Die Juden zur Zeit Karls IV.


Hausarbeit, 2013

19 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Merkmale der Judenpogrome im 14. Jahrhundert

3. Judenpogrome im 14. Jahrhundert und die Rolle Karls IV.
3.1. Die Judenpogrome in den Territorien Luxemburg und Böhmen
3.2. Das Judenpogrom in Straßburg
3.3 Das Judenpogrom in Nürnberg
3.4. Das Judenpogrom in Trier

4. Fazit

5. Quellen- und Literaturangaben
5.1. Quellen
5.2. Literatur
5.3. Informationen aus dem Internet

1. Einleitung

Schon seit dem 11. Jahrhundert wurden in West- und Mitteleuropa Juden verfolgt und vertrieben. Im Jahr 1298 gab es auf Initiative Rintfleischs mehrere Pogrome in Franken, der Oberpfalz, Hessen und Thüringen. Den Juden wurde die Hostienschändung vorgeworfen. Diese Beschuldigung (auch Hostienfrevel) ergab sich aus einer Legende, die aus Frankreich überliefert wurde. Ein Jude sollte eine geweihte Hostie mit diversen Waffen und Werkzeugen „verletzt“ haben, bis sie blutete. Die Hostie verwandelte sich in das Fleisch Jesu und flog davon, das Bild des Gekreuzigten zurücklassend. Hostienschändung bedeutet also das Zerschneiden oder anderweitige Zerstören von Hostien.[1] Zwischen 1336 und 1338 kam es zu den Armlederaufständen in Franken, im Mittelrheingebiet und im Elsass, an denen der niedere Adel, Bauern und zum Teil auch städtische Bürger beteiligt waren. Sie bedrohten und erschlugen die Juden aus religiösen, wirtschaftlichen und territorialpolitischen Gründen.[2]

Die Judenverfolgungen Mitte des 14. Jahrhunderts unter der Luxemburger Dynastie stellen mit Sicherheit aber einen tieferen Einschnitt in die jüdische Geschichte dar. Zur gleichen Zeit suchte die Pest weite Gebiete Süd- und Westeuropas heim, was als ein Hauptgrund der Pogrome angesehen wird. Es ist aber auch wichtig, zu untersuchen, inwieweit die überlokalen politischen Vorgänge, die auf der Ebene der Reichs- und Territorialgeschichte für die Zeit der Pogrome charakteristisch sind, auf die Judenverfolgungen eingewirkt haben. Sicherlich haben auch die sozialen Verhältnisse eine Rolle gespielt, denn die Handwerker und damit die Zünfte waren gegenüber dem Stadtadel erstarkt.

Ich möchte in der folgenden Hausarbeit also die Gründe oder Auslöser für die Pogrome herausarbeiten und mich vor allem auf die Frage konzentrieren, welche Rolle Karl IV., Thronprätendent und König von Luxemburg, dabei gespielt hat, wobei ich mich auf einige Stadtbeispiele berufe.

Zur Forschung eignen sich besonders gut das Standartwerk „Germania Judaica“[3] und Quellen zur Geschichte einzelner Städte, wie Chroniken und Urkunden.

2. Merkmale der Judenpogrome im 14. Jahrhundert

Mitte des 14. Jahrhunderts beherrschte die Angst vor dem „großen sterbote“ das Volk. Man beschuldigte die Juden nicht mehr nur des Hostienfrevels, sondern auch der Brunnenvergiftung, was die Krankheit ausgelöst haben sollte. Die Angst, religiöse Vorurteile gegenüber der jüdischen Minderheit und wirtschaftliche Interessen (z.B. wegen der Verschuldung bei Juden) kamen zusammen und machten die Pogromstimmung aus. Zusätzlich weitete sich der Klassenkampf zwischen Adel/ Stadtadel und Proletariat auf die jüdischen Gemeinden aus, die Stadtherrschaft sorgte sich oftmals nicht um ihren Schutz.

Alfred Haverkamp gibt in seinem Aufsatz „Die Judenverfolgungen zur Zeit des Schwarzen Todes im Gesellschaftsgefüge deutscher Städten“ eine Chronologie der von Judenverfolgungen heimgesuchten Städte an.[4] Daraus lässt sich leicht erkennen, dass die Pogrome nicht mit der Pest einhergingen, sondern ihr vorauseilten oder auch in Städten stattfanden, die von der Seuche verschont blieben.

Die Pogrome können unterteilt werden in solche, die spontan und tumultartig ausgebrochen sind und solche, die geplant waren oder zumindest geordnet abliefen.

Erstere hatten ganz spezielle Auslöser, wie die Feuersbrunst in Breslau oder konnten religiös bedingt sein. Vor allem im Rahmen der Fastenzeit kam es wiederholt zu Judenverfolgungen. „Bei der in allen Bevölkerungsschichten grassierenden Angst vor der Pest und unter dem Einfluss der Gerüchte über die Brunnenvergiftung durch Juden erhielten diese jahreszeitlich wiederkehrenden Ereignisse einen noch erheblich stärkeren antijüdischen Effekt. Dieser konnte allein schon ausreichen, um eine amorphe Masse zu Pogromen hinzureißen.“[5] Dabei konnten die Stadtherren, selbst wenn sie den Schutz der Juden durchsetzen wollten, kaum eingreifen. Eher verloren sie in der allgemeinen Pogromstimmung die Kontrolle und wurden als Funktionsträger ihres Amtes nicht mehr ernst genommen. Nur vorsorgliche Ausquartierungen der Juden konnten solchen Pogromen entgegen wirken.[6]

Die geplanten Pogrome fanden entweder mit dem Einverständnis und unter der „Anleitung“ des Stadtrates/ der Stadtherrschaft statt oder einzelne kleinere Gruppen oder Parteien gingen gegen die jüdischen Gemeinden vor. Dafür nutzten sie oft die Chance, die der Sabbat bot, also Freitagabend und Samstag, wenn sich die Juden in den Synagogen oder zumindest in ihren Wohnhäusern versammelten und Ruhepflicht hatten. Von der Stadt nicht bewilligte Judenverfolgungen konnten schnell außer Kontrolle geraten und einen chaotischen Verlauf nehmen.

3. Judenpogrome im 14. Jahrhundert und die Rolle Karls IV.

3.1. Die Judenpogrome in den Territorien Luxemburg und Böhmen

Karl IV. lebte von 1316 bis 1378, wurde in Prag geboren und starb auch dort. Er stammte aus dem Geschlecht der Luxemburger und trat 1347 die Nachfolge seines Vaters, Johann von Böhmen (Johann der Blinde) an. Ein Jahr zuvor war der Gegenkönig Ludwig IV. der Bayer gewählt worden, nach dessen Tod 1347 Karl sich mit dem Gegenkönig Günther von Schwarzenburg um den Königstitel stritt. Als auch sein zweiter Gegner verstarb wurde Karl im Juni 1349 offiziell zum römischen König gekrönt.[7]

Er führte das Judenregal (Regalien sind königliche Rechte) fort, durch das alle Juden als königliche Kammerknechte bezeichnet wurden, die gegen Abgaben unter dem Schutz des Königs standen. Allerdings wurden schon seit dem 13. Jahrhundert die Rechte über die Juden an Landesherren und Städte übertragen, bis Karl IV. sie 1356 in der Goldenen Bulle generell den Kurfürsten überließ. Zunächst versuchte er aber sich zumindest einen Teil des Judenregals zu erhalten und behielt trotz aller Vergaben einen Teil der Judensteuern ein.[8]

In der Stadt und Grafschaft Luxemburg sind seit dem 13. Jahrhundert Juden nachweisbar, die über die Mosel und ihre Nebenflüsse „eingereist“ waren. Karl IV. begriff sie 1347 in eine Verordnung ein, den Frieden der Grafschaft zu erhalten. Nach zahlreichen Pogromen im Moselland befahl er den Luxemburger Bürgern, die Juden unbehelligt zu lassen, da die Anschuldigungen seines Erachtens und auch nach dem Urteil des Papstes unbegründet seien. Papst Klemens VI. hatte 1348 zwei Bullen erlassen, worin er die Beraubung oder Ermordung von Juden unter Bestrafung mit der Exkommunikation setzte. Er begründete die Unschuld der Juden später damit, dass sie erstens auch der Pest erlägen und zweitens an manchen Orten, die der Pest anheimfielen, gar nicht ansässig wären.[9]

Der Befehl zeigte keine Wirkung, die jüdische Gemeinde wurde vernichtet, was die begrenzte Macht und Durchsetzungsfähigkeit Karls IV. verdeutlicht, dessen Befehle nur befolgt wurden, wenn die Gemeinden es auch wollten.[10]

Anders verhielt es sich in den böhmischen Territorien, Karls Erblanden. Dort betonte er, dass die Juden als königliche Kammerknechte unter seinem Schutz stünden, sowohl als Person als auch in Bezug auf ihr Hab und Gut. Er belegte jeden mit einer Strafe, der einen jüdischen Bürger beleidigte, verletzte oder tötete. Im Zuge der Neugründung der Prager Neustadt erlaubte er Juden hinzuzuziehen, erklärte sie zu vollwertigen Bürgern und befreite sie wie die Christen die ersten 12 Jahre von Steuerabgaben. Bis 1389 blieb der königliche Schutz über die Prager Juden bestehen.

Von Pogromen im Zuge der Pestwelle blieben die böhmischen Juden verschont. In zwei Orten, nämlich Eger und Breslau, kam es dennoch zur Erschlagung und Ausraubung der jüdischen Gemeinden. In Eger war das Pogrom religiös stimuliert. Es fand am Gründonnerstag 1350 statt, nach der Predigt eines Franziskanermönches zur Leidensgeschichte Christi „durch die Juden“. „Ein Kriegsmann wurde so sehr von seinen Worten ergriffen, daß er mitten in der Predigt zum Altar stürzte, ein Kruzifix ergriff und die Zuhörer aufforderte, das Blut Jesu an den Juden zu rächen.“[11] Pogrome, die durch Predigten ausgelöst wurden und/oder an Sonn- und Feiertagen stattfanden, waren nicht unüblich. Im Mai verzieh Karl IV. der Stadt, überließ ihr den Grundbesitz der jüdischen Gemeinde, ließ sich aber eine Buße bezahlen und übernahm die Pfandbriefe.[12] In Breslau kursierten Gerüchte der Brunnenvergiftung, doch die Stadt blieb von der Pest verschont. Die allgemeine Feindseligkeit gegenüber den Juden entlud sich Ende Mai 1349, als man ihnen die Schuld an einer Feuerbrunst gab. Karl IV. stellte den Rat zur Rede, der für den Schutz der Juden verantwortlich war, das Pogrom aber Auswärtigen, Verbannten und Unbekannten zuschrieb. Fast zwei Jahre später wurden die vermeintlichen Mörder geächtet.

Während die Häuser, die Synagoge und der Besitz der Juden an die Stadt überging, erhielt Karl IV. die Pfandbriefe und entdeckte Gelder.[13]

Schon an diesen Beispielen zeigt sich, dass Karl IV., trotzdem er die Juden für unschuldig hielt, immer auf seinen finanziellen Vorteil bedacht war. Mithilfe der nächsten Stadtbeispiele kommen die Motive für Karls Handeln noch weiter zum Vorschein.

[...]


[1] Lotter, Friedrich: Hostienfrevelvorwurf und Blutwunderfälschung bei den Judenverfolgungen von 1298 („Rintfleisch“) und 1336-1338 („Armleder), in: Fälschungen im Mittelalter, Teil V: Fingierte Briefe, Frömmigkeit und Fälschung, Realienfälschung (Monumenta Germaniae Historica Schriften, Bd. 33). Hannover 1988, S. 536f.

[2] Haverkamp, Alfred: Die Judenverfolgungen zur Zeit des Schwarzen Todes im Gesellschaftsgefüge deutscher Städte, in: Alfred Haverkamp (Hg.), Zur Geschichte der Juden im Deutschland des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Stuttgart 1981 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters, Bd. 24), S. 29.

Cluse, Christoph (Hg.): Europas Juden im Mittelalter. Beiträge des internationalen Symposiums in Speyer vom 20.-25. Oktober 2002. Speyer 2002, S. 265-269.

[3] Avneri, Zvi (Hg.): Germania Judaica. Von 1238 bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Tübingen 1968.

[4] Haverkamp, Judenverfolgungen zur Zeit des Schwarzen Todes, S. 35-38.

[5] Haverkamp, Judenverfolgungen zur Zeit des Schwarzen Todes, S. 60.

[6] Haverkamp, Judenverfolgungen zur Zeit des Schwarzen Todes, S. 60.

[7] http://u01151612502.user.hosting-agency.de/malexwiki/index.php/Karl_IV._von_Luxemburg, 02.11.2013, 14.20 Uhr, Karl IV. von Luxemburg.

[8] Moeglin, Jean-Marie/ Müller, Rainer A.: Einleitung, in: Moeglin, Jean-Marie/ Müller, Rainer A. (Hgg.): Spätmittelalter 1250-1495. Stuttgart 2005 (Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, Bd. 2), S. 22.

Avneri, Zvi: Einleitung, in: Avneri, Zvi (Hg.): Germania Judaica. Von 1238 bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Tübingen 1968, S. XXIV-XXVI.

[9] Werunsky, Emil: Geschichte Kaiser Karls IV. und seiner Zeit, Bd. 2. Innsbruck 1882, S. 241.

[10] Avneri, Zvi: Luxemburg, in: Avneri, Zvi (Hg.), Germania Judaica, Bd. 2.1. Tübingen 1968, S. 501-502.

[11] Avneri, Zvi: Eger, in: Avneri, Zvi (Hg.), Germania Judaica, Bd. 2.1. Tübingen 1968, S. 186.

[12] Pelzel, Frantisek Martin: Geschichte Kaiser Karls des Vierten, König in Böhmen, Bd. 1. Dresden 1783, S. 75f.

[13] Klose, Samuel Benjamin: Von Breslau: Dokumentirte Geschichte und Beschreibung in Briefen, Bd. 1. Breslau 1780, S. 184f.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Juden zur Zeit Karls IV.
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Note
1,3
Jahr
2013
Seiten
19
Katalognummer
V353363
ISBN (eBook)
9783668394254
ISBN (Buch)
9783668394261
Dateigröße
698 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mittelalter, Karl IV., Juden, Pogrom, 14. Jahrhundert
Arbeit zitieren
Anonym, 2013, Die Juden zur Zeit Karls IV., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/353363

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