Der Beziehungsaspekt in der stationären Erziehungshilfe


Hausarbeit, 2005

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Helfende Beziehung

3. Historischer Abriss der Beziehungsarbeit

4. Aufbau und Gestaltung von Beziehung
4.1 Vertrauen
4.2 Kommunikation
4.3 Beziehungsarbeit ist Netzwerkarbeit

5. Bedeutung von Beziehung im erzieherischen Alltag

6. Bezugserzieher

7. Probleme in der Beziehungsarbeit

8. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Heimerziehung in Deutschland hat sich im Laufe der Jahre gewandelt, von den ersten Waisenanstalten im 16. Jahrhundert über die durch Rousseau und Pestalozzi geprägten ersten familienorientierten Ansätze, die ideologische Erziehung im Dritten Reich bis hin zu heutigen verschiedensten Wohnformen, in denen Kinder und Jugendliche heute ein Zuhause finden.

Genauso hat sich auch die Bedeutung der Beziehungsarbeit innerhalb der stationären Erziehungshilfe geändert.

Beziehungsstrukturen können sehr komplex und weitreichend sein. Jeder Mensch steht in der Mitte eines individuellen Netzes von Beziehungen und Kontakten zu verschiedenen Personen. Zu jedem Menschen in seinem sozialen Umfeld hat man eine individuelle Beziehung, sei es zu Familienangehörigen, Freunden, Mitschülern, Nachbarn oder pädagogischen Kräften.

In diesem Beitrag soll es vorwiegend um die Beziehung der Kinder und Jugendlichen zu den pädagogischen Fachkräften innerhalb der stationären Erziehungshilfe gehen.

Die Frage ist, in wie weit und für wen Beziehung wichtig ist. Was ist nötig um Beziehung zu gestalten? Und wie sollte man sich auf keinen Fall verhalten?

Auf diese und andere Aspekte soll im Folgenden näher eingegangen werden.

2. „Helfende Beziehung“

In der sozialen Arbeit gibt es den Begriff der „helfenden Beziehung“.

Dieser bezeichnet die „Gesamtheit der zwischen Klient(-System) und Sozialarbeiter in einem Hilfeprozess ablaufenden Interaktionen mit dem Ziel der psychosozialen Problemlösung für den Klienten“ (Bechtler, 2002, S.354).

Die „helfende Beziehung“ verläuft in verschiedenen Phasen. In der ersten Phase ist es die Aufgabe des Sozialarbeiters, das Vertrauen des Klienten zu gewinnen und ihn auf diesem Weg zu einer aktiven Mitarbeit zu motivieren. Der Sozialarbeiter und der Klient treffen Vereinbarungen über die Bedingungen und Ziele der weiteren Zusammenarbeit.

Ziel der ersten Phase ist es, eine vertrauensvolle und stabile Beziehung zwischen beiden aufzubauen. Diese bildet dann die Grundlage, um in der zweiten Phase gemeinsam an der Problemlösung arbeiten zu können. In dieser Phase wird die Beziehung zwischen den beiden Beteiligten nur dann thematisiert, wenn Störungen auftreten.

In der Schlussphase „wird die Problemlösung stabilisiert“ und der Ablösungs- und Verselbständigungsprozess wird eingeleitet.

Während des gesamten Prozesses ist der Anteil, den der Sozialarbeiter persönlich in die Beziehung gibt, besonders wichtig. Beziehungsarbeit setzt gute Selbstwahrnehmung und Selbstkontrolle des Sozialarbeiters voraus. Um einen besseren gefühlsmäßigen Zugang zu seinem Klienten zu bekommen, soll „nach der Gesprächstherapie (…) die Haltung des Therapeuten durch positive Wertschätzung und emotionale Wärme, Echtheit und Selbstkongruenz gekennzeichnet sein“ (Bechtler, 2002, S. 354). Diese Art der Beziehung findet sich auch in der stationären Erziehungshilfe wieder und soll im Folgenden näher erläutert werden.

3. Historischer Abriss der Beziehungsarbeit

Die Bedeutung der Beziehung im pädagogischen Kontext wurde erstmals durch Johann Heinrich Pestalozzi Ende des 18. Jahrhunderts erörtert. Ihm zufolge ist die Beziehungsarbeit innerhalb der Pädagogik der Schlüssel, das Zutrauen der Kinder und Jugendlichen zu gewinnen und ihnen „pädagogische Liebe“ (Colla, 1999, S. 349) entgegen zu bringen, die „durch Fürsorge, Verantwortlichkeit, Respekt und Wissen“ gekennzeichnet ist. Pestalozzi nimmt die Vater- und Mutterliebe als Vorbild um durch alltägliche Präsenz eine „Atmosphäre emotionaler Verbundenheit“ (Colla, 1999. S. 345) zu schaffen. Die Kinder sollten in dieser familienähnlichen Struktur „wie Geschwister“ zusammen leben. Pestalozzis Anliegen war es, durch diese Art der Erziehung und Beziehung das Bedürfnis der Kinder nach Geborgenheit und Vertrauen zu befriedigen.

Das Problem seiner Theorie war, dass die „erzieherische Liebe“ allein, ohne Einbezug gesellschaftlicher Ressourcen, nichts bewirken konnte. Er hoffte auch, dass die Kinder seine Liebe bedingungslos erwidern würden. Doch das blieb leider aus. Die Gründe für sein Scheitern erörterte Pestalozzi nicht.

Auch Johann Hinrich Wichern verfolgte Mitte des 19. Jahrhunderts das Prinzip der Familienstruktur in der Erziehungspraxis seines 1833 gegründeten „Rauhe Haus“ in Hamburg. Neben einer christlichen Weltanschauung und dem Prinzip der Nächstenliebe stellte Wichern das Individuum in den Vordergrund und bemühte sich, jedem Kind auch die von ihm individuell benötigte Zuneigung entgegen zu bringen.

Anfang des 20. Jahrhunderts hielt die konfessionelle Anstaltserziehung Einzug in die deutsche Heimerziehung. Die Erziehung erfolgte autoritär und im Mittelpunkt standen die Überzeugung und die Lehre des christlichen Glaubens.

Im Gegensatz zu dieser einheitlichen Massenerziehung spricht Herman Nohl im Rahmen der Reformpädagogik von der „individuellen Selbstentfaltung des Heranwachsenden“ (Colla, 1999, S. 347) und lehnt eine Beeinflussung der Pädagogik durch „kulturelle, kirchliche, wirtschaftliche oder politische Institutionen ab.“ Nohl geht von der Annahme aus, dass in jedem jungen Menschen bereits alle natürlichen Kräfte stecken, um zu einem vollkommenen Wesen zu reifen. Aufgabe der Pädagogik sei es, diese Kräfte zu wecken, zu fördern und zu leiten.

Mit Rückbezug zu Pestalozzi prägte Nohl in seinem Aufsatz „Gedanken für die Erziehungstätigkeit des Einzelnen“ 1926 den Begriff des „pädagogischen Bezugs“. Darunter versteht man „ein personales wechselseitiges Verhältnis zwischen dem Erzieher und dem zu Erziehenden als die Sinnmitte der Erziehungswirklichkeit“ (Colla 1999, S. 347f.) Um ein pädagogisches Verhältnis zwischen Erzieher und zu Erziehendem aufzubauen ist es an erster Stelle, einen Bezug zueinander herzustellen. Ausgangspunkt für die Erziehung ist die Kenntnis und die bedingungslose Akzeptanz des Zöglings mit seinen sämtlichen Bedürfnissen. Die Ansprüche der Gesellschaft stehen dahinter. Zu Beginn der Erziehung steht die sozialwissenschaftliche Analyse der Lebensumstände der jungen Menschen um eine individuelle Förderung bestmöglich zu gestalten. Beziehungsstrukturen wie emotionale Nähe, sich Verstandenfühlen und Vertrauen bilden die Voraussetzung für den pädagogischen Bezug. Grundlage hierfür ist auch für Nohl, wieder in Rückbezug auf Pestalozzi, die Mutter- und Vaterliebe.

Als wichtig für den pädagogischen Prozess stellt Nohl auch den „pädagogischen Takt“ (Colla, 1999, S. 349) heraus. „Pädagogischer Takt“ bezeichnet einerseits allgemeine Umgangsformen wie Feingefühl, Sensibilität und Zurückhaltung und zum anderen auch die Ausgewogenheit von Nähe und Distanz. Distanz ist notwendig, denn „der pädagogische Takt schafft im pädagogischen Handeln den notwendigen Freiraum, den der junge Mensch benötigt, um unter der Dominanz des Erwachsenen seine Selbständigkeit entfalten zu können, für den Erzieher gibt er Raum für die Beobachtung und ermöglicht Selbstkontrolle“ (Colla, 1999, S. 350).

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Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der Beziehungsaspekt in der stationären Erziehungshilfe
Hochschule
Fachhochschule Dortmund
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V35601
ISBN (eBook)
9783638354646
Dateigröße
506 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit bezieht sich auf die Beziehungsarbeit zwischen Erzieher und Kind im Rahmen der stationären Erziehungshilfe.
Schlagworte
Beziehungsaspekt, Erziehungshilfe
Arbeit zitieren
Ines Weinekötter (Autor:in), 2005, Der Beziehungsaspekt in der stationären Erziehungshilfe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35601

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