Mädchenliteratur im Wilhelminischen Kaiserreich und ihre pädagogischen Implikationen


Magisterarbeit, 2004

131 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Das politische und gesellschaftliche Leben im Wilhelminischen Kaiserreich
1. Die Entwicklung des Wilhelminischen Reichs
2. Alltag im Besitz-, Bildungs- und Großbürgertum
a) Das Frauenbild zur Jahrhundertwende
b) Die Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft
c) Kindererziehung im Großbürgertum
d) Mädchenleben in der Bourgeoisie
3. Alltag des Kleinbürgertums, der Arbeiter und Bauern
a) Mädchenleben im Proletariat
b) Frauenrechtlerinnen

III. Mädchenliteratur im Wilhelminischen Kaiserreich und ihre pädagogischen Implikationen
1. Ein Überblick über die Sparten der Mädchenliteratur
a) Mädchenratgeber
b) Backfischliteratur
c) Mädchenzeitschriften
2. Die Beliebtheit der Mädchenliteratur
a) Die Funktion der Mädchenliteratur für höhere Töchter
b) Die Funktion der Literatur für Arbeitermädchen
3. Die Mädchenratgeber und ihre pädagogischen Inhalte
a) Karl Weiß: Unsere Töchter und ihre Zukunft
Mädchen-Erziehungs-Buch.
b) Malvine von Steinau: Leitfaden für junge Mädchen
beim Eintritt in die Welt.
c) Amalie Baisch (Hg.): Aus der Töchterschule ins Leben
Ein allseitiger Berater für Deutschlands Jungfrauen.
4. Der Mädchenroman und seine Erziehungswerte,
aufgezeigt am Beispiel von Fanny Stöckert‘s
„Trudchens Tagebuch“
5. Die Zeitschriften für Mädchen und ihre Diversität

IV. Zusammenfassung

V. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Die einleitenden Kapitel zeigen den Weg auf, den die Gesellschaft der vorletzten Jahrhundertwende gegangen ist und welche Schwierigkeiten es zu bewältigen galt. Neben den politischen und wirtschaftlichen Aspekten, sollen insbesondere die geistigen Entwicklungsschritte, in Bezug auf die Geschlechterpolarisierung, beleuchtet werden. Das alltägliche Leben der verschiedenen Gesellschaftsklassen wird umrissen und, so weit es möglich ist, offen gelegt. Hier ist der Fokus vor allem auf die Lebensbedingungen der Mädchen gerichtet, da in dieser Arbeit die Mädchenerziehung im Wilhelminischen Kaiserreich besonders betont werden soll.

Anhand der Differenziertheit der Mädchenleben wird schließlich deutlich, warum die Mädchenliteratur eine signifikante Aufgabe in der pädagogischen Leitung der Mädchen übernimmt. Mittels der geschlechtsspezifischen Literatur kann ein Abbild der Mädchenerziehung gezeichnet werden, wofür die Sparten der Mädchenratgeber, der Mädchenromane und der Mädchenzeitschriften eingehend exzerpiert werden . Das Ziel dieser Arbeit ist, die erzieherischen Momente der mädchentypischen Literatur heraus zu arbeiten um möglichst realitätsnahe Erziehungswerte und –normen aufzuzeigen.

II. Das politische und gesellschaftliche Leben im Wilhelminischen Kaiserreich

1. Die Entwicklung des Wilhelminischen Reichs

Am Ende des 19. Jahrhundert kommt es im Zuge der Industrialisierung zu einem Wandel von der feudalen Agrargesellschaft zur kapitalistischen Industriegesellschaft. Der preußische Staat erkennt die Chancen, die in den Naturwissenschaften liegen, um die Wirtschaft zu fördern. Bereits unter der Herrschaft des Kaisers Friedrich Wilhelm IV. wird in technische Innovationen investiert, um die Produktion und den Wettbewerb im Rahmen der Gewerbefreiheit anzuregen. Zu diesem Zwecke werden gesetzliche Maßnahmen geschaffen, die das freie wirtschaftliche Wachstum sichern sollen.

Die staatliche Finanzierung kann mittels der Einführung von Notenbanken und Aktiengesellschaften um 1850 erfolgen. Außerdem wird ein besseres Infrastruktursystem durch den Ausbaus der Eisenbahnstrecken geschaffen, so dass sich das Handelsnetz innerhalb Deutschlands, aber auch im europäischen Raum, ausweitet. Es kommt zur Akkumulation des Kapitals, d.h. die Unternehmer erwirtschaften einen hohen Gewinn, den sie in weitere industrielle Neuerungen einfließen lassen. Besonders die Gründerjahre zwischen 1871 und 1874 zeugen von einem industriellen Enthusiasmus, der allerdings wegen verlustreichen Spekulationen in die Repression führt. Ab 1880 scheint sich die Wirtschaft wieder zu erholen, jedoch bleibt ein ökonomischer Einbruch bestehen, der das soziale Gefälle weiter auseinander treibt. Anhand der Modernisierung der Manufakturen kommt es zur Gründung einer neuen Produktionsindustrie, wodurch neue Arbeitsplätze, vor allem für Frauen und Kinder, geschaffen werden.

Das industrielle Besitz- und Großbürgertum schließt sich mit dem Adel zu einem Bündnis gegen die Arbeiterbewegung zusammen, um gemeinsame politische und wirtschaftliche Interessen zu vertreten. Die Kluft zwischen den verschiedenen sozialen Schichten wird durch die Nobilitierung des Besitz- und Großbürgertums verstärkt.

Angeregt und unterstützt werden die wirtschaftlichen und ökonomischen Novilitäten von dem Reichskanzler Otto von Bismarck, der zwischen 1862 und 1890 dieses Amt inne trägt. Unter seiner Leitung gelingt es nach dem innerdeutschen Krieg von 1865/1866 die Basis einer deutschen Reichsgründung zu bilden und eine Reichsverfassung aufzusetzen. Aus diesem innerdeutschen Kampf geht der Nordbund unter preußischer Flagge als Sieger hervor. Dennoch kam es zu einer Übereinkunft zwischen Nord und Süd, so dass man zum ersten Mal von einer deutschen Einheit sprechen kann. Die preußische Stellung als Großmacht ist in Europa dadurch gewachsen.

Mit der Kaiserkrönung des preußischen Königs Wilhelm I. im Jahre 1871, beginnt die Ära des zweiten Deutschen Reiches, welches nun vollends vereint scheint. Über dem Volk schwingt eine patriotische Begeisterung, angetrieben durch den deutschen Sieg und den industriellen Aufschwung. Die Wirtschaft kommt in Fahrt und es herrscht ein politischer Optimismus.

Bismarcks innenpolitisches Programm zeigt sich vorwiegend in der Beibehaltung der Adelsherrschaft und in seiner patriarchalischen Grundhaltung. Er steht für die Zusprache des staatlichen Machtanspruchs an den Kaiser ein. In diesem Rahmen kommt es zum Kampf der Kulturen, da Preußen von der katholische Kirche fordert, sich dem Staat unterzuordnen. Denn aus der preußischen Sicht bildet der Staat die kulturelle Grundlage der deutschen Gesellschaft und nicht die Kirche. Der katholische Einfluss auf die Lebensführung der Bevölkerung ist Bismarck zu groß, insbesondere da für die Katholiken und Jesuiten der Papst als Oberhaupt mit einer Unfehlbarkeit versehen ist. Bismarck aber möchte, dass der evangelische Kaiser diese Obrigkeit verkörpert und zu seinem Hoheitsrecht kommt. Zu diesem Zweck erlässt Bismarck einige Gesetze, wie etwa 1872 das Gesetz zur staatlichen Überwachung aller privaten und kirchlichen Schulen. 1873 folgen die Reichsgesetze, welche aus dem Maigesetz, d.h. die Zulassung zu einem geistlichen Amt kann nur über ein bestandenes Kulturexamen erteilt werden, und dem Zivilehegesetz bestehen. Eheschließungen können nunmehr von den Standesämtern getätigt werden. Im Jahre 1874 knüpft das Expotriierungsgesetz an den Kulturkampf an, wodurch die Möglichkeit geschaffen wird, oppositionelle Geistliche aus den Reichsländern auszuweisen. Zudem werden anhand des Brotkorbgesetzes der katholischen Kirche alle staatlichen Geldmittel gestrichen. Letztlich wird 1875 noch das Klostergesetz angefügt, das sämtliche Orden verbietet, außer den Krankenpflegeorden.

Die katholischen Geistlichen setzen sich allerdings permanent zur Wehr, nicht nur aus eigenem Antrieb, sondern auch aufgrund des Druckes seiten des Papstes, und das mit Erfolg. Bismarck lenkt ein, da er die katholischen Stimmen in seinem weiteren Streit gegen die Liberalisten benötigt. Dies verdeutlicht die strategische, äußerst berechnende und konservative innenpolitische Haltung Bismarcks. Man kann behaupten, dass er durchweg versucht, die einzelnen Parteien und Gesellschaftsschichten für seine politischen Zwecke gegeneinander auszuspielen. So ist es nicht verwunderlich, dass er seiner Ablehnung der sozialistischen Arbeiterpartei Deutschland (SAP) gegenüber ebenso Nachdruck verleiht, indem er die Sozialistengesetze 1878 einführt. Die Sozialistengesetze beinhalten das Verbot von sozialistischen Schriften, Versammlungen und Vereinen. Der SAP gehören vornehmlich Menschen der Arbeiterklasse an, die Bismarck als den neuen Reichsfeind deklariert. Denn er fürchtet durch das demokratische Gedankengut, das bereits gute Wahlerfolge erzielt, um die kaiserliche Monarchie. Sozialisten können aufgrund der neuen Gesetze überwacht und ausgewiesen werden. Trotzdem wird der sozialistische Gedanke weiterhin heimlich verbreitet und die Sozialisten schließen sich zu neuen Vereinen zusammen, so dass die Arbeiterbewegung in der Lage ist sich weiter zu entwickeln.

Bismarck kapituliert jedoch nicht so schnell und möchte die Arbeiter von der Sozialdemokratischen Partei abwerben.

Als Mittel dienen die Sozialgesetze, die zwischen 1881 und 1889 beschlossen werden. Sie reichen von der Sozialversicherung, über die Krankenversicherung, bis zur Unfall- und Invaliditätsversicherung. Das Manko an diesen staatsbindenden Gesetzen ist, dass die meisten Arbeiter überhaupt nicht in der Lage sind, die Versicherungen zu zahlen. Zwar leistet der Staat einige Zuschüsse, ebenso wie es von den Arbeitgebern verlangt wird, jedoch in nicht ausreichendem Maße. Den Arbeitern bleibt mit dieser zusätzlichen finanziellen Belastung nicht mal mehr das Existenzminimum. Diese Rechnung Bismarcks geht also nicht auf, denn die Neuerungen bringen keine Erleichterung für die hart arbeitende und wenig verdienende Bevölkerung. Sie bleiben ihrer SAP treu, weswegen sozialistische Organisationen von Bismarck nicht geschwächt werden können.

Im schicksalsreichen Dreikaiserjahr 1888 stirbt nicht nur der mittlerweile amtierende Kaiser Wilhelm I., sondern auch sein Sohn und Thronnachfolger Friedrich III., der gerade unter dem Bildungsbürgertum als politischer Hoffnungsträger gewertet wird. Mit dem Antreten des kaiserlichen Erbes durch Wilhelm II., wird die Wilhelminische Epoche eingeläutet. Aufgrund politischer Differenzen entlässt Kaiser Wilhelm II. Otto von Bismarck und hebt die Sozialistengesetze auf. Der neue deutsche Kaiser hält einerseits am Gottesgnadentum und an veralteten politischen Ansichten fest, andererseits fördert er großzügig Technik und Naturwissenschaften im deutschen Reich. 1900 wird von ihm das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) mit einem einheitlichen Zivilrecht für ganz Deutschland dargelegt. Jedoch verfügt der Kaiser nicht über politische Geschicklichkeit, weswegen ihm derartige positive Innovationen nicht dienlich sein können. Wilhelm II. gilt als eigenmächtig, impulsiv und unkontrolliert in seinem Verhalten, das zu einigen Miseren im inner- als auch außenpolitischen Bereich führt. Nach der Novemberkrise 1908 gelobt er Besserung und kümmert sich vermehrt um den wissenschaftlichen Fortschritt.

1910 gründet er diesbezüglich die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, der er Räume zur Verfügung stellt und die er selbst leitet. Sinn dieser Einrichtung ist es, Wissenschaftlern und Ingenieuren ein gemeinsames Forum zu geben.

Zur Förderung des Gesunden und Schönen überlässt er den Kommunen ihre Selbstverwaltung, um die Entwicklung des Entfaltungspotentials der Ästhetik nicht zu stören und ihr den dafür benötigten Raum zu bieten, denn der Kaiser gilt als Freund des Schöngeistigen. Um die kulturelle Erneuerung voranzutreiben lo-

ckert Wilhelm II. die Zensur, so dass eine gewisse Meinungsfreiheit und die schriftliche Verbreitung derer ermöglicht wird.

Der Kaiser steht nicht nur für Ästhetik, sondern auch für Patriotismus, Militarismus und Nationalstolz. Auf der Basis der Verherrlichung des germanischen Wesens leitet Wilhelm II. eine Reform des höheren Schulwesen ein, von der Gymnasien als auch Volksschulen betroffen sind. Die Fokusierung auf die Blüte der deutschen Tugenden wird somit zum gemeinsamen Unterrichtskern. (vgl. Wilkending 1982, S.4 f.)

Es zieht sich eine kulturelle und geistige Veränderung durch die deutsche Gesellschaft, die das öffentliche Leben beflügelt. Museen, Lesehallen, Bibliotheken und Theater werden erbaut. Im privaten Raum erhalten habituelle Symbole wie Kleidung und Wohnung eine neue und höhere Bedeutung. Körperpflege und Gesundheitswesen werden stärker gewichtet. Man kann in diesem Rahmen von einer Ästhetisierung des geistigen als auch materiellen Habitus sprechen.

(vgl. Wilkending 1982, S.6)

Die Orientierung an adeligen Lebenspraktiken führt zu der „elitären Genußkultur“, die sich über Speisen, Tanz, Reise, Konversation, Benehmen und Weitergabe des kulturellen Kaptals an die nachkommende Generation definiert.

(vgl. Döckert 1994, S.17,86,260)

Das Deutsche Reich der Jahrhundertwende steigt zur zweitgrößten Industrienation der Welt auf. Der optimistische Fortschritts- und Kampfgeist zeigt sich allerdings auch in der Abenteuerlust. Die Kolonialzeit wird von dem narzisstischen Kaiser Wilhelm II. begeistert aufgenommen und verfolgt, was anhand seiner gigantischen Schlachtflotten zu erkennen ist.

Aufgrund kolonialpolitischer Spannungen und anderer politisch ungeschickter Miseren, kommt es zum Eklat zwischen Deutschland, Frankreich, England und China. Der erste Weltkrieg beginnt am 4. August 1914 und hält bis zur Novemberrevolution 1918 an, bei der Kaiser Wilhelm II. seine Abdankung verkündet und ins Exil nach Holland abwandert.

2. Alltag im Besitz-, Bildungs- und Großbürgertum

Das kaiserliche Deutschland entwickelt sich zur Industrienation durch die Investitionsfreudigkeit des höheren Bürgertums. Dieses gelangt zu immer mehr Vermögen und möchte sich den pathetischen Lebensstil der Adeligen deshalb aneignen, um gesellschaftlich aufzusteigen. Das erfordert nicht nur Kapital, sondern auch entsprechende Umgangsformen der höfischen Etikette. Aber noch weitere Attribute sind dem aufstrebenden Bürgertum zu eigen, die das soziale Gefüge veranschaulichen: Kaisertreue, Reichsloyalität, Amtsdemut und patriarchalische Geisteshaltung. Vorurteile werden nicht nur Ausländern und Minderheiten gegenüber entgegengebracht, sondern gleichermaßen den Frauen. (vgl. Pleticha 1984, S.80)

Die anthropologisch-sozialen Facetten der bürgerlichen Gesellschaft können somit als bieder, traditionshaftend, sozial engstirnig und patriarchalisch bezeichnet werden.

Diese neu gewonnene Lebensführung des Großbürgertums wird nicht nur in verschwenderischen Roben und Kleidern standesgemäß nach außen getragen, sondern es entstehen neue Prunkviertel mit Villen, Banken und Kaufhäusern. Die Versorgung mit Elektrizität, der Anbindung an eine Kanalisation und an ein gepflastertes ausgebautes Straßennetz, lassen das bürgerliche Leben in einem noch strahlenderen Glanz erscheinen. (vgl. Pleticha 1984, S.230)

Das Nobilitierungsstreben des sich neu definierenden Bürgertums nährt sich folglich nicht nur an äußerer, statusgerechter und prachtvoller Repräsentanz, sondern auch an der Imitation der aristokratischen Familienmoral, Teilnahme an Kultur und Gesellschaft und an der Wirtschaftsweise des Adels. Im privaten Raum wird das Esszimmer als gesellschaftlicher Zugang betrachtet, in dem das Essen als Zeremoniell unter gediegener Atmosphäre und möglichst von französischer Konversation begleitend, zu sich genommen wird. Das Mobiliar ist an das aristokratisch ästhetische Empfinden angepasst, d.h. pompös und teuer, ebenso wie die Bediensteten. (vgl. Selle 1981, S.47)

2a. Das Frauenbild zur Jahrhundertwende

Das allgemein angesehene Frauenbild entspricht dem bürgerlichen Weiblichkeits-ideal, welches noch von Rousseau, Kant und Campe geprägt ist. Dieses Ideal stützt sich auf die „geistige Mütterlichkeit“, einem Begriff, der von Henriette Schrader-Breymann 1868 eingeführt wird (vgl. Kleinau/Mayer 1996, S.23). Mütterlichkeit wird als gesellschaftstauglicher Beruf gewertet. Damit ist die der Frau zugedachte Rolle bereits ausgefüllt: sie soll eine gute Mutter sein, sich um das Haus kümmern und eine pflichtgetreue Ehefrau sein, ganz so wie es in ihrer natürlichen Bestimmung liegt. Schließlich ist nach Rousseau die Frau von Natur aus dazu bestimmt, Mutter und somit auch Hausfrau zu sein (vgl. Rousseau 1998, S.9 ff.).

Die weiblichen anthropologischen Anlagen werden stets mit Schwäche gleichgesetzt und mit passiven, weichen Eigenschaften beschrieben. Dazu zählen Güte, Geduld, Mitgefühl, Bescheidenheit, Selbstlosigkeit, Selbstverleugnung, Schamhaftigkeit, Sanftmut, Sorgfalt, Sittlichkeit, Ordentlichkeit, Sparsamkeit, Fleiß, Freundlichkeit, Kinderliebe, Gefallensstreben, und nicht zuletzt Schönheit und Anmut. Weitere vom männlichen Geschlecht ihr zugewiesenen Charakterbestimmungen sind die Naivität, Kindlichkeit und Unwissenheit. Diese indoktrinierten Persönlichkeitsmerkmale berechtigen den Mann zur Formung seiner Ehefrau und fordern ihn geradezu auf. Bei diesem Erziehungsakt ist jedoch zu beachten, dass der Frau nicht zu viel Wissen zugetragen wird, denn dem Volksgeist nach verlangt übermäßige geistige Arbeit der körperlichen Anmut der Frauen zu viel ab. Darüber hinaus kann die geistige Beschäftigung zum Verlust des Verstand führen. Das äußert sich in erhöhter Nervosität, Überspanntheit und endet schließlich in der Geisteskrankheit.

Interessanter Weise wird diese Denkweise tatsächlich auch von den Frauen verinnerlicht und an die nachfolgende weibliche Generation weitergegeben, wodurch sie selbst zur Aufrechterhaltung dieser Farce beitragen: „Die selbe Dame warnt die Mädchen vor dem zuvielen Denken. Wer zuviel denkt, würde wie Nietzsche wahnsinnig“ (Dohm 1903, S.138).

Den Höhepunkt der öffentlichen Demütigung der Frau stellen die physiologischen Belegungsversuche der weiblichen Wesensdefinitionen dar. Der Nervenarzt

Paul J. Moebius treibt die Behauptungen auf die Spitze und versucht der Frau aufgrund schwächlicher Knochen und anderer kraftloser Organe, wie z.B. das zu klein geratene Gehirn, eine physiologisch fundierte Schwachsinnigkeit anzuheften.

Otto Weininger sympathisiert mit der Auffassung Moebius‘, jedoch beschreibt er das Weib nicht als schwachsinnig, sondern als „un-sinnig“ (Weininger 1903, S.343). Er veröffentlicht 1903 die psychologisch-philosophische Abhandlung Geschlecht und Charakter: Dieses Buch ist ein wahrer Fundus an einem Feuerwerk von regelrechtem Frauenhass. In höchst windigen und abstrakten Gedankengängen versucht sich Weininger eine Rechtfertigung für die öffentliche Demütigung der Frau zu schaffen. Das Hauptparadigma um das sich sämtliche Argumentationsstränge ranken, heißt: „Das absolute Weib hat kein Ich“ (Weininger 1903, S.240), mit der Begründung, dass das Weib „seelenlos“ (ebd. S.243) sei und ihm auch jegliche ontologische Merkmale eines Menschen fehlen, wodurch man auf das Vorhandensein einer Seele schließen könne.

Für Weininger steht somit fest: „Das Weib hat keinen Eifer für die Wahrheit“ (ebd. S.249), weswegen für das Weib auch keine Erkenntnis, keine Urteilsvermögen und kein Denken möglich ist (vgl. ebd. S.251). Darüber hinaus bezeichnet Weininger das Weib als tief verlogen (vgl. ebd. S.252) und „amoralisch und gemein“ (ebd. S.254). Lediglich „ihr Äußeres, das ist das Ich der Frauen“ (ebd. S.259). Wegen dem Fehlen eines Eigenwertes, der sich aus Persönlichkeitsmerkmalen beim Manne zusammensetzt, ist die Frau zum Objekt-Sein bestimmt (vgl. ebd. S.261, 267). Sie steht somit noch unendlich weit unter dem tiefststehenden Mann (vgl. ebd. S.342).

Weininger geht sogar soweit, dass er den Mangel an Wahrheitssinn der Frauen als Grund für deren eingebildeten Glauben an sexuelle Attacken von Männern ihnen gegenüber verwendet, um den Frauen somit eine Halluzination zu unterstellen (vgl. ebd. S.250). Wenn es zu sexuellen Handlungen kommt, entspräche das sowieso der Natur der Frau, denn „das Bedürfnis selbst koitiert zu werden, ist zwar das heftigste Bedürfnis der Frau, aber es ist nur ein Spezialfall ihres tiefsten, ihres einzigen vitalen Interesses, das nach dem Koitus überhaupt geht; des Wunsches, das möglichst viel, von wem immer, wo immer, wann immer, koitiert werde“ (ebd. S.349).

Der Koitus und die damit zusammenhängende Kuppelei sind somit die höchsten Werte der Frau (vgl. ebd. S.351 ff.).

Otto Weininger spricht den Frauen also nicht nur ausnahmslos alle menschlichen Wesensmerkmale ab, wie logisches Denken, Willensfreiheit, Sittlichkeit, Phantasie und soziales Verhalten, er rechtfertigt mit diesem Mangel auch die aggressive und sexuelle Gewalt gegenüber Frauen:

„Die Frau will nicht als Subjekt behandelt werden, sie will stets und in alle Wege – das ist eben ihr Frau-Sein – lediglich passiv bleiben, einen Willen auf sich gerichtet fühlen, sie will nicht gescheut noch geschont, sie will nicht geachtet sein. Ihr Bedürfnis ist vielmehr, nur als Körper begehrt, und nur als fremdes Eigentum besessen zu werden. (...) so gelangt das Weib zu seinem Dasein“ (ebd. S.391). „Wenn er [Mann] es [Frau] zu behandeln hat, wie es behandelt werden will, dann muß er es koitieren, denn es will koitiert werden, schlagen, denn es will geschlagen werden, hypnotisieren, denn es will hypnotosiert werden, ihm durch die Galanterie zeigen, wie gering er seinen Wert an sich [den Wert der Frau] veranschlägt; denn es will Komplimente, es will nicht an sich geachtet werden“ (ebd. S.449).

Die Objektbestimmung der Frau wird durch den Gebrauch des Pronomens „es“ semantisch klar hervorgehoben. Es verwundert nun nicht mehr, dass Weininger die Position des männlichen Geschlechts auch mit religiösen Symbolen in Verbindung bringt und mittels dieser den Platz von Mann und Frau im Universum erläutert: „Der reine Mann ist das Ebenbild Gottes, des absoluten etwas, das Weib (...) ist das Symbol des Nichts: das ist die Bedeutung des Weibes im Universum, und so ergänzen und bedingen sich Mann und Frau“ (ebd. S.398).

Der Lebenszweck der Frau ist nicht nur von Weininger, sondern von der gesamten Gesellschaft, auf die Mutterrolle reduziert und nun auch gesetzlich fixiert. Im §1 des Familienrechts heißt es, dass der Hauptzweck der Ehe die Erzeugung und Erziehung der Kinder sei.

Die Hausarbeit wird im übrigen nicht als Arbeit im eigentlichen Sinn verstanden, sondern als einen Ausdruck der Liebe zu Ehemann und Kindern interpretiert. Die Hausarbeit wird also zu einem Teil der weiblichen Natur modifiziert und entspricht dadurch der natürlichen Rolle der Frau. Auf diese Weise wird dieser Tätigkeitsbereich in das althergebrachte patriarchalische Gesellschaftsmuster eingefügt.

Diese vergesellschaftete Rolle der Frau wird den Mädchen von klein auf suggeriert und in ihrem Inneren verwurzelt. Somit wird die untergebene Frauenrolle zum kulturellen und individuellen Selbstverständnis, das unhinterfragt bleibt, denn die geschlechtsspezifischen Eigenschaften und Verhaltensweisen werden vorgelebt, erwartet und eingeübt.

Doch auf welche Anschauungen stützen sich die popularisierten weiblichen Wesensmerkmale? Die Grundannahme liegt in der Verschiedenartigkeit der Körperlichkeit von Mann und Frau. Dieses Faktum ist nicht von der Hand zu weisen, jedoch liegt es an den Werthaltungen der jeweiligen Gesellschaft, wie diese unterschiedliche Leiblichkeit interpretiert und ausgelegt wird. Die Negation der Weiblichkeit spricht folglich für die verhärteten patriarchalischen Strukturen im Deutschen Kaiserreich um die Jahrhundertwende. (vgl. Hahn 1982, S.13)

Von der differenten Körperlichkeit wird schließlich auf die unterschiedliche Entwicklung des Geistes geschlossen. Und da der weibliche Körper schwächer als der männliche ist, wird den Frauen auch ein schwächerer Geist zugeteilt und die Unfähigkeit diesen weiterentwickeln zu können.

Hinzu kommt, dass diese patriarchalische Anschauung mittels der „Natürlichkeit“ der Frauenrolle angepriesen wird. Es liege schlicht in der Natur des Weibes die ihr zugesprochene Rolle anzunehmen und gewissenhaft auszuführen. Die Natur wird in diesem Zusammenhang auch oft als das Göttliche ausgelegt, so dass die mütterliche und ehefräuliche Demutsrolle der Frau auch noch kirchlich abgesegnet ist. Das propagierte Weiblichkeitsideal ist somit von Gott gewollt und die Frau, die eine gute Christin sein will, die muss jene Rolle in ihrem Herzen verankern. Das Idealbild der Frau wird also als ihre Natur verkauft. Religion und Gesellschaft gehen hier konform, denn beide weisen der Frau den ihr vorbestimmten Platz zu und üben gleichzeitig die Kontrolle über ihren Geist und über ihr Leben aus.

Die Gesellschaft der Wilhelminischen Jahrhundertwende arbeitet mit sehr stark vereinfachenden und vor allem starren Denkschemata gegenüber den Geschlechtern. Diese Stereotypisierung wirkt subtil und weitgehend unbewusst auf die Menschen ein und liefert dabei gleichzeitig stark vereinfachte und nicht der Realität entsprechende Bilder, wodurch das Wesen des anderen Geschlechts natürlich weitgehend verzerrt wird.

2b. Die Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft

Frauen aller Gesellschaftsschichten müssen auf ihre bürgerlichen Rechte weitgehend verzichten und werden auf das „Mütterlichkeitsideal“ und die Heimgestaltung reduziert. Sie haben sich ihrem Mann unterzuordnen und das als naturgegeben anzunehmen, aus tiefster inniger Überzeugung und Freude. Dem Ehemann dagegen kommt die Unterschriftsberechtigung und die gesamte Vollmacht über beider Vermögen zu Gute. Im Gegenzug hat die Frau stets auf ihr angenehmes, passendes Äußeres zu achten, ihrer gesellschaftlichen Position angemessen, da sie die soziale Stellung ihres Mannes zu repräsentieren hat. (vgl. Pleticha 1984, S.104) Dabei sind Körperhaltung, Kleidung, Bewegung, Gestik und Ausdruck der Frau genauso wichtig, wie ihre gute Allgemeinbildung.

Es gibt somit keine, als eigenständige Person gesehene, Identifikation der Frau. Solange sie unverheiratet ist, steht der Ruf ihrer Familie für ihre Persönlichkeit. Heiratet sie, wird sie automatisch über das Ansehen ihres Ehemannes identifiziert. (vgl. Spieker, S.75)

Das Heim soll als Rückzugsort aus der autoritätsachtenden, streng gegliederten Klassengesellschaft für den Mann dienen. Nach einem rauhen Arbeitstag soll sich der Ehemann in seinem Zuhause als König fühlen und sich von seiner Gattin bedienen lassen.

Auch die Einführung des BGB ändert nichts an dieser eklatanten Situation. Die darin enthaltenen Gesetze sind von Männern für Männer gemacht, mit der Absicht das häusliche und gesellschaftliche Regiment weiterhin zu führen. So wird der Ehefrau kein Recht auf eigenes Vermögen zugeschrieben und die Abgabe des Eigennamens der Frau wird als selbstverständlich erachtet. Die Frau wird als Gehilfin des Mannes angesehen und immerhin für diese Rolle geachtet.

2c. Kindererziehung im Großbürgertum

Die Wilhelminische Epoche überschneidet sich mit der Zeit der Reformpädagogik. Das generelle Interesse für Erziehung und Bildung erwacht aufs Neue und wird in die tradierte und dennoch moderne Zeit der industrialisierten Welt hinein getragen. Die Erziehung zum Menschen, der seinen Beitrag zu einer funktionierenden Gesellschaft leistet, ist das pädagogische Paradigma der vorletzten Jahrhundertwende. Deswegen verkörpern die Kinder beiden Geschlechts das Ansehen der Familie innerhalb der Gesellschaft, in der sie sich bewegen. Aufgrund dessen gilt es ihnen beiderseits die angemessene Bildung zukommen zu lassen. Dennoch werden Knaben als Stammhalter von beiden Elternteilen bevorzugt behandelt, was zu einer frühzeitigen Unterdrückung der Mädchen in der patriarchalischen Gesellschaft führt. (vgl. Kößler 1979, S.33)

Jungen und Mädchen sollen auf die für sie vorgesehene Rolle in der bürgerlichen Gesellschaft bestmöglich vorbereitet werden, wobei ganz klare geschlechtsspezifische Vorstellungen und Regeln herrschen, wie Knaben und Mädchen zu sein haben und wie sie dementsprechend zu erziehen sind.

Der besondere Luxus der Kinderzeit des Großbürgertums besteht darin, den Kindern tatsächlich Zeit für sich geben zu können. Diese Zeit beinhaltet überhaupt eine Phase der Kindheit erfahren zu können, da der Begriff „Kindheit“ einen Freiraum und Schonraum impliziert. Außerdem wird den Kindern gewährt, sich im Kleinkindalter kindgerecht zu entwickeln, d.h. spielen, entdecken und lernen zu dürfen. Hinzu kommt die ihnen zugestandene Privatsphäre, die sich in eigenen Kinderzimmern zeigt. Zweifelsohne können sich diese Verwirklichung des privaten Raumes ausschließlich gut betuchte Familien leisten.

Spielzeug dient ebenfalls schon als Instrument für das frühzeitige Einüben der genuinen Bürgertugenden. Mädchen sollen ihre mütterlichen Instinkte und hausfraulichen Pflichten im Spiel mit Puppen ausprobieren.

(vgl. Fuchs 1997, S.119)

Mittels Lob und Tadel werden die Geschlechter ihren natürlichen Bestimmungen nach geformt. Mädchen erhalten höchste Anerkennung für damenhaftes, weibliches Verhalten, aber auch schärfste Strafe für männliche Eigenschaften, wie z.B. Eigensinn zeigen. (vgl. Seebeck 1916, S.194)

Als höchstes Glück in der Mädchenerziehung gilt es, wenn sich die sorgsame Mütterlichkeit z.B. im Puppenspiel klar herauskristallisiert. Das Kind imitiert das mütterliche Verhalten und im besten Falle identifiziert es sich mit dieser Rolle. Die adäquaten Verhaltensweisen werden belohnt, nicht mit der Weiblichkeitsnorm übereinstimmende Verhaltensmuster werden bestraft. Rollenkonformes Präsentieren wird folglich positiv von der sozialen Umwelt des Kindes bewertet, abweichendes Verhalten negiert. Die hier erzieherisch tätigen Erwachsenen, sind die Amme, die Gouvernante, die Verwandten und die Eltern. Bei der Mädchenerziehung ist jedoch vorwiegend die Mutter für die gediegene Erziehung zuständig. Die Erziehung des Sohnes wird dagegen auch vom Vater aufmerksamer und aktiver verfolgt.

Körperliche Gewalt verschwindet im Zuge der Reformpädagogik zwar zunehmend aus der bürgerlichen Erziehung, jedoch dürfen die äußeren Rahmenzwänge der Gesellschaftsschicht nicht vergessen werden. Ihnen kann sich kaum einer entziehen, schon gar nicht die heranwachsenden Mädchen. Zusammen mit diesen äußeren Zwängen erzeugen die Erziehungsmittel der tadelnden Ermahnung und das Suggerieren der weiblichen Minderwertigkeit eine internalisierte Schuldhaftigkeit, die das Mädchen nun fortwährend zu sühnen versucht. Sie wird aufgrund der anerzogenen Unterwürfigkeit sich stets unzureichend fühlen und diesen Zustand auch noch als selbst verschuldet wahrnehmen, obwohl diese Selbstvorwürfe nicht schicksalshaft unveränderlich sind, sondern von der aristokratisch patriarchalischen Gesellschaft gewollt und gesteuert sind.

Zum Tenor der Kindererziehung in den oberen Gesellschaftsschichten zählt nicht nur die geschlechtsspezifische Unterweisung, sondern ebenso das Antreiben zur Bildungsaneignung und zur Verinnerlichung der Arbeitsliebe. Pflichten sachgerecht und verantwortungsbewusst auszuführen, soll ihnen von frühsten Kindesbeinen an, angewöhnt werden. Nur durch die Einübung von Fleiß, Tätigkeit, Ordnung, Disziplin und Pünktlichkeit kann die Standeserhaltung und somit die bestehende Abgrenzung zu den unteren Gesellschaftsschichten bewahrt werden.

(vgl. Fuchs 1997, S.66 f.)

Für die Mädchen bedeutet dies insbesondere das disziplinierte Umgehen mit handarbeitlichen Pflichten, die zügig und ordentlich getätigt werden sollen. Der bei dieser Ausübung von dem bürgerlichen Stand geforderte Anmut spiegelt sich in der Überhöhung der sexuellen Reinheit. Exakt und sauber getätigte Handarbeiten werden als Zeugnis einer unberührten Körperlichkeit von der Gesellschaft angesehen und gewertet. Durch die regelmäßige und ausdauernde Ausführung von Handarbeiten, wie etwa Stricken, Nähen, Häkeln, Sticken etc., soll folglich der Geist diszipliniert und kontrolliert werden. Phantasie oder gar sexuellen Vorstellungen und sonstigen Trieben wird keinerlei Raum gewährt. Neben dieser psychischen Kontrollfunktion erzwingen dererlei Arbeiten auch die körperliche Selbstbeherrschung. Stundenlanges Stillsitzen und eintönige Handbewegungsabläufe werden geduldig zu ertragen gelernt. (vgl. Fuchs, S.86 f.)

Die Erziehung der bourgeoisen Sprösslinge dient folglich dem Erhalt der hierarchischen Ordnung im Deutschen Kaiserreich, weswegen ihr eine solch sorgsame, penible und strikte Einhaltung von der bürgerlichen Familie zu Teil wird.

Allen Erziehungsbausteinen liegt der Gehorsam den Eltern bzw. der Erzieher gegenüber zu Grunde. Dieses fortwährende Anhalten des Kindes zur Gehorsamkeit, ist der Eckpfeiler zur autoritätsdurchtränkten Unterordnungsmentalität in der Gesellschaft des Deutschen Kaiserreichs. Für Mädchen gilt das allerdings nicht nur für die Gesellschaft, sondern gleichermaßen für die Familie. Für sie gilt es, nicht nur die gesellschaftlichen hierarchischen Strukturen als etwas Natürliches anzusehen, sondern auch die Autorität ihrer zukünftigen Ehemänner unkritisch anzuerkennen. Nur über den Gehorsam ist es möglich zu kontrollieren, regulieren und auch zu unterdrücken. Sei es im größeren Sinne innerhalb der gesellschaftlichen Strukturen, oder sei es innerhalb eines einzelnen Menschen.

Der kindliche Eigensinn zum Ungehorsam muss folglich bald möglichst gebrochen werden. Dazu bedient man sich einiger favorisierter Erziehungsmittel, die nicht nur den höfischen Drill und distanziertes künstliches Benehmen stärken, sondern eben bis in die tiefe Kinderpsyche dauerhaft hineinwirken. Die dabei verwendeten Strafmechanismen gehen immer mehr von der Prügelstrafe weg und wenden sich zu den neu aufkommenden seelischen Strafen zu, wie etwa dem Liebesentzug. Die auf die Psyche abgezielten Strafen gelten in den höheren Kreisen als die wirksameren Peinigungen und vor allem als geziemtere Methoden. Dennoch gelten Schläge als gebilligtes Mittel, um den gewünschten erzieherischen Effekt beim Kind zu erzielen und zwar in allen pädagogischen Bereichen. Dazu zählen das Elternhaus ebenso wie die Schule. (vgl. Hardach-Pinke 1981, S.190 ff.)

In das Metier der psychischen Strafen gehört die besondere Art der Elternliebe zur Wilhelminischen Zeit. Kinder streben nach dem Besitz der elterlichen Liebe, die sich in Form von Stolz und materiellen Geschenken zeigt. Auch das Anmelden auf einer besser angesehenen und damit teureren Schule, ist ein gesellschaftlich anerkanntes Ausdrucksmittel für elterliche Zuneigung gegenüber ihren Sprösslingen. Wer meint also besonders wohl geratene und kluge Kinder zu haben, der schickt sie auf besonders kostspielige Privatschulen oder Internate, um den familiären Habitus zu repräsentieren. (vgl. Hardach-Pinke 1981, S.177)

Eine weitere Funktion des konservativ strengen Erziehungskanons ist es, die tabuisierte Sexualität zu kanalisieren und zu kontrollieren. Mittels der vollen Konzentration auf das rationale, pflichtbewusste und exakte Erfüllen der gesellschaftlich geforderten Normen sollen sämtliche Triebe und Affekte der heranwachsenden Kinder zu diesem Zwecke umgeleitet werden. Den Kindern, insbesondere den Mädchen, soll sozusagen die sexuelle Energie umgeleitet und modelliert werden, um mit dieser umgeformten Kraft etwas sinnvolles für die Gesellschaft und dadurch für ihr eigenes Ansehen zu tun. (vgl. Fuchs 1997, S.63 ff.)

Das angestellte Personal in einem bürgerlichen Haushalt gilt dabei als besonders gefährdend für die Kinder, da das Gesinde als sexuell schmutzig angesehen wird. Aus diesem Grund wird dem Kind der Umgang mit diesen Dienstboten und anderen Menschen niederer Gesellschaftsschichten untersagt.

(vgl. Fuchs 1997, S.62)

Eltern die einen ganz rigiden entsexualisierenden Erziehungsstil verfolgen, lassen ihre Kinder nicht einmal an Kindergruppen zum gemeinsamen Spielen teilhaben, da sie unsittliche Verhaltensweisen bei anderen Kindern vermuten. Aus diesem Grunde wird besonders auf den Umgang mit ebenbürtigen und vor allem gleichgeschlechtlichen Spielgefährten aus der höheren Gesellschaftsschicht geachtet. (Hardach-Pinke 1981, S.224 f.)

Diese Verhaltensweise läuft nahtlos in das Prinzip der Sauberkeit und Reinlichkeit ein, das besonders für die Mädchen gilt. Der Methode liegen nicht nur äußerliche Reinheit zugrunde, sondern vielmehr ist die innere und körperliche Unbeflecktheit damit umschrieben. Das Mädchen soll schön und rein in ihrer Seele sein, worunter alle Wesensmerkmale der Weiblichkeitsideale fallen. Ebenso muss sie tadellos auf ihre leibliche Unschuld bedacht sein:

„Eine Tochter soll z.B. erfahren, daß sie ihren Leib in seiner Unschuld ihrem zukünftigen Manne schuldig ist, und daß wenn sie ihre Unschuld verliert, sie nichts mehr wert ist und kein natürliches und kein göttliches Recht mehr hat, eines anderen Mannes Weib zu werden“

(Közle 1900, S.8 f.).

Gutes Benehmen, Disziplin, Formen und Manieren sind die pädagogischen Aushängeschilder der bürgerlichen Erziehung. Sie sind die elementarsten Bausteine der Wilhelminischen, zwanghaften Selbstdarstellung. Ästhetisches Empfinden und verfestigende gesellschaftliche Ritualisierung des alltäglichen Lebens, knüpfen an die streng geregelten Erziehungswerte an.

2d. Mädchenleben in der Bourgeoisie

Mädchen, deren Familien den höheren Ständen im 19.Jahrhundert zugerechnet werden, wachsen im elterlichen Haus wohl behütet mit ihrer Amme oder Gouvernante auf. Eine Gouvernante für die töchterliche Erziehung zu engagieren, gehört zum guten Ton in der gehobenen Gesellschaft. Zeitweise (ab 1860) ist es sogar gutgeheißen, die Mädchen in Fröbel‘sche Kindergärten zu schicken, die privat organisiert und finanziert sind. (vgl. Kleinau/Opitz 1996, S.26)

Jedoch geht diese Ära schnell nieder und die häusliche Erziehung mit Hilfe einer Amme und Gouvernante setzt sich durch. Die Mädchen sollen möglichst lange im Elternhaus erzogen und unterrichtet werden, wofür eine Gouvernante oder ein Privatlehrer herangezogen wird.

Zweck ist es, die ihnen zugedachten späteren frauentypischen Aufgaben, bereits perfekt aufgenommen und verinnerlicht zu haben. Dazu gehören Pflege des Haushalts und der Familie, und natürlich das Verrichten von Handarbeiten. Die höheren Töchter sollen ganz auf die Innenwelt ihres häuslichen Territoriums vorbereitet und gelenkt werden. Das beinhaltet nicht nur die typischen Koch-, Back-, Putz- und Handarbeiten, sondern auch die inneren Prozesse des Menschen. Sie sollen ihr frommes Gemüt und ihr Herz veredeln, so dass sie imstande sind, sich dementsprechend um die geistige und körperliche Pflege ihres Ehemannes und ihrer Kinder zu kümmern. „Die Frau verbreitet über ihre ganze Umgebung den Geist der Milde, Ordnung und Grazie, und erfüllt so die Sendung des Weibes im wahren und edlen Sinne des Wortes“ (Hahn 1982, S.32).

Die Sauberkeitserziehung ist eine grundlegende Dressur des Mädchens „sich selbst und alles, womit sie zu tun hat, rein zu erhalten. Ihr Körper bleibt ihr so notwendig fremd, gleichzeitig soll sie ihn aber ‚beherrschen‘ lernen“

(Kößler 1979, S.34).

Der hier aufgenommene Drill schlägt sich auch in der Mode für Mädchen nieder. Mit Schnürleibchen werden schon die kleinsten Mädchen buchstäblich in die Rolle der feinen Damen hineingezwängt. (vgl. Fuchs 1997, S.104) Das eng geschnürte Mieder kann sogleich als ein Sinnbild für die Einschnürung des Charakters, die Verkrüppelung der seelischen und geistigen Anlagen hergenommen werden.

Der auf dem häuslichen Erziehungskanon aufbauende Besuch einer höheren Töchterschule vollendet die rollenfixierende Mädchenerziehung.

Die höhere Töchterschule entspricht dem mittleren Schulwesen, das neun Stufen umfasst und die Vorschule miteinschließt. Das Schulalter der Mädchen beträgt das sechste bis sechzehnte Lebensjahr, je nach Austritt. Es kann kein Abschluss erworben werden, da die Mädchenschulen privaten Trägern obliegen und nicht mit den staatlichen Gymnasialschulen für Knaben verglichen werden können. Die Kommunen sind also für den Gruppenunterricht in der Standesschule verantwortlich.

Die Lehrpläne sind auf das häusliche Tätigkeitsfeld ebenso ausgerichtet, wie auf das Bewegen in feiner Gesellschaft und den für Frauen üblichen, von der Gesellschaft geduldeten Berufen, wie etwa der Schneiderin, Lehrerin, Kindergärtnerin usw.. Hausarbeit und Handarbeit fördern die ehelichen und hausfräulichen Qualitäten, wobei Mathematik und Naturlehre die Haushaltsführung, Koch- bzw. Versorgungskünste und Umgang mit den finanziellen Mitteln schärfen sollen. Deutsch, Literatur, Geschichte, Französisch dienen für die Gewandtheit in gesellschaftlicher Kommunikation, um den sozialen Status zu wahren. Tanz-, Musik-, Malerei- und Anstandsunterricht runden den ästhetischen und schöngeistigen Bildungsfächer neben der Literatur ab und sind der Garant für ein erfolgreiches Bestehen in der höheren Gesellschaft.

Ab 1905 steht Turnunterricht zur Stärkung der weiblichen körperlichen Ästhetik und Anmut und zur Vervollkommnung des weiblichen Geistes, der von Frische, Gesundheit, Selbstbeherrschung, Verträglichkeit, Gemeinsinn und Hilfsbereitschaft getragen werden soll, auf dem wöchentlichen Programm.

(vgl. Kleinau/Opitz 1996, S.91)

Abermals liegt die Akzentuierung auf den allseits gepredigten weiblichen Tugenden. Der direkte Bezug zur Praxis bleibt dennoch im Hintergrund, denn auf die natürliche Berufung der Frau zur Mutter wird nicht voll eingegangen, wie anhand des Fehlens eines Faches wie „Erziehung von Kindern“ oder „Haushaltsorganisation“ kenntlich wird. Dagegen nimmt im Zuge des wirtschaftlichen und industriellen Umschwungs die Vorbereitung zur Berufsergreifung einen deutlicheren Standpunkt ein, der die schöngeistigen Fächer in ihrer Präsenz etwas verblassen lässt. Im Anschluss an die höhere Töchterschule kann ein Lehrerinnenseminar besucht werden, das immerhin zur alleinigen Lebensbestreitung und finanzieller Versorgung befähigt. Dennoch kann nicht geleugnet werden, dass das Curriculum der höheren Töchterschulen auf die weibliche Eigenart zugeschnitten ist und mittels dieser oberflächlichen Wissensvermittlung die gesellschaftlich bedingten Geschlechterrollen weiterhin bestätigt, anstatt ihnen entgegen zu wirken:

„Das vermittelte Wissen und die Art der Aufbereitung boten die beste Grundlage für die Heranbildung von reizenden Geschöpfen, die über alles reden konnten, aber nichts richtig verstanden. Die reduzierte Wissensvermittlung barg die Möglichkeit, den weiblichen Charakter in vieler Hinsicht in die gewünschte Form zu bringen“ (Spieker 1990, S.85).

Private Mädchenschulen, die sich für Charakter- und Intelligenzbildung der Mädchen verpflichtet fühlen, sind in der Minderzahl. Größtenteils bedienen sie sich herkömmlichen Klischees und konservativen Konventionen.

Aufgrund der sich durch das 19.Jahrhundert ziehenden Kämpfe, Kriege und Unruhen gibt es schon jetzt einen deutlichen Frauenüberanteil in der Bevölkerung, so dass eine tadellose Erziehung immer wichtiger wird, um einen standesgemäßen Versorger, nach Beendigung der höheren Töchterschule, für das Mädchen zu finden. Mangelnde Schönheit wird versucht mittels ausgezeichnetem tugendhaften Verhalten und einer gehobenen Erziehung und Bildung zu kompensieren. Die Konkurrenz wird durch den weiblichen Überschuss härter, jedoch will die gesellschaftliche Stellung des bürgerlichen Mädchens auch in ihrer Zukunft gesichert sein. Die Heiratschancen aber sinken, da die wirtschaftliche Lage sich auch in den höheren Ständen verschlechtert. Aus diesem Grund muss auch das bessergestellte Bürgertum auf eine entsprechende berufliche Vorbereitung und Ausbildung für ihre Töchter bestehen, um die standardgerechten Lebenserhaltungskosten weiterhin tragen zu können. Sei es um für eine alleinige Existenz gerüstet zu sein oder den Ehemann einmal im Geschäft helfen zu können, und so den Status ihres Mannes und somit auch den ihrigen absichern zu können. Folglich ist eine bestmögliche Erziehung der höheren Töchter unausweichlich. Die Erziehungskomponenten orientieren sich dabei selbstverständlich an dem gängigen Weiblichkeitsideal.

Den Töchtern aus dem Mittelstand und Kleinbürgertum soll die Erziehung zu den weiblichen Tugenden ebenfalls zukommen, allerdings fehlt in diesen Schichten das Geld um eine Gouvernante bezahlen zu können. Die Mütter bemühen sich folglich selbst um die bestimmungsgemäße Aufzucht und Unterweisung ihrer Töchter.

Es ist so wichtig einen gut situierten Ehemann für die Töchter zu finden, da es sich im höheren Bürgertum für Frauen trotz allem nicht schickt, öffentlich einen Beruf auszuführen. Schließlich gilt Frauenarbeit als ein Zeichen von Armut, wovon es sich abzugrenzen gilt. Die bürgerlichen Wunschvorstellungen liegen hier also weit entfernt von der wirtschaftlichen Realität.

Für mittelständische Frauen gehört die Arbeit meist auch nach der Heirat zum Alltag, wenn sie auch heimlich ausgeübt wird, in Form von Heimarbeit, weil es auch bei diesem Status nicht zur vornehmen Fassade gehört, als Ehefrau arbeiten zu gehen. Jedoch bleibt ihnen aus finanziellen Gründen oft nichts anderes übrig. (vgl. Kleinau 1987, S.23)

Für diese Notfälle und die verdrängte, aber in der Realität existierende Katastrophe keinen Ehemann ergattern zu können, werden die Töchter des Bürgertums auf die höheren Töchterschulen geschickt. Zum einen hat die höhere Töchterschule also die tragende Rolle eine bessere, wenn auch oberflächliche Allgemeinbildung weiterzugeben und dadurch die Chance auf eine Heirat zu verbessern, und zum anderen muss sie der berufsvorbereitenden Aufgabe gerecht werden. Die höhere Töchterbildung ist somit für den Erhalt des Familienstatus unumgänglich.

Die Zeit nach dem Lyzeeum wird oftmals als Wartezeit betitelt, in der für die jungen Mädchen nun die Zeit beginnt auf einen Verehrer zu hoffen. Dieser quälende Zeitraum wird als verschwendete Lebenszeit angesehen, da sich die höheren Töchter mit allen möglichen bedeutungslosen und langweiligen Aufgaben beschäftigen müssen. Freizeit bis zum Überfluss und ein unproduktives Dasein schleppen sich nur schwerlich vorwärts. Oft wird diese Zeit mit einem untätigen Dahindämmern beschrieben, das sich in Selbstzweifeln, einem Gefühl der Unausgefülltheit und der Zeitvergeudung äußert. Der Schein soll aber gewahrt werden und die Mädchen einen fröhlichen fleißigen Eindruck nach außen hin hinterlassen. Zu diesem Zwecke werden sie mit häuslichen Aufgaben versehen.

(vgl. Spieker1990, S.72)

Öfters wird dieser Zeitraum allerdings als Pensionszeit genützt, in der die Mädchen zu meist verwandten Familien geschickt werden, aber auch in Internate oder in der eigenen Familie ein Jahr lang verweilen, um sich in Tätigkeiten der Haushaltsführung zu vervollkommnen. Die Veredelung der weiblichen Bestimmung wird von Mentona Moser als „finishing touches“ beschrieben (Moser 1903, S.4). Die Mädchen sollen in jener Pensionszeit die Metamorphose zur gereiften, gesellschaftsfähigen jungen Dame durchleben.

Neben der Pensionszeit bzw. des hauswirtschaftlichen Jahres zu Hause, gibt es noch die Möglichkeit der an das Lyzeeum anknüpfenden Gymnasialkurse für die dann sechzehn- bis einundzwanzigjährigen Mädchen. Das Lehrerinnenexamen kann in diesen Institutionen absolviert werden, welches auch gerne beansprucht wird.

Die geordneten und nach festen gesellschaftlichen Regeln funktionierenden Lebensabschnitte sind für die Mädchen im ausgehenden 19. Jahrhundert bindend. Sie lassen kaum Geist und Kraft für Veränderungen der Bildungs- und Lebenswelt zu, da die strengen und vor allem männlich gefärbten Attitüden des Bürgertums unumstößlich geltend sind. Verflochten mit den in den Köpfen der Bürger verfestigten Rollenbildern des aktiven rationalen Mannes und der passiven emotionalen Frau, sind die Bahnen der geschlechtlichen Erziehung starr und unausweichlich. Die heranwachsenden Mädchen haben kaum eine Chance sich diesem Druck und diesen Sichtweisen zu entziehen und müssen ihren Verstand und Intellekt weitgehend regelrecht verkümmern lassen.

3. Alltag des Kleinbürgertums, der Bauern und Arbeiter

Im Laufe der Industrialisierung kommt es zur Landflucht und Expansion der Großstädte. Die Bauern fliehen vom Land in der Hoffnung Arbeit zu finden. 1871 leben noch zwei Drittel des deutschen Volkes in ländlichen Gemeinden, 1913 dagegen findet man die Zweidrittelmehrheit in den Städten (vgl. Born 1964, S.13). Sie bilden eine neue Gesellschaftsschicht, die Arbeiterklasse.

Die Arbeiter finden sich in eigens für sie konzipierten Wohnungsvierteln, die von den Industrieverbänden geschaffen werden. Die Wohnverhältnisse sind dennoch stark beengt, es mangelt an hygienischen Einrichtungen und die Mieten sind horrend hoch. Um 1900 beträgt der monatliche Mietpreis ein Drittel des durchschnittlichen Einkommens ebenso wie die Nahrungsmittel (vgl. Bemmerlein 1985, S.91).

Dabei ist es üblich mit bis zu sechs Personen, die entweder familiärer Abstammung oder fremde Arbeiter sein können, in einem Zimmer einer solchen typischen Mietsbaracke im Armutsviertel zu hausen. (vgl. Pleticha 1984, S.123)

Das bedeutet, dass in einem Raum zusammen gearbeitet und geschlafen wird, immer mehrere Personen in einem Bett.

„So waren wir vier Personen in einem kleinen Raum, der nicht einmal ein Fenster hatte, sondern das Licht nur durch die Fensterscheiben erhielt, die sich in der Tür befanden. Als einmal ein bekanntes Dienstmädchen stellenlos wurde, kam sie auch zu uns, sie schlief bei meiner Mutter im Bett und ich mußte zu ihren Füßen liegen und meine eigenen Füße auf einen angeschobenen Stuhl lehnen“ (Popp 1922, S.12).

Der Verdienst eines Fabrikarbeiters reicht kaum noch um sich über dem Existenzminimum zu halten.

Das Elend der Arbeiter wird durch den harten Konkurrenzkampf der Fabriken noch verstärkt, da dieser Wettbewerb zu einer Absenkung des Lohnniveaus führt. Besonders schlimm trifft es die Textilindustrie, die im 19. Jahrhundert die größte Beschäftigungszahl aufweist. Aufgrund der rapiden Mechanisierung wird überproduziert, was einen Preisverfall der Textilien nach sich zieht. Das wiederum hat die Entlassung zahlreicher Arbeiter und vor allem Arbeiterinnen zur Folge, denn die Textilbranche ist die neue Domäne der armen Frauen und Mädchen.

Wer eine Arbeit hat, nimmt in Kauf eine neunzig Stundenwoche ohne Arbeitspausen zu absolvieren. Auch für Kinder, die arbeiten, heißt es ab früh um sechs Uhr bis abends um acht Uhr in der Fabrik zu stehen und anschließend in der Nacht mit Heimarbeit ein Zubrot zu verdienen. Einen Ausgleich, wie etwa freie Tage, gibt es nicht. Im Gegenteil, es werden auch lange Anmärsche als selbstverständlich erachtet. Um menschliche Arbeitsbedingungen schert sich folglich niemand. Die industriellen Kapitalbesitzer kümmern sich nicht um die Gesundheit ihrer Arbeit-

nehmer, da schließlich genügend Nachschubpotential vorhanden ist und die Arbeiter sind froh, überhaupt etwas Geld zu verdienen. (vgl. Bemmerlein 1915, S.92)

3a. Mädchenleben im Proletariat

Frauen und Kinder sind gezwungen sich Arbeit zu beschaffen, auch wenn sie für gleichwertige Arbeit nur die Hälfte des Männerlohns erhalten. Das allgemeine Elend und die extrem hohen Lebenserhaltungskosten in den Städten tragen dazu bei, dass jede Arbeit, sei sie auch noch so hart und schlecht bezahlt, dankbar angenommen wird: „Was sich nur bot, arbeiteten wir, um nicht der Not zu erliegen“ (Popp 1922, S.94).

Auf dem Land müssen die Frauen die landwirtschaftlichen Aufgaben ihrer Ehemänner mit übernehmen, da die meisten Männer in die vorhergehenden innerdeutschen Kriegsdienste einberufen worden sind

Mädchen sind von diesen Aufgaben natürlich nicht ausgeschlossen. In der Regel beginnt ein proletarisches Mädchenleben entweder unter der Obhut einer Bewahranstalt oder mit ihren Geschwistern auf sich gestellt zu Hause (vgl. Kleinau/Opitz 1996, S.26). Wenn sie das Glück haben nicht von frühesten Alter an in eine Fabrik gehen zu müssen, ist es ihnen genehmigt eine Volksschule zu besuchen, die meist koedukativ und auch stufenübergreifend geführt wird. Mangels finanzieller und räumlicher Mittel ist es in den Armenschulen nicht möglich, ausreichend qualifizierte Lehrer anzustellen. Genauso wenig wie den verschiedenen Alters- und Bildungsstufen angepasste Lehrinhalte ausgearbeitet und vermittelt werden können. Das Auswendiglernen von religiösen Versen ist oberstes Gebot, ebenso wie auf handarbeitlichen Fertigkeiten besonderen Wert gelegt wird. „Stricken, Stopfarbeiten, Nähen mit der Maschine, Nähen mit der Hand, Flicken, Sticken und Häkeln“ machen den Volksschullehrplan für Mädchen im Wesentlichen aus (Kleinau/Opitz 1996, S.89).

Dabei gilt zu beachten, dass diese Art der Ordnungssinn-, Sauberkeits- und Sorgfaltsförderung frühzeitig und in allen Formen der Mädchenschulen als Prämisse gehandelt wird. Die übergeordnete Rolle der Haushaltsführung gilt somit in den armen Volksschulen, als auch in den höheren Töchterschulen. Ebenso maßgebend ist die Vermittlung von Hauswirtschaftslernstoffen.

Die Mädchen der siebten und achten Jahrgangsstufe sollen in der Haushaltsorganisation tüchtig werden und mit möglichst wenig finanziellen Mitteln schmackhaftes und nahrhaftes Essen auf den Tisch bringen. Dies beinhaltet das Erlernen von Nährwertangaben, der Qualitätsunterscheidung von Produkten, biologisch-physiologische Kenntnisse und Obst-und Gartenbaukunde. Darüber hinaus werden pragmatisch-soziale Tätigkeiten eingeübt, wie etwa Kranken- und Gesundheitspflege. (vgl. Kleinau/Opitz 1996, S.89 f.)

Somit sollen sämtliche rollenspezifische Arbeitsaufgaben der heranwachsenden Mädchen in allen Gesellschaftsschichten gleichermaßen abgedeckt sein und dadurch auch zur Egalisierung des Proletariats an das Kleinbürgertum beitragen.

Ein Beispiel für die Notdürftigkeit von Elementarschulen sind die Fabrikschulen, in denen die Kinder der Arbeiterinnen abgegeben werden. Hier ist es sogar üblich, dass ein Lehrer bis zu 100 Schüler zu betreuen hat. (vgl. Pleticha 1984, S.126)

Die Volksschule stellt in der bildungsgeschichtlichen Entwicklung der Arbeiterkinder den meist einzigen Teil dar, denn um 1911 sind in Preußen 93,5% aller Kinder lediglich Volksschul-gebildet. (vgl. Pleticha 1984, S.126)

Häufig tritt allerdings auch der Fall ein, dass die Kinder von der Schulpflicht durch ihre Mütter befreit werden und so mehrmals für längere Zeit in der Schule fehlen. Vor allem auf dem Land ist dieses Vorgehen üblich, da die Kinder den Sommer über in die Landwirtschaft eingespannt werden und aufgrund dessen nur im Winter die Schule besuchen können. Jede Fehlzeit ist durch die Erwerbsnotwendigkeit begründet und gerechtfertigt. Unter den Landschulen muss man sich recht provisorische Räume vorstellen, die in den Hinterräumen, also den letzten Winkeln von Handwerksstätten zu finden sind. Deswegen nennt man sie auch „Winkelschulen“.(vgl. Hardach-Pinke 1981, S.87 ff.)

In sämtlichen Volksschulen weht ein rauher Ton, der von den meist unqualifizierten Lehrkörpern mit Schlägen, Demütigungen, Stillsitzen und sturem Auswendiglernen repräsentiert wird. (vgl. Hardach-Pinke 1981, S.90)

Vor Verwahrlosung und auch Prostitution kann diese verzweifelte bildungsunterstützende Maßnahme kaum schützen. Durch die hohe Arbeitslosenquote wird das soziale Elend der Arbeiterfamilien immer schlimmer und zahlreiche Männer stürzen sich in den Alkoholismus, um den trostlosen Alltag erträglicher zu machen. Das begünstigt jedoch nur, dass sich die Elends-Spirale weiter dreht und die Verantwortung für die Familie nun alleinig auf den Schultern der Ehefrauen lastet. Sie sind bereits der Dreifachbelastung ausgesetzt: ihre Kinder zu erziehen, den Haushalt zu führen und täglich elf Stunden in einer Fabrik zu schuften. Doch jetzt reicht selbst das nicht mehr zum Überleben. Spätestens an diesem Punkt sind Söhne und Töchter gefordert für einen kleinen und vor allem ungerechten Lohn arbeiten zu gehen. Mit neun Jahren ist es offiziell erlaubt in eine Fabrik arbeiten zu gehen, für zehn Stunden am Tag, mit maximal 90 Minuten Pause. (vgl. Bemmerlein 1985, S.92) Älteren Töchtern wird nahegelegt ihre Körper zu verkaufen, da das aufkommende Schlafburschenwesen diese Möglichkeit forciert.

Zum „Frauenschutz“ soll laut einer Rede des Kaiser Wilhelms II. aus dem Jahre 1890, die Nachtarbeit für Frauen und Kinder verboten werden, ebenso wie der Mutterschutz in den letzten drei Wochen der Schwangerschaft und den ersten drei Wochen nach der Entbindung in Kraft tritt (vgl. Pleticha 1984, S.41).

Für Mädchen des Proletariats gibt es folglich keine erfreulichen Zukunftsaussichten, denn an eine Heirat im bürgerlichen Sinne zu denken, ist hier weit von der Realität entfernt. Wenn es zu einer Eheschließung kommt, dann entweder weil schon eine uneheliche Schwangerschaft im Gange ist oder ausschließlich zum Zwecke des Kindergebärens und der damit verbundenen Altersvorsorge. Deshalb gibt es in den Arbeiterfamilien stets eine große Kinderzahl. Das verlangt der Frau natürlich eine enorme körperliche, aber auch psychische Belastung ab. Hinzu kommt das schonungslose Alltagsleben als Ehefrau und Arbeiterin, was zu einer hohen Sterberate im relativ jungen Alter der Frauen führt. Der Witwer aber heiratet meist noch ein zweites und wenn es nötig ist, auch noch ein drittes Mal, wodurch die Kinderanzahl innerhalb dieser zusammengewürfelten Familien steigt. Die eh schon miserable Wohnsituation ist folglich noch katastrophaler. Im Zuge dessen sind die Kinder gezwungen, so früh wie möglich auszuziehen, womit der Kreis der ausweglosen Nötigung zur Kinderarbeit geschlossen wäre.

Aber auch der Tod des Vaters bedeutet eine enorme Verschlechterung der sozialen Lage der restlichen Familie. Die Witwen sind nun auf Almosen und die Hilfe von Verwandten angewiesen, genauso wie nun die Kinder noch mehr gefordert sind erwerbstätig zu sein. Dieser erschwerte Kampf ums Überleben ist manchmal kaum zu bewältigen, so dass die Kinder weggegeben werden, um überhaupt irgendeine Chance auf Existenz zu erhalten (vgl. Hardach-Pinke 1981, S.57).

Perspektivlosigkeit, Ausbeutung und Unterwerfung sind maßgebend für das Leben eines Arbeitermädchens. Nicht nur, dass ihr so gut wie überhaupt keine Bildung zuteil wird, es wird aufgrund dieser Rahmenbedingungen auch nicht möglich sein, einen Ausweg aus diesem ganzen Elend zu finden. Zu sehr spielen In-dustrie, Gesellschaftsbilder, Geschlechtsstereotype, Alltagsfakten und Überlebensnotwendigkeiten zusammen, gegen eine freie geistige Entwicklung des Mädchens.

Kinderarbeit von frühester Kindheit an, die vor schweren körperlichen Verrichtungen nicht halt macht und eine strenge, meist bitterliche häusliche Erziehung, prägen das Lebensbild dieser Kinder.

Die SPD- Genossin Adelheid Popp stammt aus dem Proletariat und hat ihre Kindheit als Zeitzeugnis schriftlich verfasst. In Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin, berichtet sie von der Lieblosigkeit ihrer Mutter, ihrem brutalen Vater und von der Trostlosigkeit und Verzweiflung des alltäglichen Ringens um das nackte Überleben. Das in der vierten Auflage von 1922 enthaltene Vorwort, ist von August Bebel 1909 geschrieben und erläutert die Kindheitsgeschichte der Adelheid Popp, die für alle Arbeiterkinder stehen kann, treffsicher:

„Ihre Kindheit bringt sie in einem Raum zu, der die Bezeichnung menschlich nicht verdient, sie besitzt einen Vater, der ein Trinker ist und für seine Familie kein Herz hat, sie hat eine Mutter, die zwar brav und fleißig ist, die den ganzen Tag sich abrackert und schuftet, um die Familie über Wasser zu halten, die aber aus Sorge für die Existenz der Familie und infolge mangelnder Erziehung allen geistigen Interessen nicht nur gleichgültig, sondern feindlich gegenübersteht und kein Verständnis für das Streben ihrer Tochter hat, sich aus der menschenunwürdigen Lage zu befreien, in die sie das Schicksal warf.(...) durch eisernen Fleiß und unermüdliche Selbstausbildung“ (Popp 1922, Vorwort S.1) gelingt ihr die Befreiung aus diesem Elend.

Der Tag beginnt meist mit der Bewältigung mehrerer Kilometer zu Fuß zu der Arbeitsstelle, bei der sie bis in die Abendstunden hinein schwer zu schuften haben. Wenn die Mädchen noch sehr jung sind, müssen sie die ersten Stunden mit ihren Eltern in die Fabrik und dort arbeiten, dürfen aber dann den Unterricht bis

zum Nachmittag besuchen. Danach werden sie allerdings angehalten wieder in die Fabrik zurück zu kehren und dort weiter zu arbeiten. Am Abend geht die Tortur Zuhause weiter, denn meistens müssen Arbeiterfamilien ein Zubrot neben der Tagesarbeit verdienen, um überleben zu können.

Bei Nichteinhalten dieser Bestimmungen oder bei purer Erschöpfung, wird oft von harten Prügelstrafen berichtet, die meist die Vätern verteilen. Aber nicht nur die Kinder werden körperlich gezüchtigt, sondern auch die Ehefrauen. Aufgrund der häuslichen Beengtheit, bleiben solche Attacken natürlich vor den Kindern nicht verborgen. Auf diese Weise werden tradierte Geschlechterrollen auf das negativste vorgelebt und an den Nachwuchs weitergegeben, die dadurch im Denken über das andere Geschlecht bzw. über ihr eigenes geleitet werden.

(vgl. Bergmann, 1985 S.29 ff.)

Jedoch stellen diese Gewaltformen noch nicht die massivsten dar. Häufig wird über sexuelle Übergriffe innerhalb der Familie, oder aber am Arbeitsplatz berichtet:

„Diese Mädchen sagten oft zu mir, mein Vater sei ein Schlimmer. Er wollte es auch mit mir probieren, aber ich hatte kein Gefühl für ihn, denn es ekelte mich, warum weiß ich nicht. Er rupfte immer an mir herum, meinte, er bringe mich dazu, aber es half nichts, ich sagte dann zu ihm, er habe eine Frau. Ich sagte es aber auch der Mutter. Sie sagte mir, ich solle immer fliehen, wo ich könne“

(Klucsarits/Kürbisch o.J., S.69 f.).

Ein Zeitzeugnis, welches keinen Einzelfall darstellt und gleichzeitig für die weitläufige, in alle Lebensbereiche hineinreichende Unterdrückung und Ausbeutung der Mädchen steht.

Adelheid Popp legt die Sichtweise ihrer Mutter dar, als sie ihr erzählt, dass sie von ihrem Chef sexuell bedrängt wird: „ Ein Kuß sei doch nichts Schlechtes, und wenn ich noch dazu mehr Lohn bekommen würde, so wäre es leichtsinnig, die Stelle aufzugeben“ (Popp 1922, S.28). Adelheid kommt völliges Unverständnis seitens ihrer Mutter und auch von ihrem Bruder entgegen, diese sexuellen Handlungen an ihr für eine bessere Bezahlung nicht dulden zu lassen. Sie wird deswegen sogar als „schlecht“ und „faul“ (Popp, S.32) betitelt. Die Mädchen werden regelrecht als zu besitzende Objekte und damit auch als gefügig zu machende Dinge angesehen, die oft unter den Launen der sie umgebenden Männer zu leiden haben. Sie werden aufgrund ihrer attestierten weiblichen Schwachheit als Prügelschilde gehandhabt, an denen Männer ihre Minderwertigkeitskomplexe und Machtgier abladen. Die Arbeitskraft der Mädchen wird aber noch auf andere Weise ausgenutzt:

„Ich arbeitete wiederholt bei Beamtengattinnen oder bei Angestellten kaufmännischer Berufe, wo die standesgemäße Lebensweise nach außen nur möglich war durch die Ausnützung unserer Arbeitskraft (...) Der Ertrag der Ausbeutung so vieler junger Mädchen war überall Grundlage der Existenz ganzer Familien“ (Popp 1922, S.12).

Dennoch nehmen viele Mädchen und Frauen die härteste Arbeit an und lassen schlimmstes Unrecht von ihren Vorgesetzten über sich ergehen, nur um nicht brotlos zu werden. Nur wenn sich Aussicht auf eine bessere Arbeit mit einer höheren Entlohnung bietet, wird eine feste Anstellung in einer Fabrik aufgegeben. Es ist allerdings weitaus üblicher, dass kaum feste Arbeitsplätze vorhanden sind. Das zwingt viele Mädchen dazu, sich nahezu wöchentlich auf Arbeitssuche zu begeben. Angefangen beim Strümpfe stricken für andere Leute, über Knöpfe annähen, Botengänge erledigen, Tücher und Schafwolle häkeln, bis hin zum Arbeiten in einer Metalldruckerei, Patronenfabrik, Bronzefabrik etc., ist alles nur Erdenkliche möglich. Sogar bei einem Sterbefall lässt sich für ein Kind noch ein Zubrot verdienen: „Starb ein Schulkind aus einer reicheren Familie, so wurde eine Anzahl armer Kinder bestimmt, die dem Sarge in einem besonderen Zuge zu folgen hatten. Dafür bekam man zehn Kreuzer Belohnung“ (Popp 1922, S.6).

Meistens ist die finanzielle Situation so schlecht, dass die Familien auf Wohltätigkeiten angewiesen sind, um über die Runden zu kommen.

Im alltäglichen Kampf um die Existenz, bleibt die unkritische Teilnahme an Erwachsenenpflichten bei den Eltern eine lebensnotwendige Selbstverständlichkeit. So wundert es nicht, dass das Familienklima von wenig Zärtlichkeit, aber dafür von um so mehr Schwermut und Aggressivität gezeichnet ist. Die Armut belastet alle proletarischen Familien auf das Härteste. (vgl. Hardach-Pinke 1981, S.140)

An das bürgerliche Häuslichkeitsideal, im Sinne eines erholsamen Rückzugsraumes aus dem anstrengenden Berufsalltag, ist hier bei weitem nicht zu denken. Weder ein Heim, noch das Familienidyll können von den Arbeitern geschaffen werden. Im Gegenteil, oft ist es der Fall, dass aufgrund einer neuen Arbeitsstelle mehrmals im Jahr die Wohnstätte und gegebenenfalls der Wohnort gewechselt werden muss.

Die Kindheit in den mittellosen Schichten erweist sich somit als völlig entgegengesetzt zu dem sorglosen Kinderleben im Bürgertum. Armut, Überlebenskampf und meist Lieblosigkeit schaffen das Bild einer düsteren, rauhen und beängstigenden Lebensweise der Arbeiterkinder, die mit der strengen, zwanghaften und oberflächlichen Lebensart der höheren Kinderstände in keiner Weise im Vergleich oder gar Konkurrenz stehen kann.

[...]

Ende der Leseprobe aus 131 Seiten

Details

Titel
Mädchenliteratur im Wilhelminischen Kaiserreich und ihre pädagogischen Implikationen
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Pädagogik I)
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
131
Katalognummer
V35297
ISBN (eBook)
9783638352604
Dateigröße
891 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mädchenliteratur, Wilhelminischen, Kaiserreich, Implikationen
Arbeit zitieren
Stefanie Krämer (Autor:in), 2004, Mädchenliteratur im Wilhelminischen Kaiserreich und ihre pädagogischen Implikationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35297

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