Der Einfluss von Governance auf den Kooperationserfolg von Familienunternehmen unter Berücksichtigung ihrer Machtposition

Eine empirische Analyse


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

37 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Besonderheiten der Stichprobe
2.2 Kooperationen
2.3 Governance
2.3.1 Transaktionale Governance
2.3.2 Relationale Governance
2.3.3 Plurale Governance
2.4 Machtposition

3. Empirische Methodologie
3.1 Beschreibung der Datenerhebung und Charakterisierung der Stichprobe
3.2 Operationalisierung
3.3 Verwendete Verfahren

4. Ergebnisse der empirischen Analyse
4.1 Korrelationsanalyse
4.3 Berücksichtigung der Machtposition

5. Diskussion

6. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Webseitenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Ökonomische Bedeutung von FMU

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Kritische Würdigung der betrachteten Governance-Formen

Tabelle 2 Operationalisierung der Konstrukte

Tabelle 3 Pearson-Korrelation

Tabelle 4 Ergebnis H1a

Tabelle 5 Ergebnis H1b

Tabelle 6 Ergebnis H2

Tabelle 7 Ergebnis H3

Tabelle 8 Ergebnis H4

Tabelle 9 Ergebniszusammenfassung

Tabelle 10 Repräsentativitäts-Test

1. Einleitung

Unternehmen müssen, um die eigene Existenz auch in der Zukunft zu sichern, ihren Zugang zu Ressourcen gewährleisten. Dies geschah und geschieht vielfach durch das Eingehen von Kooperationen (BLEEKE; ERNST 1993, S. 17; DAS; TENG 2003, S. 279). Dafür ist die Wahl einer individuell geeigneten Organisationsform von Bedeutung, da das Spektrum bestehender Ansätze unterschiedliche Chancen und Risiken aufweist. Als grundlegender Mechanismus der vorliegenden Analyse von Governance-Formen wirkt eine angestrebte Maximierung des Nutzens bei gleichzeitiger Minimierung der Transaktionskosten. Ex-ante beruht die Wahl der optimalen Form unter anderem auf den Erwartungen. Ohnehin lässt sich in der Empirie kein Konsens über die optimale Form finden (MASTEN 1993, S. 119-124). Dies motiviert ein näheres Verständnis über den Zusammenhang zwischen der Fasson eines Betriebs und dessen Performance.

Werden bestimmte Arten von Ressourcen kombiniert, können Synergien entstehen, die letztlich die Förderung strategischer Wettbewerbsvorteile begünstigen (BARNEY 1991, S. 105-112). Es könnte folglich für einen wirtschaftlichen Akteur vorteilhaft sein, eine Symbiose dessen eigenen Schlüsselressourcen und -kompetenzen mit externen komplementären Ressourcen eines Partners durch das Eingehen einer Kooperation herzustellen. Neben dem Zugang zu Ressourcen implizieren Kooperationen weitere Vorteile (MELLEWIGT 2003, S. 17-20): Erlangung von Kompetenz in einem bisherigen fremden Markt, Realisierung von Kostenvorteile durch Schaffung von Skaleneffekten, Ersparnis von Zeit (insb. in Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten) und die Reduzierung von Risiko durch Diversifizierung. Wenn Kooperationen eine Vielzahl von Vorteilen ermöglichen, erscheint es relevant zu verstehen, welche Art von Governance optimal ist. Wie wirken sich vertraglich-dominierte Beziehungen auf den Kooperationserfolg aus? Können neben juristisch-legalen Normen auch informelle, weichere Faktoren, wie Vertrauen die Performance steigern?

Wenn spezifische Ressourcen Wettbewerbsvorteile schaffen können, ist es ersichtlich, dass Abhängigkeiten zwischen demjenigen, der sie besitzt und demjenigen, der sie benötigt, entstehen könnten. Die Ressourcenabhängigkeit wird zudem verstärkt durch die Unsicherheit bezüglich des Verhaltens des Partners sowie den zugrundeliegenden Ressourcenströmen, da das Angebot an Schlüsselressourcen nicht antizipierbar ist (DEUTZ 2010, S. 36-37). Wie wirkt sich demnach die Abhängigkeit eines Partners auf den Zusammenhang zwischen der gewählten Governance und dem Kooperationserfolg aus?

Die Vielzahl an konzeptionellen Beiträgen, die sich mit den Formen der Governance beschäftigt, untersucht vor allem die Beziehung zwischen transaktionaler und relationaler Governance (ABDI; AULAKH 2014). Theoretische Grundlagen sind dabei der Governancekosten- sowie Ressourcenabhängigkeitsansatz. Ein zentraler Bestandteil dieser Theorie ist Opportunismus. Da eine bestehende Machtasymmetrie zwischen Kooperationen dieses Verhalten implizieren kann (BLAU 2009, S. 116 u. 119), wird dessen Auswirkung auf den Zusammenhang zwischen Governance und dem Kooperationserfolg untersucht. Ziel dieser Arbeit ist es daher, eine Antwort auf die aufgeworfenen Fragen zu geben, um ein tieferes Verständnis für Kooperationen zu erhalten und wichtige Implikationen für die Praxis sowie für künftige Forschungsarbeiten abzuleiten. Insbesondere innovative Familienunternehmen könnten ein gesteigertes Interesse an Kooperationen haben, da der relativ hohe Kapitalbedarf bei Innovationen auf dem klassischen Weg der Kreditfinanzierung für Familienunternehmen schwierig zu befriedigen ist (KRÜGER et al. 2008, S.74). Allerdings ist ihr Anteil am Wirtschaftsgeschehen nicht außer Acht zu lassen, weshalb wir sie im Rahmen dieser Arbeit zum Gegenstand unserer Betrachtungen machen. Um derartige Zusammenhänge untersuchen, bewerten und interpretieren zu können, wurde im Vorfeld eine quantitative Datenerhebung durchgeführt. Die gesammelten Daten stellen die Grundlage für die anzustellenden linearen sowie multiplen Regressionen mit Effekten höherer Ordnung dar.

Kapitel 2 spannt den theoretischen Rahmen auf, um aus diesem Hypothesen abzuleiten. Anschließend wird die Stichprobe charakterisiert, da dies bei eventuell abgeleiteten Rückschlüssen auf die Grundgesamtheit von Bedeutung ist. Weiterhin wird in Kapitel 3 das Forschungsdesign beschrieben, auf dem die Ergebnisse der zu testenden Hypothesen im darauffolgenden Abschnitt beruhen. Die Interpretation der Analysen ist Bestandteil der Diskussion. Ferner werden nach einer kritischen Würdigung bezüglich der Aussagekraft der Resultate Schlussfolgerungen für künftigen Forschungsbedarf gezogen. Das Fazit fasst die wesentlichen Ergebnisse zusammen und rundet die Arbeit ab.

2. Theoretische Grundlagen

2.1 Besonderheiten der Stichprobe

Die ausgewerteten Daten wurden auf einer Messe erhoben, auf der internationale Aussteller der Pharma- und Gesundheitsindustrie sowie Medizintechnik vertreten waren. Diese Branchen sind durch Innovationsdruck gekennzeichnet (STATISTA 2015a, b).

Der für Innovationen benötigte relativ hohe Kapitalbedarf könnte gerade Familienunternehmen (FMU) aus dem Wettbewerb verdrängen, da sie in vielen Fällen einen erschwerten Liquiditätszugang haben (KRÜGER et al. 2008, S.74). Folglich scheint die Analyse derartiger Akteure besonders interessant. Bisweilen existiert keine einheitliche Definition für FMU. Wesentliches Merkmal gängiger Definition ist, dass die Kontrolle auf eine überschaubare Anzahl von Personen fällt. Verschiedene Definitionen unterscheiden sich dabei, ob Kontrolle und Leitung von denselben Personen wahrgenommen werden. In Deutschland haben FMU einen zentralen Stellenwert im Wirtschaftsgeschehen eingenommen. Bedeutsame Anteile von FMU je nach Definitionstypus sind beispielsweise jeweils mindestens: 90% aller aktiven Unternehmen, 56% an der Gesamtbeschäftigung und 47% am Gesamtumsatz (vgl. Abb. 1).

2.2 Kooperationen

In der Literatur wird Kooperation unterschiedlich definiert, z.B. von TRÖNDLE (1987, S. 15) grundlegend als alle denkbar möglichen Formen der Zusammenarbeit zwischen Personen, Gruppen, Institutionen oder auch Nationen.

Wesentliches Merkmal der Kooperation zweier Unternehmen ist das Erreichen von möglichst komplementären Vorteilen oder Erfolgen bei allen Beteiligten. Eine Kooperation ist langfristig und stabil ausgelegt, idealerweise von gegenseitiger Nachsicht geprägt und findet freiwillig zwischen rechtlich eigenständigen sowie wirtschaftlich unterschiedlich abhängigen Unternehmen statt, die beide Ressourcen, Wissen und Kompetenzen einbringen (SYDOW 1992, S.79; BORYS; JEMISON 1989, S. 235; LUBRITZ 1998, S.36; SPEKMAN et al. 1988, S.748; BUCKLEY; CASSON 1988, S. 32).

Unter dem Begriff „Kooperation“ subsumieren wir somit Joint Ventures, den Erwerb von Anteilen, Lizenzierungen, Forschung & Entwicklungs-Partnerschaften, aber auch langfristige Lieferverträge zwischen Lieferanten und Herstellern. Der vollständige Erwerb oder der Zusammenschluss von Unternehmen stellen nach den in dieser Arbeit verwendeten Definitionen, keine Kooperationsformen dar, da hier die rechtliche und wirtschaftliche Autonomie von mindestens einem der beteiligten Unternehmen aufgegeben werden.

Die Motive der Bildung von Kooperationen sind vielfältig: Einerseits steht eine vorteilhaftere Generierung und Durchsetzung von Innovationen (Produkte & Dienstleistungen, Prozesse, Strukturen) im Vordergrund. Zudem soll der Eintritt in neue Märkte durch bspw. Marketingkooperationen erleichtert werden. Weiterhin, damit in engem Zusammenhang stehend, ist die internationale Diversifikation ein Beweggrund für Kooperationen. Dabei wird vor allem auf die Umgehung von (staatlichen) Handelshemmnissen mittels ausländischer Partner abgezielt (MORSCHETT 2005, S. 392).

Zusätzlich gelingt es, einschlägigen Aufwand für Investitionen durch Kooperationen zu reduzieren, einerseits durch Finanzierungshilfen eines Partners, andererseits können eventuell schon bestehende Investitionen effizienter genutzt werden. Kooperationen können auch den Wissenstransfer sowie Erfahrungsgewinn zum Ziel haben (MORSCHETT 2005, S. 392).

Nach PORTER und FULLER (1989, S. 375) können Kooperationen zur Erzielung von Skalen- und Lernkurveneffekten durch in größerer Zahl nachgefragte und hergestellte Produkte genutzt werden. Sie bieten somit auch durch Diversifikation eine mögliche Reduzierung von Risiken und Kosten. Eine weitere Motivation kann die leichtere Durchsetzung eines technologischen Standards auf dem Markt sein, wenn dies im Verbund mit Kooperationspartnern geschieht.

Häufig unterliegt das Eingehen von Kooperationen mehreren Beweggründen und Zielen (MORSCHETT 2005 S. 392). Insbesondere im Gesundheitssektor kooperieren immer mehr Unternehmen miteinander (HELD 2013, S. 28-41): die zunehmenden Privatisierungen von Krankenhäusern verdeutlichen den Druck der Herausforderungen von Kostendruck, sinkenden Regierungsausgaben, Innovationszwang und Globalisierung. Daher schließen sich Unternehmen zusammen, um gemeinsam zu profitieren. Der aus den damit verbundenen Risiken einhergehende Effizienzverlust wirft die Frage nach der Ausgestaltung der Kooperationsbeziehung auf.

2.3 Governance

Um dem Prinzip der Gewinnmaximierung von Unternehmen eine Basis zu geben, greift der in der Literatur rege angeführte Governancekostenansatz (TCE) nach WILLIAMSON (1991) auf die Wahl der optimalen Organisationsform (Governance) zurück. Zur idealtypischen Auswahl stehen demnach Eigenfertigung („Hierarchie“), Fremdbezug („Markt“) und eine „hybride Organisationsform“, bei der die Transaktionspartner im Gegensatz zum Markt enger miteinander verknüpft sind. Ein Beispiel für eine solche Form ist die Kooperation. Im Vordergrund des Vertrags der Parteien stehen Transaktionen als Aneignung und Übertragung von Verfügungsrechten.

Eine wesentliche Dimension für die Wahl der optimalen Form stellt die Ressourcenspezifität dar. Eine transaktionsspezifische Investition zeichnet sich dadurch aus, dass sie bei einem Wechsel zur alternativen zweitbesten Verwendung hohe Gewinneinbußen verursacht. Die Differenz zwischen den Einsatzwerten aus erstbester und zweitbester Verwendung wird als Quasi-Rente bezeichnet. Des Weiteren sind Verträge zwischen Transaktionspartnern unvollständig. Dies resultiert aus dem Zusammenhang zwischen begrenzter Rationalität, Unsicherheit, Informationsasymmetrien und den damit verbundenen steigenden Transaktionskosten. Unsicherheit kann als Nicht-Prognostizierbarkeit von Ereignissen und Verhaltensweisen des Kontrakt-Partners verstanden werden (MAYER; DAVIS; SCHOORMAN 1995, S. 726). Ex-ante ist es zu kostspielig, Verhaltensweisen für sämtliche Eventualitäten festzulegen. Daher werden Lücken gelassen, um bei Eintreten der Umweltzustände Neuverhandlungen zur Anpassung durchzuführen. Die Transaktionskosten umfassen jeglichen vertragsspezifischen Aufwand. Es der Fall eintreten, dass ein Vertragspartner versucht, Eigeninteresse mittels arglistigen Verhaltens durchzusetzen (Opportunismus). Der Opportunist wird bei Vorliegen von Spezifität die Quasi-Rente abschöpfen, indem er bspw. den Preis der Bereitstellung von Ressourcen so hoch setzt, dass die andere Partei gerade noch am Vertrag festhält. Dieses Verhalten kann nicht antizipiert werden und verursacht sog. Governancekosten.

In der Literatur werden zwei verschiedene Governance-Formen zur Berücksichtigung der Unsicherheit diskutiert. Diese verfolgen beide das Ziel, die Transaktionskosten minimal zu halten und werden im Folgenden erläutert. Die rege Untersuchung der beiden Alternativen in der Forschung verdeutlicht deren Bedeutung für die praktische Ausgestaltung von Verträgen (POPPO; ZENGER 2002, S. 707-708).

2.3.1 Transaktionale Governance

Die ursprüngliche Ausgestaltung von Verträgen beläuft sich nach TCE auf die transaktionale Governance (TG). Gemeinsam ausgehandelte Vereinbarungen sowie administrative Prozesse werden in juristisch-legalen Normen festgehalten (MAYER; TEECE 2008, S. 108-109). Formale Verträge beinhalten zum einen Regelungen bezüglich des Risikomanagements, andererseits aber auch strategische Aspekte, wie bspw. Wissensmanagement. Investitionen und Erfolgsbeteiligung mittels Anreizbildung runden die Normen ab. Damit bilden sie einen Rahmen für die zugrunde liegende Beziehung. Abweichendes Verhalten kann von dritten Parteien wie bspw. einem Gericht sanktioniert werden (SUCHMAN 2003, S. 98). TG stellt somit die erste Möglichkeit zur Absicherung gegen Opportunismus dar. Der Zusammenhang von TG und dem Kooperationserfolg ist in der Empirie verschiedenartig postuliert worden. Ein Teil der Studien folgert einen negativen Zusammenhang: Relativ hohe Kosten beim Gestalten von Verträgen sollten nicht unbeachtet bleiben (DYER 1997, S. 540-541): Ex-ante Reaktionsmechanismen für mögliche Eventualitäten festzulegen ist mit hohem Aufwand verbunden. Das durch formale Normen eventuell implizierte Misstrauen der Partner kann letztlich Opportunismus herbeiführen (GHOSHAL; MORAN 1996, S. 24). Das Gefühl von Überwachung, ausgelöst durch Monitoring- und Autoritätsaspekte, fördert arglistiges Verhalten in - aufgrund der Unvollständigkeit von Verträgen - unterregulierten Bereichen.

TG soll das Verhalten des Partners definieren, sodass es kontrollierbar und überwachbar wird. Da die Entwicklung einer nachhaltigen Wertsteigerung innerhalb der Kooperation Zeit braucht (GOLD; MALHOTRA; SEGARS 2001, S. 196), sind transaktionale Ausgestaltungen nötig, um sich gegen nicht-antizipierbare Externalitäten abzusichern, (WU et al. 2007, S. 295), die sich unter Umständen im Zeitverlauf einstellen. Regelungen umfassen bspw. die Koordination bestimmter Aktivitäten, sodass gesetzte strategische Ziele erreicht werden. Ferner stellt der formale Vertrag sowohl eine Verhaltensrichtlinie als auch die Verpflichtung zur Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen dar.

Durch die Koordination könnten andererseits auch Wissensaustausch sowie Lernen begünstigt werden, da den Vertragsparteien die gegenseitigen Annahmen, Erwartungen sowie unternehmerische Aktivitäten signalisiert werden (RYALL; SAMSPON 2009, S. 914-920). Daneben entsteht ein besseres Verständnis für die Gegenpartei und die Partner sind bemüht Fairness, Vertrauen und Kooperativität aufrechtzuerhalten (ARIÑO; RING 2010, S. 1062-1068). Formale Regelungen bezüglich Kommunikation und Feedback begünstigen dabei die Entwicklung des Verständnisses.

Das Argument, dass TG die Transaktionskosten zwingendermaßen steigen lässt, kann wie folgt entkräftet werden (POPPO; ZENGER 1998, S. 856): Durch das Eingehen von Kooperationen werden investitionsspezifische Ressourcen auf die Akteure distribuiert. Diese haben einerseits das Potenzial Produktionskosten zu senken als auch Innovationen hervorzubringen. Die Effizienz der Governance - gemäß TCE abgeleitet aus Transaktionskosten und Produktionskosten - muss folglich nicht sinken. Wir folgern daher:

H1a: Transaktionale Governance wirkt positiv auf den Kooperationserfolg.

2.3.2 Relationale Governance

Die zweite zu analysierende Gestaltungsform von Verträgen ist die relationale Governance (RelG). Unter diesem Begriff fasst man selbst-verpflichtende Übereinstimmungen von Vertragsparteien zusammen (TELSER 1980, S. 27). Die Partner wägen unilateral ab, ob die Vertragsbeziehung einen Nutzen stiftet. Erwartet man einen höheren Nutzen ohne Kooperation, sollte die Beziehung beendet werden. Eine Kooperation manifestiert sich durch wiederholte Transaktionen, die eine soziale Beziehungskomponente beinhalten (RYALL; SAMSPON 2009, S. 914). RelG umfasst gemeinsam geteilte Werte und Prozesse. Soziale Prozesse fungieren als Durchsetzungsmechanismen von Verpflichtungen, Versprechen und Erwartungen. Dabei werden Normen implementiert, die Flexibilität, Solidarität und den Informationsaustausch kräftigen können (POPPO; ZENGER 2002, S. 709-710). Flexibilität dient der verbesserten Anpassungsfähigkeit bei Eintreten unerwarteter Umweltzustände. Solidarität umfasst den bilateralen Versuch, Probleme zu lösen, bei dem die gemeinsame Anpassung im Vordergrund steht. Informationsaustausch vereinfacht sowohl den Anpassungs- als auch den Lösungsprozess, weil die Vertragsparteien transparent bezüglich kurz- und langfristiger Zielsetzungen kommunizieren. Entgegen der TG kann bei relationalen Vereinbarungen, kein Dritter zur Schlichtung einberufen werden, da die Normen nicht juristisch-legal sind (TELSER 1980, S. 27-28) .

Das Bemühen nach langfristigen Beziehungen wird als Commitment bezeichnet (DWYER; SCHURR; OH 1987, S. 19). Mittels beziehungstechnischen Komponenten wird das Verhalten der Transaktionspartner über Commitment und der impliziten Kundgabe bezüglich der eigenen Verwundbarkeit gesteuert (MAYER; DAVIS; SCHOORMAN 1995, S. 726). Diese kann Opportunismus hervorrufen, und somit den Kooperationserfolg beeinträchtigen. Weiterhin kann stark ausgeprägtes Vertrauen Konflikte hervorrufen (SAKO 1992 nach ZAHEER et al. 1998, S. 145): Dies folgt aus dem Spannungsfeld zwischen Kooperation und Wettbewerb. Zwar bewirkt hohes Vertrauen Zuversicht, dass die transparente Kommunikation nicht missbraucht wird. Andererseits kann ein Opportunist die geteilten Informationen zum eigenen Vorteil nutzen (HELPER; LEVINE 1992, S. 571-572).

RelG impliziert andererseits Reziprozität und Kooperativität. Aufgrund dessen sind damit auch niedrigere Transaktionskosten verbunden, da man flexibler bei der Neugestaltung von Verträgen agieren kann und damit weniger Aufwand einhergeht (DYER 1997, S. 440-445). Die Ergebnisse widersprechen einer Annahme der TCE, dass grundsätzlich ein positiver Zusammenhang zwischen Transaktionskosten und spezifischen Investitionen bestehe. Der Grund dafür ist das Erwarten einer langfristigen Beziehung unter Vertrauen und damit bei sich wiederkehrenden Transaktionen auch eine größere Anzahl an Möglichkeiten „ungerechte“ Ressourcen-Allokationen zu beseitigen. In Folge dessen ergeben sich niedrigere Anreize für Opportunismus. Weiterhin folgen bei RelG vergleichsweise niedrigere Vertragskosten mit Blick auf die Überwachung und Kontrolle, da beide Partner in gutem Glauben sind, dass man gemeinsam relativ höhere Renten abschöpfen kann als alleine und diese auch fair verteilt werden.

Stark ausgeprägtes Vertrauen vermag Informationsasymmetrien zu mildern. Treten unerwartete Ereignisse ein, erleichtert Vertrauen den Anpassungsprozess bezüglich Externalitäten, da gemeinsam entwickelte Normen die Partner vereint. Durch RelG gemilderte Informationsasymmetrien entkräften das Argument bezüglich der Konflikte, da diese nunmehr unwahrscheinlicher entstehen und sich Beziehungen im Zeitverlauf justieren lassen (ZAHEER et al. 1998, S. 152). Sollten Informationen missbraucht werden, kann entweder eine Anpassung der Beziehung stattfinden oder die Beendigung der Kooperation einberufen werden. Das gemilderte Konfliktpotenzial basiert auf der Tatsache, dass sich die Parteien bei etabliertem Vertrauen mehr Spielraum bei Unstimmigkeiten gewähren. Geteilte Grundannahmen können des Weiteren zu schnelleren Entscheidungen führen, weil sich bei den Parteien eine Art „gemeinsame Sprache“ etabliert hat (ZAHEER et al. 1998, S. 152). Schließlich symbolisiert Vertrauen die Überzeugung, dass der Vertragspartner zuverlässig und wohlwollend handelt. Damit ist Opportunismus per Definition ausgeschlossen (WU et al. 2007, S. 296). Die Erläuterungen gilt es in folgender Hypothese zu untersuchen:

H1b: Relationale Governance wirkt positiv auf den Kooperationserfolg.

2.3.3 Plurale Governance

Governance-Formen können miteinander kombiniert werden (HEIDE 1994, S. 78-81). In der Literatur nimmt die Wahrnehmung der komplementären Wirkung beider Gestaltungsformen zu (ABDI; AULAKH 2014, S. 2). Es könnte folglich sinnvoll sein, dass Verträge in der Praxis sowohl transaktionale als auch relationale Bestandteile beinhalten.

Es ist vorteilhaft für Kooperationspartner nach einer langfristigen Beziehung zu streben, alsbald der daraus resultierende Nutzen einen höheren Wert besitzt als das Abschöpfen kurzfristiger Renten. Empfinden beide Partner Reziprozität bezüglich ihrer Transaktionen, tendieren sie dazu sich gegenseitig zu unterstützen anstatt kurzfristige Profite durch Ausbeutung zu erlangen (BUCKLEY; CASSON 1988, S. 32). Gegenwärtiges Verhalten kann als Antwort auf das vorangegangene des Partners verstanden werden (BLAU 1964 nach LUO 2002, S. 906). Die Kooperation wird eingegangen, weil die Parteien wechselseitig erwarten, dass wohlwollendes Verhalten auf Gegenseitigkeit stößt, da beide eine langfristige Beziehung anstreben. Kooperation ist somit ein langfristiger Prozess, der vergangene, gegenwärtige und zukünftige Beziehungen in einem Vertrag verbindet. Spezifizierungen mittels formaler Klauseln können ebenfalls als langfristig ausgerichtet angesehen werden, weil die Partner von Compliance ausgehen und somit kooperatives Verhalten mit TG herbeigeführt werden kann (POPPO; ZENGER 2002, S. 712-713). Zudem bedarf es an formalen Verträgen, um die Anfangsphase der Vertragsbeziehung, die durch Verletzungsgefahr gekennzeichnet ist, abzusichern (POPPO; ZENGER 2002, S. 713).

Aus einer soziologischen Perspektive werden zusätzlich relationale Normen benötigt. Dies lässt sich dadurch erklären, dass es Mechanismen gibt, welche zu Reziprozität führen können und diese eine Grundlage für das Eingehen von Kooperationen darstellen (GRANOVETTER 1985, S. 501). Die Partner gehen davon aus, dass wohlwollendes Verhalten auch den Partner dazu veranlasst, sich nicht opportunistisch zu verhalten. Wird der Nutzen einer langfristigen Beziehung höher gewertet, schafft RelG Anreize zur Compliance, weil die eingegangene hybride Form im Gegensatz zur Hierarchie vorteilhafter erscheint. Komplexe formale Verträge erfordern die gemeinsame Festlegung von Verhaltensweisen als Reaktion auf Externalitäten und die Ausarbeitung von Sanktionen bei Regelverstoß. Die gemeinsame Erarbeitung von Normen ist ein andauernder Prozess, welcher die Entwicklung sozialer Beziehungen erlaubt (GOO et al. 2009, S.122). Treten unerwartete Umweltzustände ein, erlaubt reine TG keine Aufrechterhaltung der Beziehung (POPPO; ZENGER 2002, S. 721). Sie wird zwar durch formale Verträge begünstigt, aber nicht garantiert. Vielmehr erleichtert TG die schnelle Abwicklung von Kooperationen bei Verletzung von Klauseln. Dies untermauert den Bedarf der Aufnahme von RelG in formale Verträge, um deren Grenzen zu komplementieren. Der Fokus relationaler Normen auf Kontinuität und Gegenseitigkeit trägt unter anderem dazu bei.

Das Abweichen von Kooperationszielen sowie kulturelle Unterschiede können zu Konflikten führen (DOZ 1996, S. 66-68). Diese gilt es harmonisch zu lösen, um die Kooperation zu erhalten. Gemeinsam vereinbarte und geteilte Zielsetzungen begünstigen dabei die Konfliktlösung (DANT; SCHUL 1992, S. 49-50). Diesbezüglich beinhalten formale Verträge präzise Formulierungen (MAYER; ARGYRES 2004, S. 398). Wie eingangs erwähnt, sollen formale Verträge ex-ante Anreize für spezifische Investitionen schaffen. Da Opportunismus für die betroffene Partei nachteilige Governance-Kosten verursacht, stellt TG die Basis für die Entwicklung von Vertrauen dar (BEUVE; SAUSSIER 2011, S. 830).

Folglich könnte eine Mischform beider Governance-Formen sinnvoll sein, um sowohl eine langfristige Beziehung zu fördern als auch spezifische Investitionen von vorzeitiger Terminierung des Verhältnisses abzusichern. Die Formen sollten so kombiniert werden, dass TG einen Rahmen bildet, in den relationale Elemente eingebettet werden, sodass sie gegenseitig einschlägige Nachteile kompensieren (Tabelle 1). Die Ausführungen enden in folgender Hypothese:

H2: Plurale Governance wirkt positiv auf den Kooperationserfolg.

2.4 Machtposition

WEBER definiert Macht als „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ (1972, S. 28). Anders formuliert ist Macht die Fähigkeit, Einfluss auf Personen, Organisationen etc. zu nehmen um ein bestimmtes Verhalten hervorzurufen.

In den hier betrachteten Kooperationen ist Macht eng mit dem Begriff der Abhängigkeit verknüpft. Der Ressourcenabhängigkeitsansatz geht davon aus, dass die Macht die ein Unternehmen über ein zweites verfügt, der Abhängigkeit des zweiten Unternehmens von den Ressourcen des ersten Unternehmens entspricht (PFEFFER; SALANCIK 1978, S. 258-260). Daraus folgt dass ein abhängiges Unternehmen wenig Einflussmöglichkeit auf die Form und Intensität des Austauschs hat (THOMPSON 1967, S. 29-30). Diese Beziehung findet man häufig in Nischen-Märkten, die durch ein relativ geringes Angebot sowie Nachfrage und Exklusivität gekennzeichnet sind (DORE 1983, S. 463). In der Literatur wird dieses Phänomen auch als Machtasymmetrie, Machtungleichgewicht oder unilaterales Machtverhältnis bezeichnet.

Gemäß H1a nehmen wir an, dass TG den Erfolg steigert. Zusätzlich könnte eine Partei aber aufgrund einer überlegenen Machtposition wichtige Ressourcen des Partners zur Angebots-Diversifizierung nutzen, um somit Wachstumsraten im Absatz zu erzielen, was letztlich die einseitige Performance erhöhen kann und daher insgesamt den beidseitigen Kooperationserfolg negativ beeinflusst (KIM et al. 2004, S. 629). Nach dem Framework von HARRIGAN und NEWMAN (1990) können sich die Erwartungen und Missionen, die den Verträgen zugrunde lagen, im Zeitverlauf ändern, weil diverse Umweltzustände eingetreten sind. Weiterhin passen sich auch die Bedürfnisse an, was folglich eine Verschiebung der Machtpositionen bewirken kann. Folglich könnte TG Abhängigkeit hervorrufen. Dieser Prozess kann den Kooperationserfolg beeinträchtigen bzw. die Aufhebung der Beziehung implizieren (CASCIARO; PISKORSKI 2005, S.175). Unterstützt wird diese Verschiebung der relativen Verhandlungsstärke durch die Hypothese, dass durch Verträge asymmetrischer Wissenserwerb hervorgerufen wird, sodass sich dadurch einschlägige Abhängigkeiten ergeben können (INKPEN; BEAMISH 1997, S. 184). Demnach könnte eine unilaterale Abhängigkeit einen wesentlichen negativ gerichteten Erklärungsgehalt bezüglich des Zusammenhangs zwischen Verträgen und Kooperationserfolg aufweisen. Damit ergibt sich:

H3: Abhängigkeit des Partners mediiert negativ den Zusammenhang zwischen transaktionaler Governance und Kooperationserfolg.

Wenn Unternehmenskooperationen sich weitgehend auf informelle Absprachen verlassen und somit relativ wenige vertragliche Regelungen bestehen, kann sich dies - wie auch in H1b postuliert - positiv auf den Kooperationserfolg auswirken. Wir untersuchen im Folgenden wie sich eine Abhängigkeit des Partners auf die Beziehung zwischen RelG und Kooperationserfolg auswirken könnte.

LAWLER und YOON (1996, S. 90) haben gezeigt, dass ein Machtungleichgewicht den Austausch zwischen den Partnern verringert. Die Kommunikation erfolgt überwiegend unidirektional vom mächtigeren zum abhängigeren Partner (FORD; THOMAS 1995, S. 224). Dies führt dazu, dass in der Praxis häufig entstehende Konflikte (BUCKLIN; SENGUPTA 1993 S. 34; KOGUT 1988, S. 328; HARDY; NELSON 1998, S. 218) schwieriger zu lösen sind. Zudem könnte der mächtigere Partner Prozesse der harmonischen Konfliktlösung blockieren, sofern erwartet wird, dass das Resultat entgegen den eigenen Zielen stehen wird (YAN; GRAY 1994, S. 1484; YAN; GRAY 2001, S. 396).

Weiterhin wird bei einer Machtasymmetrie der dominantere Partner versuchen, sich einen größeren Anteil des Kooperationsgewinns zu sichern (PFEFFER; LEONG 1977, S.777; PROVAN et al. 1980, S. 200). Diese Absichten wird er - entgegen vertraglich fixierter Gewinnverteilung - stetig versuchen durchzusetzen. Folglich können erneut (versteckte) Konflikte entstehen, die einer produktiven Zusammenarbeit entgegenwirken. ZAHEER et al. (1998, S. 145) konnten bestätigen, dass diese Konflikte negativ auf das gegenseitige Vertrauen wirken. Dieses Misstrauen führt zu erwartetem Opportunismus, was die Partner davon abhalten könnte, spezifische Investitionen zu tätigen, die wiederum entscheidend für den Erfolg der Kooperation sind. Zusammenfassend wirkt ein asymmetrisches Machtverhältnis dem Austausch, intensiver Zusammenarbeit, Vertrauen und Kommunikation entgegen. Diese Merkmale sind aber - insbesondere für von Formlosigkeit geprägte - Kooperationen konstituierend und darüber hinaus notwendige Voraussetzungen zur Erreichung eines gemeinsamen Kooperationserfolgs. Somit postulieren wir:

H4: Abhängigkeit des Partners moderiert negativ den Zusammenhang zwischen relationaler Governance und Kooperationserfolg.

3. Empirische Methodologie

3.1 Beschreibung der Datenerhebung und Charakterisierung der Stichprobe

Im Rahmen des Forschungsprojekts „Unternehmenskooperationen“, welches vom Lehrstuhl BWL VI der Universität seit mehreren Jahren durchgeführt wird, werden die zu analysierenden Daten auf der Medica-Messe in Düsseldorf eingeholt. Diese ist eine internationale Fachmesse mit Konferenzen und Foren für Medizintechnik, Pharma- sowie Gesundheitsindustrie. 17 Messehallen, 5 Ausstellungsbereiche, 6 Foren und 5 Konferenzen auf einer Fläche von 115.000 m² stellten den Rahmen für 4.831 Austeller aus über 70 Ländern dar, den state of the art zu präsentieren. Mehr als 130.000 Besucher nahmen das Angebot von 280 Veranstaltungen an vier Tagen wahr (MEDICA 2015).

An der am 13. und 14. November 2014 durchgeführten quantitativen Studie nahmen 472 Unternehmen teil. Die Daten der Konstrukte wurden in einem Fragebogen mittels 5-Punkt-Likert-Skalen erhoben. Aufgrund des Stellenwerts von FMU gelangen ausschließlich diese in die Stichprobe der Querschnittsanalyse. Damit enthält die Stichprobe letztlich 261 Unternehmen, die im Schnitt mit 399 Beschäftigten einen Umsatz von 162.806.847 € generieren und vor ca. 36 Jahren gegründet wurden. Die Datenauswertung erfolgte mit der Software IBM SPSS Statistics.

Um die Güte der statistischen Quantifizierung beurteilen zu können, wurden die theoretischen Konstrukte auf deren Reliabilität, Validität und Objektivität überprüft. Aus der Tabelle 2 ergibt sich, dass die verwendeten Variablen die unterstellten Kriterien erfüllen. Objektivität wird angenommen (BAUR; BLASIUS 2014, S. 413).

3.2 Operationalisierung

In der vorliegenden Arbeit wurden Zusammenhänge bezüglich transaktionaler- bzw. relationaler Governance, Machtposition sowie Kooperationserfolg untersucht. Diese Variablen stellen insofern latente Konstrukte dar, als dass sie nicht direkt messbar sind. Die im Fragebogen verwendeten Items sind in Tabelle 2 dargestellt.

Die Messung der transaktionalen Governance erfolgt durch Items, die sich auf die Komplexität und Detailliertheit der Verträge beziehen. Die RelG wird durch Items bewertet, die Wohlwollen und Vertrauen ausdrücken. Plurale Governance ergibt sich durch den Interaktionsterm beider Formen. Die Verteilung beschreibt die Verschiebung von singulärer zu pluraler Governance. Die Ansätze sind konsistent zu einer Reihe von empirischen Studien (POPPO; ZENGER 2002, S. 715 und 717).

Wie erläutert untersuchen wir die Abhängigkeit des Partners als eine Dimension des latenten Konstrukts der Machtposition. Da Wissen und Know-How eine Verschiebung der relativen Verhandlungsmacht bewirken können (INKPEN; BEAMISH 1997, S. 187), operationalisieren wir die Variable Abhängigkeit durch wissensbezogene Items.

In der Wissenschaft hat sich zum bisherigen Zeitpunkt noch kein Konsens bezüglich der Messung des Erfolges von Kooperationen herausgebildet (LUNNAN; HAUGLAND 2007, S. 546). Ergebnisse der Kooperationsforschung hängen vielmehr von der Operationalisierung der Performance ab (LARIMO 2007, S. 396). Die Bandbreite bestehender Ansätze ihrer Messung umfasst finanziellen Erfolg, operationalen Erfolg und organisationale Effektivität (VENKATRAMAN; RAMANUJAM 1986, S. 803). Ersterer beurteilt die Erreichung finanzieller Ziele mittels ökonomischer Kennzahlen. Der operationale Erfolg bewertet dagegen Transformationsprozesse, die nötig sind um konkrete Ziele zu erreichen. Der letzte Ansatz unterscheidet sich von den zuvor genannten insofern, als dass er sich auf die Erreichung organisationaler Ziele bezieht. Der Fokus liegt hier auf der Abweichung zwischen vorgegebenen und tatsächlich erreichten Zielen. Im Rahmen dieser Arbeit verwenden wir den Ansatz der organisationalen Effektivität.

3.3 Verwendete Verfahren

Regressions- und Korrelationsanalysen ermöglichen es, Wirkungszusammenhänge zwischen Variablen zu analysieren. Bei direkter Messbarkeit der unabhängigen Variablen sind die Verfahren relativ einfach durchzuführen. Jedoch kann es wie bei den verwendeten Konstrukten der Fall sein, dass Variablen nicht direkt messbar sind und diese Interdependenzen aufweisen. Dies wirkt dem Ziel von multiplen Regressionen, einen isolierten Erklärungsgehalt der jeweiligen Variablen zu extrahieren, entgegen. Daher wurde zunächst eine Faktorenanalyse durchgeführt, um diese Probleme zu umgehen (BACKHAUS et al. 2003, S. 260). Daraus resultierten unter dem Konstrukt Beziehungen zum Kooperationspartner die Variablen transaktionale- sowie relationale Governance. Weiterhin ergab sich unter dem Konstrukt der Machtposition die Variable Abhängigkeit des Partners.

Die Hypothesen H1a,b sowie H2 wurden mittels linearer Regression getestet. Diese ermöglicht Kausalbeziehungen zwischen einer abhängigen Variable (AV) und einer oder mehreren unabhängigen Variablen (UV) quantitativ zu beschreiben und zu erklären (BACKHAUS et al. 2003, S. 46).

In der Hypothese H3 wird eine Mediation postuliert. Die Mediator-Variable kann als Vermittler des Zusammenhangs zwischen UV und AV verstanden werden. Ein möglicher Interaktionseffekt wird in H4 wird überprüft. Sie postuliert, dass der Zusammenhang zwischen UV und AV durch den Moderator beeinflusst wird.

4. Ergebnisse der empirischen Analyse

4.1 Korrelationsanalyse

Die bivariaten Korrelationen der im Folgenden verwendeten Variablen sind Tabelle 3 entnehmbar. Die Matrix basiert auf den 5 Hypothesen.

Abhängigkeit ist negativ korreliert mit RelG. Die Werte sind relativ gering. Weitere Besonderheiten sind: Es existiert ein in der Stichprobe positiv hoch signifikanter Zusammenhang zwischen Abhängigkeit und transaktionaler Governance. Weiterhin korrelieren transaktionale- und relationale Governance hoch signifikant, was darauf hindeuten könnte, dass durchschnittlich mehr plurale Governance betrieben wird, da sie sich gegenseitig positiv bedingen könnten. Die größte hoch signifikante Korrelation liegt zwischen RelG und dem Erfolg vor.

4.2 Regressionsanalyse

Das Auswerten der Tabelle 4 führt aufgrund Nicht-Vorliegens von Signifikanz zum Verwerfen von H1a. Das Modell kann 0,7% der Gesamtstreuung erklären und die Steigung der berechneten Regressionsfunktion widerspricht dem postulierten Zusammenhang.

Der t-test bezüglich Richtung und Stärke der Schätzung aus Tabelle 5 weist darauf hin, dass die unterstellte UV ein geeigneter Schätzer ist und impliziert, dass der unterstellte Zusammenhang von H1b höchstsignifikant angenommen wird.

H2 postuliert eine positive Kausalbeziehung zwischen pluraler Governance und dem Kooperationserfolg. Tabelle 6 signalisiert, dass kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Interaktionsterm und der Performance besteht und somit H2 verworfen wird.

4.3 Berücksichtigung der Machtposition

Tabelle 7 weist darauf hin, dass keine Mediation seitens der Abhängigkeit vorliegt. Die multiple Regression erklärt lediglich ca. 1,1% der Varianz (n.s.). Ferner ergibt sich: Totaler Effekt = Direkter Effekt + indirekter Effekt = .049 + .231 * .080 = .06748. Mit Hilfe des Sobel-Tests wurde ein p-Wert von .168 berechnet, der auf keine Signifikanz hindeutet. Letztlich wird H3 verworfen.

Bezüglich H4 deutet der negative standardisierte Beta-Wert des Interaktionsterms aus RelG und der Abhängigkeit des Partners auf einen negativen Effekt hin (Tabelle 8). Jedoch liegt weder Signifikanz noch Moderation (p=.567) vor. Die erklärte Varianz im zweiten Block der hierarchischen Regression beträgt etwa 16,4%***. Insgesamt wird die Hypothese verworfen.

Einen Überblick über die Ergebnisse liefert Tabelle 9.

5. Diskussion

Ziel dieser Arbeit war es, Kausalbeziehungen zwischen der Governance und dem Kooperationserfolg zu untersuchen und dabei auch die besondere Rolle der einseitigen Abhängigkeit herauszustellen.

Das Verwerfen von H1a deutet darauf hin, dass Verträge keine geeignete Schätz-Variable für die Performance sind und sich reine TG nicht positiv auf den Kooperationserfolg auswirkt. Beim Versuch sich mittels legalen Verträgen gegen Kontingenzen abzusichern, entsteht Formalität und Distanz (BEUVE; SAUSSIER 2012, S. 814), weil der Vertrag implizit den Zwang zur Compliance darstellt, anstatt Anreize zur Entwicklung neuer Lösungen auf unerwartete Vorfälle zu stellen. Diese Distanz könnte der strategischen Zielsetzung entgegenstehen.

Demgegenüber steht die höchst signifikante Annahme von H1b, dass Vertrauen in einem positiven Zusammenhang mit dem Kooperationserfolg steht. Durch die Entwicklung von Vertrauen entstehen gemeinsame Normen, die das Commitment der Partner für die Kooperation bestärken und so zu besserem Lernen und Wissensaustausch führen (COOK; EMERSON 1978, S. 734). Ein in dieser Hinsicht effizientes Informationsmanagement scheint die Erreichung gesetzter Ziele zu begünstigen.

Ein zentrales Ergebnis dieser Arbeit stellt das Verwerfen von H2 dar. Obwohl RelG laut H1b den Erfolg positiv beeinflusst, deutet der negative Beta-Koeffizient aus Tabelle 6 darauf hin, dass der Kooperationserfolg durch eine linksgerichtete Bewegung in der Verteilung des Interaktionsterms gesteigert wird. Folglich impliziert dies, dass die Ausübung singulärer Governance relativ vorteilhafter ist. Der Grund dafür könnte ein bilateraler Substitutions-Mechanismus sein (GHOSHAL; MORAN 1996; DYER 1997): Durch transaktionale Verträge kann die Gefahr von Opportunismus entstehen, da relationale Normen durch das signalisierte Misstrauen bzw. Nicht-Erwarten von Reziprozität verdrängt werden. Gleichzeitig können bei Vorhandensein von Vertrauen kostspielige formale Verträge marginalisiert werden, da keine Anpassungsklauseln bei Auftreten von Kontingenzen nötig sind. Letzteres ergibt sich aus den Charakteristika von RelG: Kooperativität, Reziprozität und Flexibilität. Dieser Substitutions-Mechanismus könnte den Zusammenhang zwischen einer Kombination beider Organisationsformen und der Performance negativ bedingen. Zusätzlich könnte die Bedeutung von Verträgen im Zeitverlauf abnehmen, bis sich relationale Prozesse nach einer gewissen Periode manifestiert haben (POPPO; ZENGER 2002, S. 722). In der Stichprobe beträgt die durchschnittliche Kooperationsdauer 104 Monate (N=155). Dies könnte auch ein Grund sein, warum Verträge sich in der Stichprobe nicht positiv auf den Kooperationserfolg auswirken (H1a). Um dies zu überprüfen, müsste eine Längsschnitt-Studie durchgeführt werden, um dynamische Effekte ermitteln zu können (POPPO; LACITY 2002, S. 276-278).

Der Zusammenhang zwischen TG und dem Erfolg scheint nicht negativ durch Abhängigkeit vermittelt zu werden (H3). Es zeigte sich ausschließlich ein hoch signifikanter Zusammenhang zwischen Verträgen und der Abhängigkeit (β=.244***). Tabelle 7 verwirft die von uns abgeleitete Argumentation, dass Abhängigkeit die Performance beeinträchtigt. Machtasymmetrie kann zwar Opportunismus herbeiführen, weil der stärkere Partner bei Ausbeutung aufgrund der einseitigen Abhängigkeit keine für ihn nachteiligen Konsequenzen fürchtet (BLAU 2009, S. 116 u. 119). In 2.3.1 wurde aber erläutert, dass TG ein Instrument zur Absicherung gegen nicht wohlwollendes Verhalten darstellt. Schließlich werden neben verhaltensbezogenen Klauseln auch beziehungsrelevante Normen fixiert. Durch diese Normen könnte opportunistisches Verhalten nicht mehr vorteilhaft sein, weil die Abschöpfung der Quasi-Rente nunmehr einen geringeren diskontierten Wert aufweist als jener aus der Aufrechterhaltung der Beziehung resultierende (KESSLER; LEIDER 2012, S. 70-71). Dies wird untermauert durch das Merkmal der langfristigen Ausrichtung von Kooperationen (siehe 2.2).

Das Verwerfen von H4 deutet darauf hin, dass eine Machtasymmetrie keinen signifikanten Einfluss auf die Beziehung von RG und der Performance aufweist. Das Vorzeichen des Beta-Koeffizienten ist zwar wie postuliert negativ, jedoch nicht signifikant. Ein möglicher Grund dafür wäre, dass potentielle Macht nicht zwangsläufig ausgeübt wird (PROVAN 1980; KAUFMANN; DANT, 1992 S. 174). Dies erscheint insbesondere bei auf Langfristigkeit ausgelegten Vertrauensbeziehungen schlüssig, wenn beide Partner erwarten, durch Zusammenarbeit, gegenseitige Einflussnahme und das vertrauensvolle Einbringen von Ressourcen ihre Ziele besser erreichen zu können (EMERSON, 1962, S. 36). Zusätzlich kann die Form der Governance durch während den Kooperationsverhandlungen bestehende Machtverhältnisse beeinflusst werden. Bei ex-ante bestehender Machtasymmetrie wird relationale Governance, die auf Gegenseitigkeit beruht (siehe 2.3.2), untergraben. Demnach bestünde nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass sich Machtasymmetrien auf eine relational geprägte Kooperation auswirken könnten, weil sie von Anfang an nicht in der Beziehung vorhanden sind (COOK 1977, S. 66; GRAY 1994, S. 1507).

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit sind jedoch mit Einschränkungen verbunden. Zunächst kann auf die Besonderheiten der Branchen verwiesen werden (STATISTA 2015a,b), in denen die Messe-Aussteller vertreten sind und somit keine Generalisierung bzw. Übertragbarkeit auf andere Branchen angestellt werden sollte. Während die Pharmaindustrie allgemein das Angebot von Arzneimitteln für Mensch und Tier bereitstellt, ist der Gesundheitssektor konkret für die Förderung und Pflege des Gesundheitszustands der Bevölkerung verantwortlich. Zwischen den beiden Sektoren herrscht eine enge Verflochtenheit: Gesundheitszustand und damit auch die Lebenserwartung hängen von der Versorgung mit Arzneimitteln ab. Zudem impliziert eine höhere Lebenserwartung, dass die Nachfrage nach den Mitteln steigt. Die Weltbevölkerung wächst absolut gesehen immer mehr an. Gleichzeitig altert die Bevölkerung. Die im Alter eintretenden relativ höheren gesundheitsbezogenen Ausgaben sowie der technologische Fortschritt fördern das Wachstum der beiden Industrien. Neben den damit verbundenen Chancen für Unternehmen sowie Kooperationen, Gewinnpotenziale zu realisieren, stehen auch Herausforderungen gegenüber: der Innovationsdruck veranlasst Unternehmen in kostenintensive und langwierige Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zu investieren, um sich dadurch Marktanteile sichern zu können. Zusätzlich sind damit auch Trittbrettfahrer-Effekte verbunden: Fabrikanten von Generika-Produkten stellen bio-äquivalente Arzneimittel her, deren Produktionskosten im Vergleich niedriger sind. Rückläufige Ausgaben im Gesundheitsbereich seitens der Regierung verstärken zunehmend den Wettbewerb, da folglich unter sinkenden Zuschüssen der Preisdruck intensiviert wird. Auch die Medizintechnik-Industrie ist durch Innovationsdruck gekennzeichnet. Die Erläuterungen deuten auf besondere Rahmenbedingungen hin und somit kann davon ausgegangen werden, dass sich die untersuchte Branche maßgeblich von anderen unterscheidet.

Eine weitere potenzielle Ursache, warum die Ergebnisse von der postulierten Theorie abweichen, könnten institutionelle Rahmenbedingungen der jeweiligen Länder darstellen, in denen die Unternehmen niedergelassen sind. In der Literatur findet sich bspw. eine hohe Anzahl an Studien, die sog. „keiretsu“ -Kooperationen in Japan untersuchen, da diese einige Besonderheiten aufweisen (KIM et al. 2004) und daher wesentliche Unterschiede zu westlichen Zusammenschlüssen besitzen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 37 Seiten

Details

Titel
Der Einfluss von Governance auf den Kooperationserfolg von Familienunternehmen unter Berücksichtigung ihrer Machtposition
Untertitel
Eine empirische Analyse
Veranstaltung
Innovationsmanagement
Note
1,0
Jahr
2015
Seiten
37
Katalognummer
V355749
ISBN (eBook)
9783668421905
ISBN (Buch)
9783668421912
Dateigröße
704 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Familienunternehmen, Governance, Machtposition, Kooperationen, Governance Familienunternehmen
Arbeit zitieren
Anonym, 2015, Der Einfluss von Governance auf den Kooperationserfolg von Familienunternehmen unter Berücksichtigung ihrer Machtposition, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/355749

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