Die arabisch-spanischen Übersetzungen zur Zeit Alfons des Weisen und ihre Konsequenzen für die spanische Schriftsprache


Hausarbeit, 2000

18 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Die alfonsinischen Übersetzungen im Spanien des 13. Jahrhunderts

III. Die Notwendigkeit des Ausbaus der spanischen Sprache

IV. Die Konsequenzen der arabisch-spanischen Übersetzungen im Hinblick auf:
1. Sprachkorpus
a) Syntax
b) Stil
c) Morphologie
d) Lexikon
e) Orthographie
2. Sprachstatus

V. Schluß

VI. Literaturliste

I. Einleitung

Meine Proseminararbeit mit obigem Titel gliedert sich in zwei Teile, wobei sich der zweite wiederum in zwei Bereiche aufteilt. Der erste Teil (I + II) beschreibt die arabisch-spanischen Übersetzungen und der zweite (IV), die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die spanische Schriftsprache bezüglich Sprachkorpus zum einen und Sprachstatus zum anderen. Beide Teile beziehen sich auf die Regierungszeit (1252 - 1284) des Königs von Kastilien und León, Alfons X., genannt „der Weise“, im 13. Jahrhundert.

Unter der Regentschaft von Alfons dem Weisen beginnt eine rege Übersetzertätigkeit wissenschaftlicher arabischer Werke ins Spanische bzw. Kastilische. Sie vollzieht sich unter Alfons Schirmherrschaft in der bereits um 1130 in der Regierungszeit von Alfons VII. gegründeten Übersetzerschule von Toledo. Die Tatsache, daß diese Werke ins Kastilische übersetzt wurden und nicht in ins Lateinische war außergewöhnlich für eine Zeit, in der das Lateinische in Europa die einzige Literatursprache darstellte und das Kastilische bis auf weniges, allgemein zugängliches gemachtes Schriftgut, nur eine gesprochene Sprache war. Dies stellte ein Problem für Alfons und seine Übersetzer dar: Wie übersetzt man komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge und abstrakte Begriffe aus einer kulturell so weit entwickelten Sprache wie dem Arabischen, in eine Sprache in der vorher etwas Ähnliches noch nie ausgedrückt wurde? Die spanische Sprache wies Defizite auf, die es nötig machten, das noch sehr junge Schriftspanisch entsprechend auszubauen.

Unter Punkt II werde ich näher auf die Übersetzerschule von Toledo eingehen, darstellen welche Bereiche die übersetzten Werke umfaßten und welche Gründe es für die Wahl des Kastilischen an Stelle des Lateins gab.

Unter Punkt III werde ich dann das Problem der Übersetzung erläutern, indem ich die Unterschiede zwischen der spanischen und der arabischen Sprache zu jener Zeit beschreibe.

In meinen beiden letzten Abschnitten IV. / 1. bzw. IV. / 2. werde ich die Veränderungen aufzeigen, die sich durch die arabisch-spanischen Übersetzungen im Hinblick auf Sprachkorpus, d.h. innersprachliche Strukturen und Sprachstatus, d.h. der Funktion der Sprache im Staat, ergeben.

II. Die alfonsinischen Übersetzungen im Spanien des 13. Jahrhunderts.

Die Übersetzerschule von Toledo hat 2 Blütezeiten zu verzeichnen. Zum einen die Phase von 1130 – 1187 unter der Leitung Raimundos, des Erzbischofs von Toledo und zum anderen die Periode unter Alfons dem Weisen von 1257? – 1283 (Zeitangaben und Fragezeichen von Gil 52). Zwischendrin gibt es eine Übergangszeit in der man die Übersetzungsproduktion fast einstellte.

Nach Kontzi bestand ein Übersetzerteam unter Raimundo aus einem Arabisten und einem Latinisten. Der Arabist übersetzte den arabischen Text mündlich ins Kastilische und der Latinist übersetzte das gehörte Kastilisch ins Lateinische und hielt es als Endversion fest („Das Zusammentreffen der arabischen Welt mit der romanischen und seine sprachlichen Folgen“ 417).

Unter Alfons bestand das Übersetzerteam aus einem Arabisten und einem Latinisten „auxiliados por un ‚emenador‘, un ‚capitulador‘ y un ‚glosador‘“ (Gil17). Der Übersetzungsprozeß funktionierte wie oben beschrieben, mit dem Unterschied, daß die mündliche Kastilische Version von einem weiteren Schreiber schriftlich festgehalten wurde (Kontzi, „Das Zusammentreffen der arabischen Welt mit der romanischen...“ 418). Am Ende lagen so nun zwei schriftliche Versionen vor, eine lateinische und eine kastilische. Das Kastilische fungierte nun nicht mehr nur als Mittler zwischen beiden Sprachen, sondern war die Grundlage einer dem Latein ebenbürtigen schriftliche Endversion. „So entstand früh eine spanische Prosaliteratur hohen Ranges“ (Kontzi, Das Zusammentreffen der arabischen Welt mit der romanischen ...“ 418). Die Mitarbeiterschaft der Übersetzerschule bestand in beiden Epochen aus Christen, Mauren und Juden, wobei unter Alfons Juden den wichtigsten Platz einnahmen.

Die lateinische Version, die neben der kastilischen entstand, war für das restliche Europa gedacht, wo sich Latein noch viel länger als Literatur- und Kultursprache hielt als in Spanien. Daß dem Latein in Spanien der Rücken zugedreht wurde, weil man eine eigene volkssprachliche Literatur etablierte, war außergewöhnlich und einmalig für diese Zeit.

Die Übersetzungen unter Raimundo kamen aus den Gebieten der Medizin, Geometrie, Botanik und der Philosophie (Kontzi, „Das Zusammentreffen der arabischen Welt mit der romanischen...“ 417), wobei auf letzteres sehr viel Wert gelegt wurde (Gil 17). Zur Zeit Alfons hingegen, legte man den Schwerpunkt eher auf Werke mit wissenschaftlichem oder didaktischem Charakter. Im folgenden die einzelnen Bereichen der alfonsinischen Übersetzungen:

- Astronomie: Bspl. „Libro del Saber de Astronomia“
- Astrologie: Bspl. „Libro de las Cruzes“
- Unterhaltende und Didaktische Prosawerke (Titel von Mettmann, „Stand und Aufgaben der alphonsinischen Forschungen“ 284):
Bspl. „Libro del Grant Acedrex“, „Libro de la Caza“
- Gesteinskunde: Bspl. „Lapidario“
- Physik
- Mathematik
- Ackerbau
- Schöne Literatur: Bspl: „Calila y Dimna“

Die Gründe für die Wahl des Kastilischen sind darin zu sehen, daß Alfons ein breiteres Publikum für seine Werke erreichen wollte, als es ihm durch das Medium Latein möglich gewesen wäre (Procter, „The scientific activities of the court of Alfonso X of Castile: The king and his collaborators“ 12). Er wollte das arabische Wissen auch den Gelehrten zugänglich machen, die des Lateins nicht mehr mächtig waren. Er wählte also die Sprache, die Muttersprache des größten Teils der Bevölkerung der iberischen Halbinsel war: das Kastilische. „Offensichtlich gab es ein bildungsinterssiertes Publikum, das nicht mehr über ausreichende Lateinkenntnisse verfügte.“ (Berschin 107). Nach Lapesa wird im Prolog des Lapidario Alfons Ansicht dazu folgendermaßen beschrieben: „lo mandó ‚trasladar de aráuigo en lenguaie canstellano porque los omnes lo entendiessen meior et se sopiessen dél más aprouechar‘ “ (246). Er wollte Kastilisch zur Literatursprache des Reiches machen (Procter, „The scientific activities of the court of Alfonso X...“ 12). Außerdem „...erkannte es [Alfons der Weise] als eine seiner dringlichsten politischen Aufgaben, Christen, Juden und Mohammedaner mit der Klammer einer gemeinsamen Sprache an das Reich zu binden und jene Gebiete kulturell-geistig zu stärken, die durch die Reconquista wieder der christlichen Herrschaft einverleibt worden waren“ (Briesemeister, „Das Sprachbewußtsein in Spanien bis zum Erscheinen der Grammatik Nebrijas (1492)“ 41). Das heißt, eine gemeinsame Sprache bedeutete auch den Zusammenhalt des Reiches Kastilien und León und somit eine gesicherte Machtstellung des Königs.

III. Die Notwendigkeit des Ausbaus der spanischen Sprache.

Arabisch und Latein waren die Sprachen der Kultur und Literatur. Latein war einzige Literatursprache Europas. Doch Mitte des 12. Jahrhunderts begann die absolute Herrschaft des Lateins brüchig zu werden. Es bestand die Notwendigkeit, daß Verträge, Konditionen und notarielle Vereinbarungen vom gesamten Volk verstanden wurden, das das Lateinische nicht mehr beherrschte. Es entstanden die ersten Dokumente, die vollständig in Kastilisch verfaßt wurden. Nach Hilty sah man das Kastilische seit Ende des 12. Jahrhunderts schon als angemessen um, offiziell und verpflichtend, Abkommen in Handel, Politik oder Verwaltung zu verfassen (34). Auf dem Weg zur Literatursprache fehlte es der Sprache der bisher verfaßten Texte aber noch an vielem. Sie besaß keine Flexibilität und Vielfalt, es fehlte ihr an einem reichhaltigem Wortschatz in abstrakten Begriffen und ihr Satzbau konnte kaum variiert werden, womit es nicht möglich war, kompliziertere Zusammenhänge auszudrücken (Hilty 35).

Die arabische Sprache hingegen, verfügte über eine Jahrhunderte alte literatursprachliche Tradition. Sie hatte sich selbst seiner Zeit am Griechischen, Syrischen und Persischen bereichert und war die Wissenschaftssprache schlechthin geworden.

Arabisch und Kastilisch unterschieden sich also wie Tag und Nacht. Auf der einen Seite stand die sehr alte, traditionsreiche Schriftsprache Arabisch und auf der anderen das sehr junge Kastilisch, das erst vor kurzem überhaupt verschriftet wurde und sich gerade davon erhob nicht mehr nur als vulgärer Dialekt des Lateins angesehen zu werden. Um nun eine gleichwertige Übersetzung aus dem Arabischen ins Spanische erstellen zu können, ja um bestimmte Sachverhalte überhaupt übersetzen zu können, mußte die spanische Sprache erweitert werden. Es war Alfons und seinen Übersetzern also gar nicht möglich Übersetzungen aus dem Arabischen vorzunehmen ohne gleichzeitig an der spanischen Sprache zu arbeiten.

Während des Übersetzungsprozesses wird ihnen diese Schwierigkeit wohl klar geworden sein, denn „[e]n el acto de traducir se revela con claridad excepcional la esencia de una lengua, sus límites, su estructura“ (Hilty 36)

Wenn man beim Übersetzungsprozeß nun an sprachliche Grenzen stieß, mußte man Mittel und Wege finden, den Korpus der spanischen Sprache auszubauen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die arabisch-spanischen Übersetzungen zur Zeit Alfons des Weisen und ihre Konsequenzen für die spanische Schriftsprache
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Romanische Sprachen und Literaturen)
Note
1
Autor
Jahr
2000
Seiten
18
Katalognummer
V35343
ISBN (eBook)
9783638352956
Dateigröße
459 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zeit, Alfons, Weisen, Konsequenzen, Schriftsprache
Arbeit zitieren
Daniela Wienhold (Autor:in), 2000, Die arabisch-spanischen Übersetzungen zur Zeit Alfons des Weisen und ihre Konsequenzen für die spanische Schriftsprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35343

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