Enthüllungsjournalismus zwischen Information und Spekulation

Eine Analyse am Beispiel der Süddeutschen Zeitung und den Panama Papers


Bachelorarbeit, 2016

75 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Vorwort

1 Einleitung
1.1 Relevanz der Arbeit
1.2 Vorgehensweise

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Historischer Überblick
2.1.1 Entwicklungen im Enthüllungsjournalismus
2.1.2 Bekannte Fälle und Auswirkungen
2.2 Medienwirkungstheorie
2.2.1 Der Framing-Ansatz
2.2.2 Nachrichtenfaktoren und Nachrichtenwert
2.3 Forschungsleitende Annahmen

3 Empirische Forschung
3.1 Forschungsmethodik
3.2 Ergebnisse der empirischen Forschung
3.2.1 Inhaltliche und formale Charakteristika
3.2.2 Analyse der wirkenden Nachrichtenfaktoren
3.2.3 Zusammenfassung der Ergebnisse
3.2.4 Das Experteninterview
3.3 Verifizierung der forschungsleitenden Annahmen

4 Ausblick

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vorwort

Journalismus kann vieles sein. Unterhaltung und die Weitergabe von aktuellen Informationen und Nachrichten stehen in der heutigen Medienwelt sicherlich an übergeordneter Stelle. Doch es gibt einen Journalismus, wie ihn heute nur noch wenige betreiben. Er impliziert das kritische Hinterfragen all der Dinge, die auf den ersten Blick plausibel scheinen und motiviert zu eigens angeführten Recherchen.

In meiner journalistischen Laufbahn, insbesondere im Rahmen dieses Studiums, wurden mir verschiedenste Werte und Normen der Medienwelt vermittelt. Die journalistische Sorgfalt spielte hier sicherlich die größte Rolle. Doch die faktische Lehre appellierte auch immer wieder an meinen Verstand und die damit einhergehenden persönlichen Wertvorstellungen. Es wurde mir stets nahegelegt, Gegebenheiten in meinem täglichen Umfeld nicht nur kritisch zu beobachten, sondern auch zu hinterfragen. Der Journalistin in mir war es von je her wichtig, nicht alles für wahr zu erachten, was sie sieht, hört oder liest. Das Zusammenspiel meiner beiden Sichtweisen, der Mediennutzerin und der Medienmacherin, ist sicherlich kein einfaches - und trotzdem unerlässlich.

Neugier und Misstrauen sind immanente Voraussetzungen für die notwendige Mentalität, die man sich als Enthüllungsjournalist antrainieren sollte. Neugier ist dabei wahrscheinlich die grundlegendste Motivation eines Journalisten. Der Hunger nach Wahrheit motiviert zu jeglichem Zweifel an den vorliegenden Fakten. Der Skandal der Panama Papers wurde von der S ü ddeutschen Zeitung ausführlich thematisiert. Doch während die großteilige Bevölkerung die Informationen liest und annimmt, gelingt es dem geschulten Auge des Journalisten, etwaige Zweifel anzubringen und zu begründen. Eine grundlegende Akzeptanz, nein, das entspräche nicht den Werten, die mir während meines Studiums vermittelt wurden.

Meine eigene Neugier hat mich zu dieser Untersuchung inspiriert. Doch soll sie nicht meine Meinung als Journalistin beeinflussen, sondern lediglich den Impuls zur genaueren Betrachtung geben.

1 Einleitung

Die nachfolgende Untersuchung befasst sich mit der Berichterstattung der S ü ddeutschen Zeitung (SZ) über die Panama Papers.

Die Panama Papers sind Gegenstand der überraschendsten Enthüllung dieses Jahres. Sie sind das bisher größte Daten-Leak, das Journalisten je veröffentlicht haben. Und sie demaskieren eine bislang unergründete Parallelwelt, in der Konzerne, Politiker und die übrigen Superreichen ihr Vermögen verstecken und verwalten. Im Zentrum aller Geschichten: Rund 214.000 Briefkastenfirmen, elfeinhalb Millionen Dokumente und hunderte Regierungschefs, Prominente und Kriminelle (vgl. Obermayer, Obermaier, Wormer, & Jaschensky, 2016). Die SZ fungiert als Schlüsselfigur in Recherche und Berichterstattung des Skandals und wird zum gegenwärtigen Paradebeispiel des investigativen Journalismus.

Unerlässlich wurde in den vergangenen Monaten über den Fund berichtet und spekuliert. Die Machenschaften der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca und ihrer prominenten Kunden waren ein internationales Dauerthema. Einige Online-Medien wie focus.de oder welt.de richteten eigens einen News-Ticker ein, um schnellstmöglich neue Erkenntnisse im Fall zu verbreiten.

Doch wie so oft gehen Erfolg und Kritik Hand in Hand durch die Medienwelt. Die vollendete Recherche, die viele Superlative für sich beansprucht, erfährt nun deutlich die Skepsis und den Unmut ihrer Richter. Stefan Winterbauer, Mitglied der Chefredaktion des Branchenmagazins Meedia konstatiert, dass „die Geschichte hinter den Panama Papers die eigentliche Geschichte“ sei. Er bezeichnet den Wert der Recherche als „zweifelhaft“, denn es handele sich bei den Ergebnissen größtenteils um bereits bekannte Indizien, als um finale Beweise (Winterbauer, 2016). Auch in der deutschen Fernsehlandschaft wurde die S ü ddeutsche Zeitung oftmals für ihre Arbeit kritisiert. Rechtsexpertin Simone Kämpfer sprach bei Anne Will vom Ergebnis einer „Verdachtsberichterstattung“, die automatisch zur gesellschaftlichen Verurteilung der betroffenen Personen führe (ARD, 2016).

Darüber hinaus wird der SZ vorgeworfen, sie habe sowohl die Kritik ignoriert, als auch die „Auseinandersetzung mit dem Publikum und seinen Reaktionen vernachlässigt“. Dies sei nach Medienjournalist Stefan Niggemeier „ein systematisches Versagen“ (Niggemeier, 2016).

Die nachfolgende Arbeit soll ergründen, ob die Kritik an der Berichterstattung der S ü ddeutschen Zeitung angemessen ist und, ob das Medium seine Inhalte dahingehend verantwortungsvoll und zielführend gestaltet hat.

1.1 Relevanz der Arbeit

Die Relevanz dieser Arbeit fußt auf der potentiellen Feststellung vermeintlicher Fehler und Versäumnisse der S ü ddeutschen Zeitung hinsichtlich ihrer Berichterstattung über die Panama Papers. Dies impliziert sowohl die von den Medien kritisierte fehlende Neutralität als auch die Schilderung von verdachtsfundierten Vorfällen. Die Ergebnisse der nachstehenden Untersuchung sollen primär nachweisen, inwiefern verschiedene Medienwirkungsinstrumente die Berichterstattung prägen und eventuell verzerren. Zudem soll aus diesen Ergebnissen hervorgehen, ob sich das Medium in seinen Darstellungen lediglich auf Indizien oder vielmehr auf erwiesene Fakten beruft. Der Stellenwert der SZ in der deutschen Medienlandschaft wird als bekannt vorausgesetzt. Ziel der Untersuchungen ist es, der S ü ddeutschen Zeitung die potentielle Beeinflussung ihrer Leser sowohl durch Nachrichtenfaktoren als auch durch Sensations- und Verdachtsberichterstattung zu- oder abzusprechen. Bislang hat keine wissenschaftliche Publikation den Gegenstand dieser Arbeit untersucht.

1.2 Vorgehensweise

Die Vorgehensweise in dieser Arbeit setzt sich aus einem theoretischen und einem empirischen Teil zusammen. Das erste Kapitel der theoretischen Grundlagen ermöglicht die Einordnung des Enthüllungsjournalismus in einen situativen Kontext und zeigt exemplarisch die bedeutendsten Erfolge der investigativen Recherche. Die dort beschriebenen Kasus sind unmaßgeblich für den weiteren Verlauf der Arbeit und sollen lediglich den Bezug im historischen Überblick herstellen. Diese Einordnung beabsichtigt zudem ein besseres Verständnis der Bedeutung des Enthüllungsjournalismus allgemein.

Das zweite Kapitel der theoretischen Grundlagen soll fundierte Kenntnisse über verschiedene Theorien zur journalistischen Nachrichtenauswahl ermöglichen. Die an dieser Stelle angeführte Medienwirkungstheorie setzt sich aus dem Framing-Ansatz und der Nachrichtenwerttheorie zusammen. Das Modell des Framing-Ansatzes wird nicht gänzlich die forschungsleitenden Annahmen prägen, allerdings benötigt es im Vorfeld fundamentaler Kenntnisse seiner verschiedenen Theorien. Die empirische Untersuchung soll demnach die Wirkung von Nachrichtenfaktoren und den daraus resultierenden Nachrichtenwert herausstellen.

Die empirische Untersuchung fußt auf einer detaillierten Inhaltsanalyse der von der S ü ddeutschen Zeitung publizierten Artikel im Kontext der Panama Papers. Der Stellenwert des Mediums, im deutschen Zeitungsmarkt und im expliziten Fall der Panama Papers, wird als bekannt vorausgesetzt und demnach an dieser Stelle nicht näher beleuchtet. Die Inhaltsanalyse dient der Belegung der in Kapitel 2.3 aufgestellten forschungsleitenden Annahmen. Die dort realisierte Methodik wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch präzisiert. Auch der genaue Untersuchungszeitraum wird in diesem Zusammenhang noch festgelegt.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Historischer Überblick

Es wird oft gesagt, Journalismus sei der erste grobe Entwurf zur Geschichte (vgl. Barth, 1943). Konträr dazu ließe sich also sagen, der investigative Journalismus liefert den ersten groben Entwurf zur Legislative. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf Verfehlungen innerhalb gesellschaftlicher Systeme und strebt deren Nachverfolgung an. Gleichzeitig indiziert er, wie den Reichen und Mächtigen die Umgehung ebenjener Systeme gelingt (vgl. de Burgh, 2000: 3) - so geschehen in der Panama-Papers- Affäre. Doch diese oft politischen Missstände können nur in das Licht öffentlichen Interesses treten, wenn sie auch auf der Bühne medialer Aufmerksamkeit verfolgt werden. Die öffentliche Empörung einer Gemeinschaft bildet den Kern eines jeden Skandals und geschieht heute primär durch die Massenmedien und ihre informationsvermittelnde Funktion (vgl. Höhn, 2009: 10). Um die dahingehende Bedeutung des Enthüllungsjournalismus zu präzisieren, benötigt es der folgenden historischen Einordnung.

2.1.1 Entwicklungen im Enthüllungsjournalismus

Bevor die Massenmedien ihren Weg in die Öffentlichkeit fanden, fußte die Nachrichtenauswahl auf politisch festgelegten Prinzipien. Die Presse, von Polemik geprägt, fand sich an parteiliche Bestimmungen und subjektive Ansichten gebunden (vgl. Chalaby, 1998: 132). Im zwanzigsten Jahrhundert entwickelten sich schließlich die Bedingungen für einen Journalismus, wie er seither von vielen angestrebt, aber nie manifestiert wurde (vgl. de Burgh, 2000: 26). Die folgenden Ausführungen skizzieren mithin die Entwicklung des Enthüllungsjournalismus im vergangenen und jetzigen Jahrhundert.

Schnell entwickelte der Journalismus professionierte, routinierte Normen und Abläufe; seine eigenen Techniken. Vielmehr zehrte die Branche vom in dieser Zeit zunehmenden geistigen und intellektuellen Diskurs innerhalb der Gesellschaft. Hinzu kam eine immense Bandbreite an Genres, von denen der Investigativjournalismus nur eines ist. Es entwickelte sich mehr und mehr das Bedürfnis der Wahrheitsfindung, kombiniert mit der Idee vollständiger Objektivität, allenfalls Unvoreingenommenheit oder Autonomie. Zugleich paarten die Investigativjournalisten ihre rationalen Beobachtungen mit sozialer Empathie für die Gesellschaft und beschäftigten sich im Rahmen ihrer Analysen, Diskussionen und Recherchen immer häufiger mit systematischen Unregelmäßigkeiten und Missständen (vgl. de Burgh, 2000: 26). Die Aufgabe der enthüllenden Journalisten bestand nicht länger in der Erziehung und Bildung ihrer Leser, sondern in der uneingeschränkten Aufklärung über Unrechtmäßigkeiten und politische und gesellschaftliche Mängel innerhalb eines Systems. Der Enthüllungsjournalismus und seine Ergebnisse dienen den Rezipienten seither als Plattform zum Diskurs und involvieren das Publikum durch unvoreingenommene, sachliche Informationen (vgl. Chalaby, 1998: 130).

Dies impliziert nach de Burgh (2000) die kontrollierende und überwachende Funktion des Journalisten und das damit einhergehende Verantwortungsbewusstsein, welches sich insbesondere in der frühen Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts immer deutlicher ausprägte. Die Basis für den Glauben in diese soziale Verantwortung liege in diversen, sich oft widersprechenden, Vorstellungen: Die Medien seien maßgebend für die öffentliche Meinungsbildung und beeinflussen dadurch die auch Politik; die Öffentlichkeit habe das Recht auf verantwortungsvolle Medien, jedoch seien diese stets an die Bedürfnisse der Öffentlichkeit gebunden; die hohe Verantwortung der Medien bezieht sich nicht nur auf die Gesellschaft, sondern vor allem auf die Individuen in dieser Gesellschaft. Doch eben diese Verantwortung gipfelt auch in der Macht des Journalisten, Informationen bereitzustellen oder zu verweigern. In Anbetracht ebenjener Macht lässt sich der Enthüllungsjournalismus als Waffe im Kampf zwischen Medien und Wirtschaft, die tägliche Agenda zu bestimmen, interpretieren. Investigative Journalisten können demnach durch die alleinige Identifizierung von relevanten und irrelevanten Themen gesellschaftliche Interessen schaffen, formen und wieder ausschalten. Unabdingbar sei an dieser Stelle die vollständige Autonomie von allen staatlichen Organen (vgl. de Burgh, 2000: 66 f.).

Die Medienderegulierung hatte demnach großen Einfluss auf das kommunikative Umfeld, in dem der Enthüllungsjournalismus agiert. Die Regulierung der öffentlichen Medien in den 1940er Jahren wurde zunächst mit dem Ausblick auf die Verbreitung propagierender Inhalte initiiert. Nachdem bedeutende Themenfelder der Massenmedien nach dem zweiten Weltkrieg noch immer unter immensen staatlichen Einschränkungen standen, erlangten die meisten Medien in den 1980er Jahren erneut ihre Autonomie. Zudem bot sich an dieser Stelle die Chance zur Entwicklung von diversifizierten und qualitativ hochwertigen Medieninhalten.

Doch auch mehrere Jahrzehnte nach der vollendeten Deregulierung sieht Chambers (2000) die Autonomie des Journalismus erneut gefährdet. Ein wichtiger Aspekt der Selbstbestimmung seien die an dieser Stelle oft angeführten Medienkodizes, welche hauptsächlich im Journalismus wirken. Sie fordern unter anderem „Genauigkeit, Objektivität, die Achtung der Privatsphäre, Unabhängigkeit, Respekt für das Gesetz und moralischen Anstand“1. Die Festschreibung dieser journalistischen Pflichten werde, wenn auch unmerklich, dennoch von wirtschaftlicher und politischer Bevormundung behindert und eingeschränkt (Chambers, 2000: 90).

Der uns heute bekannte Enthüllungsjournalismus entstand in den letzten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts. Doch derzeitige Veränderungen suggerieren neue Bedingungen, Werte und Prozesse. Der private Medienbesitz internationaler Konzerne sowie die Intensivierung des kommerziellen Geltungsdrangs führten bereits zu weitgehenden Konsequenzen für die mediale Informationsverbreitung und beeinflussen allmählich den Beruf des Journalisten (vgl. Chambers, 2000: 104). Indes sei der Journalist durch die ausgeprägte Konkurrenzsituation bedroht. Essentielle Arbeitsabläufe wie „Recherche, Überprüfung, Hintergrundwissen und sorgfältige Bewertung“ treten immer häufiger in den Schatten des Wettbewerbs. Es ist vom regelrechten Autonomieschwund redaktioneller Arbeit auszugehen, da sich die Medienhäuser an „empirisch festgesetzte Publikumserwartungen“ und kommerzielle Vorgaben binden müssen (Zimmermann, 2006: 12). Das Schicksal des Enthüllungsjournalismus sei demnach abhängig von einer fundamentalen Umstrukturierung des gesellschaftlichen Rezeptionsbedürfnisses zur Sicherung der sozialen Verantwortung in den Medien (vgl. Chambers, 2000: 104).

2.1.2 Bekannte Fälle und Auswirkungen

Gesellschaftliche Missstände und gefährdendes Fehlverhalten einflussreicher Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik: Sie werden immer wieder zum Gegenstand investigativer Recherchen und anschließender Enthüllungen. Die folgenden Ausführungen beschreiben bedeutende Erfolge des Investigativjournalismus und ermöglichen zudem das Rollenverständnis der Panama Papers in einer Reihe geschichtsträchtiger Skandale.

Watergate

Die Watergate Enthüllungen gelten weithin als „Initialzündung“ der Skandalberichterstattung (Huber, 2014). Im Juni 1972 verschafften sich fünf Männer Zugang zu den Privaträumen der demokratischen Partei Amerikas im Watergate-Hotel in Washington D.C. Sie beabsichtigten die Installation zahlreicher Kameras und Abhörmikrofone. Die unerlässlichen Recherchen der Washington-Post- Reporter Bob Woodward und Carl Bernstein und der Kontakt zu einem geheimen Informanten führten schlussendlich zu zahlreichen Beweisen, dass das Weiße Haus selbst den Watergate- Einbruch initiierte. Zudem offenbarten sie zahlreiche Dokumente über illegale Spenden, Bestechungsgelder und die geheime interne Kommunikation der Regierungspartei. Präsident Richard Nixon trat von seinen Ämtern zurück (vgl. de Burgh, 2000: 79)

Die Watergate -Affäre bildet den Kern eines politisch motivierten Eklats bislang unbekannter Auswirkungen. Zudem beschreibt die dem Skandal nachempfundene Nachsilbe -gate seither viele Vorfälle politischer, skandalöser oder skurriler Natur (vgl. Huber, 2014).

Die hartnäckige und mutige Recherche und Reportage von Woodward und Bernstein galt als Initiant einer neuen Epoche der aggressiven und zynischen Politikberichterstattung. Journalisten einer neuen Generation widmeten sich verstärkt dem Investigativjournalismus, motiviert durch die Hoffnung auf weitere Enthüllungen (vgl. de Burgh, 2000: 79).

CDU-Spendenaff ä re

Als sich im Jahre 1999 verdeutlichte, dass die CDU erneut zum Subjekt einer Spendenaffäre würde und die Verantwortung bis in die höchsten Ebenen der Parteiführung reichte, bestimmten Enthüllungen über die geheimen parteiinternen Abläufe die Agenda der Medien (vgl. Höhn, 2009: 11). Ein eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Schatzmeister Walther Leisler Kiep betätigte den Auslöser des endgültigen Spendenskandals. In diesem Zusammenhang eröffnete sich den recherchierenden Journalisten ein komplexes System aus diversen Schwarzgeldzahlungen und Auslandskonten. (vgl. Höhn, 2009: 66-77).

Eine bedeutende Rolle in der enthüllenden journalistischen Arbeit wird in diesem Kontext Hans Leyendecker, Leiter des Investigativressorts der S ü ddeutschen Zeitung, beigemessen. Höhn beschreibt seine Arbeit als „außerordentlich maßgebend“ für den Verlauf der Affäre (Höhn, 2009: 89). Er betont zudem, dass der eigentliche Auslöser des Parteispendenskandals keine klassische Enthüllungsgeschichte in den Medien, sondern der von der Regierung erlassene Haftbefehl gegen Kiep war. Es könne aber überdies nicht ignoriert werden, dass die umfangreiche und aktiv vorangetriebene Berichterstattung unabdingbare Voraussetzung für die Konstituierung des Medienskandals war. In diesem Zusammenhang spricht Höhn vom „Auslöser des Recherche-Hochdrucks“ (vgl. Höhn, 2009: 104).

Es handelt sich hier um eine andere Art des Investigativjournalismus. Der Unterschied bei der Enthüllung der CDU-Spendenaff ä re zu anderen Skandalen liegt nach Höhn in der Enthüllung selbst. Denn obwohl sie nicht der Feder des Journalisten entstammte, hatte die redaktionelle Arbeit großen Einfluss auf den Verlauf der Affäre. Der Recherchegrad ließe sich insgesamt als eine Mischung aus Recherchejournalismus und investigativem Journalismus einstufen (vgl. Höhn, 2009: 121).

NSA-Skandal

Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden enthüllte im Juni 2013 geheime Dokumente des amerikanischen Geheimdienstes NSA und trieb damit den bedeutendsten Überwachungsskandal der Geschichte an. Kurz darauf begannen der britische Guardian und die Washington Post mit der Veröffentlichung der von Snowden entwendeten Dokumente und gaben Einblick in die langzeitigen Spionagemethoden internationaler Geheim- und Nachrichtendienste. Das Internet, welches bislang als unerlässliches Instrument der Meinungsfreiheit galt, ist zur Bühne der bislang größten automatisierten Überwachungsaktion geworden (vgl. Rosenbach & Stark, 2014: 7).

Als Pioniere der Berichterstattung im Fall der NSA-Leaks galten Guardian und Washington Post. Mithin erhielten die Medienhäuser Drohungen, sie werden wegen ihrer Enthüllungen des Verrats und der Gefährdung der nationalen Sicherheit beschuldigt. Ferner sprechen viele Enthüllungsjournalisten von den seitdem erschwerten Arbeitsbedingungen durch die Aktivitäten der Geheimdienste. Um sich vor der Überwachung zu sichern, müssen sie selbst zu Mitteln greifen, die der verdeckten Spionage ähneln. Daraus resultiert eine regelrechte Angst, die sich insbesondere bei einst verlässlichen Informanten zeigt. Viele meiden bewusst den Kontakt zu Journalisten (vgl. Pitzke, 2014). Eine Studie der Organisation Human Rights Watch, auf die sich Pitzke in seinen Ausführungen bezieht, schildert, dass den Journalisten abseits des umfassenden Schutzes ihrer Informanten kaum noch Zeit für die tatsächlichen Enthüllungen bleibe (vgl. Human Rights Watch, 2014).

Sowohl die Medien als auch ihre Rezipienten fühlten sich durch die Enthüllungen im Spionageskandal eingeschränkt und bedroht. Der Ablauf der hier angeführten investigativen Recherche lässt sich von allen genannten Affären am ehesten mit dem der Panama Papers vergleichen. Die publizierten Informationen eröffnen der Bevölkerung bislang unbekannte Hintergründe. In beiden Fällen gaben Informanten den Impuls zur Berichterstattung. Die Aufbereitung der erhaltenen Dokumente lag gänzlich in der Hand der zuständigen Journalisten. Es zeichnet sich demnach ein Muster zur modernen Recherchemethode ab, bei welcher Medien und einzelne Individuen gemeinsam gegen Missstände und Verfehlungen vorgehen (vgl. Gruber, 2016).

2.2 Medienwirkungstheorie

Schon immer bestand bei verschiedensten Bezugsgruppen ein hohes Interesse an der intendierten Beeinflussung durch die Wege der Kommunikation. Insbesondere den modernen Massenmedien wird in diesem Zusammenhang oft die Einflussnahme auf den öffentlichen Meinungsapparat attestiert. Denn obwohl sie hohe Reichweiten für sich beanspruchen, unterhalten sie ein disperses Publikum. Dies impliziert, dass sich die Rezipienten zwar den selben Aussagen der Massenmedien zuwenden, allerdings besteht durch ihre räumliche Distanz und Anonymität keine Möglichkeit, die empfangenen Inhalte zu diskutieren. Somit ist die gezielte mediale Meinungsbildung für den Einzelnen kaum sichtbar. Mögliche indoktrinierende Instrumente zeigen die folgenden Ausführungen (vgl. Bonfadelli & Friemel, 2011: 16).

2.2.1 Der Framing-Ansatz

Journalisten entwickeln im Zuge ihrer Berichterstattung ganz automatisch eine meinungsfundierte Sichtweise. Auch Rezipienten nehmen Blickwinkel auf diese Themen ein; entweder durch eigene Werte und Prioritäten oder beeinflusst von der Nachrichtenauswahl des Redakteurs am Anfang der Meinungskette. Diese Blickwinkel werden als Frames bezeichnet. Matthes (2014) beschreibt sie auch als Sinnhorizonte aller strategischen Kommunikatoren. Frames veranlassen, dass manche Fakten eines Sachverhalts von gleichermaßen Journalist und Rezipient verstärkt, andere hingegen ausgeblendet werden. Der Vorgang des Framings beschreibt demnach die bewusste Selektion von Fakten im Verlauf der Meinungsbildung (vgl. Matthes, 2014: 10).

Auch Scheufele (2003) spricht in diesem Zusammenhang von Frames als Interpretationsmuster zur informationsspezifischen Verarbeitung und Einordnung (vgl. Scheufele, 2003: 46). Sie sind demnach keine Eigenschaften des Textes, sondern die Sichtweise eines Akteurs, die sich schlussendlich im Text wiederspiegelt. Die mediale Darstellung eines Themas und die daraus resultierende Betonung bestimmter Aspekte liefern den Ausgangspunkt für die Interpretation und Kategorisierung eines Ereignisses. Scheufele unterscheidet an dieser Stelle frame-konforme, die das bereits vorhandene Meinungsbild ergänzen, und frame-diskrepante Informationen, die aufgrund ihrer Antinomie ausgeblendet werden. Frames erfüllen somit gleichermaßen eine Reduktions- und Selektionsfunktion, da sie den Umfang der verfügbaren Informationen begrenzen (vgl. Scheufele, 2003: 106). In einem öffentlichen Diskurs ist es das Ziel eines jeden Kommunikators, die eigene Sichtweise zu vermitteln und schlussendlich den Frame zu festigen. Ein Diskurs wird jedoch nicht von einem einzigen Frame dominiert. Vielmehr rivalisieren verschiedene Frames in einem Wettbewerb um die öffentliche Aufmerksamkeit und die damit einhergehende Medienpräsenz. Es handelt sich dementgegen nicht um ein langfristiges Konzept. Frames gelten allgemein als dynamisch und unbeständig. Sie werden nach Matthes (2014) nicht nur erkämpft, sondern erfolgsabhängig auch kontinuierlich neu definiert, resozialisiert und ersetzt (vgl. Matthes, 2014: 14 f.). Scheufele (2003) nennt diese Vorgänge Frame-Shifting und Frame-Modifying (vgl. Scheufele, 2003: 105) .

Die Auswahl der Frames wird letztendlich in der medialen Berichterstattung umgesetzt. Die Theorie differenziert zwei verschiedene Frames: journalistische Frames und Medien- Frames. Journalistische Frames steuern einerseits die Auswahl frame-konformer Nachrichten. Andererseits wirken sie auf die Strukturierung des Beitrags ein, da Journalisten in ihrer Berichterstattung die Nachrichten hervorheben, die sich in bereits bestehende Frames fügen. Sie beschreiben das Gedankengut des Journalisten und dienen als Selektions- und Strukturierungskriterien der Nachrichtenproduktion. Medien-Frames formen indes, gebunden an journalistische Frames, die Berichts- und Kontextualisierungsstrukturen eines Themas. Sie erzeugen den in einem Medienbeitrag vertretenen Blickwinkel und folgen der Richtung, die journalistische Frames zuvor zeichneten (vgl. Scheufele, 2003: 49). Zuletzt dirigieren Journalisten- und Medien- Frames nicht nur die Nachrichtenauswahl, sondern hinsichtlich der Selbstreferentialität auch die endgültige Darstellung des Sachverhalts. Eine Information wird somit automatisch und unbewusst in die „frame-spezifische Sprache“ übersetzt (Scheufele, 2003: 96).

Matthes (2014) unterscheidet zwei Phasen des Journalisten-Framings: Routinephasen und Orientierungsphasen. Die Routinephase, in welcher der Journalist die zuvor selektierten Kriterien der Nachrichtenproduktion anwendet und seine ungeteilte Aufmerksamkeit den frame-konformen Informationen gilt, dient der Strukturierung gewohnter Medientexte. Davon lässt sich die Orientierungsphase abgrenzen. Sie folgt auf ein bestimmtes Schlüsselereignis, das bei Journalisten und Rezipienten das Bedürfnis der Umstrukturierung auslöst. Schlüsselereignisse können einerseits ein neues Thema schaffen. Andererseits werden bei einem bereits bekannten Thema neue Aspekte und Gegebenheiten beleuchtet. Als Ergebnis dieser beiden Phasen folgen Konstruktion und Etablierung neuer Medien-Frames (vgl. Matthes, 2014: 57 f.).

Scheufele (2003) beschreibt die Schlüsselereignisse als Maßstab für alle nachfolgenden Berichterstattungen, da sie bestehende Selektions- und Strukturierungskriterien verändern und die Nachrichtenproduktion durch die Etablierung neuer Frames dahingehend beeinflussen. Die notwendige Stabilität abseits eines Schlüsselereignisses erhält der Frame durch seine kontinuierliche Verwendung in den Routinephasen. Infolgedessen entsteht ein sich ständig vergrößerndes Netzwerk aus Zusammenhängen, was zur wiederholten Aktivierung und Anwendung des Frames führt und schlussendlich in seiner Stabilisierung endet (vgl. Scheufele, 2003: 104).

Neben Journalisten und Medien ist auch der Rezipient ein essentieller Akteur im Framing-Prozess. Die Meinungsbildung erfolgt wie bei Journalisten selektiv. Er kann die medial ausgewählten Sichtweisen vollständig oder teilweise übernehmen und gleichzeitig eigene Ideen einfließen lassen. Diese Ideen heißen Rezipienten-Frames und bestimmen die Bewertung und Interpretation der medialen Berichterstattung. MedienFrames bedingen somit durch sogenanntes Frame-Setting die Perspektive des Rezipienten (vgl. Matthes, 2014: 18). Abseits der Selektion gilt insbesondere die Salienz, also der für den Rezipienten auftretende Reiz der jeweiligen Information, als entscheidender Faktor des Framings. Für Scheufele sind Selektion und Wertung von Informationen keine sinnbefreienden Verfälschungen, sondern essentielle Grundlagen einer jeden Kommunikation (vgl. Scheufele, 2003: 105 f.).

Scheufele weist Frames einen weiteren Systemcharakter zu: Sie begrenzen und beeinflussen die Erwartungen des Meinungsbildenden, indem sie empirisch übliche Folgen auf einen Sachverhalt suggerieren. Unterschiedliche Frames erzeugen jeweils andere Erwartungshorizonte. So bildet ein Journalist oder Rezipient zu jedem Sachverhalt einen Frame, bestehend aus Ereignis, Ursache und Folge, mit welchem er zukünftig vergleichbare Sachverhalte etikettiert. Durch die anschließende Aktivierung eines Frames werden netzwerkartig auch die damit verknüpften Frames forciert. Diese Kontinuität lässt sich auch als Frame-Line beschreiben. Sowohl journalistische Frames, als auch Rezipienten-Frames lenken auf diesem Weg die Meinungsbildung automatisch in eine bestimmte Richtung (vgl. Scheufele, 2003: 95 ff.).

Medien-Frames und journalistische Frames können nach Matthes (2014) die Meinung der Rezipienten beeinflussen und sogenannte Framing-Effekte konstruieren. Diesbezüglich nennt er verschiedene Medienmerkmale, die die Wirkung eines Frames seitens des Mediums und des Rezipienten bedingen. An erster Stelle nennt er die Frame- Wiederholung, nach deren Theorie der Einfluss eines Frames steigt, je öfter der Rezipient mit ihm konfrontiert wird. Zudem geht die Wirkung des Frames von seiner Stärke, oder besser gesagt, von seinen Argumenten aus. Auch der Appell an Emotionen, wie beispielsweise Angst, kann die Frame-Stärke positiv beeinflussen. Laut Matthes nimmt der Einfluss eines Frames dann ab, wenn er sich im Wettstreit mit anderen Frames behaupten muss. Je öfter der Rezipient gegensätzlichen Frames ausgesetzt ist, desto geringer ist deren endgültiger Effekt (vgl. Matthes, 2014: 67).

Die Analyse von Framing-Effekten ist in der empirischen Forschung nicht vorgesehen, da es einer detaillierten Rezipientenforschung, unmittelbar nach dem jeweiligen Ereignis, bedürfe. Die Auswirkung der Berichterstattung auf die Rezipienten der S ü ddeutschen Zeitung bildet somit keinen Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit.

2.2.2 Nachrichtenfaktoren und Nachrichtenwert

Journalisten sehen sich heutzutage einer regelrechten Informationsflut ausgesetzt, die es zu kategorisieren, systematisieren und einzuordnen gilt. Die Nachrichtenwerttheorie erklärt die journalistische Vorgehensweise bei der Auswahl von publikationswürdigen Nachrichten. Die folgenden Ausführungen nennen mithin Definitionen, Merkmale und Anwendungen von Nachrichtenfaktoren und Nachrichtenwerten. Sie sollen einerseits Kenntnis schaffen, welchen Stellenwert die Nachrichtenfaktoren in der täglichen Arbeit von Journalisten einnehmen. Andererseits dienen sie dem Verständnis für die Wirkung der Nachrichtenfaktoren hinsichtlich der Themenaufbereitung und dem daraus potentiell entstehenden Einfluss auf die Rezipienten.

Laut Maier, Stengel und Marschall (2010) bezeichnen Nachrichtenfaktoren „Merkmale von Nachrichten über Ereignisse und Themen, die dazu beitragen, dass diese publikationswürdig […] werden“ (Maier, Stengel, & Marschall, 2010: 18). Sie sollen die journalistische Entscheidung, auf welchem Wege über Ereignisse berichtet wird, beeinflussen. Davon ist nach Schulz (1976) der Begriff Nachrichtenwert abzugrenzen. Durch die Kombination verschiedener Nachrichtenfaktoren wird jedem Ereignis ein Nachrichtenwert von unterschiedlicher Intensität beigemessen. Dieser Nachrichtenwert bestimmt, ob und in welchem Umfang das Ereignis in die mediale Berichterstattung einfließt. Der Nachrichtenwert, so die Annahme Schulz‘, ist eine „journalistische Hilfskonstruktion zur Erleichterung der notwendigen Selektionsentscheidungen“ (Schulz, 1976: 29 f.).

Walter Lippmann entwickelte bereits 1922 das Grundkonzept der Nachrichtenwerttheorie und konstatiert, dass ein Journalist die eingehende Informationsflut nur mit Hilfe eines standardisierten Entscheidungsprozesses verarbeiten kann. Er definiert insgesamt sechs Faktoren zur amerikanischen Nachrichtenauswahl: Unmittelbarkeit, N ä he, Prominenz, Ungew ö hnlichkeit, Konflikt und Relevanz (vgl. Lippmann, 1922: 352). In Anlehnung an Lippmanns Arbeit konstruiert Östgaard 1965 ein theoretisches Konzept, das Nachrichtenfaktoren als Ursachen von Verzerrungen im internationalen Nachrichtenfluss sieht (vgl. Östgaard, 1965: 45). Auf ebenjene Verzerrungen wird im Verlauf des Kapitels noch detailliert eingegangen.

Maier et. al. (2010) bezeichnen die Studien von Galtung und Ruge aus dem Jahr 1965 als maßgeblichen Einfluss für alle anschließenden wissenschaftlichen Arbeiten im Kontext der Nachrichtenwerttheorie. Sie prägten den kausalen Zusammenhang zwischen der Kombination und Ausprägung von Nachrichtenfaktoren und dem daraus resultierenden Nachrichtenwert (Maier et. al., 2010: 36). Insgesamt determinieren sie zwölf - zum Teil weiter untergliederte - Kriterien der Nachrichtenauswahl, die sie nicht etwa als Nachrichtenfaktoren, sondern als „Faktoren, die den Nachrichtenfluss beeinflussen“, betiteln (Galtung & Ruge, 1965: 66).

Der erste Nachrichtenfaktor Frequenz (1) beschreibt die benötigte Zeit, um die Bedeutung eines Ereignisses zu erkennen. Je ähnlicher der zeitliche Ablauf eines Ereignisses dem Erscheinungsintervall der Medien ist, desto wahrscheinlicher wird dieses Ereignis zur Nachricht. Da dieses Intervall in der Regel kurz ist, erhalten kurzfristige Geschehnisse meist einen größeren Publikationswert. Der Schwellenfaktor (2) charakterisiert die absolute Intensität eines Ereignisses. Wird ihm also eine gewisse Auffälligkeit beigemessen oder nimmt diese noch zu, wird es medienpräsent. Zudem definieren Galtung und Ruge (3) Eindeutigkeit und (4) Bedeutsamkeit als wichtige Elemente im Selektionsprozess. Die beiden Faktoren bedingen die Nachrichtenauswahl, wenn das Ereignis eindeutig und überschaubar ist und es bei den Rezipienten eine persönliche Betroffenheit durch kulturelle Nähe oder Relevanz auslöst.

Die Konsonanz (5) eines Ereignisses entsteht, wenn es mit den vorhandenen Erwartungen und Wünschen der Rezipienten übereinstimmt. Ein Ereignis muss somit gewissermaßen vorhersehbar sein, um registriert und beachtet zu werden. Vergleichbar ist der Nachrichtenfaktor Kontinuit ä t (6) . Ein Ereignis, welches bereits als Nachricht definiert ist, wird höchstwahrscheinlich auch weiterhin von den Medien thematisiert. Konträr erscheint an dieser Stelle der von Galtung und Ruge aufgestellte Nachrichtenfaktor Ü berraschung (7) . Ein unvorhersehbares, seltenes oder kurioses Ereignis hat demnach die größte Chance, zur Nachricht zu werden, sofern die Überraschung im Rahmen der Erwartungen eintritt. Dieser Nachrichtenfaktor unterscheidet sich ergo von den Faktoren Kontinuit ä t und Konsonanz zusammen.

[...]


1 Dieses und folgende dem Werk entstammende Zitate sind aus dem Englischen vom Verfasser übersetzt worden.

Ende der Leseprobe aus 75 Seiten

Details

Titel
Enthüllungsjournalismus zwischen Information und Spekulation
Untertitel
Eine Analyse am Beispiel der Süddeutschen Zeitung und den Panama Papers
Hochschule
Business and Information Technology School - Die Unternehmer Hochschule Iserlohn
Note
1,1
Autor
Jahr
2016
Seiten
75
Katalognummer
V354895
ISBN (eBook)
9783668418936
ISBN (Buch)
9783668418943
Dateigröße
1092 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
enthüllungsjournalismus, information, spekulation, eine, analyse, beispiel, süddeutschen, zeitung, panama, papers
Arbeit zitieren
Aileen Kierstein (Autor:in), 2016, Enthüllungsjournalismus zwischen Information und Spekulation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/354895

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