Der neue Güterstand der Wahlzugewinngemeinschaft


Examensarbeit, 2014

36 Seiten, Note: 10 Punkte

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung

B. Vorüberlegungen
I. Soziale und rechtliche Ausgangssituation
II. Bedürfnis nach einem neuen Güterstand
III. Gesetzgebungsverfahren und Inkrafttreten
IV. Der deutsche und französische gesetzliche Güterstand im Vergleich
1. Eintritt der Güterstände
2. Güterrechtliche Situation während der Ehe
3. Ausgleich bei Beendigung der Güterstände

C. Der Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft
I. Anwendungsbereich
II. Begründung des Güterstandes
III. Besonderheiten während der Ehe
1. Verfügungsbeschränkungen
2. Geschäfte zur Führung des Haushalts
IV. Beendigung des Güterstandes
V. Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung
1. Anfangsvermögen
a) Schmerzensgeld
b) Schenkungen aus dem Anfangsvermögen
c) Bewertung des Anfangsvermögens
2. Endvermögen
3. Ausgleichsanspruch
4. Kappungsgrenze
VI. Ehevertragliche Modifikation
VII. Auskunftspflichten
VIII. Aktuelle Situation und Ausblick

D. Persönliche Stellungnahme

Literaturverzeichnis

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Jürgen Säcker, Roland Rixecker, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 7, Familienrecht, 6. Auflage, München 2012

Wilfried Schlüter, BGB-Familienrecht, 14. Auflage, 2012

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Max Troll, Dieter Gebel, Marc Jülicher, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 46. Auflage 2013.

A. Einleitung

„ So berechtigt es ist, dieüberaus positive Entwicklung der deutsch- französischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg zu würdigen, so wichtig ist es, die Freundschaft stets aufs Neue mit Leben zu fül- len. “ 1 Die positive Entwicklung der deutsch-französischen Beziehun- gen und der Versuch, diese Beziehungen stetig zu fördern, spiegeln sich im Alltag der beiden einst verfeindeten Nationen deutlich wieder. Die Tatsache, dass die jeweils andere Sprache in den Schulen der Länder unterrichtet wird, trägt dazu bei, dass die Verbindung zwi- schen den Bürgern beider Nationen beständig wächst. Begünstigt wird diese Entwicklung durch die Europäische Union als Raum ohne Bin- nengrenzen, der kurzweilige oder dauerhafte Aufenthalte im Nachbar- land ermöglicht. Nicht selten mündet eine deutsch-französische Freundschaft in eine deutsch-französischen Ehe. Im Jahr 2009 wurden in Deutschland ca. 34.000 deutsch-französische Ehen eingegangen.2 Im Vergleich zu anderen Ehen mit Auslandsberührung stellten diese die viertstärkste Gruppe gemischt nationaler Ehen im Land dar.3 Wäh- rend sich die Eheschließung als weitestgehend unproblematisch er- weist, kommt es im Scheidungsfall häufig zu Schwierigkeiten, vor allem wenn eine güterrechtliche Abwicklung vorgenommen werden muss. Dieser Problematik traten Deutschland und Frankreich in den vergangenen Jahren entgegen. Als Resultat der deutsch-französischen Zusammenarbeit fand der Güterstand der Wahl- Zugewinngemeinschaft4 im Mai 2013 Einzug in die nationalen Rechtsordnungen beider Staaten. Er stellt nicht nur ein Produkt deutsch-französischer Freundschaft dar, sondern verfolgt vor allem das Ziel einen Anstoß zur Harmonisierung des Familienrechts auf europäischer Ebene zu geben.

Die vorliegende Hausarbeit stellt den neuen Güterstand der Wahl- Zugewinngemeinschaft vor. Dabei wird zunächst auf die soziale und rechtliche Ausgangssituation in den Vertragsstaaten eingegangen. An- schließend erfolgt ein kurzer Abriss der wesentlichen Daten des Ge- setzgebungsverfahrens und des Inkrafttretens des Abkommens. Der nachfolgende Vergleich der deutschen Zugewinngemeinschaft und der französischen Errungenschaftsgemeinschaft soll als Grundlage der Erläuterungen zum neuen Güterstand dienen. Den Schwerpunkt der Bearbeitung stellt die Untersuchung der Wahl-Zugewinngemeinschaft dar. Im Mittelpunkt der Darbietung des neuen Güterstandes steht die Betrachtung wesentlicher Abweichungen von den Regelungenüber den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Abschlie- ßend erfolgt eine Bezugnahme auf die Bedeutung der Wahl- Zugewinngemeinschaft hinsichtlich der deutschen Rechtspraxis und der europäischen Rechtsentwicklung. Schließlich wird die Bearbei- tung durch eine persönliche Stellungnahme und Beurteilung der The- matik abgerundet.

B. Vorüberlegungen

I. Soziale und rechtliche Ausgangssituation

Die Tatsache, dass die Europäische Union ihren Bürgern Reisefreiheit gewährt, begünstigt deren Mobilität in erheblichem Maße. Vor diesem Hintergrund ist es nichtüberraschend, dass EU-Bürger aus verschie- denen Mitgliedsstaaten Bindungen miteinander eingehen oder sich gar in einem Mitgliedsstaat niederlassen, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen.5 Immer häufiger kommt es zu Eheschließungen zwi- schen Partnern verschiedener Nationalitäten. So wurden allein in Deutschland im Jahr 2012 44.175 Ehen geschlossen, bei denen einer der Ehepartner nicht im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft war.6 Diese Entwicklung fördert auch den Erwerb von Gütern in verschie- denen Ländern. Die zunehmende Zahl an internationalen Eheschlie- ßungen hat im Umkehrschluss ebenso ein Wachstum von internationa- len Trennungs- oder gar Scheidungsfällen zur Folge. In beiden Fällen ist eine Auseinandersetzung des Vermögens, das teilweise in ver- schiedenen Staaten erworben wurde, die notwendige Konsequenz. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich die nationalen Rechtsordnungen im Hinblick auf güterrechtliche Fragen stark unter- scheiden. Das internationale Privatrecht7 des jeweiligen Landes ist dann maßgebend.

Die Bestimmung des Güterstandes ist nicht nur hinsichtlich der vermögensrechtlichen Bindungen der Ehegatten bei Beendigung des Güterstandes von Bedeutung. Der Güterstand hat auch während des Bestehens der Ehe Auswirkungen auf das alltägliche Leben der Ehegatten. Insbesondere, wenn es um die Vermögensverwaltung, den Vermögenserwerb oder die Haftung eines Ehegatten für die während der Ehe eingegangenen Verbindlichkeiten des anderen Ehegatten geht, sind konkrete Besonderheiten zu beachten.8

II. Bedürfnis nach einem neuen Güterstand

Das eheliche Güterrecht zählt zu einem der Bereiche, die europaweit kollisionsrechtlich noch nicht vereinheitlicht wurden. Zwar wurde zum Ehegüterrecht9 bereits ein Verordnungsvorschlag durch die Eu- ropäische Kommission unterbreitet, es ist jedoch noch nicht absehbar, ob und wann dieser Verordnungsvorschlag in Kraft treten wird.10 Es ist außerdem zu berücksichtigen, dass sich der Verordnungsvorschlag hauptsächlich auf die Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts bezieht, einheitli- ches materielles Recht aber nicht geschaffen werden soll. Es stellt sich demgemäß die Frage, wie ehegüterrechtliche Streitigkeiten auf euro- päischer Ebene derzeit zu behandeln sind. Diese Frage ist abhängig von der Gestaltung des IPR des jeweiligen Staates unterschiedlich zu beantworten.

Im deutschen IPR unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe gemäß der zentralen Kollisionsnorm Art. 15 Abs.1 EGBGB der Rechtsordnung desjenigen Staates, dessen Recht zum Zeitpunkt der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe anwendbar ist. Das Ehegüterrechtsstatut entspricht dem Ehewirkungsstatut aus Art.

14 EGBGB. Daraus folgt, dass auch für das Ehegüterrechtsstatut der Grundsatz der Unwandelbarkeit zu beachten ist.11 Dieser besagt, dass weder ein Wechsel der Staatsangehörigkeit, noch Änderungen des Aufenthalts das Güterrechtsstatut beeinflussen können.12 Eine Aus- nahme davon stellt lediglich die durch Art. 15 Abs.2 EGBGB einge- räumte Möglichkeit dar, einen Statutenwechsel vorzunehmen. Wird von der Option der Wahl des Rechts des Güterrechtsstatuts nicht Ge- brauch gemacht, ist dieses subsidiär nach Art. 15 Abs.1, 14 Abs.1 Nr.3 EGBGB zu bestimmen. Eine solche Bestimmung weist häufig Schwierigkeiten auf, weil sie von Faktoren wie bspw. dem Verlauf der Ehe oder dem Ort der Eheschließung abhängen kann.13

Nach französischem Recht können binationale Ehepaare laut Haagerübereinkommen14 von 1978 die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe der französischen Rechtsordnung dann unterwerfen, wenn einer der Ehegatten die französische Staatsangehörigkeit besitzt, seinen ge- wöhnlichen Aufenthalt in Frankreich hat oder seinen ersten gewöhnli- chen Aufenthalt nach der Eheschließung in Frankreich begründet.15 Gemäß Art. 3 HGÜ können die Ehegatten außerdem für die in Frank- reich belegenen unbeweglichen Sachen französisches Recht wählen.16 Haben die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen, ist auf ihren Güters- tand das Recht des Staates anzuwenden, in dem sie nach der Ehe- schließung ihren ersten gewöhnlichen Aufenthalt begründet haben.17

Die unterschiedliche Ausgestaltung des IPR in Deutschland und in Frankreich führt im Scheidungsfall deutsch-französischer Ehen zu erheblichen Divergenzen, auch im Bezug auf das materielle Recht.18 Die betroffenen Ehepaare müssen sich einer konfusen Rechtslage stel- len. In den meisten Fällen sind nicht einmal die Zuständigkeit und das anwendbare Recht durch internationale Regelungen hinreichend ge- klärt, so dass auch dann wieder auf nationale Regelungen zurückge- griffen werden muss.19 Diese weisen jedoch im Bereich des Familien- rechts große Unterschiede auf.

Das Problem konkretisiert sich, wenn Ehegatten, die im französischen gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft leben, wäh- rend der Ehe in Deutschland ein Grundstück erwerben.20 Der französi- sche gesetzliche Güterstand ist in Deutschland nicht bekannt. Dritte können also bei Eintragung eines Eigentumsrechts in das Grundbuch die Tragweite der den Ehegatten zustehenden Rechte schwer einschät- zen. Zwar besteht die Möglichkeit gemäß Art. 15 Abs.2 Nr.3 EGBGB für in Deutschland belegenes Vermögen deutsches Güterrecht zu wäh- len, diese Rechtswahl begründet aber einen „gespaltenen Güterstand“, der im Fall einer güterrechtlichen Auseinandersetzung ebenso Ab- wicklungsschwierigkeiten hervorruft.21

Für betroffene Ehepaare bedeutet das eine erhebliche Rechtsunsicher- heit.22 Die Tatsache, dass schon Zuständigkeitsfragen ungeklärt blei- ben und ein etwaiger Prozess verzögert oder gar nicht stattfindet, stellt eine unzumutbare Gefährdung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar. Die komplizierte Rechtsfindung erfordert es im Regelfall in bei- den Staaten, deren Familienrecht zur Anwendung gelangt, Rechtsbera- tung aufzusuchen. Jedoch verfügen nicht immer beide Ehepartnerüber die dafür erforderlichen finanziellen Mittel, so dass der wirtschaftlich Stärkere im Vorteil ist.23 Erschwerend kommt hinzu, dass die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen aufgrund der Unterschiede im materiellen Recht zumeist unvorhersehbar ist.24

Mit dem Abkommenüber den neuen Güterstand der Wahl- Zugewinngemeinschaft wird nicht nur der Problematik von Abwick- lungsschwierigkeiten im Fall von deutsch-französischen Scheidungen begegnet. Zwar stellt es derzeit ein bilaterales Abkommen dar, jeder Mitgliedstaat der europäischen Union kann dem Abkommen aber ge- mäß Art. 21 Abs.1 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und der Französischen Republiküber den Güterstand der Wahl- Zugewinngemeinschaft25 beitreten und so ebenfalls von der Verein- heitlichung des Familienrechts profitieren. Der neue Güterstand soll demnach einen ersten Anstoß für eine Harmonisierung des Familien- rechts auf europäischer Ebene geben.26 Dabei ist hervorzuheben, dass durch das Abkommen nicht nur einheitliches Rechtsanwendungsrecht, sondern erstmals innerhalb der Europäischen Union in zwei Staaten einheitliches materielles Familienrecht geschaffen wird.27 Das Ab- kommen enthält für beide Rechtsordnungen identische Regelungen und soll den Betroffenen damit mehr Rechtsklarheit und Rechtssi- cherheit bieten.28

[...]


1 Piepenbrink, APuZ 1-3/2013.

2 BT-Drucksache 17/5126, S. 7.

3 Ebenda.

4 Die Schreibweise Wahl-Zugewinngemeinschaft entspricht der Bezeichnung im Abkommen und wird daher im Folgenden verwendet.

5 KOM 2011, 126.

6 Statistisches Bundesamt, Natürliche Bevölkerungsbewegung, Stand: 23.03.2014.

7 Im Folgenden mit IPR abgekürzt.

8 BT-Drucksache 17/5126, S.21.

9 KOM 2011,126 bzgl. der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts, der Anerken- nung und Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts sowie KOM 2011, 127 bzgl. eben dieser Materie bezogen auf eingetragene Lebenspartner- schaften.

10 Rauscher, Internationales Privatrecht, § 8, Rn.772.

11 Jünemann, ZEV 2013, 354.

12 Siehe Fn. 9 , Rn.775.

13 Palandt/ Thorn, § 14 EGBGB, Rn.9.

14 Im Folgenden mit HGÜ abgekürzt.

15 BMJ, Erläuterungen zum deutsch-französischen Abkommenüber den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft, S.1.

16 Ebenda.

17 Ebenda.

18 KOM 2011,126.

19 Becker, Studie, S.7.

20 Meyer-Götz/ Kreuzer, Nomos Formulare Familienrecht, § 15, Rn.213.

21 BT-Drucksache 17/5126, S.23.

22 Ebenda.

23 Becker, ERA Forum 2011, 104.

24 Ebenda.

25 Im Folgenden mit WZGA abgekürzt.

26 Rauscher, Internationales Privatrecht ,, § 8, Rn.805.

27 Dethloff, RabelsZ 76 (2012), 510.

28 BT-Drucksache 17/5126, S.7.

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Der neue Güterstand der Wahlzugewinngemeinschaft
Hochschule
Universität Potsdam
Note
10 Punkte
Jahr
2014
Seiten
36
Katalognummer
V352741
ISBN (eBook)
9783668390195
ISBN (Buch)
9783668390201
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Familienrecht
Arbeit zitieren
Anonym, 2014, Der neue Güterstand der Wahlzugewinngemeinschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/352741

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