Die Vandalen. Der lange Weg bis zur Einnahme Karthagos


Seminararbeit, 2011

20 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Herkunft der Vandalen

2. Wanderung nach und Reichsgründungen in Spanien

3. Nordafrika – Das gelobte Land

4. Schlusswort

Literaturverzeichnis

Einleitung

Bereits im 3. Jahrhundert n.Chr. Überfluteten immer wieder germanische Stämme den Limes und drangen tief in das römische Gebiet ein, bevor sie zurückgeworfen werden konnten. Gründe dafür sind wohl in Klimaverschlechterung, Flutkatastrophen an der Nordsee oder Überbevölkerung zu suchen. Nicht zuletzt trugen aber sicher auch die Verlockungen des reichen Südens zu diesen Wanderbewegungen bei.[1] Der Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt, ist wohl in der Hunneninvasion des Jahres 375 n.Chr. zu sehen. Dieses zentralasiatische Reitervolk marschierte in Europa ein, zerschlug 374 das Reich der Alanen und demonstrierte seine Stärke. Durch die Gefahr, die von den Hunnen ausging, entschieden sich immer mehr Völker, die Grenzen des römischen Reiches zu überqueren um dort einen neuen, sichereren und besseren Lebensraum für sich zu finden. Das weströmische Reich, geschwächt durch innere Konflikte und die langen Kämpfe gegen die einfallenden Barbarenhorden, konnte dem Druck der germanischen Stämme nicht mehr standhalten und zerfiel, während die germanischen Stämme neue Reiche auf dem Gebiet Westroms gründeten und zu den Vätern des heutigen Europas wurden.

Eines dieser Völker waren die Vandalen, die auf ihrer langen Reise durch Gallien, Spanien und schließlich Nordafrika dem weströmischen Reich die Stirn bot, ein mächtiges Reich aufbauten und zeitweise große Teile des Mittelmeerraumes kontrollierten, bis das oströmische Reich entschied, dem Treiben der Vandalen ein Ende zu setzen.

Zur Beschäftigung mit den Vandalen ist anfänglich zu bemerken, dass es sehr wenig erhaltenes Quellenmaterial gibt. Insofern ist es bei einigen Themengebieten schwierig, eine definitive Aussage zu treffen, auch weil sich antike Autoren zum Teil wiedersprechen oder die Vandalen in einem schlechteren Licht darstellen, als es eigentlich der Realität entspricht. Trotzdem wird versucht, mit der vorhandenen Quellenlage sowie den Standartwerken wie z.B. von Castritius, ein Bild dieses geheimnisvollen Volkes zu zeichnen.

1. Herkunft der Vandalen

Die Herkunft der Vandalen lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Aufgrund der Quellenlage wird aber davon ausgegangen, dass sie irgendwo westlich der Elbe und südlich der Ostsee beheimatet waren. Es dürfte sich hierbei um das Riesengebirge oder um das Sudentenland handeln.[2] Das Volk der Vandalen lässt sich also schwer greifbar machen. Plinius der Ältere spricht in seiner Naturgeschichte von einer Gliederung der Germanen in fünf Hauptstämme, von denen einer die Vandilier sind, zu denen die Burgundionen, die Variner, die Chariner und die Gutonen gehören.[3] Hierbei ist fraglich, wie weit das Wissen von Plinius über die germanischen Stämme reichte, da besonders die Burgundionen, also die Burgunder sowie die Gutonen, also die Goten, später nicht mehr zu den Vandalen gehörten. Die Germania von Tacitus wird hierbei schon genauer. Er nutzt erstens ziemlich genaue geographische Angaben und weiteres kulturelle sowie sprachliche Kriterien als Unterscheidungsmerkmal. Bei ihm können auch die Lugier wieder lokalisiert werden.

Eine Zugehörigkeit zum Kulturverband der Lugier, lässt sich aus verschiedenen Quellen herauslesen.[4] Ebenso wird teilweise angenommen, dass die Lugier mit den Vandalen identisch sein könnten, wofür es aber weder bei Strabon noch Ptolemaios Anzeichen gibt, da diese die Vandalen als eigenen Stamm gar nicht nennen. Plinius der Ältere und Tacitus sprechen zwar von der Sammelbezeichnung der Vandiler, aber sie behaupten nie, dass diese mit den Lugiern identisch wären. Auch werden in der augustinischen Zeit bis in die Mitte des 2. Jh. die Vandalen nie als Mitglied der Lugier genannt.[5] Insgesamt lässt sich erkennen, dass wir bei den Vandalen von einer Vielzahl an Trägern sprechen müssen. Während Plinius ca. 50 n.Chr. von den Goten, Burgundern und Varinern spricht, fügt Tacitus eine Generation später die Rugier und Lemovier an.[6] Wahrscheinlich ist, dass sich die Zugehörigkeit zum Stamm der Vandalen laufen verschiebt, Stämme fallen weg und neue kommen hinzu. So werden z.B. die Silingen im 2. Jh. greifbar und schließen sich den Vandalen an. Dies scheint auch aufgrund der späteren vandalischen Reichsgründungen in Spanien wahrscheinlich. Ebenso scheinen Alanen und Sweben zusammen mit den Silingen und Hasdingen, also den Teilstämmen der Vandalen in Richtung Spanien gewandert zu sein. Die Goten und Burgunder dürften jedoch ausgeschieden sein.[7]

Abschließend ist also zu sagen, dass die Vandalen nicht ein einziges Volk darstellten, sondern über eine längere Ethnogenese zu dem wurden, was wir heute als Vandalen bezeichnen. Diese Ethnogenese hat sich sicher auch während der langen Wanderung durch Europa fortgesetzt und findet wahrscheinlich erst während der Gründung der Königtümer in Spanien ihren Abschluss. Bis dahin muss wahrscheinlich von einem Gens der Hasdingen, einem Gens der Silingen, einem Gens der Sweben und einem alanischen Gens gesprochen werden.[8]

2. Wanderung nach und Reichsgründungen in Spanien

Anzumerken ist, dass die Ethnogenese der Vandalen als einziger Stamm erst bei der Überquerung der Straße von Gibraltar abgeschlossen scheint. Vorher wanderten verschiedene Völker zusammen und gründeten dann auch in Spanien eigenständige Königreiche. Zum leichteren Verständnis wird aber von den Vandalen als gesprochen.

Etwa um das Jahr 400 sammelte sich an östlich des Rheins eine immer größer werdende Zahl von Menschen, was aber von den Römern durch den schützenden Rhein als nicht so bedrohlich gesehen wurde. Jedenfalls trafen sie keine Sicherungsmaßnahmen. Die Vandalen begannen bereits 401 die römischen Provinzen Norikum und Rätien zu plündern und verstärkten 406 die Menschen am Rhein und entschlossen, ins Imperium einzudringen.[9] Die Gesamtgröße des Barbarenzuges wird auf etwa 200.000 Menschen geschätzt.[10] Nimmt man an, dass 80.000 Vandalen 429 nach Afrika übersetzten[11], erscheint diese Schätzung durchaus gerechtfertigt. Das genaue Datum sowie der Ort der Rheinüberquerung sind bis heute umstritten, hauptsächlich aufgrund der mangelhaften Quellenlage. Sicher ist aber, dass die Truppen des Weströmischen Reiches aufgrund mehrerer Einfälle von anderen Barbarenstämmen überall im Reich gebunden waren, und die Rheingrenze somit sehr schwach befestigt war. Ob nun die Wetterlage eine Rolle spielte, also der Rhein zugefroren war und eine Überquerung somit erleichterte, ist laut Castritius in die künstlerische Fiktion einzuordnen.[12] Viel wahrscheinlicher scheint es, dass in der Nähe von Mainz noch eine Rheinbrücke intakt war. Auch das tatsächliche Datum der Rheinüberquerung lässt sich aufgrund der Quellenlage und deren unterschiedliche Auslegung schwer genau bestimmten, die Forschung geht im Allgemeinen von einem Tag um den Jahreswechsel 406 aus, wobei auch der Jahreswechsel 405 interpretiert werden könnte.[13] Weiteres kann durchaus angenommen werden, dass es zwei verschiedene Rheinübergänge gab, da die Plünderung Galliens einige geographische Ungereimtheiten enthält. Castritius geht, aufgrund der geographischen Lage der geplünderten Orte davon aus, dass eine der vandalischen Heersäulen bereits bei Straßburg über den Rhein gestoßen war. Somit waren also zwei Heeressäulen unterwegs, was die Plünderungen erklären könnte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[14]

Es kann durchaus sein, dass Spanien schon von vorneherein das Ziel war, die Truppenkontingente aber unentschlossen waren und deshalb erst plündernd durch Gallien zogen. Es ist durchaus auch möglich, dass sich das Heer in mehrere kleine Kontingente aufteilte, da dies die Versorgung mit Lebensmitteln leichter machte. Viel mehr ist aber vom Vandalenzug durch Gallien nicht bekannt, da keine archäologische oder schriftliche Quellen überliefert sind. Der Aufenthalt der Vandalen in Gallien lässt sich aber ziemlich genau datieren, und zwar auf Anfang 406 oder 407 bis Herbst 409. Dieser Zeitraum lässt sich einigermaßen genau eingrenzen, da das Eindringen in Spanien vom Chronisten Hydatius für Ende September bis Anfang Oktober 409 festgemacht wird.[15] Was genau die Wandernden von 409 bis zur Landzuteilung 411 machten ist nicht überliefert, weder ob sie ein nomadisches Leben führten, oder Ansiedlungsversuche starteten.

In diese Zeit fallen auch zahlreiche innerrömische Auseinandersetzungen. Usurpatoren wie Konstantin III. untergruben die Macht des Westreiches und von Kaiser Honorius immer mehr. Obwohl Konstantin eigentlich in Gallien residierte, begann er sich bald, auch in Spanien einzumischen. Hier sah Gerontius seine Chance gekommen und setzte seinen Vertrauten Maximus als Kaiser ein, in dessen Namen 411 auch die Friedensverträge mit den Germanenhorden im Land ausgehandelt wurden. Diese sahen die Ansiedelung sowie eine unbefristete Bundesgenossenschaft vor. Eventuell (weil dies in späterer Zeit im Römischen Reich üblich war), ging die Ansiedelung per Drittelnorm von Statten. Die bisherigen Landeigner mussten also ein Drittel der Immobilien (Häuser, Grundstücke, Inventar), aber auch des Menschenpotentials an die Barbaren abtreten. An dieser Theorie gibt es aber auch Zweifel, es wird also geglaubt, dass den Barbaren einfach ein Drittel der Steuerleitung zugestanden wurde, da eine Aufteilung nach Drittelnorm in der Realität nur sehr schwer umzusetzen gewesen wäre.[16] Am wahrscheinlichsten ist, dass den Barbaren einfach brachliegendes Ackerland zugewiesen wurde. Den hasdingischen Vandalen wurde jedenfalls das heutige Galizien und Asturien, den silingischen Vandalen die Baetica und den Alanen die Lusitania zugesprochen. Die Zahlen über die Angesiedelten sind auch sehr unterschiedlich. Mitunter wird aber von einer Anzahl von maximal 100.000 Menschen ausgegangen,[17] wobei auch hier die Zahlen schwanken. So spricht Keay z.B. von 50.000 Silingen, 30.000 Alanen, 80.000 Sueben und 40.000 Hasdingen.[18]

Wie bereits angesprochen, wurde der Vertrag mit den Barbaren vom Usurpatorenregime des Gerontius ausgehandelt. Als dieser aber bereits 412 starb, unterstellten sich die Soldaten seines Schützlings Maximus dem Kaiser in Ravenna. Dieser fühlte sich nicht an die Verträge gebunden und hob die Gültigkeit der Verträge auf, was zusätzlich dazu auch noch die Rückforderungsfrist für die vorher enteigneten Grundbesitzer verlängerte. Trotzdem standen dem Weströmischen Reich in der Zeit nicht die Mittel zur Verfügung, um den neuen Herren in Spanien gefährlich zu werden.

Der Abfindungsprozess mit den neuen Herren schritt unterdessen auch innerhalb der Zivilbevölkerung sehr schnell fort. Viele Menschen hatten das Gefühl, nur den Herren getauscht zu haben. Aber auch die Barbaren passten sich sicher den römischen Gepflogenheiten an, besonders da sie nicht nur ehemalige römische Ländereien, sondern auch Städte zugesprochen bekommen hatten und hier sehr schnell die Annehmlichkeiten der römischen Kultur kennenlernten[19] und sich mit dieser arrangierten. Die Barbaren ließen sich in den römischen Villen nieder und ahmten den Lebensstil der ehemaligen römischen Besitzer nach. Natürlich wurden auch Umbauarbeiten vorgenommen, was als Hinweis gedeutet werden kann, dass die Barbaren sich längerfristig in Spanien niederlassen wollten. Insgesamt entwickelte sich also bald eine Koexistenz, von der beide Seiten durchaus auch profitierten.

Trotzdem sollte das Zusammenleben nicht allzu lange dauern. Wie bereits angesprochen, hatte der Kaiser in Ravenna die Verträge mit den Barbaren in Spanien nicht anerkannt. Es gelang der römischen Zentralmacht, die Westgoten als Bündnispartner zu gewinnen und diese mit dem Auftrag, die Barbaren zu stellen 416 nach Spanien geschickt.[20] Unter ihrem König Valia vernichteten die Westgoten erst die Silingen und dann die Alanen fast vollständig. Die Überlebenden dieser Gruppen schlossen sich den Hasdingen an. Dies bezeugt auch, dass die Könige dieses neuen Volkes in der Anfangszeit in Nordafrika auch „Rex Vandalorum et Alanorum“ genannt wurden. Die Silingen dürften in dieser Nennung ausgespart worden sein, da es sich bei ihnen sowieso um einen Teilstamm der Vandalen gehandelt hat.[21] Trotzdem kann man ab diesem Zeitpunkt von einer Einheit der Vandalen sprechen.[22] Wieso die Westgoten nach ihren Erfolgen aber bereits 418 wieder abzogen, ohne auch die Hasdingen und die Sweben zu besiegen, bleibt unklar. Über die Gründe kann also nur spekuliert werden. Trotzdem trennten sich nun die Wege der Vandalen und der Sweben endgültig.[23]

[...]


[1] Vgl. http://www.wissen.de/wde/generator/wissen/ressorts/geschichte/epochen/Mittelalter/index,page=2450300.html, Zugriff: 18.01.2010

[2] Castritius, S. 21

[3] Plinius, Naturkunde 4, 99

[4] Castritius, S. 16

[5] Haider, S. 30

[6] Tacitus, Germania 44

[7] Haider, S. 35

[8] Berndt, S. 132

[9] Berndt, S. 134

[10] Schmidt, Geschichte der Wandalen, S. 30

[11] Von Vita, I/2

[12] Castritius, S. 50

[13] Ebenda, S. 49ff

[14] So stellt Castritius die Wanderung der Vandalen durch Gallien in den Jahren 406 bis 409 dar.

Castritius, S. 55

[15] Hydatius, Chronicle 42

[16] Castritius, S. 60

[17] Castritius, S. 62

[18] Keay, S. 204

[19] Berndt, S. 143

[20] Castritius, S. 65

[21] ebenda, S. 69

[22] Arens, S. 191

[23] Castritius, S. 67

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Vandalen. Der lange Weg bis zur Einnahme Karthagos
Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck  (Institut für alte Geschichte)
Note
1
Autor
Jahr
2011
Seiten
20
Katalognummer
V353715
ISBN (eBook)
9783668398382
ISBN (Buch)
9783668398399
Dateigröße
586 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
vandalen, einnahme, karthagos
Arbeit zitieren
Armin Kofler (Autor:in), 2011, Die Vandalen. Der lange Weg bis zur Einnahme Karthagos, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/353715

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