E-Mental-Health. Anwendung neuer Medien in der Psychiatrischen Pflege


Seminararbeit, 2016

42 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Eigene Motivation zur Facharbeit

2. Definition E-Mental-Health
2.1. Definition E-Health
2.2. E-Health Gesetz

3. Bereits etablierte Programme
3.1. Etablierte E-Health Programme bei chronischen Erkrankungen
3.1.1. E-Health anhand des Beispiels Diabetes mellitus Typ 1 (DMT1) bei Kindern und Jugendlichen
3.2. Etablierte E-Mental-Health Programme
3.2.1. E-Mental-Health anhand des Beispiels Affektive Störungen
3.2.1.1. Deprexis
3.2.1.2. iFightDepression

4. Gesetzliche Grundlagen

5. Datenschutz
5.1. Zugriffsarten auf Daten durch Dritte
5.2. Geltende Datenschutzgesetzte
5.3. Verbesserter Datenschutz im Bereich E-Mental-Health

6. Online Angebote.
6.1. E-Mail zur Kommunikation
6.1.1. Kritische Betrachtung der Kommunikation via E-Mail
6.2. Chat zur Kommunikation
6.2.1. Vor- und Nachteile der Kommunikation via Chat
6.3. Instant-Message-Dienst (IMD)
6.3.1. Vor- und Nachteile der Kommunikation via IMD
6.4. Applikation (APP)
6.5. Sind Soziale Netzwerke für E-Mental-Health geeignet?
6.6. Offline Programme

7. Medienausstattung in deutschen Haushalten
7.1. Digital Gap

8. Sicherung von Qualität im Bereich E-Mental-Health

9. Beziehungsgestaltung E-Mental-Health
9.1. Der informierte Patient
9.2. Die Beziehung zum E-Patient

10. Medienkompetenz
10.1. Medienkompetenz Kinder und Jugendliche
10.2. Medienkompetenz Erwachsene
10.3. Medienkompetenz Senioren

11. Kosten und Nutzen

12. E-Mental-Health und psychiatrische Pflege
12.1. Mögliche Anwendung im Bereich der psychiatrischen Pflege
12.2. Interventionsmöglichkeiten anhand des Beispiels Essstörungen
12.3. Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) und Neue Medien
12.4. Stationärer Alltag mit Neuen Medien

13. Berufliche Entwicklung in der Zukunft

14. Vorteile E-Mental-Health

15. Nachteile E-Mental-Health
15.1. Technische Voraussetzungen
15.2. Kommunikationsmöglichkeiten
15.3. Bedenkliche Trends

16. Fazit und Ausblick in die Zukunft

17. Quellen und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In naher Zeit werden E-Health und E-Mental-Health Angebote einen großen Einfluss auf das Gesundheitssystem haben. Prävention, Diagnostik, Behandlung, Interventionen, Sammeln und Auswerten von Daten sind ein mögliches Aufgabengebiet, in dieser neuen Digitalen Form der Behandlung (vgl. Bauer & Kordy, 2008, S. 4-11). Unlängst wurde im Auftrag der Firma Phillips, ein Forschungsbericht zur integrierten Gesundheitsvorsorge in Auftrag gegeben. In diesem Bericht mit dem Namen „Future Health Index Report“ (FHI) wurden 13 Länder Untersucht (vgl. Future Health Index Report, 2016, S.10-15). Im FHI wurden, in hoch entwickelte Industrieländer und Schwellenländer, 2569 Ärzte/innen und Krankenpfleger/innen sowie 25.355 Patienten/innen befragt (vgl. DocCheck News 16.39, 2016). Die Umfragen des FHI (in: DocCheck News 16.39, 2016) erfolgten Qualitativ mit ca. 200 Fachkräften und ca. 2000 Patienten pro Land. Ergänzend wurden 30-45-Minütige Interviews mit Mitarbeitern (MA) im Gesundheitswesen, Versicherern und Entscheidungsträgern geführt (vgl. DocCheck News 16.39, 2016).

Das Resultat zeigte, dass Deutschland einen der hinteren Ränge im Index einnahm, Platz 11 von 13 (vgl. Future Health Index Report, 2016, S.44-69). Im FHI (vgl. S. 53) erreichte Deutschland 54,5 Punkte von 100 möglichen Punkten. Für die Befragten in Deutschland sind die hohen Kosten, der Datenschutz (sensible Umgang mit Patientendaten) und Bürokratie im Gesundheitswesen die Hürden für die integrierte Gesundheitsversorgung (vgl. DocCheck News 16.39, 2016). Dieses lässt sich auch durch eine Pressemitteilung (PM) des Statistischen Bundesamts (DISTATIS) bestätigen. In der PM wird angeben, dass 39% der Internetnutzer keine persönlichen Daten, aus Sicherheitsbedenken, online stellen (vgl. DISTATIS, 16.03.2016, 098/16). Laut DISTATIS laden 25% der Internetnutzer keine Dateien aus dem Internet auf ihre Endgeräte. Das Datensicherheitsbedürfnis steigt mit zunehmenden Lebensalter der Nutzer (vgl. DISTATIS, 16.03.2016, 098/16). Ebenfalls sind mangelndes Vertrauen in das Gesundheitssystem und mangelnde Kenntnisse im Umgang mit diesen neuen Medien ein ausschlaggebender Grund den neuen Technologien eine Abfuhr zu erteilen (vgl. DocCheck News 16.39, 2016). In den sogenannten Schwellenländern liegt die Bereitschaft E-Health zu akzeptieren deutlich höher, was wahrscheinlich mit den weiten Entfernungen zwischen Patient und medizinischem Personal begründbar ist sowie der mangelnden Infrastruktur im Gesundheitssystem (vgl. Future Health Index Report, 2016, S.32-33).

Wenn der Datenschutz gewährt wird, könnte es auch in naher Zukunft zu einer Zunahme von E-Health und auch E-Mental-Health Angeboten in Deutschland kommen. Immer mehr Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene akzeptieren und integrieren neue Technologien („Neue Medien“) in ihren Alltag (vgl. Haeusler & Haeusler, 2015). Die Akzeptanz solcher elektronischeren Angebote scheint in den nachkommenden Generationen erhöht zu sein, da neue Medien in den beruflichen und privaten Alltag vermehrt genutzt werden (vgl. Zibrowius in: Rodenstock R, Hradil S, Sommer M et al, 2016, S. 34-37). In den folgenden Generationen könnten E-Mental-Health Angebote bald zum Alltag gehören und darauf muss die Berufsgruppe der Pflegefachkräfte vorbereitet sein.

Elektronische Medien, im Bereich des Gesundheitssystems, gewinnen immer mehr an Bedeutung (vgl. Hauth, 2016). E-Mental-Health wird in der Gesellschaft vermehrt genutzt (bspw. werden auf Internetseiten Prävention, Psychoedukation und Strategien zum Umgang mit Erkrankungen gezeigt) und diskutiert (vgl. Knavelsrud, 2016). Stetina & Kryspin-Exner (vgl. 2009, S. 184 f.) berichten, dass diese Seiten oftmals von Firmen und Privaten Anbietern (teilweise nicht in deutschem Rechtsraum) betrieben werden und eine inhaltliche Kontrolle durch unabhängige nicht stattfindet. Die Informationen seien teilweise qualitativ minderwertig, unverständlich, veraltet oder schlichtweg nicht Patientenorientiert (vgl. Stetina & Kryspin-Exner, 2009, S. 185 f.). Psychisch erkrankte Menschen aber auch deren Angehörige könnten von einem E-Mental Health Angebot profitieren. Nach Angaben des DISTATIS werden 71% aller Pflegebedürftigen zuhause, 2/3 durch Angehörige und 1/3 durch ambulante Dienste, versorgt (vgl. DISTATIS, 12.03.2015, 94/15). Angehörige von psychisch erkrankten Menschen befinden sich in einer emotional belastenden und überfordernden Situation welche mit dem Gefühl der Angst, der Scham und der Schuld einhergeht (vgl. Sauter et al, 2015, S. 555 ff.). Angehörige könnten von einem E-Mental- Health Angebot, welches die Versorgung ergänzt und entlastend wirkt, unterstützt werden. Hier könnten Pflegefachkräfte eine Plattform der qualitativen Informationsweitergabe schaffen. Bereits existierende Programme bieten sowohl online als auch offline ihre Inhalte an, jedoch stehen diese in einem Therapeutischen Kontext. Bis zur Ausarbeitung der Facharbeit, gab es keine pflegerischen Angebote im Bereich E-Mental-Health.

In wieweit E-Mental-Health den Nutzern helfen könnte und mit welchen Möglichkeiten es den Arbeitsalltag der Fachleute bereichern wird, wird der Autor in dieser Facharbeit beleuchten. Ebenfalls soll aufgezeigt werden, welchen Einfluss E-Mental-Health auf psychiatrische Pflege haben könnte und wie diesem durch pflegende begegnet werden sollte.

Dazu wird in der folgenden Facharbeit der Autor auf den Begriff E-Mental-Health eingehen und zum Begriff E-Health abgrenzen. Beide Begriffe und deren Anwendung werden erklärt. Im weiteren Verlauf der Arbeit, wird der Autor auf bereits etablierte Projekte eingehen. Die Chancen von E-Mental-Health werden aufgezeigt, ebenfalls werden die Risiken kritisch beleuchten. Außerdem werden, noch nicht existierende, Beispiele zur Umsetzung in der psychiatrischen Pflege dargestellt. Die Vorteile und Nachteile eines E-Mental-Health Angebots werden gegenübergestellt.

1.1. Eigene Motivation zur Facharbeit

Mir begegnete der Begriff E-Mental-Health schon vor der Fachweiterbildung Psychiatrie. Damals interessierte mich die Verwendung „Neuer Medien“ in der Pflege, speziell auch in der psychiatrischen Pflege. Aufgrund dessen wirkte ich an dem Projekt „Mindful Radio“ in der Fachweiterbildung 15/17, an der Akademie im Park des Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (Zentrum für Psychiatrie) mit. Interessant fand ich, die Möglichkeit Informationen schnell und für jedermann zugänglich, auf einer großen Plattform, zu vermitteln.

2. Definition E-Mental-Health

Laut Wikipedia, versteht man unter dem Begriff E-Mental-Health die Integration „Neuer Medien“ in die Behandlung und Prävention bei psychischen Erkrankungen, so kann es als ein Teilbereich des E-Health (Elektronischen Hilfe) gesehen werden (vgl. www.wikipedia.de/ementalhealth). Iris Hauth stellte bei der Kongresseröffnung der Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) Anwendungsbeispiele im Bereich E-Mental-Health vor. Die Vermittlung von Selbstmanagementstrategien via Email, nicht angeleitetes Selbstmanagement, Therapeutenunabhängige Selbsthilfeprogramme, Inhalte und Übungen zur Therapievorbereitung, Unterstützung und Begleitung der Therapieprogramme durch E-Mail-Kontakt, kultursensible muttersprachliche Interventionen bei Migranten, Behandlung von komorbiden Depressionen und Chat- oder E-Mail-Brücke könnten Angebote sein (vgl. Hauth, 2016).

Um diese Angebote den Nutzern zugänglich zu machen, bedient sich E-Mental-Health den sogenannten „Neuen Medien“ (vgl. www.wikipedia.de/ementalhealth). Hierunter fallen laut Wikipedia Psychoedukation durch Informationswebseiten, Onlineberatung, Onlineforen, Einzel- und Gruppenchats, Nachsorge per SMS oder psychotherapienahe Interventionen z.B. E-Mail-Therapie und computergestützte kognitive Verhaltenstherapeutische Verfahren (computerized Cognitive Behavioral Therapy, eCBT) (vgl. www.wikipedia.de/E-Mental- Health). „Neue Medien“ sind eine Bezeichnung für zeitbezogene neue digitale, elektronische und interaktive Medien (vgl. www.wikipedia.de/neuemedien).

Nach der Auffassung von Stetina & Kryspin-Exner (vgl. 2009, S. 1) ist eine Verschmelzung dieser verschiedenen Medien zu beobachten. Fernsehen im Internet, Internet-Radio, kurze RSS-Feeds auf mobilen Endgeräten welche sich mit dem Thema Gesundheit beschäftigen. Diese nehmen zu und eröffnen einen neues Marktpotenzial (vgl. Stetina & Kryspin-Exner, 2009, S.1).

Stetina & Krypsin-Exner (vgl. 2009, S. 4) berichten, dieses sind die eigentlichen Neuerungen in den „neuen Medien“. Es zeigt sich eine Weiterentwicklung der Angeboten und eine höhere Angebotsvielfalt, eingeleitet durch das Web 2.0 und die damit verbundene Möglichkeit zur Teilhabe jedes einzelnen Nutzers (vgl. Bauer & Kordy, 2008, S.5). Auch wurden mittlerweile überholte Kommunikationswege (z.B. Short Message Service und Medium Message Service) ausgemustert und durch neue ersetzt (vgl. Stetina & Krypsin- Exner, 2009, S.4).

2.1. Definition E-Health

„Unter dem Begriff Electronic-Health (E-Health) werden elektronisch unterstützte Aktivitäten im Gesundheitswesen zusammengefasst. E-Health wird damit als ein Oberbegriff für die Gesamtheit aller elektronischen Anwendungen zur medizinischen Versorgung verstanden, wobei es keine allgemeine Legaldefinition gibt.“ (www.wirtschaftslexikon.gabler.de) Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) beschreibt E-Health, die Bestrebungen der Vernetzung der Patientendaten (vgl. www.bundesgesundheitsministerium.de/ehealthgesetz/ehealth). Es soll eine Digitale Onlinegebundene Patientenakte entstehen welche die Daten der Patienten jederzeit, durch die Versichertenkarte, zugänglich macht. Verbesserungen durch den erleichterten Datenzugang werden im Bereich der Notfallmedizin, der Vernetzung der verschiedenen Fachtherapien, der Medikamenteneinsicht, der Transparenz für die Patienten und deren Selbstbestimmung sowie Anwendung der Telemedizin gesehen (vgl. www.bundesgesundheitsministerium.de/ehealthgesetz/ehealth). Das BMG möchte die Nutzerfreundlichkeit verbessern, bei gleichzeitiger Reduktion der Kosten der Kassen (vgl. www.bundesgesundheitsministerium.de/ehealthgesetz/ehealth). Nach Stetina & Kryspin- Exner (vgl. 2009, S.172) sind im Internet (Amerikanisch) alle Gesundheitsbezogenen Themen unter dem Begriff E-Health zusammengefasst. Im deutschsprachigem Raum wird eine internetbasierte Gesundheitsinformationsweitergabe als Consumer Health Informatics bezeichnet (vgl. wikipedia.de/consumerhealthinformatics).

2.2. E-Health Gesetz

Das E-Health Gesetz soll die Einführung einer digitalen Informations- und Kommunikationsstruktur im Gesundheitswesen beschleunigen. Ziel des Gesetztes ist die Informations-(IT) und Kommunikationstechnologie in die Gesundheitsversorgung einzubringen wodurch die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung verbessert werden (vgl. Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendung im Gesundheitswesen, 2015).

Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) soll das E-Health Gesetzt zukünftig den Umgang mit dem Elektronischer Arztbrief, Medikationsplan, Notfalldatenmanagement, Elektronische Patientenakte, Elektronisches Patientenfach, Praxisverwaltungssystem und Telemedizinische Anwendungen regeln (vgl. www.kbv.de).

3. Bereits etablierte Programme

Es gibt im Bereich E-Health und E-Mental-Health bereits etablierte funktionierende evaluierte Offline- und Online-Programme (siehe Kap. 4. bis 4.2.1. und Kap. 7.4.). Internet und mobilbasierte Interventionen (IMI) sind wissenschaftlich fundiert und wirksam (vgl. Baumeister H, Ebert D, Sander L, 2016, S. 468).

Im Bereich E-Health dienen diese Programme meist der Prävention und Edukation (vgl. www.wikipedia.de/ehealth). Die Inhalte von E-Mental-Health Angeboten sind die Prävention und Behandlung psychischer Erkrankungen (vgl. Kap. 2.). Im folgenden Kapitel unterscheidet der Autor, anhand von Beispielen, die Begriffe E-Health und E-Mental-Health.

3.1. Etablierte E-Health Programme bei chronischen Erkrankungen

Für Menschen mit chronischen Erkrankungen können elektronische Gesundheitsdienste eine Erleichterung im Umgang mit der Erkrankung darstellen (vgl. Stetina & Kryspin-Exner, 2009, S.161). E-Health Anwendungen sind auf EDV gestützte Systeme mit dem Inhalt der Information und/oder Schulung der Patienten, um einen selbstbestimmten Umgang mit der Erkrankung zu ermöglichen. Auch kann bei diesen Programmen eine interaktive Unterstützung (Kontaktaufnahme zu Multiprofessionellen Team) angeboten werden (vgl. Stetina & Kryspin-Exner, 2009, S. 161). Laut dem BMG kann ein Bestandteil der Programme, das Sammeln und Auswerten von eigenen eingebrachten Gesundheitsdaten, durch Tagebücher und sogenannte Wearables, sein (vgl. Kap. 3.1.). Diese Daten könnten dann das geplante „elektronischen Patientenfach“ online ergänzen (vgl. Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendung im Gesundheitswesen, 2015). Eine systematische Rezension aller wissenschaftlicher Arbeiten auf dem Gebiet E-Health durch Murray, Burns, See Tai, Lai und Nazareth (in: Stetina & Kryspin-Exner, 2009, S. 161) zeigt, dass elektronische Dienste mit interaktiven Charakter für Patienten mit chronischen Erkrankungen eine Erhöhung der Kenntnisse über die Krankheit bewirken und soziale Unterstützung bieten.

3.1.1. E-Health anhand des Beispiels Diabetes mellitus Typ 1 (DMT1) bei Kindern und Jugendlichen

Im folgenden Kapitel nutzt der Autor, dass von Stetina & Kryspin-Exner geschilderte Beispiel eines bereits etablierten Programms „Vienna Online Diabetes Education“ (VIE- ODE) zur Diabetesschulung von Kindern und Jugendlichen, um E-Health zu verdeutlichen. Das Programm bietet, den Vorteil Lerninhalte altersgerecht, abwechslungsreich, Interessant, anschaulich zu präsentieren (vgl. Stetina & Kryspin-Exner, 2009, S. 164). Das Lernsystem kann durch den Nutzer variiert werden, die Lernprozesse können selbst gesteuert werden und ein Feedback durch einen Begleiter ist möglich (vgl. Stetina & Kryspin-Exner, 2009, S. 164). Die Schulungssoftware ist logisch aufgebaut und ermöglicht einen spielerischen Umgang mit dem Thema DMT1 und dessen Behandlung (vgl. Stetina & Kryspin-Exner, 2009, S. 164). Nach Stetina & Kryspin-Exner (vgl. 2009, S. 164) wird ein Haus simuliert mit verschiedenen Räumen, in welchem Gegenstände eingebracht sind, die Zugriffe auf verschiedene Aufgaben ermöglichen. Jedoch sind nicht alle Gegenstände freigeschalten und so muss der Nutzer erst gewisse Abschnitte lösen um weitere Zugriffe zu erhalten (vgl. Stetina & Kryspin-Exner, 2009, S. 164). VIE-ODE wurde mit einer randomisierten kontrollierten monozentrischen Studie kontrolliert und hatte das Ziel einen langfristigen eigenverantwortlichen Umgang mit DMT1 zu fördern (vgl. Stetina & Kryspin- Exner, 2009, S. 166).

3.2. Etablierte E-Mental-Health Programme

Menschen die unter psychischen Störungen leiden sowie deren Angehörige und professionelle Helfer können auf E-Mental-Health Programme, welche Online und Offline zu Verfügung stehen, zurückgreifen (vgl. Bauer & Kordy, 2008, S. 4ff.). Stetina & KryspinExner (vgl. 2009) gaben an, dass die meisten Programme über das Internet zumeist kostenlos abrufbar sind. Die Qualität der Programme ist von der redaktionellen Arbeit (neuster wissenschaftlicher Stand) abhängig (vgl. Kap. 9.).

Bauer & Kordy sind der Auffassung, neben den Chancen und Möglichkeiten dieser Programme bestehen auch gewisse Risiken, Informationen über die Erkrankungen und die Behandlungen können falsch dargestellt und falsch interpretiert werden (vgl. Bauer & Kordy, 2008, S. 62 ff.). Es gibt eine geringe Möglichkeit der Rücküberprüfung wie bei einem face-to-face Kontakt (vgl. Bauer & Kordy, 2008, S. 62). Ebenfalls wird der Kontakt als unpersönlich erlebt und bietet meist eine einseitige Kommunikation (vgl. Naidoo & Wills, 2010, S. 286). Griffiths & Christensen (in: Bauer & Kordy, 2008, S. 62) gaben an, dass in Studien eine hohe Anzahl der Internetseiten, welche sich mit depressionspezifischen Themen auseinandersetzen wenig fachliche Qualität haben. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an etablierten Onlineportalen im Bereich E-Mental-Health, insbesondere Krankenkassen wie die Techniker Krankenkasse (TK) sind auf den Bereich aufmerksam geworden und nutzen die Möglichkeit zur Information und Prävention (vgl. Koburg, 2016). Mit dem TK-DepressionsCoach findet sich ein spezifisches Angebot an die Versicherten der TK. Grafische Gestaltung, leichte Bedienbarkeit und kurze informative Videos bringen die Thematik betroffenen näher (vgl. www.ecoach.tk.de). McQuail (in: Lehrbuch der Gesundheitsförderung, 2010, S. 286) gibt an, dass es der kommerzielle Bezug (z.B. Gesetzlichen Krankenkassen) als negativ gewertet werden muss.

In den letzten Jahren haben auch Online Diskussionsforen und Selbsthilfegruppe zugenommen. Diskussionsforen sind laut Bauer & Kordy ein asynchrones Kommunikationsmittel und jeder Zeit ohne Einschränkungen zugänglich (vgl. Bauer & Kordy, 2008, S. 63). Finden Diskussionsforen mittels einer Videokonferenz statt (siehe Kap. 7.3.) geschieht die Kommunikation in Echtzeit und ist daher ein synchrones Kommunikationsmittel. Bauer & Kordy gaben an, dass Diskussionsforen im deutschsprachigen Raum meist den Störungsbildern zugeordnet sind und in Untergruppen (z.B. bipolare Erkrankungen, Essstörungen, Emotional-Instabile Persönlichkeitsstörungen und andere Persönlichkeitsstörungen) kategorisiert werden (vgl. Bauer & Kordy, 2008, S. 63). Verwaltet werden diese Foren durch ehrenamtliche Administratoren, welche häufig keine medizinische Ausbildung haben (vgl. Bauer & Kordy, 2008, S. 63).

3.2.1. E-Mental-Health anhand des Beispiels Affektive Störungen

Internetangebote zum Thema Prävention und Information bei Affektiven Störungen, insbesondere Depression sind massenhaft vertreten. Bei einer Abfrage (favorisierte Sprache: Deutsch), mit den Wörtern „Depression“ und „Information“ ergab die Suchmaschine Google (www.google.de (Zugriff am 16.11.2016)) 4.760.000 Treffer. Hierunter befinden sich, aufgrund des von Google verwendeten Algorithmus, alle Seiten die die gesuchten Wörter beinhalten, im deutschen Sprachraum. Um nun hochwertige Seiten zu filtern, ist es wichtig auf die Qualität (siehe Kap. 9.) zu achten. Bauer & Kordy (vgl. 2008, S. 65) empfehlen zur Informationssuche die Seite des bundesweiten Kompetenznetzes „Depression, Suizidalität“ (KND). Diese kann unter der Adresse www.deutsche- depressionshilfe.de (Adressänderung aufgrund Gründung einer Stiftung, vormals www.kompetenznetz-depression.de) abgerufen werden. Kooperierend mit Ärzte, Therapeuten, Wissenschaftler und Institutionen des Gesundheitswesens, hat das KND das Ziel, die Versorgung depressiv erkrankter Menschen in Deutschland und Europa zu verbessern (vgl. Bauer & Kordy, 2008, S. 64).

3.2.1.1. Deprexis24

Ein Angebot (nicht kostenlos), ist unter der Adresse www.deprexis24.de zu erreichen. Hierbei handelt es sich um ein Portal, welches dem Kunden einen 1:1 Online Kontakt (10- 60 Minuten pro Modul) ermöglicht (vgl. Bierbrodt, 2016). Es besteht aus 10 Modulen (psychotherapeutischen Inhalt) sowie einem Einführungs- und Zusammenfassungsmodul (vgl. www.deprexis24.de). Der Inhalt passt sich fortlaufend den Antwortendes Nutzers an, die Dialoge sind interaktiv simuliert und die Wirksamkeit wurde in 5 randomisierten kontrollierten Studien belegt (vgl. Bierbrodt, 2016). Bierbrodt (2016) berichtete, dass es bei leichten bis mittelschweren Depressionen eine eingesetzt werden sollte. Das Programm soll Therapeuten nicht ersetzen, allenfalls ergänzend tätig werden (vgl. Bierbroft, 2016). Die Wirksamkeit von kombinierter Psychotherapie und IMI noch nichtausreichend belegt (vgl. Baumeister H, Ebert D, Sander L, 2016, S. 286). Ziel von Deprexis24 ist es den Kunden bei der Erkennung negative Denkmuster zu unterstützen und eine Verhaltensänderung hervorzurufen (www.deprexis24.de, FAQ, 2016). Ein Vorteil laut Anbieter ist der schnelle Kontakt zu Behandler, welcher zu jeder Zeit und von jedem Internetfähigen Endgerät getätigt werden kann (vgl. www.deprexis24.de). Die Kosten, laut Anbieter (Therapeutical Web-Systems), müssen vom Kunden selbst getragen werden, es besteht keine Möglichkeit (überprüft bis 15.11.2016) dieses von den Gesetzlichen Kassen erstattet zu bekommen. Einzige Ausnahme bietet hier die Deutsche-Angestellten Krankenkasse (DAK-Gesundheit) welche ihren Kunden den Zugang voll erstattet (vgl. www.dak.de (Zugriff am 15.11.2016)). Die Kosten beliefen sich laut Anbieter auf 250,00 € zzgl. 19% MwSt., insgesamt 297,50€ (vgl. www.deprexis24.de (Zugriff am 15.11.2016)). Es gibt keine Möglichkeit das Programm vorab zu testen, der Zugang ist käuflich zu erwerben (vgl. www.deprexis24.de). Ein anonymisierter Zugang zum Programm sowie der Datenschutz, wird laut Betreiber, durch ein ISO-Zertifiziertes Rechenzentrum gewährleistet (vgl. www.deprexis24.de).

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schreibt hierzu in einem Artikel:

„Das […] Programm bedient sich vorrangig verschiedener Ansätze der Verhaltenstherapie. So werden Patienten in der Testsitzung beispielsweise aufgefordert, sich ihr Verhalten auf einer Kostümparty vorzustellen: die Auswahl der Kleidung, […] und die Gedanken auf dem Heimweg. Das Modul endet mit einer Entspannungsübung und der Anleitung, sich von negativen Gedanken dadurch zu distanzieren, […]. Wichtige Elemente der weiteren Therapie sind das Strukturieren von Tagesabläufen mit angenehmen Tätigkeiten und die Veränderung der eigenen Wahrnehmung. Dazu kommen Übungen zur Problemlösung, zum Umgang mit Kindheitserlebnissen, zur Traumdeutung und der Interaktion mit anderen.“ (Caren Langer, 08.09.2009)

3.2.1.2. iFightDepression

Ein kostenloses und evaluiertes (Wirksamkeitsevaluation in klinischer randomisierter kontrollierter Studie - GET.STARTED) Programm ist iFightDepression (vgl. Koburger, 2016). Es ist ein internetbasiertes Selbstmanagement zur Unterstützung bei Behandlung leichter Depressionsformen und wird durch die Stiftung Deutsche Depressionshilfe angeboten (vgl. Koburger, 2016). Das Programm wurde im Rahmen des EU-Projekts PREDI-NU (Preventing Depression and Improving Awarness through Networking in the EU) entwickelt (2011-2014). Es ist in 13 Länderversionen und 12 Sprachen verfügbar. Das Programm besteht aus einer Webseite (www.ifightdepression.com/de) für Patienten und bietet den primär behandelnden Therapeuten ein zusätzliches Modul zur Kontrolle (vgl. Koburger, 2016). Koburger (2016) berichtete, dass zwischen einer Erwachsenen-Version (ab 25 Jahre) und einer Jugend & jungen Erwachsenen-Version (15-24 Jahre) unterschieden wird. Laut den Betreibern gibt es einen Kern-Workshop (PEG, Alltagsplanung, Erkennen und Verändern von negativen Denkmustern) und einem Zusatz- Workshop (Gesunder Lebensstiel) (vgl. www.ifightdepression.com/de). Ebenfalls ist ein Begleiter-Tool, welches einem Therapeuten ermöglicht den Verlauf des Nutzers (Stimmung, Übungen, Verhalten) zu kontrollieren bzw. dieses ergänzend einzusetzen, vorhanden (vgl. Koburger, 2016). Ebenfalls ist ein Begleiter-Tool vorhanden, welches einem Therapeuten ermöglicht den Verlauf des Nutzers (Stimmung, Übungen, Verhalten) zu kontrollieren bzw. dieses ergänzend einzusetzen (vgl. Koburger, 2016. Das Begleiter-Tool wurde für Hausärzte, Fachärzte, Therapeuten und andere begleitende Berufsgruppen entwickelt. Es besteht aus 4 Modulen (Hintergrundwissen zu Depression, Einführung in das Tool, Online-Tour, Einsatz und Begleitung des Tools), wird kostenfrei mit Abschlusstest (CME-Zertifizierung wurde, laut Betreiber, beantragt) angeboten (vgl. Koburger, 2016).

4. Gesetzliche Grundlagen

Bauer & Kordy (vgl., 2008, S. 316 ff.) schreiben, dass das Internet ein geeignetes Medium zur Behandlung psychisch erkrankter Menschen ist. Gleichzeitig zeigen sie auf, dass eine Behandlung des Nutzers aus der Distanz (Fernbehandlung) das Risiko der unzureichenden Behandlung und nicht Einhaltung der Behandlungsstandards birgt (vgl. Bauer & Kordy, 2008, S. 13 ff.).

Stetina & Kryspin-Exner (vgl. 2009, S. 3) merken an, dass die leichte Zugänglichkeit via Internet das Potential von E-Mental-Health Angeboten stärken. Koburger (2016) zeigt auf, dass die hohe Flexibilität bei der Auswahl von Ort und Zeit zu mehr Unabhängigkeit des Nutzers führt und sich dieses ebenfalls positiv auswirkt.

[...]

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Details

Titel
E-Mental-Health. Anwendung neuer Medien in der Psychiatrischen Pflege
Veranstaltung
Fachweiterbildung im Bereich der Psychiatrischen Pflege
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
42
Katalognummer
V359181
ISBN (eBook)
9783668447950
ISBN (Buch)
9783668447967
Dateigröße
634 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
E-Mental-Health, E-Health, Gesundheit, Neue Medien, Psychiatrie, Pflege, Internet, Fachkrankenpflege, Public Health, APP, Allgemeine Psychiatrie, Klinik, PIA, Psychiatrische Institustambulanz, Health, Gesundheitsversorgung, Kommunikation, Chat, Instant Messaging, Skype, Hangout, RSS Feed, News, Wearable, Sucht, Nachsorge, Vorsorge, Prävention, Deprexis, Depression, Essstörungen, Schizophrenie
Arbeit zitieren
Stefan Gebhardt (Autor:in), 2016, E-Mental-Health. Anwendung neuer Medien in der Psychiatrischen Pflege, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/359181

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