Wie die Flucht die Welt verändert. Schutzsuchende in Literatur und Theater


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung: Europas Doppelmoral/Europas zwei Gesichter

2.Europas Außengrenzen

3.Ein Blick von der Brücke/Mannheim Arrival

4.Jenny Erpenbeck: Gehen, ging, gegangen.

5.Schlusswort

6.Literaturverzeichnis

1. Einleitung: Europas Doppelmoral/Europas zwei Gesichter

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Kollage: Europas zwei Gesichter.[1]

Bilder, wie sich unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der rechten Seite setzen sich die Menschen Europas für die Flüchtlinge ein. Sie gehen auf die Straße und protestieren für ihre Rechte. Sie verteilen Teddybären an bedürftige Flüchtlingskinder. Dieses Bild erweckt wahrlich den Eindruck von einem aufgeschlossenem Europa, das Menschen aller Nationen willkommen heißt und ihnen und der Geschichte ihrer Flucht Respekt erweist. Doch wie lassen sich diese Bilder mit der linken Seite vereinbaren? Dieses Europa scheint weder fremdenfreundlich noch aufgeschlossen zu sein. Im Gegenteil, wirkt es durch den Stacheldraht und den somit errichteten Grenzen sehr bedrohlich, gar fremdenfeindlich. Der mit Graffiti gesprayte Ausspruch: kein Asyl, welches noch mit demHAckenkreuz versehen ist, klingt wie eine Kampfansage gegen Angela Merkels Flüchtlingspolitik. Dieses Bild vermittelt vor allem eins: Ausländer sind unerwünscht, wir möchten sie hier nicht haben. Doch wie ist es möglich, dass ausgerechnet dasselbe Europa so eine Doppelmoral an den Tag legt? Ich denke dies hat vor allem damit zu tun, dass eine Flucht sowohl Folgen für die Flüchtenden als auch auf die Länder, welche die Schutzsuchenden aufnehmen hat. In dieser Hausarbeit möchte ich daher die Auswirkungen der Flucht aufzeigen. Hierfür möchte ich zunächst die Hintergründe darstellen, weshalb Menschen ihre Heimat verlassen. Im Anschluss möchte ich ausgewählte literarische Zeugnisse darstellen, um aufzuzeigen wie diese die Thematik der Flucht darstellen und welche Konsequenzen man daraus ziehen kann.

2. Europas Außengrenzen

Jedes Jahr verlassen mehr als 50 Millionen Menschen ihrer Heimat, um in anderen Ländern Zuflucht zu finden.[2] Die Gründe hierfür sind: Armut, politische Verfolgung, Krieg oder auch Hungersnöte. Die Menschen sind gebrandmarkt, verängstigt oder traumatisiert, doch das ist nichts im Vergleich zu dem, was sie in Europa erwartet. Viele sterben auf den gefährlichen Seewegen über das Mittelmeer auf ihrem Weg nach Europa. Auf Unterstützung seitens der europäischen Union, können die Schutzsuchenden nicht hoffen. Da diese Überfahrten als illegal anerkannt sind, kommt den Menschen auf den Booten keinerlei Hilfe zu.[3] Diejenigen, welche die gefährliche Überfahrt überlebt haben, haben mit Die europäische Union tut alles in ihrer Macht stehende, um diese Flüchtlingsströme aufzuhalten. Dazu bedient sie sich verschiedener Mittel. Zum einen spielen die Medien in diesem Zusammenhang eine große Rolle. Leider liefern sie ein völlig verzerrtes Bild von der gegenwärtigen Situation.[4] Tagtäglich liefern sie uns neue Bildern, auf denen Flüchtlingsströme Europa förmlich zu überschwemmen drohen. Den Bürgern wird der Eindruck suggeriert, dass Europa gar nicht die Kapazitäten und Mittel hat um all diese Flüchtlinge aufzunehmen. Tatsächlich flüchtet aber nur ein kleiner Teil der Schutzsuchenden nach Europa. Die meisten flüchten entweder innerhalb ihrer Herkunftsländer oder in ihre Nachbarländer.[5] Der Grund liegt auf der Hand: zu hoch ist das Risiko bei dem Versuch Schutz zu finden, zu sterben. Die Europäische Union ist zwar durch das Genfer Flüchtlingsabkommen dazu verpflichtet, die Flüchtlinge zu schützen, doch Schutz sieht meiner Meinung nach anders aus. An allen europäischen Außengrenzen wurden gefährliche Zäune errichtet, welche mit Stacheldraht ausgestattet sind, um Europa vor unerwünschten Zuwanderern abzuschotten.[6] Jedes Jahr fließen stellt Europa mehr 1,5 Milliarden Euro für den Grenzschutz zur Verfügung.[7] Davon profitiert vor allem die von Europa beauftragte Grenzschutzagentur Frontex. Dabei könnte man mit diesem Geld so viele Flüchtlinge und ihre Familien unterstützen. Doch Europa scheint das egal zu sein, mittlerweile verfügen wir über die gefährlichsten Außengrenzen der ganzen Welt.[8] Überqueren Flüchtlinge die Grenzzäune drohen ihnen harte Strafen bis hin zu schweren Misshandlungen. Somit drängt die EU die Flüchtlinge auf immer gefährlichere Routen.[9] Oftmals fallen sie gefährlichen Schleppern zum Opfer, die in den Flüchtlingen vor allem eins sehen: eine zusätzliche Profitquelle. Diese Menschen nutzen das Leid und die Hilflosigkeit anderer schamlos zu ihrem Vorteil. Und die Flüchtlinge? Sie sind die eigentlichen Leidtragenden des Systems. Erreichen sie dann erst einmal ein sicheres Land wie Deutschland werden sie in Flüchtlingsheimen untergebracht, die unzureichend ausgestattet sind. Menschen werden auf kleinstem Raum zusammengepfercht wie Tiere. Ihr Leben besteht aus hoffen und warten. Die Angst der Abschiebung ist allgegenwärtig. Für viele würde dies den sicheren Tod bedeuten.

Die meisten Flüchtlinge stammen aus Syrien, Syrien und Eritrea sowie Subsahara-Afrika. Sie alle verbinden mit Euopa „Schutz, Zuflucht,Chance und Neubeginn.“[10]

Im Vergleich dazu, ist es fast schon paradox, dass Europa mit diesen Menschen vor allem eins verbindet: unüberwindbare Probleme. Wohin mit den ganzen Flüchtlingen? Wie sollen wir sie integrieren? Welche Flüchtlinge haben einen Anspruch auf Zuflucht? Was geschieht mit ihren Familien? Soll man diese Nachholen? Ausgerechnet die Dublin Verordnung entscheidet über das Schicksal der Schutzsuchenden. Es stellt sich die Frage, ob es nicht besser wäre, wenn die unmittelbar betroffenen Staaten wie Malta, Italien oder Malta mehr Mitspracherecht in der Flüchtlingspolitik haben sollten und nicht ein Land wie Irland, welches sich so weit vom Flüchtlingsgeschehen befindet.

In diesem Kapitel habe ich aufgezeigt, wie Europa seine Grenzen verschließt und welche Probleme die Flüchtlinge zu erwarten. Was ich persönlich als Hauptkritikpunkt im Bezug auf die Flüchtlingspolitik sehe, ist die Tatsache, dass die Flüchtlinge als Massen dargestellt werden und nicht als Individuum mit ihren Einzelschicksalen. Aus diesem Grund möchte ich nun einige literarische Werke heranziehen, welche sich mit den Flüchtlingen auseinandergesetzt haben und möchte aufzeigen, wie diese mit der Thematik der Flucht umgegangen sind.

3. Ein Blick von der Brücke/Mannheim Arrival

In dem Theaterstück Ein Blick von der Brücke/Mannheim Arrival werden zwei Stücke miteinander verbunden. Der erste Teil basiert auf Arthur Millers gesellschaftskritischem Roman Ein Blick von der Brücke und der zweite auf einem Rechercheprojekt von Peter Michalzik.[11]

Ein Blick von der Brücke wurde bereits 1915 geschrieben und etzt sich mit der US Einwanderungspolitik auseinander. Zwei illegale Einwanderer verstecken sich bei ihrem Vetter illegal. Sie fürchten jeden Tag entdeckt und abgeschoben zu werden. Sie finden zwar Arbeit, doch ohne Pass wird diese als illegal anerkannt. Schließlich werden die illegalen Einwanderer gerade von ihrem Vetter Eddie verraten, da sich Rodolpho, einer der illegalen Einwanderer in Eddies Nichte verliebt. Am Ende ersticht Rudolphos Bruder Eddie mit dem Messer.[12]

Ein Blick von der Brücke verdeutlicht den Zuschauern sehr deutlich, wie es sich anfühlt als mittelloser Mann das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu erreichen und wie ernüchternd die Realität ist. Ich denke viele Leute können sich in dessen Lage hineinversetzen, denn bis heute ist die USA ein beliebtes Auswandererland. Jährlich versuchen Millionen von Menschen nach dem American Dream zu streben, doch aufgrund der Politik ist dieser oftmals nur eine Illusion. Selbst gut betuchte Europäer brauchen eine Arbeitserlaubnis, eine sogenannte Greencard, welche sehr viel Geld kostet. In Amerika angekommen, stehen sie vor weiteren Problemen und Herausforderungen: sie müssen einen Job finden, um ein Bankkonto zu eröffnen und eine Unterkunft zu mieten. Das Prozedere ist hierbei sehr langwierig und aufwändig. Zudem haben viele europäische Einwanderer mit der Sprache und den kulturellen Unterschieden zu kämpfen. Viele scheitern und kehren in ihr Heimatland zurück.

Der Unterschied im Vergleich zu den Flüchtlingen ist jedoch, dass wir als Europäer jederzeit wieder nach Europa einwandern können. In Deutschland haben wir sogar das Privileg, Hartz IV zu bekommen, wir stehen also niemals mittellos dar. Die Einwanderer, welche mit den ersten Migrationswellen Amerika erreichten, hatten mit ähnlichen Problemen, wie die Flüchtlinge heute zu kämpfen. Ich persönlich finde es sehr gelungen, erst mit einem Stück zu beginnen, dessen Kernproblematik jedem von und bekannt ist. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um eine Brücke zum heutigen Geschehen zu schlagen, welches das Nationaltheater in Mannheim mit dem Stück Mannheim Arrival umsetzte. Hier wurden die Einzelschicksale mit denen die Flüchtlinge zu kämpfen haben, authentisch auf die Bühne gebracht.

Das Theater bildet einen guten Rahmen, um ein solch problematisches Thema aufzuarbeiten. Es verleiht dem Schicksal der Flüchtlinge eine gewisse Authentizität. Dadurch dass, sich die Flüchtlinge in den meisten Fällen auf der Bühne standen, wurde dieser Effekt noch zusätzlich verstärkt. In den anderen Fällen, die nicht persönlich auf der Bühne waren, hat man ein Bild von einem Flüchtling auf einer Leinwand im Hintergrund sehen können, denen die Gastschauspieler ihre Stimme geliehen haben. So geschehen bei einem achtzehnjährigen Jungen aus Afghanistan:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Ein junger afghanischer Flüchtling.13

„Im November werde ich 18 Jahre alt, dann werde ich fast 1 Jahr hier sein, hier in Deutschland. Wir sind alle so glücklich, dass wir hier sind.

[...]


[1] Poth, Attila: Aufbau des Zaunes an der serbischen-ungarischen Grenze. Elektronische Ressource:http://www.br.de/nachrichten/ungarn-grenze-stacheldraht-106~_v-img__16__9__l_-1dc0e8f74459dd04c91a0d45af4972b9069f1135.jpg?version=26014 (28.07.16).

MiGAZIN: Refugees welcome, Flüchtlinge willkommen, Demonstration, Asyl. Elektronische Ressource:http://www.migazin.de/wp-content/uploads/2015/10/refugees_welcome_fluechtlinge-627x288.jpg (28.07.16).

Hoffmann, Sabrina: An die jammernden Deutschen, die im Sommer noch Teddys an die Flüchtlinge verteilt haben. Elektronische Ressource: http://i.huffpost.com/gen/3529974/images/o-FLUECHTLINGE-HELFER-facebook.jpg (28.07.16).

N24: Gewalt gegen Flüchtlinge eskaliert. Elektronische Ressource:http://image3-cdn.n24.de/image/8012954/1/large16x9/c37/hakenkreuz-an-asylheim_620x349.jpg (28.07.16).

[2] Maas-Albert, Kirsten :Über 50 Millionen Menschen suchen Schutz vor Verfolgung, Armut und Krieg. In: Böll Thema. Niemand flieht ohne Grund. Das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung.Ausgabe 3 2014.S.5.

[3] Ebd.

[4] Maas-Albert, Kirsten :Über 50 Millionen Menschen suchen Schutz vor Verfolgung, Armut und Krieg. In: Böll Thema. Niemand flieht ohne Grund. Das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung.Ausgabe 3 2014.S5.

[5] Ebd.

[6] Obert, Michael: Geschäfte mit der Flucht. Am Ende der Nacht.In: Böll Thema. Niemand flieht ohne Grund. Das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung.Ausgabe 3 2014.S.22.

[7] Obert, Michael: Geschäfte mit der Flucht. Am Ende der Nacht.In: Böll Thema. Niemand flieht ohne Grund. Das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung.Ausgabe 3 2014.S.23.

[8] Ebd. S.22.

[9] Obert, Michael: Geschäfte mit der Flucht. Am Ende der Nacht.In: Böll Thema. Niemand flieht ohne Grund. Das Magazin der Heinrich-Böll-Stiftung.Ausgabe 3 2014.S.23.

[10] Ebd.

[11] Nationaltheater-Mannheim: Ein Blick von der Brücke/Mannheim Arrival. Elektronische Ressource: https://www.nationaltheater-mannheim.de/de/schauspiel/stueck_details.php?SID=2265 (28.07.16).

[12] Miller, Arthur: Ein Blick von der Brücke; Stück in 2 Akten(5.Neuauflage). Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag 1990. S.30f.

[13] RNF Bühnenlichter: Ein Blick von der Brücke/Mannheim Arrival. Elektronische Ressource:https://www.youtube.com/watch?v=KxStZ2qqx3k (28.07.16).

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Wie die Flucht die Welt verändert. Schutzsuchende in Literatur und Theater
Hochschule
Universität Mannheim
Veranstaltung
Deutsch
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
17
Katalognummer
V359209
ISBN (eBook)
9783668454231
ISBN (Buch)
9783668454248
Dateigröße
1016 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Flucht, Flüchtlinge, EU, Europa, Europäische Union, Jenny Erpenbeck
Arbeit zitieren
Jennifer Stano (Autor:in), 2016, Wie die Flucht die Welt verändert. Schutzsuchende in Literatur und Theater, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/359209

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