Elternbeteiligung in einem multikulturellen Schulumfeld

Neue Herausforderungen an die Lehrerpersönlichkeit


Seminararbeit, 2014

13 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Elternbeteiligung im Kontext einer sozial gerechteren Bildung
2. Praktische Umsetzungsmöglichkeiten der Elternbeteiligung
3. Erschwerte Bedingungen für Elternarbeit im multikulturellen Umfeld
4. Erforderliche Qualifikationen der Lehrkräfte
5. Die Frage nach dem Erwerb der Qualifikationen

III. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Sie ist in allen Länderverfassungen verankert – und doch bleibt die praktische Gestaltung der Elternbeteiligung, beziehungsweise der Kooperation von Familien und Lehrkräften, im Gesamtbild gegenwärtiger Bemühungen hinter den Erwartungen zurück (vgl. GOMOLLA 2009, S. 26). Dabei steht die hiesige Bildungspolitik in besonderer Weise vor der Herausforderung, gegen das bestehende Leistungsgefälle entlang der Ethnizitäten anzukämpfen; weist dieses Gefälle doch auf institutionell verankerte Chancenungleichheiten im deutschen Bildungssystem hin. Tatsächlich wird die Elternbeteiligung als wichtiger Interventionspunkt angesehen, um speziell für Migrantenkinder und Schüler mit bildungsfernen Eltern das schulische Lernen und die Erfolgschancen zu verbessern. Was muss getan werden? Die bereits bestehenden Ansätze und Projekte zur verbesserten Zusammenarbeit oben skizzierter Parteien müssen systematisch ausgeweitet werden. Der erste Schritt zum vertrauensvollen Miteinander muss gewiss von den Lehrkräften getan werden. Denn es müssen gerade die Eltern erreicht werden, die (aus unterschiedlichsten Gründen) dem Schulleben fern stehen. Doch dies setzt neue, hohe Anforderungen an ‚den Lehrer‘! So ist das Ziel der vorliegenden Hausarbeit, die Herausforderungen und Hindernisse für eine Kooperation vonseiten der Eltern als auch vonseiten der Lehrer aufzuzeigen. Davon ausgehend leite ich die Qualifikationen ab, die eine Lehrkraft besitzen oder idealerweise bereits im Studium erwerben sollte. Doch zuvor ist es nötig, die Elternbeteiligung zu definieren und zu kontextualisieren und sie im zweiten Schritt auf die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten herunterzubrechen.

II. Hauptteil

1. Elternbeteiligung im Kontext einer sozial gerechteren Bildung

„Die Forderung nach mehr Elternbeteiligung in der Schule ist u.a. eine Reaktion auf die Ergebnisse großflächiger Schulleistungsstudien, die dem gravierenden Gefälle zwischen Kindern und Jugendlichen deutscher und nicht-deutscher Herkunft beim Zugang zu höheren Bildungs- und Qualifizierungsgängen breite öffentliche Aufmerksamkeit verschafft haben.“ (FÜRSTENAU/GOMOLLA 2009, S. 13)

Trotz der Tatsache, dass es erfolgreiche Schüler mit Migrationshintergrund gibt, macht das Gesamtbild in signifikanter Weise deutlich, dass Kinder und Jugendliche dieser sozialen (sehr heterogenen) Gruppe in den höheren Rängen der Bildungshierarchie deutlich unterrepräsentiert sind. Es wäre naiv und schlichtweg falsch, diesen alarmierenden Befund allein als Folge der unzureichenden Beteiligung der Migranteneltern am Schulleben anzusehen. Nichtsdestoweniger weisen Evaluationen und wissenschaftliche Untersuchungen, vor allem aus dem angelsächsischen Raum, auf die enge Verknüpfung von Schule, Familie und Bildungserfolg hin (vgl. FÜRSTENAU/GOMOLLA 2009, S. 14). Das schulische Engagement der Eltern wirkt sich förderlich auf das Lernverhalten der Kinder aus. Die wichtige Rolle der Eltern beginnt jedoch nicht erst bei der Mitgliedschaft im Elternbeirat, sondern im familiären Alltag, wo der Wert der schulischen Bildung auf vielerlei Weise vermittelt werden kann: Sei es durch das gemeinsame Lesen-Üben mit dem Grundschulkind, die Hilfestellung bei den Hausaufgaben, das Schaffen von Freiräumen zum Lernen oder durch verbale Ermutigungen, sich den Herausforderungen des Schulalltags zu stellen. Darüber hinaus können pädagogische Maßnahmen gewinnbringend überlegt und angegangen werden, wenn eine gute Kommunikation zwischen Eltern und Lehrkraft gewährleistet ist. GOMOLLA weist darauf hin, dass der Begriff ‚Elternbeteiligung‘ über eine ‚Kooperation mit der Schule‘ hinausgeht, indem er „aktive und passive Aspekte von ‚sich beteiligen‘ und ‚beteiligt werden‘ einschließt und ein breites Spektrum von Partizipationsformen umfasst: neben der Interkation von Lehrkräften und einzelnen Eltern im unmittelbaren Schulgeschehen Formen der kollektiven Selbstorganisation und der Mitsprache in politischen Entscheidungsgremien und im Schulmanagement.“ (GOMOLLA 2009, S. 22)

Es wird deutlich, dass Elternbeteiligung ein weites Spektrum von unterschiedlichen Strategien und Wirkungsabsichten einschließt. Abhängig von Schulform, kommunalen Gegebenheiten, sozialem Umfeld der Familien und vielen weiteren Faktoren wird sich auch die Konkretisierung der Elternbeteiligung unterschiedlich gestalten, als Antwort auf die individuelle Problemstellung der jeweiligen Schule.

2. Praktische Umsetzungsmöglichkeiten der Elternbeteiligung

In einem Ansatz von RÜESCH werden die Formen der Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern in sechs Punkten zusammengefasst:

1. Vermittlung von Informationen und Elternbildung
2. Individuelle Erziehungsberatung
3. Angebot zur freiwilligen Mithilfe und Mitarbeit in der Schule
4. Unterstützung der Kinder durch ihre Eltern bei Schularbeiten zu Hause
5. Mitsprache und Engagement von Eltern in Entscheidungsgremien
6. Vernetzung verschiedener Institutionen und Gruppen im Stadtteil (vgl. RÜESCH 1999, S. 90f)

Diese Aspekte der Kooperation von Eltern und Schule spiegeln als Gesamtbild eine relativ traditionelle Sicht auf die Rolle der Eltern wider: Ihre Möglichkeiten zur Mitsprache und aktiven Mitgestaltung des Schulalltags bleibt weitgehend begrenzt, das asymmetrische Machtverhältnis bleibt unverändert, da die Aktivitäten der Eltern eher als Unterstützung bei den schulischen Herausforderungen gesehen werden. Von diesen kritischen Überlegungen ausgehend zeigt GOMOLLA neue Perspektiven auf: Zum einen können die Lebenswelten der Familien kreativ mit den Curricula verknüpft werden. Dabei wird das Ziel angestrebt, die vorhandenen Bildungsressourcen außerhalb der Schule für die Schüler nutzbar zu machen (vgl. GOMOLLA 2009, S. 40ff).

„Beispielsweise beziehen Schulen Eltern und Kinder beim Finden und Lösen realer Probleme, die für die Schülerinnen und Schüler in und außerhalb der Schule relevant sind, ein. Dabei können Wissensressourcen, zu denen bestimmte Gruppen in Familien und Nachbarschaften Zugang haben, gezielt aufgegriffen werden.“ (ebd., S. 41)

Zum anderen sollten Eltern darin unterstützt werden, sich in „kritischen Untersuchungen der schulischen Chancen“ (ebd., S. 42) einzubringen und Initiative für Veränderungen zu ergreifen.

Doch damit die Elternbeteiligung zur Verbesserung des schulischen Lernens mitwirken kann, ist es unerlässlich, die Partizipation aller Eltern anzustreben.

An diesem Punkt wird die Schwierigkeit des Unterfangens deutlich, denn Schulen sind „eher erfolgreich, Eltern aus mittleren Sozialschichten mit einem höheren Bildungsniveau anzusprechen, als Eltern aus sozio-ökonomisch marginalisierten Gruppen und mit Migrationshintergrund“ (ebd., S. 29). Dieser Befund führt uns zurück zur Frage nach einer sozial gerechten Bildung im deutschen Schulsystem. Es ist eine Parallelität erkennbar zwischen dem Leistungsgefälle der Schüler deutscher Herkunft und der Schüler nicht-deutscher Herkunft auf der einen Seite und dem Gefälle der ‚Involviertheit im Schulgeschehen‘ deutscher Eltern und der Eltern mit Migrationshintergrund auf der anderen Seite.

Welche Barrieren treten besonders bei der Zusammenarbeit von Lehrkräften und Eltern nicht-deutscher Herkunft auf?

3. Erschwerte Bedingungen für Elternarbeit im multikulturellen Umfeld

Eine fruchtbare Kooperation setzt eine vertrauensvolle Kommunikation voraus. Barrieren, die diese Kommunikation erschweren oder gar unmöglich machen, können in äußeren Umständen, aber auch in inneren Haltungen begründet liegen, wobei zumeist sowohl Eltern als auch Lehrkräfte mit diesen Hindernissen zu kämpfen haben.

Dies wird umso deutlicher, wenn man sich den schrittweisen Aufbau der partnerschaftlichen Arbeit beider Parteien vor Augen führt. BLICKENSTORFER teilt diese Zusammenarbeit in fünf Phasen ein: (1.) Zunächst gilt es, dass sich Lehrkräfte und Eltern gegenseitig kennenlernen und Vertrauen aufbauen. (2.) Diese Kontakte gilt es zu pflegen und zu vertiefen.

(3.) Lehrkräfte und Eltern informieren sich gegenseitig offen und ausführlich über die Entwicklung des Schülers oder der Schülerin. (4.) Die Eltern werden bei der Lernförderung ihrer Kinder (beispielsweise Hausaufgabenbetreuung) unterstützt. (5.) Die Eltern werden eingeladen, das Schulleben mitzugestalten (vgl. BLICKENSTORFER 2009, S. 71).

Nun kann bereits die Phase des Kennenlernens zur Frustration auf beiden Seiten führen! Begegnungen und Gespräche, die vonseiten der Lehrkräfte von defizitorientierten Sichtweisen geprägt sind, führen selten zu guten Kontakten und können gegebenenfalls negative Vorannahmen augenscheinlich bestätigen:

„ (…) dass Migranteneltern sich nicht für die schulischen Belange ihrer Kinder engagieren, dass ihre Erziehungsvorstellungen unvereinbar mit den deutschen Erziehungszielen und -normen seien und dass sie nicht gewillt und in der Lage seien, sich den schulischen Integrationsanforderungen zu stellen.“ (HAWIGHORST 2009, S. 53)

Erschwerend kommt hinzu, dass Lehrpersonen Umfragen zufolge einen nur sehr geringen Bruchteil ihrer Arbeitszeit dafür aufwenden, um Kontakte zu den Familien ihrer Schüler aufzubauen, obwohl sie ein kooperatives Verhältnis als sehr wichtig einstufen (vgl. BLICKENSTORFER 2009, S.70). Doch gerade Zeit, Kontinuität und eine gewisse Frustrationstoleranz sind nötig, um innere Barrieren zu überwinden. Dies ist wiederum notwendig, um eine interkulturelle Öffnung auf individueller und institutioneller Ebene herbeizuführen.

Das fehlende Engagement vieler Migranteneltern in schulischen Belangen liegt in den meisten Fällen keineswegs in einem mangelnden Interesse am Bildungserfolg ihrer Kinder begründet. Tatsächlich wurde in der erziehungswissenschaftlichen Migrationsforschung wiederholt für unterschiedliche Ethnizitäten formuliert, dass Migranteneltern eine hohe Bildungsaspiration besäßen (vgl. HAWIGHORST 2009, S. 55). Die Erwartungen, die diese Eltern sowohl an ihre Kinder, als auch an das Bildungssystem im Allgemeinen und die Schule im Einzelnen stellen, zielen auf ein soziales Aufstreben ab; es ist der Wunsch nach einer guten Ausbildung und Zukunft ihrer Kinder. Die Diskrepanz von der grundsätzlichen Bereitschaft, sich im Schulleben einzubringen und dem geringen tatsächlichen Engagement, weist auf die zentrale Problematik der Migranteneltern hin: Ihr Verhältnis zur Schule ist geprägt von einer Unsicherheit, die auf fehlende oder mangelhafte Kenntnis der deutschen Sprache zurückzuführen ist. Diese sprachlichen Hürden haben weitreichende Folgen: Informationsschreiben der Schule bleiben unverstanden und Elternabende ohne Übersetzung lassen sich nur schwer gestalten. Allgemeiner ausgedrückt: Sowohl bei institutionalisierten, als auch bei informellen Kommunikationsangelegenheiten sind Eltern, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, im Nachteil. Daneben ist die elterliche Hausaufgabenbetreuung kaum möglich, selbst wenn die Eltern die zu bearbeitenden Inhalte theoretisch beherrschen.

Abgesehen von den lingualen Herausforderungen muss eine Lehrkraft, die sich um Kontakte zu Migranteneltern bemüht, mit weiteren Barrieren rechnen. Davon ausgehend, dass die Eltern in ihrem Herkunftsland durch Schulformen und Bildungssysteme geprägt wurden, die von den hiesigen stark abweichen, sind kritische Haltungen, Skepsis und Missverständnisse nachvollziehbar. Auch kann man eine Informiertheit über die Strukturen des deutschen Bildungssystems in vielen Fällen nicht einfach voraussetzen. Die schulischen Erfahrungen der Eltern werden nicht selten in Vorstellungen und Erwartungen umgemünzt, die dann an die Schule ihrer Kinder herangetragen werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Elternbeteiligung in einem multikulturellen Schulumfeld
Untertitel
Neue Herausforderungen an die Lehrerpersönlichkeit
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Note
1,0
Jahr
2014
Seiten
13
Katalognummer
V355645
ISBN (eBook)
9783668414532
ISBN (Buch)
9783668414549
Dateigröße
481 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lehrer, Lehrerpersönlichkeit, Multikulturell, Migration, Migrationshintergrund, Qualifikation, Qualitäten, Unterricht, Eltern, Elternbeteiligung, Respekt, Miteinander, Verantwortung
Arbeit zitieren
Anonym, 2014, Elternbeteiligung in einem multikulturellen Schulumfeld, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/355645

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