Les années noires - Frankreich unter dem Vichy-Regime


Seminararbeit, 2003

25 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Dritte Französische Republik in den dreißiger Jahren

3 Die besetzte Zone
3.1 Résistance und Charles de Gaulle

4 Die freie Zone unter dem Vichy – Regime
4.1 La Révolution nationale – Frankreichs Innenpolitik
4.1.1 Mythos Landleben
4.1.2 Die Jugend
4.1.3 Anti - France
4.1.4 Antisemitismus und Judenverfolgung
4.2 Die Politik der Kollaboration – Frankreichs Außenpolitik
4.2.1 Die verlängerte Werkbank des Dritten Reiches – französische Wirtschaftskollaboration
4.2.2 Militärische Kollaboration
4.2.3 Ideologische Kollaboration
4.2.4 Generelle Züge der französischen Bevölkerung
5 Schluss

1 Einleitung

Der Zweite Weltkrieg und der Holocaust ist wohl eines der dunkelsten Kapitel der europäischen Geschichte.

Wie es dazu kam, der Krieg selbst und die Verbrechen an der Menschlichkeit, sowie seine Auswirkungen werden meist in seinen vollen Zügen erst danach wirklich sichtbar.

Seine Wiederaufarbeitung ist von großer Bedeutung für die nachkommenden Generationen, denn sie soll den Sinn für Humanität, Demokratie und damit ethischen Fortschritt schärfen.

Nach der Machtübernahme Hitlers in Deutschland durchlief Europa einen Wandel, der mit all seinen Konsequenzen zu jener Zeit sicher noch nicht abzusehen war. Jedes Land suchte nach einer Möglichkeit, sich neu zu orientieren und nach Staatsräson die beste Lösung für das eigene Wohl zu finden.

Frankreich und das Vichy-Regime sind nur ein Beispiel dafür. Seine Rolle im Zweiten Weltkrieg, die Vorgeschichte dessen und die Ergebnisse werden im Folgenden betrachtet. Dabei handelt es sich vor allem um die Politik, die von der Vichy – Regierung unter Pétain und Laval verfolgt wurde. Die besetzte Zone im Norden Frankreichs wird zur Vollständigkeit nur kurz beschrieben, sowie die Rolle der Résistance, welche allerdings nicht an Bedeutung für diesen Abschnitt französischer Geschichte verlieren soll.

Im Mittelpunkt stehen die 4 Jahre von Vichy – die sogenannten düsteren Jahre – seine Revolution Nationale und die Politik der Kollaboration mit Deutschland.

Diese kontroverse Haltung blieb jahrelang hinter dem Mythos Résistance verborgen und rückt jetzt durch die Vergangenheitsbewältigung wieder ins Bewusstsein der Bevölkerung.

2 Die Dritte Französische Republik in den dreißiger Jahren

Die Weltwirtschaftskrise, die 1929 mit dem Börsenkrach an der New Yorker Wall Street einsetzte, sorgte in allen westlichen Industrienationen für einen ökonomischen Kollaps und zog sich darüber hinaus noch weit in die dreißiger Jahre hinein.

Obwohl Frankreich zunächst nicht so stark betroffen schien, hatte die Krise später doch enorme Auswirkungen auf die französische Wirtschaft, welche auch nicht durch Maßnahmen seitens der Politik verhindert werden konnten. Im Gegenteil, die Aufwertung des Franc durch Tardieu beispielsweise, führte zwar zunächst zu einem Aufschwung, stellte sich später aber als Nachteil heraus, als 1931 Deutschland die Reparationszahlungen des 1. Weltkrieges einstellte, und London den Goldstandart aufgeben musste. Die Währungen befanden sich in der Inflation und die Preise im europäischen Ausland sanken. Die Folge für Frankreich waren Produktionsrückgänge, Entlassungen und sinkende Steuereinnahmen.

Allerdings lasteten nicht nur wirtschaftliche Probleme auf Frankreich, sondern auch außenpolitisch fand es sich nach einem Wandel der Machtverhältnisse in Europa, wie der Regierungsübernahme Hitlers in Deutschland 1933, orientierungslos, da das Bündnissystem der Nachkriegszeit durch neue Vereinbarungen, unter anderem der Nichtangriffspakt Deutschland – Polen, zu zerbrechen drohte. Alle Bemühungen Frankreichs, Bündnisse zu anderen europäischen Staaten zu festigen, führten nur zu oberflächlichem Erfolg oder scheiterten.[1]

Die europäischen Staaten zeigten sich uneinig angesichts der neuen Regierung Hitler in Deutschland.

Die daraus resultierende Unsicherheit im außenpolitischen Bereich und die wirtschaftliche Krise führten zu immer rascheren Regierungswechseln – allein von 1929 bis 1940 gab es 31 Regierungen – und zu einer enormen Instabilität im Inneren Frankreichs. Die Bevölkerung war enttäuscht von der Regierung, und Misstrauen verbreitete sich schnell, worin die extremen Parteien einen idealen Nährboden fanden, hier unter anderem die PCF auf dem linken Flügel und die Action française als nationalistisch-monarchistische Formation. Weiterhin folgten Proteste und Streiks.

Bei den Wahlen 1936 siegte die neu gegründete front populaire, „l’alliance des classes moyennes avec la classe ouvrière“, aus der sozialistischen SFIO und der kommunistischen PCF, mit Léon Blum an der Spitze.

Die neue Regierung strebte soziale Reformen an, um die Situation der Bevölkerung zu verbessern, wie die Zulassung von Gewerkschaften, das Streikrecht, Lohnanhebungen und bezahlten Urlaub. Diese mussten zu Lasten der Arbeitgeber gehen und verschärften die Krise der Wirtschaft. Dies wiederum, und der Beginn des Spanischen Bürgerkrieges[2] spalteten die neue front populaire. Léon Blum trat daraufhin als Regierungschef zurück.

1938 übernimmt dann die Parti radical, die radikalsozialistische Partei, unter Édouard Daladier die Regierung.

Für Daladier, der zusätzlich wieder das Amt des Kriegsministers übernahm, war der Anschluss Österreichs am 10. März 1938 ein Indiz, dass Frankreich unweigerlich auf einen neuen Krieg mit Deutschland zusteuerte, für den es weder militärisch noch politisch, geschweige denn psychologisch gerüstet war.[3]

Das bedeutete Aufrüstung. Weil es nicht möglich war, dies allein durch Steuereinnahmen zu finanzieren, musste das Vorhaben auf Kosten der neu eingeführten Sozialreformen gehen. Streiks und Proteste brachen erneut aus, die mit Hilfe von Soldaten niedergeschlagen wurden - ein Zeichen dafür, dass die Regierung durch die Krise eine mehr autoritäre Richtung einschlug.

Neue Hoffnung auf einen Kriegsaufschub gab das Münchner Abkommen (Septermber ’38), in dem Hitler Zugeständnisse bezüglich seiner Gebietsansprüche in der Tschechoslowakei gemacht wurden. Der britische Premierminister bezeichnete dieses Vorgehen als Appeasement-Politik. Auch der deutsch-französische Nichtangriffspakt (Dezember ’38) versprach einen weiteren Kriegsaufschub, doch verhindern konnte man ihn schließlich nicht.

Innenpolitisch zerstritten, mit einer schwachen Wirtschaft und schlecht gerüstet, erklärten Frankreich und Großbritannien am 3. September 1939, zwei Tage nach Hitlers Überfall auf Polen, Deutschland den Krieg.

In der Bevölkerung herrschte, durch die Erinnerung and den 1. Weltkrieg, der Trend zum Pazifismus vor. So fanden Politiker wie Laval, der sich für Friedensverhandlungen einsetzte, großen Zuspruch.

Die deutsche Westoffensive im Mai 1940 durchbrach die französischen Linien innerhalb weniger Tage. In Dünkirchen konnte nur knapp eine Katastrophe vermieden werden, und die Bevölkerung floh mitsamt der Pariser Regierung unter Reynaud in Richtung Süden.

Am 18. Mai hatte Reynaud den Sieger von Verdun, Philippe Pétain, zu seinem Stellvertreter ernannt. Es war eine symbolische Geste, um in der Stunde der höchsten Not die Franzosen zur Einheit zu mahnen, doch im Kabinett war ihm Pétain keine Hilfe.[4]

Reynaud fand weder in Großbritannien, noch in den USA die dringend benötigte Unterstützung, und als er wusste, dass auch die Armee unter General Weygand nicht mehr hinter ihm stand, trat er schließlich zurück.

Präsident Lebrun ernannte Pétain zum neuen Regierungschef, der mit dem Deutschen Reich Kontakt aufnahm. Am 22. Juni 1940 wurde der Waffenstillstand in Compiègne unterzeichnet.

Zwischen Pétain und Laval, die sich persönlich wenig Vertrauen entgegenbrachten, entwickelte sich ein Zweckbündnis. Als letzte Amtshandlung berief Präsident Lebrun die Nationalversammlung nach Vichy ein. Unter dem Einfluss von Laval [...] erteilte sie am 10. Juli 1940 Pétain den Auftrag, eine neue Verfassung zu auszuarbeiten. Nach 70 Jahren hatte die Republik aufgehört zu existieren.[5]

Nach der Niederlage wurde Frankreich in zwei Zonen geteilte, die besetzte Zone im Norden mit Paris als Sitz und die freie Zone im Süden mit Regierungssitz in Vichy.[6]

3 Die besetzte Zone

Die nördliche Hälfte Frankreichs, einschließlich der Industriegebiete, sowie der französischen Atlantik- und Kanalküste, bis zur spanischen Grenze unterstand einer deutschen Militärverwaltung unter General Otto von Stülpnagel.

Ziel der Deutschen war eine Besatzungsform mit einem Minimum an militärischem und verwaltungsmäßigem Aufwand, was die Bereitschaft französischer Verwaltungsbehörden und nicht zuletzt eines großen Teils der französischen Bevölkerung zu einer reibungslosen Zusammenarbeit mit den deutschen Besatzern voraussetzte. Tatsächlich reichte ein relativ kleiner Apparat von insgesamt 1200 Beamten und Offizieren, um den besetzten Teil Frankreichs zu regieren und die vom Deutschen Reich zur Kriegsführung dringend benötigten industriellen und landwirtschaftlichen Lieferungen sicherzustellen.[7]

Innerhalb kurzer Zeit war die französische Wirtschaft auf die deutsche Kriegswirtschaft abgestimmt. Zusätzlich forderte das Reich 20 Millionen Reichsmark täglich an Besatzungskosten, die viel zu hoch angesetzt waren und damit zu Frankreichs Hauptlast wurden.

Schon im August und September 1940 wurden die ersten antijüdischen Maßnahmen eingeleitet. Diese waren: ein Rückkehrverbot für Juden in die besetzte Zone, Meldepflicht und Schaffung eines „Judenregisters“ (das die Grundlage der späteren Razzien und Massenverhaftungen bildete), sowie Kennzeichnung aller jüdischen Geschäfte und Einsetzen von Treuhändern, falls die Eigentümer geflohen waren. Am 27. September 1940 wurde die erste einer Reihe von „Verordnungen über Maßnahmen gegen Juden“ vom Chef der Militärverwaltung erlassen, mit denen die Judenverfolgung im besetzten Frankreich schrittweise dem Stand im Reichsgebiet angepasst wurde.[8]

Langsam begannen sich Widerstandsbewegungen zu formieren, die jedoch untereinander sehr zerstreut waren. Sie sorgten für Informationsvermittlung, Zeitschriften- und Flugblattveröffentlichungen, Streiks, Attentate und Sabotageakte. Um dies einzudämmen, verlangte Deutschland scharfe Maßnahmen gegen die Mitglieder der Résistance, allerdings verweigerten Stülpnagel und sein konservativer Stab den Befehl, Sühnemaßnahmen dafür, in Form von Massenerschießungen an Geißeln, etc., anzuordnen.

Das und weitere Diskrepanzen zwischen Hitler und dem Besatzungsstab in Paris führten zu einem schwelenden Konflikt, der schließlich 1942 eskalierte und Otto von Stülpnagel durch seinen Cousin Carl Heinrich von Stülpnagel ersetzt wurde.

Nachdem sich dieser mit weiteren Angehörigen seines Stabs aktiv an den Vorbereitungen zum Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 und am gescheiterten Umsturzversuch beteiligte, wurde Carl Heinrich von Stülpnagel vom Volksgericht zum Tode verurteilt und am 30. August 1944 hingerichtet.[9]

3.1 Résistance und Charles de Gaulle

Der Zulauf zur Résistance nahm zu, als sich der Terror der deutschen SS im besetzten Gebiet verstärkte und immer mehr Juden aus Frankreich deportiert, sowie Arbeitskräfte nach Deutschland entsendet wurden.

Eine funktionierende Zusammenarbeit der Widerstandsbewegungen wurde aber erst 1942/43, nach dem deutschen Angriff auf die UdSSR, und damit dem erhöhten Widerstand von kommunistischer Seite, durch Jean Moulin und Charles de Gaulle, der sich im Londoner Exil befand, erreicht. So bildeten sich die großen Organisationen « Mouvements unis de la résistance » und der « Conseil national de la résistance », welche die Grenze von besetzter zu unbesetzter Zone überschritten.

Der CNR erhöhte deren Schlagkraft, diente de Gaulle aber auch als Instrument im Kampf um Anerkennung als einzig legitimer Vertreter Frankreichs.[10]

Das Oberhaupt der Résistance war Charles de Gaulle, der nach dem Waffenstillstand 1940 nach London geflohen war und über den britischen Radiosender BBC zum Widerstand und Kampf aufrief. Er gründete in London das Komitee « France Libre » und erklärte sich zum Chef der Freien französischen Streitkräfte und des Nationalen Verteidigungskomitees (1940 – 1943). Daraufhin wird de Gaulle von der Vichy – Regierung in dessen Abwesenheit zum Tode verurteilt.

1942 wird das « Comité Français de Libération Nationale » gegründet mit de Gaulle als Präsident. Dieses Komitee konstituiert sich 1944 in Algier und bildet dort eine Interimsregierung. Nach der Befreiung Frankreichs durch die Alliierten am 6. Juni 1944, an der sich zahlreiche Mitglieder der Résistance maßgeblich beteiligten, kehrt de Gaulle im September desselben Jahres nach Paris zurück und wird Chef der provisorischen Regierung Frankreichs. Am 13. November 1945 wählt die neukonstituierte Nationalversammlung de Gaulle zum Ministerpräsidenten Frankreichs.

[...]


[1] April 1935 Konferenz von Stresa: Großbritannien, Frankreich und Italien erklären, sich jeder weiteren einseitigen Aufkündigung von Verträgen widersetzen zu wollen. Allerdings schloss GB im Juni ’35 mit Hitler ein Flottenabkommen ab und brach damit die Vereinbarung.

Mai 1935 Beistandspakt mit UdSSR

[2] Im spanischen Bürgerkrieg unterstützte Frankreich zunächst die spanische, republikanische Regierung mit Waffen, da die UdSSR dies auch tat, wurde Blum vorgeworfen, der „kommunistischen Sache“ zu dienen. Später wurde ein Nichteinmischungspakt mit anderen europäischen Staaten geschlossen. Weiterhin verschärfte der Bürgerkrieg die Situation der französischen Finanzpolitik, wodurch Léon Blum 1937 zurücktreten musste.

[3] Hinrichs, Ernst (Hrsg.): Kleine Geschichte Frankreichs. Stuttgart bei Reclam. 2000. S.399

[4] Hinrichs, Ernst: 2000. S.404

[5] ebd.: S.405

[6] ebd.: S.388 - 405

[7] [Unbekannt]: Das deutsche Besatzungsregime in Frankreich. 06.06.2003

http://www.dhm.de/lemo/html/wk2/kriegsverlauf/besatzungfr/

[8] Silvana Jung: Historischer Hintergrund Frankreich. Das Jahr 1940. 06.06.2003

http://golm.rz.uni-potsdam.de/Sehgers/flucht/Web/Historie2.htm

[9] ebd.: http://www.dhm.de/lemo/html/wk2/kriegsverlauf/besatzungfr/

[10] Hinrichs, Ernst (Hrsg.): 2000. S.407/408

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Les années noires - Frankreich unter dem Vichy-Regime
Hochschule
Universität Leipzig  (Romanistik)
Note
2
Autor
Jahr
2003
Seiten
25
Katalognummer
V36049
ISBN (eBook)
9783638357951
ISBN (Buch)
9783640788606
Dateigröße
579 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die kritische Analyse eines bisher wenig populären Teiles der französischen Geschichte.
Schlagworte
Frankreich, Vichy-Regime
Arbeit zitieren
Magister Artium Ariane Ackermann (Autor:in), 2003, Les années noires - Frankreich unter dem Vichy-Regime, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36049

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