Wie sagt man es den Flugbegleitern? Dialogizität als Form einer "Neuen Mündlichkeit" in der internen Kommunikation der Deutschen Lufthansa AG


Magisterarbeit, 1999

84 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Vorüberlegungen
2.1 Der Forschungsstand zur Internen Unternehmenskommunikation
2.1.1 Interne Komm. als Teilbereich der Unternehmenskommunikation
2.1.2 Interne Kommunikation in einem Dienstleistungsunternehmen
2.1.3 Das Unternehmen als Orator
2.1.3.1.Exkurs: Interne Kommunikation und Unternehmensethik
2.2 Kommunikations- und sprachtheoretische Grundlegung
2.2.1 Das Modell des symbolischen Interaktionismus
2.2.2 Der symbolische Charakter der (internen) Kommunikation
2.2.3 Die Notwendigkeit von Funktiolekten und d. Phänomen d. Soz.
2.2.4 Gespräche und rituelle Kommunikation
2.3 Vom Dialogprinzip zur Dialogizität im Unternehmen
2.3.1 Der Dialog - klassisch (phil./log.) / vor rhetorischem Hintergrund
2.3.2 Dialogorientierte Ansätze und Forderungen in der UKomm.
2.3.3 Zur Codierung von Dialogizität

3. Situationsanalyse und Praxisbezug
3.1 Das Unternehmen Lufthansa
3.1.2 Die Rolle der Flugbegleiter
3.2 Das besondere kommunikative Setting zwischen Boden und Bord
3.2.1 Die Einflussfaktoren für die Entkoppelung
3.2.1.1 räumlich/zeitlich (territoriale Grenzüberschreitung)
3.2.1.2 psychisch/kulturell (kultur. Grenzüberschreitung)
3.2.1.3 sprachlich
3.2.2 Die kommunikativen Akte vor der „Neuen Mündlichkeit“
3.2.2.1Information schriftlich (Vergl. Von 4 Mon. Pfbel.)
3.2.2.2 Information mündlich
3.2.2.2.1 Das Briefinggespräch
3.2.2.2.2 Das FB-Feedbackgespräch
3.2.3 Ein neues Bewußtsein für Kommunikation?
3.2.3.1 Die Mitarbeiterbefragung
3.2.3.2 Maßnahmen in der internen Kommunikation
3.3 Konsequenzen für den Orator Unternehmen

4. Untersuchung
4.1 Dialog-Kommunikation
4.2 Dialogizität als Form einer Neuen Mündlichkeit
4.2.1 Exkurs „Secondary Orality“ Mc Luhan etc.
4.2.2 Fallbeispiel: Dialogbilder: Dialog total?
4.3 Beurteilung der neuen Mündlichkeit für den Bord-Boden-Dialog
4.3.1 Erfolgreich? Warum? Wo hakt es/gibt es Widerstände?
4.4 Möglichkeiten für mehr Dialogizität in der internen Kommunikation
4.4.1 Durch neue Medien
4.4.2 Durch weiter optimierte und reduzierte schriftliche Medien
4.4.2 Durch Face-to-face - Kommunikation

5. Schluß

Zusammenfassung und Ausblick

III. Glossar

IV. Literaturverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Unternehmenskultur mit 100% Kundennähe

Abb.:2 Unternehmensmatrix: Rhetorik in Wirtschaftsunternehmen

Abb.:3 Treichler: Kulturbewußte Unternehmensführung Anm. 114, S.?: Schaubild 9: Organisationskultur als „master contract“ Burkart Abb. 28, S.402 (Badura 1971, S.20 / 1992, S.19)

Abb:3 Dialog (HWB d Rhetorik?) Nähe/Distanz Abb.: Eigene Abbildung zur kommunikativen Problematik

Abb.:4 Black Box: Medien und Zielgruppen in der internen Kommunikation (aus: Weber 1999, Abb. 3, S.7)

Abb.:5 Lufthansa Kommunikationsportfolio (vorher/nachher) (aus: Weber 1999, Abb. 4, S. 8) Abb.: Shareholderdreieck!!! (?)

Abb.:6 Dialogbilderprozess (Weber S. 9) Abb.: Eigene Abbildung zur Gesamtschau der kommunikativen Problematik mit Lösungsansätzen

Anhang (S. 85):

Abb.: Die „Lufthansa Dialogbilder“ und ihre Inhalte

1. Einleitung

„Es geht uns hierin nicht allein um die Informationen, die wir Ihnen zukommen lassen - es geht hier vielmehr um die Wertschätzung eines jeden Mitarbeiters. (...) Nur so können Sie die Beweggründe mancher Entscheidung Ihres Managements nachvollziehen. In der Vergangenheit wurden Fehler in der Kommunikation gemacht. Daraus entstanden Irritationen die zum größten Teil unnötig waren. Wir haben unsere Lektion daraus gelernt. “[1]

All diese endlosen Versuche, durch Metakommunikation gegenseitiges Verständnis herbeizuführen legen einmal mehr den Schluß nahe, daß es hier um ein grundsätzlicheres Problem geht als es die amerikanische Management-Vokabel „Softskills“ nahe legt. Neben natürlicherweise unvereinbaren Gruppen- und Einzelinteressen scheinen gewichtigere tätigkeits- und identitätspsychologische Phänomene vorzuliegen, zu deren Abhilfe mehr als ein Kommunikationsratgeber im Stil gängiger Chef-Mitarbeiter-Berater notwendig ist. Es geht um eine tiefere Betrachtung der menschlichen Sozietät, die sich in Sprache manifestiert und gleichenfalls dokumentiert. Rhetorik betrachtet kommunikative Wirklichkeit und Wirkungsweise aus der Zentralperspektive des Orators, des rhetorisch handelnden Subjekts. Sie eröffnet dabei alle Möglichkeiten,

„... die Chance, die humane Kultur des sprachlichen Umgangs neu zu entdecken, zu entwickeln und zu pflegen, zu verteidigen und zu tradieren (...). Aufgabe der Rhetorik ist es, diese Chance bewußt zu machen und bewußt zu halten.“[2]

In einem Wirtschaftsunternehmen sind Beziehungen traditionell durch Hierarchieunterschiede und damit durch Macht-, Wissens- und Weisungsvorsprung gekennzeichnet. Dem im Titel dieser Arbeit benannten Objekt der Sprechhandlung, den Flugbegleitern, entspricht grundsätzlich der in den Management/Verwaltung arbeitende Teil der Firma als Orator. Letzteren zeichnet im Falle Lufthansa insbesondere der diametrale Weisungs- und Machtvorsprung aus. Beim Wissensvorspung ist zwischen dem unternehmensinternen Wissen und dem Produkt-, Kunden- und Streckenerfahrungswissen zu unterscheiden

Keinesfalls will diese Arbeit ihrerseits das Verhältnis von Management und Kabine (Flugbegleiter) weiter polarisieren. Jedoch sind dies die beiden Pole, zwischen denen sich das Spannungsfeld innerbetrieblicher Kommunikation bei Lufthansa erstreckt. Die vorliegende spezifische kommunikative Situation mit ihren besonderen Teilnehmern, genutzten Übermittlungskanälen, Mitteilungen und Interessen stellt nur insofern einen Sonderfall dar, als das kommunikative Setting, also die Komponenten der kommunikativen Situation einige gravierende Airline-spezifische Besonderheiten aufweisen. Diese verdeutlichen anschaulich einige grundsätzliche Probleme innerbetrieblicher Kommunikation und sind insofern übertragbar auf andere Dienstleistungsunternehmen.

Thema, Zielformulierung

Bungarten bzgl. überfälliger Untersuchung von sprachlicher Kommunikation innerhalb der CI.

Im November 1997 brachte es der Bereichsvorstand der neugeschaffenen Lufthansa Passage Airline, der eigentlichen Lufthansa AG, in einem Interview auf den Punkt:

„Beim Thema Kommunikation liegt bei Lufthansa einiges im Argen“.[3]

Dieses Zitat ist gleichsam eine Hypothese für diese Arbeit.

Ziel der Untersuchung ist es, angesichts der bestehenden kommunikativen Problematik (Kapitel 4) und gleichzeitig der hohen Bedeutung der internen Kommunikation in einem Dienstleistungsunternehmen (2.2), die Wege zur Verbesserung der bisheriger Kommunikationsformen mit den Flugbegleitern[4] aufzuzeigen. Unternehmensweit bestehen unzählige Initiativen und Programme mit dem Ziel, die Kommunikation, Erreichbarkeit, den Führungsstil, das Feedback und den Informationsfluß zu verbessern, was die bestehende Nachfrage nach wirkungsvollen Konzepten bestätigt.

Abgrenzung des Gegenstandes

Gewiß könnte auch die Kommunikation innerhalb dieser Subkultur oder zwischen Flugbegleitern und Fluggästen interessante und bisher wenig beachtete Neuigkeiten bringen, um den Umfang dieser Arbeit nicht zu sprengen muß sich die Analyse aber auf die kommunikative Interaktion von Management bzw. den angeschlossenen Stäben und Abteilungen auf der einen, und dem Fliegenden Personal auf der anderen Seite beschränken. Dabei schadet die harte Unterscheidung zwischen Abteilungen mehr als sie nützt. Vereinfacht soll daher die Abgrenzung zwischen Boden und Bord das Anliegend des Autors einführend erklären, ungeachtet organisatorischer Überschneidungen, beispielsweise der am Boden befindlichen Kabinenleitung und dem ebenfalls „fliegenden“ aber wegen grundsätzlicher Unterschiede (beispielsweise Hierarchieunterschied, weniger Kundenkontakt etc.) nicht näher betrachtete Cockpitpersonal.

Forschungsbericht (und Fachgebiet und Einordnung)

Die vorliegende Arbeit untersucht Kommunikation in einem spezifischen betrieblichen Alltag. In der Fragestellung drückt sich der rhetorische Ursprungsgehalt der Untersuchung aus: Wer sagt was zu wem und vor allem wie und auf welchen Kanälen. So verfolgt diese Arbeit auch im Hinblick auf die praxisbezogene Betrachtungsweise des kybernetischen Organisationsalltags eines Unternehmens einen interdisziplinären Ansatz. Die praktische Untersuchung profitiert von der eigenen Erfahrung als Mitglied und Kollege beider Firmengruppen, schließlich sind gruppen- und fachsprachliche Phänomene bzw. sprachliche Interaktionshandlungen durch „teilnehmenden Beobachtung langer Phase am Besten zu untersuchen“[5] Es war notwendig, der Arbeit eine breitgefächerte Literaturrecherche zugrunde zu legen. Infolge des speziellen Untersuchungsinteresses und der spezifischen Thematik konnten nur in sehr begrenztem Maße vergleichbare Untersuchungen herangezogen werden. So muß zur Erreichung des Ziels eine auf unterschiedliche Disziplinen bezogene Sichtweise bezogen werden. Es sollen vorab Untersuchungen vorgestellt und vor dem Hintergrund der eigenen Konzeption kurz diskutiert werden.

Im Bereich der institutionellen Kommunikation erfreut sich die Dialogforschung, in organisationssoziologisch akzentuierter Perspektive zunehmender Beliebtheit. (vgl. R. Wodak: Kommunikation in Institutionen, 1987). Aspekte verzerrter weil asymmetrischer Kommunikation und anderer fehlerhafter Dialogorganisation finden hier ebenso Beachtung wie das Phänomen der Fachsprachen und die gruppenspezifische Jargonisierung. Auf der Mikroebene der Dialogforschung sind Textproduktion (vgl. van Dijk 1985) und Gesprächsforschung (vgl. Hundsnurscher 1989, Ungeheuer 1987) die dominierenden Gebiete des wissenschaftlichen Interesses. ( Reihe: Beiträge zur Dialogforschung I-V, mit Themen wie: Theorie, Methodologie, Computerlinguistik, Spracherwerb und Sprachverlust, Literarische Dialoge, Sprache i.d. Medien, Semantische Aspekte, Komm.maximen, Automatische Dialoganalyse, psycholog. U. soziolog. Aspekte.) Allerdings ist die linguistische Kommunikations- und Dialoganalyse noch immer als defizitär zu bezeichnen und liefert allenfalls vereinzelte Beiträge (Keller 1997, Speck 1995, Wolf 1993)

Die anzusprechende Thematik der Fachsprachen behandeln Funck (Hans-R. Funck.). Van Dijl weist darauf hin, daß es keine systematischen Untersuchungen gebe, die sich mit Formen von Sprachgebrauch und Texten in der Ökonomie beschäftigen.[6] Eine große Auswahl an wirtschaftswissenschaftlichen Untersuchungen zur Kommunikation im Unternehmen findet sich vor allem im Hinblick auf 1) Lernende Organisationen, dem Management von Veränderungen und Zusammenschlüssen Kommunikation im organisatorischen Wandel“, Kieser 1998, (kommunikative Komponenten im Veränderungsprozeß weist Mohr 1997 hin). und 2) im Rahmen organisationstheoretischer Ansätze (Anke Derieth 1995 Unternehmenskommunikation), zur Gesamtkommunikation und im Rahmen aktueller Wiwi-Dialogkommunikationsbetrachtungen (Dialogorientierte Unternehmenskommunikation, s. auch Ulrich“). Die Bedeutung von Unternehmensdiskurs zur Akzeptanz von Veränderungen steht bei Pieper im Vordergrund. Dialogtheorie in der Rezeption Martin Bubners, David Bohms und der philosophisch-logeischen Seite Jaqcques findet sich in Hartkemeyer/Dhority und Senge (1995).

Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit

2. Theoretische Vorüberlegungen

2.1 Der Forschungsstand zur Internen Kommunikation

2.2.1 Interne Kommunikation als Teilbereich der Unternehmenskommunikation

Erst im Zuge der „Neuen Informations- und Kommunikationstechnologien“ rückte der Kommunikationsbegriff von einer „selbstverständlichen und vernachlässigten Größe“ zunehmend in den Aufmerksamkeitsradius des Forscherinteresses[7]. Der Wunsch, „sämtliche kommunikative Strömungen zu harmonisieren“ und die zur Verfügung stehenden Kommunikationsinstrumente in ein umfassendes „Kommunikationsmix“ zu integrieren[8] führte zu neuen Vorstellungen und Begrifflichkeiten. Obwohl auch frühe CI-Konzepte die Kommunikation als konstitutiver Bestandteil der CI vorgesehen hatten[9] schienen lange Zeit Design und Markenauftritt als Manifestation von Unternehmensidentität und -kultur das Interesse zu beherrschen. So hat sich in den vergangenen Jahren der Begriff der „integrierten Unternehmenskommunikation bzw. der Gesamtkommunikation als „der bewußten Koordination aller kommunikativen Aktivitäten eines Unternehmens“ etabliert[10]. Als eine der vier absatzpolitischen Zielsetzungen zählen Kotler/Bliemel die erfolgsorientierte Unternehmenskommunikation, neben der Entwicklung marktfähiger Produkte, der Festlegung attraktiver Preise sowie der Erstellung eines leistungsfähigen Distributionssystems, auf[11].

„Unternehmenskommunikation bezeichnet die Gesamtheit sämtlicher Kommunikationsinstrumente eines Unternehmens, die eingesetzt werden, um das Unternehmen und seine Leistungen den externen und internen Zielgruppen darzustellen.“[12]

In Zeiten von Umstrukturierung, Rationalisierung und Sparmaßnahmen in allen Bereichen kommt der Kommunikation mit den Mitarbeitern und der auf den einzelnen Übertragenen Verantwortung eine zunehmend wichtige Rolle zu.[13]

Interne Kommunikation bedeutet, daß die Unternehmensleitung ihre Mitarbeiter rechtzeitig und laufend informiert , sich um eine gemeinsame Sprache mit verständlichen und nachvollziehbaren Begriffen bemüht, und daß Sprache und Realität deckungsgleich erscheinen.[14] Die Wiener Ökonomin Ursula Schneider geht noch weiter und weist die Aufgabe der „Schaffung einer gemeinsamen Sprache“ als „deutliche Managementaufgabe“ aus. Der Kampf um die Führung im Unternehmen sei ein Kampf um die bessere und erfolgreichere Erklärung widersprüchlicher Ereignisse, der Kampf um die Macht ein Kampf um die Anerkennung bestimmter Einschätzungen und Erklärungen der gemeinsamen Wirklichkeit.[15]

„Die oberste Managementebene ist verantwortlich für alle Kommunikation, da hier die Steuerung des Unternehmens liegt, die maßgeblich über Akzeptanzproduktion auf allen Ebenen umgesetzt werden muß“[16]

In jedem Fall ist Kommunikation eine Führungsaufgabe, nicht nur die Haupttätigkeit[17] sondern eine wirkliche Managementaufgabe.

Verläßt man die rein betriebswirtschaftliche Planungs- und Steuerungsebene ein wenig, so kommt die sinnstiftende Funktion von interner Kommunikation ins Blickfeld. Kommunikation deutet und vermittelt jedem Unternehmens-mitglied die eigene Subkultur als sinntragende Lebenswelt[18]. So wie jedes Individuum und jede Subkultur tendenziell ganz unterschiedliche Rollen spielt und unterschiedlich denkt, fühlt und handelt, so bildet es doch eine Einheit[19]. Und so wie das Individuum die Unterschiede durch interne bzw. Selbst-Kommunikation der Einzelinteressen zum Ausgleich bringt[20], muß dies ebenfalls für das ansonsten rein kybernetisch organisierte System Unternehmen gelten.

„Für Unternehmen und Menschen gilt gleichermaßen: Das wertvollste, was ein Subjekt besitzt, ist seine Identität. Wird diese Identität zerstört, so wird die Existenzgrundlage zerstört, weil keine Kommunikation mehr möglich ist.“[21]

Die Analogisierung von individualpsychologischer Ich-Identität und der Identität von sozialen Konfigurationen apostrophiert Achterhold als Grundproblem und Legitimitätsfrage der CI-Diskussionen[22]. Zur ihrer Lösung schlägt Sager die Betrachtung der Identitätsfrage als Kommunikationskonstrukt vor, „ genauer, als ein Verhaltens- oder Gesprächskonstrukt (...) das sich in den einzelnen kommunikativen Akten manifestiert“[23]. Bevor eine Systembetrachtung erfolgt, soll uns kurz die Vertiefung der internen Kommunikationswichtigkeit weiter beschäftigen.

2.1.2 Interne Kommunikation in einem Dienstleistungsunternehmen

Eine McKinsey-Studie aus dem Jahr 1982/90 bringt den Stellenwert von Dienstleistungsqualität unter den unternehmerischen Erfolgsfaktoren auf den Punkt:

„An den erfolgreichen Unternehmen und insbesondere an ihrem Umgang mit den Kunden fiel uns vor allem die einheitliche Kundenfixierung auf“.[24]

Eine Studie aus dem Bankwesen ergänzt, Unternehmen mit gesteigertem Kundenservice hätten die größten Möglichkeiten zur Verbesserung der Wettbewerbsposition[25]. Kundenorientierung stellt also einen zentralen Wettbewerbsfaktor dar.

„Erst wenn Kundenorientierung von allen Mitarbeitern gelebt wird, kann die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen auch gelingen“[26]

Daraus können wir die Einsicht ableiten, daß Mitarbeiter im Kundenkontakt nur die dauerhaften und kundenfreundlichen Dienstleistung erbringen können, die sie auch durch die interne Behandlung erfahren[27]. Zur Dienstleistungsbereitschaft des Lufthansa Bordpersonals, wo wie im Bankbereich Leistungserstellung und -vermittlung zeitlich zusammenfallen (und das oft stundenlang) schreibt die Professorin und Buchautorin Gertrud Höhler, („ausgeprägte Unfreundlichkeit“) das Bordpersonal müsse bereit sein, sich in die Lage des Gastes zu versetzen. Als Gegenmaßnahme empfiehlt sie „eine bessere Behandlung der Angestellten durch die Unternehmensführung“.[28] Vereinfacht dieser Artikel die Sachlage auch übermäßig, so ist doch ein direkter Zusammenhang zwischen stimmiger innerbetrieblicher Kommunikation, dem Management von Dienstleistungsorientierung, und glaubwürdiger Kommunikation nach außen, tatsächlicher, für den Kunden erfahrbarer „service-mindedness“ unbestreitbar[29].

Bei der Interne Kommunikation richteten sich die kommunikativen Bemühungen explizit auf die Mitarbeiter des eigenen Unternehmens, um bei ihnen Verhaltensweisen zu ermöglichen und auszulösen, die zur Erreichung der Kommunikationsziele beitragen[30]. Diese etwas mechanistische Sichtweise der Kommunikation als Stimulus-response-Phänomen wird noch zu untersuchen sein, immerhin weist Bruhn aber auf die Verschlüßsselungsfaktoren von Botschaften hin, welche er als Modalitäten bezeichnet. Fragen der Codierung menschlichen Sprachverhaltens werden uns in Kapitel 2.3.1 und 2.3.2 weiter beschäftigen.

Die Bedeutung einer gut funktionierenden Mitarbeiterkommunikation, als Top-Down gerichteter Aktivität, und der Internen Kommunikation als Aktivität zwischen allen Mitglieder der Organisation, insbesondere in Unternehmen mit Kundenkontakt erscheint vorerst hinreichend belegt. Im Folgenden sollen nun die Grundlagen von Kommunikation aus rhetorischer Sicht dargelegt werden. Nur daraus können wir die Konsequenzen für Maßnahmen und Prinzipien für verbesserte Kommunikation innerhalb eines Unternehmens ableiten.

2.1.3 Das Unternehmen als Orator

Die moderne rhetorische Theorie geht aus von einem Orator, dem in kommunikativer Wirkungsabsicht handelnden Subjekt, das sein Kommunikationsziel (Telos) mit Hilfe eines Zeichensystems, primär dem Organon Sprache, und dem rhetorischen Impetus, den überzeugungswirksamen Aspekten, zu realisieren sucht. Ein Orator ist also ein strategisch handelnder Kommunikator[31], abstrakt ausgedrückt eine erfolgsorientierte Einzelkommunikation unter Einschluß aller handlungsmächtigen symbolischen Äußerungen. Komplementär zum Orator gehört immer auch ein Gegenüber, welches seinerseits wiederum Oratorqualität und -funktion haben kann. Kommunikation setzt immer einen Adressaten voraus und ist damit grundsätzlich auf Verstehen, wenn auch nicht immer auf Einverständnis ausgerichtete Zeichenbenutzung[32].

Nach dieser von der antiken Oratorvorstellung abgeleiteten Definition können auch Institutionen und Wirtschaftsunternehmen als Orator auftreten und kommunikativ handeln. Die „zielgerichtete und auf möglichst effektive Kooperation ausgerichtete Kommunikation“, wie sie dort kontinuierlich auftritt ist somit ein genuin rhetorischer Fall. Augenscheinlich ist dies insbesondere bei der externen Kommunikation, der Werbung und Verkaufsförderung aber auch bei Imagekampagnen[33]. Hier bemüht sich das Unternehmen zusätzlich, nach außen als ein homogener, in sich schlüssiger Orator zu erscheinen. In Anlehnung an Maletzkes Begriff „Kommunikatorseite“[34] für den multipersonalen Vorgang der Verbreitung von Aussagen in der Massenkommunikation meinen wir für das Unternehmen mit der Oratorseite die Unternehmensführung als maßgeblich in kommunikativer Wirkungsabsicht in Erscheinung tretende Größe. Der gesamte Corporate Identity - Boom, vom Design über die sog. Unternehmenspersönlichkeit bis hin zur Sprache, läßt sich auf diese Oratorqualität der Handlungswirksamkeit zurückführen. Das rhetorische Certum, der Ursprung des Wunsches strategisch zu kommunizieren, entspringt dabei den Daseinsbedingungen einer wirtschaftlichen Unternehmung, die Wessel knapp mit „Gewinnmaximierung“[35] charakterisiert. Unternehmen handeln strategisch und ergebnisorientiert, ihre Performanz als Orator muß letztlich diesen Zielen genügen. Dieses Certum mit allen subordinierten Zielen muß, um kommunizierbar zu werden, vom Orator nun textuell im Organon Sprache kodiert werden. Dabei ist gleichgültig, ob es sich um gesprochene oder um geschriebene Sprache handelt.

Abb.: Unternehmensmatrix: Rhetorik in Wirtschaftsunternehmen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wessel, Burkhard ( 20 Zeilen bei „11“ )

(aus: Wessel 1995, S. 50)

Nach Innen verhält es sich mit dem homogen erscheinenden Orator vergleichsweise schwierig weil Konsensfindung ein beschwerlicher und andauernder Prozeß ist und jeder Mitarbeiter gleichzeitig seinerseits Orator ist[36]. Dies gilt in zunehmendem Maße, als die Abkehr von streng hierarchischer Ordnung und dogmatisch festgelegten Zuständigkeitsbereichen den disziplinarischen Zwang der Vorgesetztenweisung zunehmend durch den „zwanglosen Zwang des besseren Arguments“[37] bzw. der erfolgreicheren Kommunikation ersetzt wird. Schließlich soll in Zeiten schlanker Strukturen und effektiver Arbeitsabläufe das „individuelle Potential“ und die Lernfähigkeit jedes Mitarbeiters besser genutzt und höherer Einsatz durch mehr Beteiligung und Eigenverantwortlichkeit erzielt werden.

In Unternehmen sind die Wechselnden Oratorrollen häufig, nicht immer, mit den aufgabenspezifischen Abteilungen und Interessengruppen identisch (z.B. Controlling und Marketing, Geschäftsführung und Betriebsrat oder auch Flugbegleiter und Verwaltung/ Management). In Unternehmen besteht keine herrschaftsfreie aber auch keine um persönliche Interessen bereinigte Zone. Doch käme niemand auf die Idee, das Eintreten für Interessen und Meinungen als Manipulation zu verurteilen. Vielmehr geht es dabei um Überzeugung und Überredung im Sinne von „Persuasion als dem kommunikativen Kit der Sozialität“[38]. Die Antwort auf die Individualisierung im Unternehmen kann nur die „konsensuelle Wahrheitsfindung“ im Habermasschen Sinne sein.

Eine Beschäftigung mit der Kommunikation im Unternehmen erschöpft sich in der Praxis häufig in der Formulierung einiger knapper „How-to“-Ratschläge, wie sie in modernen Ratgebern zu finden sind. Wie Wessel anhand einiger untersuchter Rhetorik-Ratgeber und Managementberatungsschriften nachweist, beklagen solcherlei Arbeiten genau jenen Mißstand der zu kurz greifenden und grob vereinfachenden Ratschläge, um diese Kritik dann ihrerseits nur wieder mit genau solchen schlichten Weisheiten zu untermauern[39]. Beschäftigung mit rhetorischer Kommunikation beschränkt sich in der praxistauglichen Literatur auf das Erhellen von Oberflächenphänomenen und läßt dabei im Dunkeln, was Kommunikation im Innersten zusammenhält. Darüber können auch hohe Verkaufszahlen einschlägiger Populärliteratur nicht hinwegtäuschen. Komplexitätsgrad und fehlendes Grundlagenwissen in dieser Thematik lassen aber keine wirklichen Veränderungen erwarten.

Zunächst aber wenden wir uns einer Dimension zu, die für jeden Orator von gesteigerter Wichtigkeit sein muß, um den Erfolg seiner Bemühungen sicherzustellen, der Zeichenhaftigkeit von Kommunikation.

2.1.3.1 Exkurs: Interne Kommunikation und Unternehmensethik

„Moral bringt Kapital“[40], denn an diesem Grundsatz orientierte, „klügere Unternehmen“ könnten Interaktions- und Friktionskosten vermindern, sich stabilisieren, und sich bei Steigerung der Motivation ihrer Beschäftigten, Vorteile im internationalen Wettbewerb und am Kapitalmarkt verschaffen[41].

Vom Blickwinkel der Rhetorik aus betrachtet, sind Ethik und Moral dem als entechnischen Überzeugungsmittel des Orators zuzuordenen, das global mit Ethos bezeichnet wird[42]. Daher können moralphilosophische Aspekte nicht in dieser Arbeit nicht verhandelt werden.

Die Ausgangslage war die wirtschaftliche und strukturelle Krise der Lufthansa 1992/92, als die noch in der Anfangsphase steckende Privatisierung von der Golfkrise und der speziell im Luftverkehr eintretenden Rezession eingeholt wurde.[43]. Schaffung von mehr Transparenz, Information und Dialog mit den Mitarbeitern. Der erste öffentliche Schritt zum Auftritt im Zeichen eines Unternehmensethos war die Herausgabe des jährlichen Lufthansa-Umweltberichts „Balance“. Daraus entwickelte sich bald die Arbeitsgruppe Balance in einem der konzernzentralen Vorstandsstäbe. Innerhalb der „In-House“ und nicht von einer Agentur konzipierten und betreuten sogenannten „Kommunikationsinitiative Balance - Einladung zum Dialog“ nimmt Lufthansa nun regelmäßig Stellung zu aktuellen Fragen der Ökologie, Ökonomie, Mobilität, Mensch, Technik, Politik und Gleichberechtigung. Argumentativ wird ein Thema polarisiert und mit einem Beispiel gestützt, um sich dann aus alternativen Gegensätzen über formale und materielle Topoi, welche ihrerseits den Hypertopos Balance stützen, einem gesellschaftlichen Konsens anzuschließen.[44] Der durch schwarzweiß gedruckte Anzeigen und Heftblattsammlungen bediente Bescheidenheitstopos trug intern wie extern zum positive Ethos-Begriff bei. Bevor die Anzeigen der Öffentlichkeit und die Broschüren an den Flugsteigen gezeigt wurde, erfolgte zuerst eine interne Schaltung in der Mitarbeiterzeitschrift „Lufthanseat“. Diese Dialogfindung führte zum Beispiel zu einem Proteststurm bei dem Motiv „eingeborener Jäger auf einem Baum im Urwald“ mit dem Titel „Wir wollen nicht daß sie überall hinfliegen!“ Grund dafür war die zweifelhafte Wahrhaftigkeit dieser Botschaft: Würde Lufthansa tatsächlich auf Ziele verzichten sobald diese profitabel bedient werden können? Eine Legitimation über die Konsistenz von Taten und Worten hätte bei diesem Motiv nicht stattfinden können. Im Hinblick auf ihre Außenwirkung wird bei der Balance-Initiative Legitimation durch den Rekurs auf gesellschaftlich akzeptierte Werte erreicht. Öffentlichkeitswirksame Umweltdebatten wie jene um Nordseebohrinsel Brent Spa erhöhten die Akzeptanz der Initiative schlagartig. Neben der Legitimation über die Konsistenz von Worten und Taten darf das Erfahrungslernen, also die subjektive, erlebbare „Wahrheit“ für die Mitarbeiter, nicht außer Acht gelassen werden. Ansätze sind beispielsweise das Vorgesetztenfeedback durch die Mitarbeiter, Partizipation an honorierten Denk-Mit-Ideenprogrammen, etc. In Zeiten des Change Management gilt umso mehr, daß der Unternehmenserfolg finanziell meßbar sein muß. Doch was sind Worte ohne Taten? Die Wirkung bei vielen Angestellten, beispielsweise dem Fliegenden und Bodenpersonal weltweit war ambivalent. Zwar wird das versuchte Mehr an Kommunikation begrüßt, an ernsthafte positive Veränderungen in Richtung Partizipation und unvoreingenommener Miteinbeziehung in den betrieblichen Entscheidungsfindungsprozeß „da oben“ glaubten nur wenige. Mit „Management in Practise“ wurden Manager der oberen drei Führungsebenen angehalten, einmal jährlich an Bord oder am Check-In mitzuarbeiten. Bei der serviceorientierten Großveranstaltung „Wir wollen Dienen“ 1996 auf der Lufthansabasis waren Führungskräfte als Bedienung und Garderobenkräfte im Einsatz. Allerdings können derart symbolische und singuläre Taten nur der Beginn einer Legitimation über die Konsistenz von Worten und Taten sein. Wahrhaftigkeit ist nur langfristig zu kommunizierbar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2 Treichler 1995

Die von Treichler als Lernprozesse bezeichneten Rückkopplungseffekte müssen eingebettet sein und können nur über Kohäsion, den kulturellen Klebstoff, Kommunikation, den grenzüberschreitenden Dialog und Flexibilität[45] Realität im Unternehmensalltag werden.

2.2 Kommunikations- und sprachtheoretische Grundlegungen

2.2.1 Das Modell des symbolischen Interaktionismus.

Neben unserer natürlichen Umwelt existiert außerdem noch eine weitere, artifizielle, vom Menschen geschaffene Umwelt, das „übersituative, arbiträre Zeichen- und Symbolsystem der verbalen Sprache[46]. Der Mensch interagiert mit beiden Umwelten auf der Basis des Datenaustauschs. Informationen sind dabei intentionelle, d.h. ein Bewußtsein voraussetzende Daten mit Signal- oder Anzeichencharakter. Aufgrund der Fähigkeit des Verstehens, Speicherns, Verknüpfens und Abstrahierens von Informationen sind diese weit mehr als intentionelle Zeichen. Vor dem Hintergrund ihrer im sozialen Austausch erworbenen Symbolizität haben sie immanent Mitteilungscharakter[47], möglicherweise weit über die intendierte Bedeutung hinaus. So verbindet ein sprachliches Zeichen nicht Sachen und Namen miteinander, sondern im de Saussureschen Sinne psychische Vorstellungen von einer Sache mit einem Laut- bzw. Schriftbild[48]. Die einschlägige Informationstheorie, so Bernecker[49] arbeitet mit einem stark eingeschränkten Begriff von Information, da sie die semantischen Aspekte[50] nicht berücksichtigt.

„Im kommunikativen Interaktionismus aktualisieren wir (mit Hilfe der Sprache) in unserem Bewußtsein und im Bewußtsein unseres Kommunikationspartners nicht bloß Bedeutungen, sondern wir nehmen damit zugleich auch die (vermeintliche) Haltung des/der anderen uns selbst gegenüber ein.“[51]

Hier setzt auch die Kritik an der Sicht von Kommunikation als mechanistisches Reiz-Reaktions-System an. „Ein Individuum kommuniziert nicht, es nimmt nur daran Teil. Kommunikation muß auf der Ebene des Austauschs betrachtet werden[52], ist gleichsam gemeinsames Aktualisieren von Sinn[53].

Demgegenüber ist Information, wie sie traditionell auch in Unternehmen verstanden wurde, eine ohne Rückmeldung oder Austausch ablaufende monologische Handlung entlang der Hierarchiestufen. Das äußere Aptum, die Angemessenheit an den Adressaten bzw. die Situation durch den Orator kann gerade dort nicht mehr gewährleistet werden, wo sie mediatisiert verläuft. Dies gilt sowohl für Information als auch für Kommunikation. Direkte, face-to-face Information hat immer auch dialogischen Charakter und hat ebenso jederzeit das verständigungsorientierte Potential das Kommunikation inne. Für letztere stellt sich im Falle ihrer Mediatisierung in noch viel größerem Maße die Frage nach der Oratorpresenz beim Rezeptionsvorgang. Die sich durch Oratorverlust einstellende Entkopplung ist ein schwerwiegendes Problem für dialogorientierte Kommunikation.

2.2.2 Der symbolische Charakter der (internen) Kommunikation

Wie wir bereits festgestellt haben, gilt Kommunikation im Unternehmenskontext dann als effizient, wenn der Orator seine, mit dem Unternehmensziel übereinstimmenden Absichten realisieren kann, seine Zielperson oder -gruppe folglich den Intentionen des Orators zustimmt und entsprechend handelt.

„Es ist unwahrscheinlich, daß Kommunikation mehr Empfänger erreicht als in der Situation vor Ort anwesend sind. Eine Vermittlung über Medien jeglicher Art verlangt eine Aufmerksamkeit von der nicht ausgegangen werden kann.“[54]

Diese Annahme hat nicht nur für die Medientheorie weitreichende Folgen: Hausmitteilungen, Memos, „Schwarze Bretter“, auch die Hoffnungsträger vieler Kommunikationsverantwortlichen, die Neuen Medien wären damit weitgehend überflüssig. Naturgemäß wird mit zunehmender Größe einer Unternehmung der Anteil mediatisierter Information und Kommunikation umso größer während die direkte Kommunikationskapazität des Einzelnen etwa konstant bleibt. Für den Orator Unternehmen stellt dies ein großes Widerstandspotential dar. Kein Mitarbeiter erfaßt den Inhalt einer Mitteilung genauso, wie die Führungskraft es beabsichtigt hat - selbst dann nicht wenn letzterer meint, sich vollkommen klar ausgedrückt zu haben.[55]

„Alle Erfahrungen bestätigen, daß keiner sicher sein kann, daß sein Kommunikationsverhalten auch bei seinem Gegenüber in seinem Sinne verstanden und akzeptiert wird“[56]

Mit steigender Unternehmensgröße sinken die Chancen einer organisationsweiten kongruenten Bedeutungszuschreibung, die nach Luhmann aufgrund der Tatsache des voneinander getrennten Bewußtseins in jedem Fall unwahrscheinlich ist[57]. Kritik an der internen Kommunikation ist nach Theis häufig auf die unterschiedlichen ausbildungs-, berufs- und tätigkeitsspezifischen Orientierungs- und Interpretationsmuster zurückführen[58]. Ein transferorientierter Kommunikationsstil eignet sich, wenn sich durch eine hohe Interaktionshäufigkeit gemeinsam geteilte Situationsdefinitionen und Bedeutungszuschreibungen bereits entwickeln konnten. Dies ist beispielsweise innerhalb von Abteilungen (nicht unbedingt untereinander) und allgemein weitgehend kongruenten Subkulturen der Fall. Demgegenüber erfordert „erfolgreiche“ Kommunikation zwischen weniger häufig und intensiv miteinander interagierender Individuen, Abteilungen und Subkulturen, z.B. der Unternehmensführung und einer technischen Abteilung, einen symbolorientierten Kommunikationsstil. Auch wenn die gemeinsame Grundlagenaushandlung und Bedeutungszuschreibung auch im metakommunikativen Sinne „zeitaufreibende Unterfangen“ sein können, kann erst dann davon ausgegangen werden, daß wirkliche Kommunikation, ein Gemeinsammachen von Sinn, stattfindet. Was kann den mit gemeinsamen Werten, Normen und Symbolen als häufige genannte Grundbestandteile einer Unternehmungskultur anderes gemeint sein als ein kontinuierlicher Prozeß der symbolorientierten Verständigung? Unternehmenskultur kann niemals als fertig betrachtet werden. Obwohl diverse Sozialisierungsmechanismen und - instanzen für weitgehende Ähnlichkeiten in der Erfahrungs- und Denkwelt einer mehr oder weniger großen Sozietät sorgen[59], muß zwischen Individuen mit geringer Interaktionsrate immer wieder eine grundsätzliche Aktualisierung erfogen. Demnach ist zu kritisieren, wenn der Begriff Unternehmenskultur mit seinen zahlreichen positiven Implikaturen häufig als instrumentalisierbarer Ist-Zuständ verwendet wird, wie dies zum Beispiel bei Klutmanns Forderung nach einem „Über-Manager“ der Fall ist:

„Unternehmungskultur dient der Ausrichtung individuellen Mitarbeiterverhaltens auf die Erreichung der gesetzten Unternehmungsziele. Denn der über gemeinsame Werte, Normen und Symbole erzielte Grundkonsens reduziert die inhärente Spannung zwischen individuellen und unternehmerischen Interessen..“ [60]

Dies ist nach Theis selbst dann nicht möglich, wenn beim Empfänger ein ähnlicher Zeichnevorrat gegeben ist da nicht auf identische Assoziationen geschlossen werden kann[61].“Eine gemeinsame Sprache verdeckt Differenzen eher als daß sie sie bewußt macht.“[62] Umso mehr kann der Kulturwert „Offenheit“ für eine Unternehmenskultur bejaht werden, wenn diese auch im Zulassen von Dissens sichtbar und genutzt wird.

[...]


[1] Gaertner, Guido, FRA EK, (Leiter Kabinenbesatzungen) FCI 5/98, 3

[2] Kalivoda 1990, 147

[3] Reid, Frederrick In: Flight Crew Info 3/97 (eigentlich im Lufthanseaten, oder?)

[4] gilt immer auch für Flugbegleiterinnen und meint das Fliegende Personal ohne Cockpit

[5] Linke 1996, 312

[6] Dijk 1980, 12, allerdings Soziolinguistik „Gesprächstyp Audit“, und Keller 1997 „innerbetriebliche Zielbereinbarungsdialog“.

[7] Theiss 1991, 49

[8] Tietz 1982, 227 ff.

[9] Birkigt/Stadler 1980, 21

[10] vgl. Bruhn 1992, Reinecken 1996

[11] Kotler/Bliemel 1995, 907

[12] Bruhn 1997, 2

[13] vgl. Pieper 1988, Sattelberger 1996. Zu den Trends in Gesellschaft und Management schreibt das Handelsblatt (25/1999, K4): „Die vertikale Karriere ist out, der Einzelne gewinnt an Unabhängigkeit. Lernen lernen ist wichtiger als Anhäufen von Fachwissen“. Den Konsequenzen der Individualisierung im Unternehmen widmet sich ausführlich die Studie von Ruppert 1995.

[14] Manager Seminare 1998, 100

[15] Schneider 1990, 140,

[16] Witzer 1992, 63

[17] Wahren (1987, 48-52 ) bezeichnet soziale Interaktion als den Kern aller

Managementaufgaben. Der Anteil verbaler Kommunikation an der

Gesamtarbeitszeit betrage durchschnittlich 69%, bei Topmanagern 90%.

[18] Bungarten 1994, 35, vgl. ebd. 1993, 7-11: das Unternehmen als Form und Ergebnis eines soziokulturellen Kommunikationsprozesses und die im Unternehmen ablaufenden Prozesse verstanden als die durch Kommunikation begründeten, ausgebauten, aufrechterhalten und gesteuerten Prozesse einer Mikrogesellschaft.

[19] vgl. Wiedmann 1988

[20] vgl. „Das innere Team“ Schulz von Thun 1998; ursprünglich geht diese Vorstellung von der dialogischen Struktur der inneren Sprachform zurück auf Humboldt (vgl. Trabant 1990, 55); Wahren (1987, 44) ordnet autokommunikative den pragmatischen Aspekten von Botschaften bei.

[21] Keller 1993, 42; vgl. auch Wahren 1987, 58: „Quasi-Autokommunikation im Unternehmen“

[22] Achterhold 1991, 30

[23] Sager 1993, 219

[24] Peters/Waterman 1990, 190

[25] Brunner 1993

[26] Lehmann 1995, S. 105

[27] vgl. Begriff der „internen Drienstleistung“ (Bruhn 1997, S. 915); „interne PR“ (Schulz 1992, S. 107) oder die vertriebsfachliche Sprachwendung von den „internen Märkten“

[28] Höhler 1998/2, S.

[29] vgl. Dotzler & Schick, 1991, S. 267-281; Keller 1990, S. 191; Bowen, D.A.; Lawlwer E.E. 1992: „empowerment of service workers“

[30] Bruhn 1997, S. 4

[31] vgl auch Sager 1993, S. 220: eine reale einzelne biologisch-natürliche Person oder eine komplexe soziale Konfiguration wie eine Gruppe, eine Institution oder ein Unternehmen; jene Einheit, die die einzelnen relevanten Kommunikationsakte produziert.

[32] vgl Grice: 1968, S. 41 ff.

[33] vgl.: Die Initiative Balance der Lufthansa AG

[34] Maletzke 1998, 48 f.

[35] Wessel 1995, 48

[36] Wahren weist auf die Macht informeller Netzwerke und Gespräche im Unternehmen ausdrücklich hin (1987, S.------------)

[37] vgl. Knape 1998, Habermas

[38] Knape 1998, 64

[39] Wessel 1995, 53 - 55

[40] Leisinger 1997

[41] Pfriem 1998, 120

[42] zurückgehend auf die von Aristoteles geprägte begriffliche Terminologie neben Pathos und Logos, den Affekten und Argumenten des Redners betrifft Ethos vor allem die glaubwürdige Selbstrepresäntation des Orators, „denn im allgemeinen wird rechtschaffenen Männern eher und in größerem Maße Glauben geschenkt als schlechter angesehenen“ (Aristoteles I,21356a1-13.

[43] Mölleney 1995, S. 9 beschreibt die Wahrnehmung der Krise durch die Mitarbeiter, ausgelöst durch „drastische Wortwahl des Vorstandsvorsitzenden (Sanierungsfall, Gehälter können nur noch von geliehenem Geld bezahlt werden)“ verlief über Schock-, Leugnungsphase und Depression zur Einsichtsphase

[44] Vergl.: Die Ergebnisse des Rhetorik-Hauptseminars „Unternehmenskommunikation - Unternehmenstopik“ (nicht veröffentlicht). Zur Persuasionsproblematik utilisiert Knape selbige „Initiative Balance“ (Knape 1998, S. 59)

[45] Sattelberger 1996, 6 (hier als die drei Grundpfeiler der Unternehmensentwicklung bezeichnet)

[46] Burkart 1995, S. 39

[47] Burkhart (1995, 86f) beschreibt diesen Prozeß als zu Bewußtseinsmomenten verallgemeinerte Vorstellungen über die Realität, de mit Hilfe von sprachlichen Symbolen bezeichnet werden können.

[48] Pelz 1975, S. 42

[49] Bernecker 1999, S. 380

[50] Ein Zeichen steht nicht (nur) für sich selbst, sondern auch für etwas anderes (Linke 1996, S.135)

[51] Burkart 1995, S. 405

[52] Birdwhistell, 1959, S.104

[53] vgl. Luhmann 1971a, 42

[54] Mantz 1997, S. 86

[55] ebd., S. 87

[56] Jeserich 1989, S. 212

[57] Luhmann (Komm ist unwahrscheinlich)

[58] vgl. Theis 1994

[59] vgl. Burkart 1996, S. 50

[60] Klutmann 1992, S.239

[61] vgl. LH-Fallbeispiel „Soldatenmetapher“ in Kapitel 3.2.3

[62] Theis 1994, 146

Ende der Leseprobe aus 84 Seiten

Details

Titel
Wie sagt man es den Flugbegleitern? Dialogizität als Form einer "Neuen Mündlichkeit" in der internen Kommunikation der Deutschen Lufthansa AG
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Seminar für Allgemeine Rhetorik)
Note
1,0
Autor
Jahr
1999
Seiten
84
Katalognummer
V35455
ISBN (eBook)
9783638353632
ISBN (Buch)
9783638726825
Dateigröße
844 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Flugbegleitern, Dialogizität, Form, Neuen, Mündlichkeit, Kommunikation, Deutschen, Lufthansa, Flugbegleiter;, Linguistik, Unterne Kommunikation, Unternehmenskommunikation
Arbeit zitieren
MA Sebastian Hoos (Autor:in), 1999, Wie sagt man es den Flugbegleitern? Dialogizität als Form einer "Neuen Mündlichkeit" in der internen Kommunikation der Deutschen Lufthansa AG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35455

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