Die neutestamentlichen Wundergeschichten


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Was sind Wunder?
2.1 Der neutestamentliche Wunderbegriff

3 Schwierigkeiten im Umgang mit Wundergeschichten
3.1 Der Sinn von Wundergeschichten
3.2 Wie können Wundergeschichten verstanden werden?

4 Aufbau von Wundergeschichten
4.1 Einteilung der Wunder

5 Wundergeschichten – ein Thema für die Grundschule?
5.1 Warum Wundergeschichten des Neuen Testaments?
5.2 Entwicklungsstufen von Schülern
5.3 Eignen sich Wundergeschichten für den RU in der Grundschule?
5.4 Lernziele
5.5 Didaktische Probleme
5.6 Didaktische Möglichkeiten im Umgang mit Wundergeschichten

6 Schlussbetrachtung/Ausblick

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Wenn wir heute von einem „Wunder“ sprechen, dann ist damit etwas gemeint, was wir Menschen nicht rational mit all unserem Wissen über die Abläufe auf der Welt erklären können und was uns deshalb Probleme bereitet.

Auch in der Bibel kommen Wundergeschichten vor, die uns Menschen beim Lesen Schwierigkeiten bereiten können. Eine entscheidende Frage ist, ob das Erzählte wirklich wahr ist oder wie wir es verstehen können.

Wunder treten nicht erst im Neuen Testament auf. Schon „das Alte Testament ist voll solcher Ereignisse, die über die Grenzen des Natürlichen hinausgehen und Gottes Macht bezeugen“ (Hennig 1998, S. 936). Im AT ist Gott ist derjenige, der Wunder vollbringt. Die Errettung aus der Sklaverei Ägyptens wird z.B. als Wunder erkannt, als Eingreifen Gottes und als Zeichen der uneingeschränkten Herrschaft Gottes über alle Mächte und Gewalten.

Wenn im Neuen Testament von Jesus und zum Teil auch von seinen Jüngern Wundergeschichten überliefert werden, so bedeutet das, dass die Autoren des NT von einer besonderen Vollmacht ausgehen, die Jesus und den Jüngern von Gott selbst geschenkt worden ist, die „Wundertaten sind Ausdruck seiner Sendung und seines Auftrages“ (Hennig 1998, S. 938).

Im Folgenden werde ich zunächst verschiedene Definitionen des Begriffs „Wunder“ gegenüberstellen, ehe ich mögliche Schwierigkeiten im Umgang mit Wundergeschichten thematisiere und auf den Sinn und die Möglichkeiten des Verstehens dieser Geschichten in der heutigen Zeit eingehe.

Anschließend folgt ein kurzer Überblick über den typischen Aufbau von Wundergeschichten und eine mögliche Einteilung, bevor ab Kapitel 5 der Hauptteil meiner Seminararbeit beginnt, in dem ich mich mit den didaktischen Problemen und der Frage, ob Wundergeschichten für den Religionsunterricht der Grundschule schon angemessen sind, beschäftigen werde.

2 Was sind Wunder?

In der Antike wurden alle außergewöhnlichen Ereignisse, die sowohl die Natur als auch menschliche Belange umfassten, als Wunder angesehen. Göttlichen (und teuflischen) Mächten wurde jederzeit ein übernatürliches Eingreifen in den Lauf der Welt zugetraut.So ist es auch zu erklären, dass die Menschen zu dieser Zeit nicht so große Schwierigkeiten hatten, an Wunder zu glauben, wie wir Menschen heute.

Baldermann (1969, S. 143) definiert Wundergeschichten so: „Wundererzählungen sind Hoffnungs- und Verzweiflungsgeschichten, sie sind keine Mitleidsgeschichten, keine Beweisgeschichten, dass Jesu Gottes Sohn ist“.

Weiser (1980, S. 20) versteht Wunder als „auffallende Ereignisse, die von glaubenden Menschen als Zeichen des Heilshandelns Gottes verstanden werden“.

Auch Ludwig Schmidt (in Heinemeyer 1987, S. 13) beschreibt Wunder als ein „Verwundern erregendes Geschehen, das für das betrachtende religiöse Subjekt den Charakter des Geheimnisvollen und Ungewöhnlichen hat und daher zum Erlebnis der in ihm wirkenden und sich manifestierenden göttlichen Kraft führt“.

Ich kann mich mit der Definition von Weiser am besten identifizieren und schließe mich deshalb der Meinung an, dass Wunder für gläubige Menschen das Heilshandeln Gottes ausdrücken, wobei ich aber (wie Baldermann) finde, dass Gott sich durch diese Taten nicht beweisen muss. Wundergeschichten sind auch kein Beweis für die Messianität Jesu - sie sind Ausdruck und nicht Gegenstand des Glaubens.

2.1 Der neutestamentliche Wunderbegriff

Zunächst halte ich fest, dass es den neutestamentlichen Wunderbegriff nicht gibt. Knoch (in Blum 1997, S. 15f) hat herausgefunden, dass die Evangelien die Begriffe, die eher das Mirakelhafte der Wunder beschreiben, weitestgehend vermeiden und vor allem folgende Bezeichnungen für Wunder verwenden: dynamis – die Kraft/Macht, Wunder zu tun, ergon, erga – Tat, Taten wunderbarer Art. Nur an einigen Stellen finden sich thaumasion – staunenerregende Taten, endoxon – große, herrliche Taten oder paradoxia – unglaubliche, unbegreifliche Wundertaten.

3 Schwierigkeiten im Umgang mit Wundergeschichten

Wenn wir heute die Wundergeschichten der Bibel lesen, ergeben sich daraus oft Probleme, z.B. des Verständnisses. Vandrés (1975, S. 9) Ansicht nach resultieren sie aus dem historischen Abstand der Texte zur heutigen Zeit und liegen vor allem in zwei Bereichen: dem Wirklichkeitsverständnis und der Bedeutung.

Wirklichkeitsverständnis bedeutet, dass viele Menschen heute Schwierigkeiten damit haben, „die Dinge, die in diesen Geschichten erzählt werden, in unserer Umwelt wiederzufinden.“. Wir können es mit unserem Weltbild nicht in Einklang bringen, wenn zum Beispiel Tote durch ein einziges Wort wieder aufgeweckt werden oder Krankheiten durch Dämonen hervorgerufen werden sollen. „Der antike Mensch verstand die Welt mythisch, der moderne versteht sie wissenschaftlich.“ (Vandré 1975, S. 11) In unserer Zeit gilt etwas als Wunder, wenn es unerklärlich ist; innerhalb des antiken Weltbildes waren Wunder etwas, über das man sich wunderte, das nicht alltäglich eintrat und das die Menschen in Erstaunen versetzte, trotzdem aber durch das antike Weltbild erklärbar war.

Die Frage nach der Bedeutung der Wundergeschichten meint, dass für viele Christen „die von Jesus berichteten Wundertaten (oft möglicherweise nur unbewusst) so etwas wie ein Beweis für seine göttliche Sendung“ (Vandré 1975, S. 9) sind. Vandrè zeigt aber auf, dass Jesus nicht der einzige war, der Wundertaten vollbracht hat und sich außerdem nicht selbst durch Wundertaten legitimieren wollte, wie es z.B. in Mk 8,12 deutlich wird: „Und er seufzte in seinem Geist und sprach: Was fordert doch dieses Geschlecht ein Zeichen? Wahrlich, ich sage euch: es wird in diesem Geschlecht kein Zeichen geben werden.“[1]

3.1 Der Sinn von Wundergeschichten

Wundergeschichten bereiten den Christen heutzutage oft Probleme, weil sich Wunder sich nicht mit unserer Welt in Einklang bringen lassen, in der man alles rational erklären kann. Für frühere Generationen von Gläubigen war der Umgang mit Wundergeschichten jedoch weniger problematisch, weil man zu diesen Zeiten solche Geschichten als wirklich geschehene und durch Gott erklärbare historische Tatsachen ansah.

Geschichten in der Bibel, die von vergangenen Wundern berichten, können heute von uns Menschen symbolisch verstanden werden und so für die Gegenwart bedeutsam gemacht werden: sie zeigen, dass Gott uns beisteht, uns Gutes tut und uns nicht den Mächten des Todes überlässt. Die Wundergeschichten können so Vertrauen in Gottes Wirken begründen.

3.2 Wie können Wundergeschichten verstanden werden?

Vandré (1975, S. 13) ist der Ansicht, dass Wundergeschichten als „Glaubensgeschichten“ verstanden werden müssen. Er geht davon aus, dass in den einzelnen Texten zwar spezielle historische Daten mitüberliefert werden, die Texte jedoch nicht in dem Sinne historisch sind, „dass sich die berichteten Wunder so im irdischen Leben Jesu abgespielt haben, wie sie berichtet werden“ (Vandré 1975, S. 13). Vielmehr sollte beim Lesen von Wundergeschichten die bildliche Sprache der Bibel nicht wörtlich genommen werden. Wundergeschichten „versuchen, Erfahrungen des Glaubens an Jesus Sprache werden zu lassen“ (Vandré 1975, S. 14).

„Solche Wundererzählungen können nicht als historische Berichte gewertet werden. Sie werden als Mythen oder Legenden erklärt, die die Bedeutung des Wundertäters zum Ausdruck bringen, ihre Entstehung aber der „religiösen Fantasie" verdanken.“ (http://www.theolmat.de/index.htm?seite=Schule/Wunder-Typen.htm, Zugriff am 25.04.2003)

Sievers (1979, S. 17) ist sich unsicher in Bezug auf die Frage des Verstehens der Wundergeschichten. Er schreibt: „Ich bin mir nicht sicher, ob es gegenüber den Leidenden angemessen ist, die Wunder nur im übertragenen Sinn zu verstehen, als Symbole (Bilder), die in Wirklichkeit Glaubenszeugnisse meinen.“ Und wie soll man dann auch die Heilungen verstehen: konnte Bartimäus zum Beispiel nur symbolisch wieder sehen (Mk 10,46ff)?

Auch mir stellt sich die Frage, ob man das ganze Wunderbare aus den Wundergeschichten herausinterpretieren sollte, indem man sie nur auf ihre Symbolik hin reduziert.

In seinem Buch stellt Blum (1997, S. 83ff) zwölf verschiedene Ansichten zur Deutung von Wundergeschichten vor. So gibt es eine metaphysische Deutung, die besagt, dass Wunder Geschehen außerhalb der gesamten Naturordnung sind. Die supranaturalistische Deutung meint, dass Wunder von Gott selbst bewirkt werden und nicht auf natürliche Ursachen zurückgehen. Vertreter der rationalistischen Deutung von Wundergeschichten (z.B. C.-F. Bahrdt) sind der Überzeugung, dass Wunder natürlich zu erklären sind. Es gibt noch viele weitere Deutungsmöglichkeiten mehr, die ausführlich erläutert und anschließend vom Autor kritisiert werden.

Fütterer (1984, S. 13) schreibt: „Unter den biblischen Wundergeschichten finden sich sowohl solche Texte, die sicherlich als Legenden verstanden werden müssen, ebenso aber auch solche Texte, die [...] mit großer Wahrscheinlichkeit als ursprünglich christlich und im Leben des historischen Jesus verankert anzusehen sind.“

[...]


[1] Bibelübersetzung nach Luther

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die neutestamentlichen Wundergeschichten
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V35424
ISBN (eBook)
9783638353434
ISBN (Buch)
9783656722854
Dateigröße
512 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit konzentriert sich zum einen auf den biblisch-theologischen Aspekt der neutestamentlichen WUndergeschichten, zum anderen auch auf den pädagogisch-didaktischen Umgang mit Wundergeschichten in GS und SEK I.
Schlagworte
Wundergeschichten
Arbeit zitieren
Jessica Schulze (Autor:in), 2004, Die neutestamentlichen Wundergeschichten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35424

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