Resümee zur Vorlesung 'Die Sprachen Afrikas I' - Betrachtungen zur Anfangsgeschichte der Afrikalinguistik in Deutschland unter Einbezug der Entwicklungen an der Universität Leipzig.


Hausarbeit, 2004

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: „Ist die Geschichte der Menschheit eine Geschichte der Sprachen?“

2. Resümee zur Vorlesung „Sprachen in Afrika I“
2.1. Die Afrikalinguistik
2.1.1. Die Afrikalinguistik als sprachwissenschaftliche Disziplin
2.1.2. Die Afrikalinguistik als umfassende Regionalwissenschaft
2.1.3. „Afrikanische“ Sprachen
2.1.4. Sprachtod und wie man ihn einschränken könnte

3. „Betrachtungen zur Anfangsgeschichte der Afrikalinguistik in Deutschland unter Einbezug der Entwicklungen an der Universität Leipzig“
3.1. Die deutsche Afrikalinguistik
3.2. Die Entwicklung der Afrikalinguistik an der Universität Leipzig

4. Tabellenverzeichnis und Abbildungsverzeichnis

5. Quellenangabe

1. Einleitung

„Ist die Geschichte der Menschheit eine Geschichte der Sprachen?“ Um diese Frage beantworten zu können, ist es sinnvoll sich kurz mit der Definition und Bedeutung von Sprache auseinander zu setzen. „Als Sprachen werden die Kommunikationsformen des Menschen bezeichnet.“[1] Die Bedeutung der Sprache in diesem Zusammenhang liegt klar auf der Hand, Sprache ermöglicht Kommunikation, ohne Sprache wären die Menschen nur zu einer eingeschränkten Kommunikation in der Lage. Die Entwicklung der menschlichen Sprache ermöglichte die kulturelle Evolution des Menschen, die Hominisation. Auch die Entwicklung des menschlichen Bewusstseins steht vermutlich in engem Zusammenhang mit der Entstehung der Sprache. Der jetzige Entwicklungsstand der Menschheit wäre niemals erreicht worden, ohne Sprache, ohne eine derartig komplexe Kommunikation. Allerdings ist es wichtig, Sprache nicht ausschließlich als eine akustische Verständigung wahr zu nehmen, sondern es gilt noch zu unterscheiden: es gibt Laut-, Schrift- und Körpersprache sowie, für Gehörlose, die Gebärdensprache. Die Sprachwissenschaft (Linguistik) hat zum Gegenstand ihrer Forschung die Untersuchung der menschlichen Sprachen. Die Zuordnung von Sprachfamilien ermöglicht es „nicht nur Schlüsse auf die Geschichte der Sprachen selbst, sondern auch auf die Geschichte der Menschheit im allgemeinen“[2] zu ziehen. Von den weltweit zwischen 6000 und 7000 gesprochenen Sprachen sind „mehr als die Hälfte vom Aussterben in den nächsten 100 Jahren bedroht, da sie kaum noch oder gar nicht mehr an Kinder weitergegeben werden. Von einigen wenigen Sprachen gibt es nur noch eine kleine Gruppe oft alter Muttersprachler.“[3]

Um die Bedeutung der Sprache zu deuten, reicht ein kurzer Exkurs in die Nützlichkeit der Sprache. Sprache ist ein Gebrauchsgut und stellt die Grundlage zwischenmenschlicher Informations- und Kommunikationssysteme dar. „Informationen werden am häufigsten sprachlich übermittelt,“[4] wohingegen Bilder, Grafiken am wichtigsten als Illustration, als ergänzendes Mittel zur Informationspräsentation sind. Wissen wird durch Sprache übermittelt: durch mündliche Vorträge, durch schriftliche Beiträge in Zeitschriften, Monografien, Sammelbänden oder Websites. Auch das meiste in Datenbanken gespeicherte Wissen ist sprachlich kodiert. Gerade die heute so unabkömmlich erscheinende Computertechnik, macht sich Sprache zu eigen. „Im Mittelpunkt des WWW steht die Sprache, alles andere ist nur Garnierung. Keine Benutzungsschnittstelle kommt ohne Sprache aus.“[5] Kurz gesagt: Ohne Sprache geht nichts, zu mindestens nicht auf diesem komplexen Kommunikationsniveau des 21. Jahrhundert, wahrscheinlich aber auch des 21. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung und sicherlich noch weit davor.

Sprache birgt aber auch Probleme. Die Vielfalt von Sprachen im Bereich ihrer Morphologie, d.h. die Struktur von Sprachen in Grammatiken, dem Wortschatz und Wortgebrauch, macht Sprachen mehrdeutig. „Internationale Kommunikation wird durch Sprachbarrieren (Mehrsprachigkeit, Terminologien, Sublanguages)“[6] behindert.

Doch gerade die weltweite Mehrsprachigkeit garantiert die Vielfältigkeit der Kulturen. Sprache agiert in der Entwicklung einer Kultur als Wissensspeicher beziehungsweise als „großes“ Gedächtnis mittels seiner Erzählungen oder Schriften. Über dieses Vehikel der Erinnerung werden Informations- vor allem aber Identifikationsdaten von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Wird dieser natürliche Prozess unterbunden, kommt es zu einem Sprachtod, welcher den Kulturtod nach sich zieht. Sprache und Kultur sind aufs engste miteinander verwoben, eine Störung dieser Homogenität birgt Dramatisches. Demnach kann die Frage „Ist die Geschichte der Menschheit eine Geschichte der Sprachen?“ eindeutig bejaht werden. Es drängt sich sogar auf, die Frage noch zu präzisieren: „Wäre die Geschichte der Völker ohne Vielsprachigkeit überhaupt denkbar?“ Aller Wahrscheinlichkeit nach nicht.

Hier schließt sich das Zitat von M.A.K. Halliday und J.R. Martin an, welches lautet:

„The history of language is not separate from the rest of human history: on the contrary, it is an essential aspect of it. Human history is a much a history of semiotic activity as it is of socio-economic activity.”[7]

Mit diesem Zitat ergänzen die zwei modernen Sprachwissenschaftler Erkenntnisse des Sprachphilosophen Wilhelm von Humboldt. Als „sprachliche Relativitätshypothese” bekannt geworden, argumentiert Humboldt, dass

„... man selbst noch zu schwankenden Begriffe über die Art, wie die Sprache einer Nation zugleich Maßstab und Mittel ihrer Bildung ist, um nicht die Vereinigung des Sprach-, Geschichts- und Völkerstudiums zur Kenntnis und Würdigung des Menschengeschlechts – als eines großen, in Racen, Stämme und Nationen getheilten, Naturgesetzen und unabänderlich gegebenen Bedingungen unterworfenen, aber auch zugleich sich selbst durch Freiheit bestimmenden Ganzen – für ein neues, wohl von fern gesehenes, allenfalls flüchtig durchstreiftes, aber erst jetzt wahrhaft zu bearbeitendes Feld anerkennen müssen. (Steinthal 1883: 16)“[8]

Humboldts Sprachverständnis und –bild war, nach Helbig, auf das Ganze gerichtet, mit dem Ziel, Inhalte beziehungsweise ein Weltbild ausfindig zu machen. Die Sprache sei für Humboldt nicht nur Lautgestalt, sondern innere Formung der Welt. Für Humboldt ‚liegt in jeder Sprache eine eigentümliche Weltansicht’. Dieses innere Harmonium zeichnet eine Sprache aus, macht sie wertvoll und zum Träger der Kultur, „da jede Sprache das ganze Gewebe der Begriffe und die Vorstellungsweise eines Teiles der Menschheit enthält.“ Laut Helbig, hat Humboldt „die Sprache in ihrer Ganzheit auf den Menschen, die Kultur und das Weltbild“ gesehen und somit den unmittelbaren Zusammenhang zwischen „Geisteseigentümlichkeit und der Sprachgestaltung eines Volkes“ erkannt und bewiesen. Weiterhin argumentierte Humboldt: „Die Sprache ist gleichsam die äußerliche Erscheinung des Geistes der Völker; ihre Sprache ist ihr Geist und ihr Geist ihre Sprache, man kann sich beide nicht genug identisch denken.“ (Helbig 1974:12f)

Sprache ist Geschichte und Gebrauchsgut zugleich, Sprache ist aufs engste mit einer Kultur verbunden, in dem sie deren Wissen speichert. Der Sprachtod reißt diese natürliche Verbindung entzwei, das Wissen und Wesen von bestimmten Kulturgruppen und -kreisen gehen verloren. Sicherlich gehört auch Sprachentod und damit im Umkehrschluss Sprachgeburt zur Menschheitsgeschichte. Wenn aber der Sprachentod derartig dramatische Züge wie heutzutage annimmt, so muss es oberstes Gebot sein, dem Einhalt zu gebieten.

Gerade in Afrika sind die Entwicklungen betreffs des Sprachtodes dramatisch. Afrika, die „Wiege der Menschheit“, beherbergt bis zu circa 2000 der weltweit circa 6500 gesprochenen Sprachen. Diese machen demnach 1/3 aller Sprachen aus.[9] Insgesamt betrachtet werden gerade einmal 6% aller Sprachen von mehr als 1 Million Sprechern gesprochen, mehr als über 80% der Sprachen werden von weniger als 100000 Sprechern gesprochen und gar bis zu 1495 Sprachen werden von nur 1 bis 1000 Sprechern beherrscht (das sind circa 25%!).[10] Bei dieser akuten Gefährdung gerade kleinerer Sprachen verwundert nicht die folgende Aussage: „nur etwa ... 200 Sprachen könnten in 50 Jahren (in Afrika) noch gesprochen werden“.[11]

Gerade die kleinen Sprachen sind gefährdet. Sprachverdrängung und der damit verursachte Sprachtod wirken der Afrikalinguistik entgegen. Mit Ausnahme von drei der über fünfzig afrikanischen Staaten wird überall die Sprache der ehemaligen Kolonialmacht als offizielle Sprache verwendet.[12] (Abb.1) Das Schulwesen, das diese Sprachen vermittelt soll, ist bekanntermaßen nicht voll entwickelt. Muttersprachen werden verbannt und sterben aus, es kommt zu einem „linguistic genocide“.[13]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Nicht-afrikanische Amtssprachen: in nur drei der über fünfzig afrikanischen Staaten wird die Sprache der ehemaligen Kolonialmacht als offizielle Sprache verwendet. (Ausnahme: Arabisch, Afrikaans)

Dem entgegen zu wirken ist die Aufgabe der Afrikalinguistik. Der unermessliche Reichtum afrikanischer Kulturen droht unterzugehen, gleich einem Schatz, der zu sinken droht. Nach jahrhunderterlanger Knechtschaft der Afrikaner unter dem Joch der Europäer, nach den Schmerzen des Kolonialismus und den noch bis heute wirkenden Neo-Kolonialismus muss es die verpflichtende Aufgabe europäischer wie amerikanischer Staaten sein, diesen Schatz, bevor er zu sinken droht, zu bergen.

[...]


[1] Ohne Autor, „Definition von Sprache“, unter: http://www.net-lexikon.de/Sprache.html

[2] Ebd.

[3] Ebd.

[4] Ohne Autor, „Die Bedeutung der Sprache“, unter: http://is.uni-sb.de/studium/handbuch/textinfodesign/

index.php#Beginn

[5] Ohne Autor, „Die Bedeutung der Sprache“, unter: http://is.uni-sb.de/studium/handbuch/textinfodesign/

index.php#Beginn

[6] Ebd.

[7] Ekkehard Wolff, aus dem Reader für „Die Sprachen Afrikas I“, S.10-11.

[8] Ekkehard Wolff, Einleitung 1.Kapitel „Die Erforschung der afrikanischen Sprachen: Geschichte und Konzeptionen“, o.J. aus dem Reader, Seite 17-42.

[9] Ekkehard Wolff, aus dem Reader für „Die Sprachen Afrikas I“, S.10-11.

[10] Ekkehard Wolff, aus dem Reader für „Die Sprachen Afrikas I“, S.10-11.

[11] Ebd.

[12] Ludwig Gerhardt, „Afrikanistik, was ist das?“ unter http://www.uni-hamburg.de/Wiss/FB/10/ AfrikaS/afr-

[13] Tove Skutnabb-Kangas, „Murder that is a threat to survival“, The Guardian Weekly, 2001.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Resümee zur Vorlesung 'Die Sprachen Afrikas I' - Betrachtungen zur Anfangsgeschichte der Afrikalinguistik in Deutschland unter Einbezug der Entwicklungen an der Universität Leipzig.
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Afrikanistik)
Veranstaltung
Die Sprachen Afrikas I
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V35396
ISBN (eBook)
9783638353182
Dateigröße
672 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese HA ist ein Resümee zur VL 'Sprachen in Afrika I'. Themen: 'Geschichte der Menschheit eine Geschichte der Sprachen?', 'Afrikalinguistik als sprachwissenschaftliche Disziplin und Regionalwissenschaft', 'afrikanischen Sprachen", 'Sprachtod und seine Einschänkung'. Dazu: "Anfangsgeschichte der Afrikalinguistik in Deutschland und Uni Leipzig'. Karten: nicht-afrikanische Amtssprachen, Verbreitung afrikanischer Sprachen und Pidgin- und Kreolsprachen.
Schlagworte
Resümee, Vorlesung, Sprachen, Afrikas, Betrachtungen, Anfangsgeschichte, Afrikalinguistik, Deutschland, Einbezug, Entwicklungen, Universität, Leipzig, Sprachen, Afrikas
Arbeit zitieren
Thomas Seifert (Autor:in), 2004, Resümee zur Vorlesung 'Die Sprachen Afrikas I' - Betrachtungen zur Anfangsgeschichte der Afrikalinguistik in Deutschland unter Einbezug der Entwicklungen an der Universität Leipzig., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35396

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