Prokrastination. Wie können Lehrkräfte diesem Problem bei Schülern begegnen?

„Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!"


Hausarbeit, 2015

15 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung
1.1. Wortherkunft und Definition
1.2. Ausgangssituation und Vorstellung des Themas
1.3. Geschichte
1.4. Relevanz des Themas

2. „Aufschiebertypen“
2.1. Der Erregungsaufschieber
2.2. Der Vermeidungsaufschieber

3. Zusammenhänge des Aufschiebens
3.1. Perfektionismus
3.2. Das „Wenn-dann-Phänomen“
3.3. Teufelskreis
3.4. Depression
3.5. Überforderung
3.6. Ablenkung
3.7. Unklare Anforderungen
3.8. Einschätzung der eigenen Fähigkeit
3.9. Kurzfristigkeit
3.9.1. Impulsivität
3.9.2. Langeweile
3.9.3. Aufgabenaversität

4. Auswirkungen des Aufschiebens

5. Bekämpfungsmethoden
5.1. Alltagshilfe
5.2. Behandlungsbedürftigkeit

6. Pädagogische Aspekte
6.1. Wie können Eltern von Anfang an vorbeugen?
6.2. Wie können Lehrer Einfluss nehmen?

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1. Wortherkunft und Definition

Das Wort Prokrastination, was so viel wie „Aufschieberitis“ bedeutet, kommt vom Lateinischen procrastinatio = ‚Vertagung‘. Procrastinatio setzt sich aus pro =‚für‘ und cras =‚morgen‘ zusammen. Arbeitssblockade, Aufschieben, Erregungsaufschiebung oder Handlungsaufschub: Dies alles sind Synonyme für ein Verhalten, das notwendige, aber als unangenehm empfundene Arbeiten verschieben, anstatt sie zu erledigen. (Vgl. Callies, 2013) Aufschieben gilt als schlechte Gewohnheit. Drei Kriterien zeichnen ein Verhalten als Prokrastination aus: Kontraproduktivität, mangelnde Notwendigkeit und Verzögerung. (http://psycnet.apa.org/journals/edu/99/1/12/) „Bei Prokrastination handelt es sich um eine schwere Störung der Selbststeuerung, die als solche ernst genommen und spezifisch behandelt werden muss.“ (Nonnenmacher, 2015)

1.2. Ausgangssituation und Vorstellung des Themas

Post erledigen, Steuererklärung abgeben, Dinge in Haus und Garten bewerkstelligen: Die Liste der Dinge, die es zu erledigen gibt, ist lang. Auch Kinder und Jugendliche haben schon Dinge, die sie erledigen müssen: Hausaufgaben, Referate, Vokabeln, Lernen für Klassenarbeiten, Zimmer aufräumen, im Haushalt Pflichten erfüllen, ggf. mit einem Instrument üben o.ä. Mit zunehmendem Lebensalter werden die Aufgaben zahlreicher und komplexer.

Gerade in unserer heutigen Leistungsgesellschaft, in der es neue Medien, Arbeitsverdichtung und eine starke Bürokratisierung gibt, haben die Menschen viel zu erledigen. Die gesellschaftlichen Erwartungen an den Einzelnen sind hoch, Schnelllebigkeit und Stress kommen hinzu. Die Ausgewogenheit zwischen Freizeit und Verpflichtung kann problematisch sein. Denn bei alledem gilt: Wer fleißig sein Programm erledigt, kann es weit bringen. Wer hingegen ein Ventil sucht, dem Leistungsdruck widersteht und zu Erledigendes vor sich herschiebt, der läuft Gefahr auf der Strecke zu bleiben. Warum werden manche Dinge gern verschoben und nicht sofort erledigt? Was sind die Ursachen dafür? Was sind die Auswirkungen des Verschiebens? Was kann gegen „Verschieberitis“ getan werden? Wie können Lehrkräfte diesem Problem bei Schülern begegnen? Auf diese Fragen soll in den folgenden Kapiteln eingegangen werden.

1.3. Geschichte

Wissenschaftliche Publikationen über Prokrastination deuten darauf hin, dass es sich bei der Prokrastination um ein Phänomen unserer heutigen Zeit und unserer Kultur handelt. Vermutlich haben die Menschen im Zeitalter von Atomuhren und neuen Medien in der Prokrastination ein Ventil gefunden – ein Ventil, durch das sie einer strikt organisierten termingerechten und bürokratisierten Welt versuchen zu entgehen. Die Prokrastination ist möglicherweise also eine Folge unserer überorganisierten und überpünktlichen Leistungsgesellschaft. In unserer hochtechnisierten Gesellschaft existiert ein Druck, den es so in der einfachen vorindustriellen Gesellschaft noch nicht gab. Das Missachten von Deadlines kann zu großen wirtschaftlichen Verlusten führen, wie man erst unlängst bei der zu spät eingeführten LKW-Maut durch Toll Collect sehen konnte. Auch in primitiven vorindustriellen Gesellschaften gab es Zwänge. So musste sich beispielsweise ein Feldherr darauf verlassen können, dass seine Armee zu einer bestimmter Zeit an bestimmten Orten erschien und dass Truppen in einem bestimmten Zeitraum gut ausgebildet wurden. Landwirte mussten darauf achten, dass Silos zur Ernte fertig waren, dass sie genügend Erntearbeiter hatten etc. Schon die Römer hatten Probleme mit Prokrastination wie das Cicero-Zitat "Tarditas et procratnatio odiosa est" (Langsamkeit und Aufschieben ist widerlich!) zeigt.

(Vgl.http://www.prokrastination.net/umfrage/grundlagen.php)

1.4. Relevanz des Themas

Das Thema Prokrastination ist von allgemeinem Interesse, da es mehr oder weniger alle Menschen betrifft. Wenn Prokrastination zum Problem wird, führt sie nicht nur zu einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens, sie bringt möglicherweise auch Depressionen und/oder Ängste mit sich.

(Vgl.http://wwwpsy.uni-muenster.de/imperia/md/content/psychotherapie_ambulanz/aufschieben_net, Zugriff am 27.10.2015 um 19 Uhr)

Prokrastination kann vor allem auch für Schüler, Studenten und Auszubildende ein folgenreiches Problem sein. Somit ist es sinnvoll, das Thema in einem pädagogischen Kontext darzustellen.

2. „Aufschiebertypen“

Nicht alle Menschen, die prokrastinieren, sind vom gleichen Typus. Im Folgenden werden zwei unterschiedliche „Aufschieber“ charakterisiert. Natürlich können beide Typen auch in Kombination auftreten.

2.1. Der Erregungsaufschieber

Der Erregungsaufschieber ist meist ein eher impulsiver Typ, der das Aufschieben auf den letzten Drücker für einen „Kick“ braucht. Es verleiht ihm besondere Energie, Dinge unter Druck zu erledigen. Dieser Typ bekommt durchaus viel geregelt, leidet aber dennoch unter Stress. Der Erregungsaufschieber, der sich beim Aufschieben verschätzt und zu spät mit der Aufgabe beginnt, kann auch in Schwierigkeiten geraten. Dies gilt besonders dann, wenn mangelnde Zeiteinschätzung hinzukommt. Der Erregungsschieber geht ständig Risiken ein und lebt dadurch aufregender als Menschen, die auf Nummer sicher gehen. Verschätzt er sich aber nicht nur bzgl. der benötigten Zeit für eine Aufgabe, sondern kommt ihm auch noch Unvorhergesehenes dazwischen, schwimmen ihm leicht die Felle davon. Mangelnde Zeiteinschätzung kann auch im Alltag zu Problemen führen. Wer sich ständig verspätet, der kalkuliert z. B. zu wenig Zeit für die Anfahrt mit dem Auto ein. Durch gefährliche Überholmanöver o. ä. versucht er, Zeit herauszuholen und erlebt dabei den gewissen „Kick“. (Vgl. http://ratgeber.xtme.de/tipps-gegen-das-aufschieben-und-die-prokrastination/, Zugriff am 02.11.2015 um 10.48)

Erregungsaufschieber schieben Dinge absichtlich auf, um dann die Anspannung unter dem Druck der nahenden Deadline zu spüren. (Callies 2013) Sie erleben dabei Energieschübe und Nervenkitzel und fühlen sich erst dadurch richtig lebendig.

2.2. Der Vermeidungsaufschieber

Der Vermeidungsaufschieber schiebt auf, um negative Gefühle, die mit der zu erledigenden Aufgabe verknüpft sind, zu vermeiden. Durch das Aufschieben erlebt er Erleichterung für den Moment. Langfristig steht er jedoch unter enormem Leidensdruck. Vermeidungsverhalten ist auf Minderwertigkeitskomplexe und Versagensängste zurück zu führen. Aus Angst nicht zu genügen, wird das Erledigen einer bestimmten Aufgabe vermieden. Auch wenn der Vermeidungsaufschieber genau weiß, dass das Verschieben der Aufgabe negative Folgen hat, setzt er sein Verhalten fort. Er verdrängt die möglichen negativen Folgen des Versagens, um sein Selbstwertgefühl zumindest vorübergehend zu schützen. (Vgl. Patzeit 2003, http://ratgeber.xtme.de/tipps-gegen-das-aufschieben-und-die-prokrastination/, Zugriff am 02.11.2015 um 10.48)

3. Zusammenhänge des Aufschiebens

Die Prokrastination ist ein Phänomen, das unterschiedliche Ursachen und Zusammenhänge haben kann. Einige von ihnen sind in den folgenden Kapiteln aufgeführt.

3.1. Perfektionismus

Häufig steht Prokrastination in Zusammenhang mit Perfektionismus. Die Messlatte hängt ganz weit oben. Der Perfektionist, der Dinge vor sich herschiebt, hat einen hohen Anspruch an seine eigene Leistung. Er hat in Bezug auf die zu erledigende Aufgabe das Gefühl, noch nicht ausreichend ausgestattet zu sein. Seine Fähigkeiten und Instrumente müssten „idealer“ sein. (Vgl. Patzeit 2003)

Diese These vertritt auch der Diplominformatiker Bernd Klein, der eine Studie zu Prokrastination ausgewertet und eine Internetseite dazu gegründet hat: „Perfektion ist gewöhnlich unerreichbar, denn fast immer findet sich etwas, was hätte besser gemacht werden können. Das weiß natürlich auch der Perfektionist, so dass er Anforderungen in dem Bewusstsein, sie nicht zufriedenstellend, d. h., seinem Perfektionismus entsprechend erledigen zu können, verschleppt.“ (Bernd Klein, 2015, S. 11)

3.2. Das „Wenn-dann-Phänomen“

Das Aufschieben hat auch häufig mit einem „Wenn-dann-Phänomen“ zu tun. So meinen viele Aufschieber, dass sie bestimmte Aufgaben nur unter bestimmten Umständen erledigen können. Beispielsweise fehlt ihnen die entsprechende Software für ein bestimmtes Projekt oder das nötige Geld oder Material für eine bestimmte zu erledigende Aufgabe. (Vgl.Klein 2015) Bernd Klein erwähnt in seinen Ausführungen zu Prokrastination auch die „Eventualitäts-Manana-Taktik“. Diese Bezeichnung entspringt laut Klein dem Buch von William J. Knaus (1997). Klein beschreibt, dass es hierbei darum geht, dass Menschen eine zu erledigende „Arbeit oder Leistung von einer anderen Handlung abhängig machen“. (Klein 2015, Seite 4)

3.3. Teufelskreis

Das Ausmaß der Abneigung gegenüber einer zu erledigenden Aufgabe spielt ebenfalls eine große Rolle. Häufig sind es verschiedene Faktoren, die sich gegenseitig verstärken. Wenn negative Gefühle mit der notwendigerweise zu erledigenden Arbeit verknüpft sind und diese immer weiter weggeschoben wird, verstärken sich die negativen Gefühle immer mehr, und es entsteht ein regelrechter „Teufelskreis“. (Vgl. Nonnenmacher 2015)

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Details

Titel
Prokrastination. Wie können Lehrkräfte diesem Problem bei Schülern begegnen?
Untertitel
„Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!"
Hochschule
Medical School Hamburg
Note
2,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
15
Katalognummer
V354937
ISBN (eBook)
9783668411807
ISBN (Buch)
9783668411814
Dateigröße
551 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Prokrastination
Arbeit zitieren
Henrike Weber (Autor:in), 2015, Prokrastination. Wie können Lehrkräfte diesem Problem bei Schülern begegnen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/354937

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