher kommt. Den folgenden Sommer hindurch wächst seine Liebe zu Lotte, und wird erstmals mit der Ankunft ihres Verlobten Albert geschmälert. Noch schlimmer ist es für Werther, dass er Albert nicht hassen kann, ja, ihn sogar als Freund ebenso lieben lernt.[10]

Mit der Zeit sieht er seine Hoffnungen auf Lotte immer mehr schwinden und seine Verzweiflung wächst.

Als er dann im Herbst des nächsten Jahres den Bauernburschen wieder sieht, ist dieser aus dem Dienst gejagt und durch einen anderen Knecht ersetzt worden, weil er seiner Liebe nachgegeben hat und sich seiner Herrin bemächtigen wollte. Die Schilderung des Bauernburschen geht Werther wieder so sehr zu Herzen, da er für ihn mitfühlt, dass ihm gar nicht in den Sinn käme, dass es sich um eine versuchte Vergewaltigung gehandelt habe.

“[D]a sie seinen Bitten, kein Gehör gegeben, hab er sich ihrer mit Gewalt bemächtigen wollen”[11]

Er rechtfertigt das Verhalten des Bauernburschen mit seiner Leidenschaft, der gar nicht anders gehandelt haben könnte. Werther kennt nur eine Seite der Geschichte. Da er sich in ihr wieder zu finden glaubt[12], interessiert ihn auch die andere Seite nicht. Er hält den Bauernburschen für ‘rein’ und sein Verhalten für entschuldbar.

[...]


[1] Die Briefe stehen auch zueinander in spiegelnden Kontrasten. Vgl. hierzu Siepmann S. 83 – 87 die Struktur des Romans.

[2] Vgl. Blessin S. 27 ; s. auch: Rumpf S. 24/25

[3] - Da die einzelnen Themen sehr mit einander verwoben sind, können die einzelnen Punkte auch in einander übergehen. Zum Beispiel gilt die erste These auch noch für die zweite, denn auch Literatur und Natur haben ein Negativ im 2. Teil des Briefromans. Auch treten viele der Themen in Kombination mit anderen auf. Dies macht das Geflecht noch komplexer.

- Die Art, wie Goethe virtuos ein großes, ausgewogenes Ganzes aus vielen Details wirkt, ist so facettenreich, dass in dieser Arbeit nur ein Überblick über die wichtigsten Spiegelungen und Kontraste im und um den Werther herum herausgearbeitet werden kann. Dieser Überblick wird jedoch so vollständig wie möglich gehalten.

[4] Vgl. Blessin S. 27

[5] Hermann - Huwe S. 98

[6] ebd.

[7] Blessin S. 28

[8] Vgl. Blessin S. 23

[9] Werther S. 14

[10] „Um des Respekts wegen, den er vor dem Mädchen hat, muss ich ihn lieben.“ Werther S. 37 „…der ehrliche Albert […]; dem ich nach Lotten das Liebste auf der Welt bin!“ S. 40

[11] Werther S. 72

[12] Er betont am Ende des Briefes am 4. September, dass die Liebesbeziehung des Burschen zur Witwe mit seiner Beziehung zu Lotte zu vergleichen sei, dadurch erscheint ihm sein unglückliches Schicksal nicht mehr als Einzelschicksal. (Vgl. Hermann - Huwe S. 162) Die Parallele Lotte/Witwe zeigt sich auch deutlich, als Lotte Werther bei seinem einzigen Versuch zur körperlichen Liebe abstößt. Lotte kokettiert zwar gerne, liebt Werther wohl auch, will aber gesellschaftlich anerkannt bleiben. Werthers “wütende Küsse” deuten einen Akt der Gewalt an, wie die (zumindest versuchte) Vergewaltigung des Bauernburschen.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Dopplungen im Werther
Hochschule
Universität Trier  (Universität Trier)
Veranstaltung
Proseminar
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V36242
ISBN (eBook)
9783638359160
Dateigröße
1184 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit war leider von der Länge zu begrenzen, das Thema hat mich sehr interessiert und ich musste 5 Seiten leider wegkürzen
Schlagworte
Dopplungen, Werther, Proseminar
Arbeit zitieren
Eva Oltmann (Autor:in), 2004, Dopplungen im Werther, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36242

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