Untersuchung zur Moralentwicklung bei Jugendlichen


Hausarbeit, 2003

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Allgemeine Vorbemerkungen

2. Einleitung

3. Vorstellung des Themas und des Forschungsstandes

4. Schultypen
4.1 Die Waldorfschule
4.2 Das Gymnasium
4.2 Die Berufsschule

5. Fragestellung

6. Messinstrumente
6.1 Moralisches –Urteil –Test
6.2 Moral Judgement Interview

7. Pretest zur Interviewschulung

8. Ablauf der Untersuchung an den Schulen
8.1 Stichprobenbeschreibung
8.2 Durchführung

9. Ergebnisse

10. Auswertung

11. Bewertung

12. Literatur

Anhang
- I. MUT
- II. MJI

1 Allgemeine Vorbemerkungen

Die Untersuchung zu dieser Hausarbeit wurde von Jan Sadler und Matthias Kraut im Feb./März 2003 durchgeführt. Die hier vorliegende schriftliche Dokumentation wurde von Matthias Kraut erstellt.

2 Einleitung

Im Rahmen des Seminars „Entwicklung und Lernen – Psychologie für Erziehungswissenschaftler(innen)“ bekamen wir den Auftrag, eine Kleinstudie anzufertigen. Im Seminar, als auch in der Vorlesung, wurden wir mit unterschiedlichen entwicklungspsychologischen Schwerpunkten vertraut gemacht. Wir entschieden, eine Kleinstudie zur Moralentwicklung bei Kindern und Jugendlichen anzufertigen. Im Verlauf des Seminars, wurden wir über ausgewählte Methoden der Untersuchung zum Gegenstandsbereich, sowie über den Stand der Forschung informiert.

Wir erhoffen uns durch diese Arbeit, Einblicke in forschungspraktische Methoden und Vorgehensweisen zu gewinnen.

Bestandteil dieser Arbeit ist der Test zweier Verfahren zur Messung der Moralentwicklung. Hierbei geht es uns um Möglichkeiten der empirischen Messung und um die Auswertung der gewonnenen Daten. Die beiden Verfahren (MUT, MJI), werden in Kapitel 6 vorgestellt.

Weiter möchten wir mit Hilfe beider Verfahren die Moralentenwicklung an verschiedenen Schulen untersuchen. Hierfür haben wir die Waldorfschule, das Gymnasium und die Berufschule ausgewählt. Wir wollen wissen, ob die staatlich kontrollierten Bildungseinrichtungen Berufsschule und Gymnasium und die in freier Trägerschaft agierende Waldorfschule die Moralentwicklung der Schüler beeinflussen. Für uns stellt sich die Frage, ob es messbare Variablen gibt, die einen Vergleich der unterschiedlichen Schultypen überhaupt zulassen.

Im Folgenden dokumentieren wir die Durchführung unserer Untersuchung von der Vorstellung des Themas und des Forschungsstandes (Kapitel 3, 4), über die Fragestellung (Kapitel 5 und 6) bis zur Untersuchung (Kapitel 7, 8) und der Auswertung und Interpretation der gewonnenen Ergebnisse (Kapitel 9 ,10, 11).

3 Vorstellung des Themas und des Forschungsstandes

Über Moral und deren Ausprägung wurde schon viel geschrieben und berichtet. Zahlreiche Standpunkte beleuchten dieses Thema. Ob nun Philosophen, Anthropologen, Soziologen oder Politologen, sie alle untersuchen die Moral aus unterschiedlicher Perspektive. Zum Beispiel unterscheidet K.E. Nipkow vier klassische und zwei neue Bereiche der Moral [Nipkow 1996, S. 40].

Er nennt: Partnerschafts-, Sexual-, Ehe- und Familienmoral, Moral der zwischenmenschlichen Beziehungen, Arbeits- und Berufsmoral, öffentlich-politische Moral und die zwei neueren Moralbereiche Umweltmoral und wissenschaftsethische Moral, die sich beispielsweise mit Fragen der Gentechnologie befasst [Nipkow 1996, S. 40].

Siegmund Freuds Sichtweise ist etwas differenzierter. Er ist der Auffassung, dass die Formung der Persönlichkeit des Kindes dadurch bestimmt wird, wie es Konflikte zwischen den Trieben des Es und den elterlichen Forderungen löst. Um zu vermeiden, dass es ständig in Konflikt mit den elterlichen Forderungen gerät, identifiziert sich das Kind mit den Eltern und übernimmt dabei ihre moralischen Einstellungen und Werte [Joas 2000, S.130]. Carol Gilligan wirft die Frage der geschlechtsdifferenzierten Sozialisation auf. Demnach orientieren sich Männer an abstrakten Prinzipien wie Gerechtigkeit und Billigkeit, Frauen hingegen sind zu Bindungsfähigkeit an Familie und Freunde sozialisiert und neigen dazu moralische Fragen im Kontext persönlicher Beziehungen und sozialer Verpflichtungen zu beurteilen [Joas 2000, S.131].

Diese Beispiele zeigen, wie schwierig es ist, Moral zu beschreiben und einzugrenzen. Wir beschränken uns im Folgenden auf die entwicklungspsychologische Sichtweise. Diese ist vor allem geprägt durch Arbeiten von Piaget, Kohlberg und Lind, die als Grundlage dieser Arbeit dienen. Im Folgenden stellen wir die wichtigsten Theorien und Vertreter der entwicklungspsychologischen Moralforschung vor.

Jean Piaget (1896-1980), einer der einflussreichsten Entwicklungspsychologen der Neuzeit, wäre hier als erster zu nennen. Durch die Einführung seines Vier-Stufen-Modells zur Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten und Strukturen bereitete er Entwicklungspsychologen wie Lawrence Kohlberg und Georg Lind den Weg. Unter kognitiven Fähigkeiten versteht man bei Piaget das Verinnerlichen von Erfahrungen und Erlebnissen durch den Aufbau von Strukturen, sei es durch die Auseinandersetzung mit der eigenen Umwelt oder der Lernumgebung. Dieser Prozess wird nach Piaget im wesentlichen dadurch stimuliert, dass das Kind von seinem jeweiligen Entwicklungsstand aus die Eindrücke aus seiner Umwelt nur zum Teil begreift (Assimilation) und durch diese Diskrepanz angeregt wird, sein Begriffssystem der Umwelt genauer anzupassen (Akkomodation) [Joas 2000, S.129]. Piaget unterscheidet 4 Entwicklungsschritte die ein Kind durchläuft: sensomotorische Intelligenz, intuitiv anschauliches Denken, konkrete Operationen und formale Operationen. Auf die Stufen möchte ich nicht näher eingehen, ich verweise an dieser Stelle auf die Werke von Piaget. Diese Einteilung soll lediglich den strukturellen Charakter der Theorie Piagets unterstreichen.

Kohlberg verfeinerte diesen Ansatz von Piaget. Er griff in seinem Stufenmodell auf das Modell von Piaget zurück. In dem von ihm entwickelten Stufenschema handelt es sich, wie auch bei Piaget, um ein konstruktivistisches Modell. Unter konstruktivistisch ist zu verstehen, dass ein jeder Mensch alleiniger Urheber seines Wissens, seiner Konstitution und Konstruktion ist. Der Mensch konstruiert seine Welt, in der er lebt aus subjektiver Sicht [Gudjons 1996, 47]. Nach Kohlberg entwickelt der Mensch – von der frühesten Kindheit an eigenständig - zunehmend kognitive Fähigkeiten und ein autonomes moralisches Bewusstsein. Dieses entwickelt sich tendenziell auch unabhängig von der familiären Herkunft, von traditionellen Einflüssen, Gewohnheiten und Grundeinstellungen [Breit/Schiele 2000, S.255]. Kohlbergs Theorie beruht auf der Annahme, dass die Menschen mit wachsendem Alter und durch die Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt immer differenziertere und komplexere moralische Denkstrukturen entwickeln, welche ihnen erlauben, Konflikte zwischen ihrem Selbst und ihrer Umwelt immer besser, d.h. gerechter, zu lösen [Breit/Schiele 2000, S.304].

Kohlberg unterschied in erster Linie drei unterschiedliche Niveaus. Niveau eins (präkonventionell), welches als vorgesellschaftlich, Niveau zwei (konventionell) als gesellschaftlich und Niveau drei (postkonventionell) schließlich als übergesellschaftlich klassifiziert worden ist. Weiter werden diese Niveaus in jeweils zwei Stufen unterteilt. Man versteht die einzelnen Stufen besser, wenn man eine Vorstellung von den drei moralischen Niveaus gewonnen hat. Die präkonventionelle Ebene ist die moralische Denkebene der meisten Kinder bis zum 9. Lebensjahr und einiger Jugendlicher. Der konventionellen Ebene werden die meisten Jugendlichen und Erwachsenen zugeordnet. Die postkonventionelle Ebene wird meist nur von einer Minderheit von Erwachsenen erreicht, in der Regel auch erst ab dem 20. Lebensjahr [Edelstein/Oser/Schuster 2001, S.19].

Georg Lind ist ein Schüler von Lawrence Kohlberg. Er lehrt zur Zeit an der Universität Konstanz. Er hat mit seiner Entwicklung des Moral-Urteil Tests das Verfahren zur Messung der Moral von Kohlberg weiterentwickelt. Das Verfahren von Kohlberg und der Test von Georg Lind werden in Kapitel 6 näher erläutert. Diese beiden Verfahren wurden in dieser Untersuchung zum Vergleich der Schultypen verwendet. Wir werden diese Schultypen und ihre grundlegenden Konzepte nun vorstellen.

4 Die Schultypen

4.1 Die Waldorfschule

Die erste Waldorfschule wurde 1919 in Stuttgart gegründet. Gründerväter waren Emil Molt und Rudolf Steiner, die diese Schule für die Arbeiterkinder der Waldorf-Astoria - Zigaretten Fabrik gründeten. Die Situation zu dieser Zeit war gekennzeichnet durch Massenelend als Folge des ersten Weltkriegs. Die Suche nach einer ’richtigen’ Schulpädagogik ermöglichte es, zu Beginn der Weimarer Republik zahlreiche Schulversuche und Schulreformen durchzuführen. Die staatlichen Schulen waren durch den erforderlichen wirtschaftlichen Auslesecharakter geprägt. Hier fiel die Begabtenförderung diesem Anspruch zum Opfer [Rest 1992, S.73]. Aufgrund dieser Entwicklungen konnte die Waldorfschule entstehen. Vor allem Fleiß, Selbständigkeit, Erfolg und Sinn für kulturelle und soziale Zusammenhänge sollte zur Philosophie der Waldorfpädagogik werden. Die Ausprägung der Waldorfpädagogik ist in den Anfangsjahren entscheidend durch Rudolf Steiner beeinflusst worden. Seine Bildungsphilosophie basiert auf der Anthroposophie und der anthroposophischen Menschenkenntnis [Kucirek 1994, S.53].

Heutzutage gilt die Waldorfschule als Alternative zu den staatlichen Schulen. Hier wird vor allem die individuelle Begabung eines jeden Schülers in den Mittelpunkt der Lehre gestellt. Neben den Grundfächern wie Mathematik, Lesen und Schreiben finden auch praktische Unterrichtsformen wie Gartenarbeit, Werken oder Gestaltung aber auch Pflanzenkunde und Sinnesschulung ihren Platz. Anders als in staatlichen Schulen wird für diese Fächer viel Zeit eingeplant. Zum weiteren wird in dem Fach Eurythmie die Einheit von Körper und Geist gelehrt. Die Schüler besuchen die Waldorfschule bis zur 12. Klasse und verlassen in der Regel mit der ‚Mittleren Reife’ die Schule. Für Begabte besteht die Chance nach dem 13. Schuljahr, ihr Abitur an einer staatlichen Schule zu machen. Abschließend lässt sich bemerken, dass durch die geringen Klassenstärken und dem Wegfallen der Benotung, der soziale Charakter und das Gleichheitsprinzip mehr in den Vordergrund treten. Allerdings bleiben vor allem naturwissenschaftliche Fächer wie Physik und Chemie an Waldorfschulen auf der Strecke. Auch gibt es keinerlei Auslese, was zur Folge hat, dass begabte Schüler, die vermutlich höhere kognitive Fähigkeiten besitzen, mit Schülern auf niedrigerem Niveau gemeinsam unterrichtet werden. Hier stellt sich die Frage, ob sich durch die Anpassung der Lehrinhalte auf einem für alle verständlichem Level, Begabte unterfordert fühlen. Es kann aber auch angenommen werden, dass gerade durch diese Anpassung in den Lernprozessen Begabte eine wesentlich höhere Diskursfähigkeit entwickeln. Durch das gegenseitige Erklären und Erarbeiten von Inhalten ist anzunehmen, das sich Kommunikationsformen herausbilden, die eine hohe moralische Urteilsfähigkeit, welche sich an Fairness und Gleichberechtigung orientiert, voraussetzen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Untersuchung zur Moralentwicklung bei Jugendlichen
Hochschule
Universität Leipzig
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V35325
ISBN (eBook)
9783638352796
ISBN (Buch)
9783638902076
Dateigröße
513 KB
Sprache
Deutsch
Arbeit zitieren
Matthias Kraut (Autor:in), 2003, Untersuchung zur Moralentwicklung bei Jugendlichen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35325

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