Gebäude und Räume der Kieler Romanistik

Von Tradition und Baulichkeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

Hauptteil

Der Gropiusbau

Die ELAC-Gebäude

Die Seminarblöcke der Leibnizstraße

Ausblick: Die CAU expandiert weiter

Schlussbetrachtung

Abbildungen

Bibliographie

Einleitung

"Universitätsgeschichte ist nicht zuletzt auch Baugeschichte, findet in Architektur ihren sinnfälligen und ablesbaren Ausdruck. In der Architektur verdichtet sich die Universität von der geistigen Gemeinschaft zum konkreten Ort, der sie ebenso nach außen repräsentiert, wie er nach innen ihre Identität zu vermitteln hilft"1

Ausgehend von diesem Zitat aus dem Vorwort von Prof. Dr. Michael Müller- Willes und Prof. Dr. Adrian von Buttlars zur Arbeit Dr. Hans- Dieter Nägelkes "Der Gropius-Bau der Kieler Universität 1876 - Architektur zwischen regionaler Identität und regionaler Politik" soll die baugeschichtliche Betrachtung der Gebäude der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und die Räume der Kieler Romanistik in diesem Artikel betrachtet werden. Seit ihrer Gründung im Jahre 1665 war die Christiana Albertina Zeugin einer bewegten Zeit. Von damals bis heute hat die Christian-Albrechts-Universität mehrere Umzüge erlebt und "überlebt". Auch die Romanistik hat sie über weite Teile auf diesem steinigen Weg begleitet. Im Folgenden werde ich auf drei Gebäude eingehen, die der Romanistik über die Jahre seit ihrer Entstehung als Wirkungsstätte gedient haben, dem Gropius-Bau, dem ELAC-Werk und schließlich den Fakultätenblöcken in der Leibnizstraße.

Dieser kurze Überblick der Stationen der Romanistik verrät schon, dass hinter der glatten, schmucklosen Fassade von Leibnizstraße 10, die augenscheinlich so wenig gemein hat mit den altehrwürdigen Gemäuern großer Universitäten, wie Paris, Bologna oder Heidelberg, mehr Tradition verborgen liegt, als auf den ersten Blick für den Betrachter erkennbar ist. Worin sich die Tradition der Romanistik an der CAU konstituiert und was ihr Motto "Pax optima rerum" damit zu tun hat, wird im Rahmen dieses Artikels genauer erörtert.

Maßgebend für die Phase im gründerzeitlichen Gropiusbau von 1876 bis 1944/45 ist die Magisterarbeit Hans-Dieter Nägelkes "Der Neubau der Kieler Universität 1876. Planungsgeschichte und Bauausführung durch Martin Gropius.", die sich detailliert mit dessen Planung, Nutzung und Abriss beschäftigt. In Klaus Gereon Beuckers integraler Monographie "Architektur für Forschung und Lehre. Universität als Bauaufgabe" finden sich zahlreiche Publikationen zum baulichen Neuanfang der Kieler Universität nach Kriegsende und zur räumlichen Situation in den Elac-Werken.

Hauptteil

Schon lange sind die Fassaden der Seminarblöcke, die die Leibnizstraße säumen, nicht mehr weiß. Im ersten Stock des letzten der vier Blöcke trifft man heute die Kieler Romanistik mit dazugehörender Fachbibliothek im Erdgeschoss an. Würde man Studierende, Mitarbeiter und Dozenten der Romanistik zu ihren Wünschen und Vorstellungen eines idealen Gebäudes für Lehre und Forschung befragen, so würden gewiss Begriffe wie „repräsentativ“, „altehrwürdig“ und „geschichtsträchtig“ fallen und auf diese Weise Bilder der Repräsentationsbauten anderer Universitätsstädte, wie dem Marburger Profanbau im neugotischem Stil2, dem Münsteraner fürstbischofhöflichen Schloss3 und dem Hannoveraner Welfenschloss4 erzeugt werden. Und obwohl im Repertoire der Gebäude der Christian Albrechts-Universität ein solches Bauwerk auf den ersten Blick nicht leicht auszumachen ist, weisen die ehemalige Universitätsbibliothek, die heute der Universität als Räumlichkeit der Medizin- und Pharmaziehistorische Sammlung (Abb. 1) dient5, und das Zoologische Museum an der Brunswiker Straße (Abb. 2) auf ein der Beschreibung ähnliches Gebäude hin. Auch die sehr in Mitleidenschaft geratene Statue des Aristoteles am Eingang des Auditorium maximum könnte ein Indiz für ein derartig beschaffenes Gebäude sein.

Der Gropiusbau (Abb. 3)

In unmittelbarer Nähe dieser eben erwähnten Medizin- und Pharmaziehistorischen Sammlung und des Zoologischen Museums stand der 1876 eingeweihte und 1954 abgerissene Gropiusbau.

In einem 1883 im Verlag der Kieler Nachrichten erschienen Reiseführer „Führer durch Kiel und Umgebung“ wurde er als "zweifellos eine der prächtigsten belegenen [sic!] Hochschulen Deutschlands" beschrieben.6 Seinen Namen verdankte er seinem „Schöpfer“ Martin Philipp Gropius, der infolge des 1863/64 stattgefunden Architekten-Wettbewerbs gemeinsam mit Heino Schmieden mit der Aufgabe betraut wurde einen preußischen Universitätsbau zu gestalten.

Dieses vielgelobte Gebäude stand am nördlichen Ende des Schlossgartens und seitlich zur Kieler Förde, die Vorderseite dem Schloss zugewandt. Das noch heute erhaltene bronzene Reiterstandbild Wilhelms I. war sein Fixpunkt7 und zusammen bildeten sie ein makelloses Ensemble eingerahmt von Grünflächen und zwei den Schlossgarten begrenzenden Alleen.

Die breite Freitreppe, auf der Standbilder der vier, den klassischen Fakultäten zugeordneten griechischen Gelehrten, Aristoteles, Platon, Solon und Hippokrates, aufgestellt waren, führte in die eindrucksvolle Eingangshalle. Befand man sich in diesem prächtigen Vestibül, so war es möglich über eine der zwei gegenläufigen Treppen ins Obergeschoß zu gelangen. Das Vestibül und die Aula zusammengenommen, bildeten einen Mittelpavillon. Die Aula war das Herzstück des Kollegiengebäudes, sie erstreckte sich in ihrer Höhe über zwei Stockwerke und konnte bei feierlichen Anlässen und Vorträgen bis zu 300 Personen Sitzplätze und weiteren 400 einen Stehplatz bieten. Von ihr ging es weiter zum Hauptkorridor(Abb. 5), von dem man auf der einen Seite zum östlichen Seitenflügel und auf der anderen zum westlichen Seitenflügel gelangte. Die Seite des Hauptkorridors, der Aula gegenüberliegend, teilte sich in fünf etwa gleich große Räume. Im Erdgeschoss (Abb. 4) waren Auditorien, ein Pedellenzimmer, Sprech- und Fakultätszimmer. Da das Obergeschoss etwa gleich aufgeteilt war, traf man auch hier auf Auditorien und ein Fakultätszimmer. In den Räumen des linken Flügels waren Syndikatszimmer, Rektorzimmer, Auditorien sowie ein Consistorialsaal zu finden. Der rechte Flügel bot neben weiteren Auditorien Platz für eine Bibliothek, die Archäologische Sammlung und eine kleine Aula, die für Promotionen gedacht war. Die insgesamt dreizehn Hörsäle, die zwei Aulen ausgenommen, konnten 346 Zuhörer aufnehmen.8 Und auch für die Umsetzung der heutzutage beinahe undenkbaren Tradition der Bestrafung der Studenten, in Form von Arrest, war Dank der Erweiterung des Gebäudes 1900/02 und den wieder vorhandenen Karzerräumen gesorgt. Diese bauliche Erweiterung war die Reaktion auf die ansteigende Studierendenzahl, die sich von 1876 (214) bis 1900 (1081) verfünffachte. Betraut wurde mit den Baumaßnahmen Georg Lohr, da Martin Gropius bereits 1880 verstorben war.9 In diesen zwei Jahren wurde dem Bau ein weiterer Flügel hinzugefügt, der die zwei Seitenflügel auf der nördlichen Seite miteinander verband. Die Aula, die nun noch mehr das Zentrum des Gebäudes war, wurde vergrößert, sodass sich ihre Grundfläche fast verdoppelte und sie vom Vestibül sowie vom neuen Flügel betreten werden konnte. In diesem Anbau wurden fortan ganze Seminare beherbergt, darunter fand auch das Romanisch-Englische Seminar seit seiner Gründung 188910 seinen Platz und bewohnte seitdem zwei Räume (Abb. 6), ebenso viele wie z.B. das Juristische Seminar und die doppelte Anzahl des Germanischen Seminars zu der Zeit, im Erdgeschoss.11

Offiziell kam es erst 22 Jahre später, am 1. Oktober 1911 zur institutionellen Teilung des Romanisch-Englischen Seminars in ein Romanisches und ein Englisches Seminar.12

Neben den ockergelben Ziegeln und Terrakotten, die von der traditionsreichen Augustinschen Tonwarenfabrik in Lauban gefertigt wurden und die Farbgebung der Außenseite dominierten, bedeckten rote, grüne und blaue nahezu die komplette Fassade in den verschiedensten kunstvollen Anordnungen.13 Gropius, der gleichermaßen Ornament- und Dekorationskünstler war, maß den kleinen Details wie z.B. die der Lampen oder der Wand- und Deckendekoration die gleiche Wichtigkeit bei, wie den architektonischen.14 Dieser Gegebenheit ist es zu verdanken, dass das Innere der reichverzierten Außenseite in nichts nachstand. Hans-Dieter Nägelkes Beschreibung in seinem Buch über den Gropius-Bau lautet wie folgt:

“ Der festlich Charakter des Vestibüls wurde noch durch zahlreiche Details betont, aus Stuck gefertigte und vergoldeten Grotesken, Festons und Porträtmedallions schmückten die Wände: gleichfalls teilvergoldet, trugen auch die gußeisernen Kandelaber und Treppengeländer zum Reichtum dieses Raumes bei.“15

Doch wie das Sprichwort sagt, ist auch beim Gropius-Bau nicht alles Gold was glänzt. Der Gropius-Bau mit seinen Statuen, den reichverzierten Ornamenten und Kandelabern, der die glanzvolle Zeit des Aufstreben der Christian-Albrechts- Universität in baulicher Form widerspiegelt, lässt sich bei genauerer Betrachtung ein dunkler Fleck ausmachen. Als Universität am Reichskriegshafen des Deutschen Reiches, hatte sie sich schon sehr früh mit dem nationalsozialistischen Gedankengut identifiziert (Abb. 7). Bereits 1933 kam es zu Entlassungen von Dozenten, die auf Drängen einer Anzahl von Studenten vollzogen und vom Rektor Paul Ritterbusch als "Beseitigung aller rassefremden und politisch untragbaren Elemente" beschrieben wurde.16 Nicht nur die Rechtswissenschaftliche Fakultät, die den Titel einer "Stoßtruppfakultät" für sich beanspruchte, trug einen aktiven Teil zu den menschenverachtenden Gräueltaten unter dem NS-Regimes bei.17 Auch über die Medizinische Fakultät heißt es:

„Die Kieler Medizinische Fakultät war während des Nationalsozialismus tief in die Handlungen des NS-Regimes eingebunden. Ihre Professoren lehrten im Sinne der Machthaber, sie forschen für den Krieg, nicht wenige waren in der SS, einige waren sogar mit hohen Dienstgraden in dessen Sicherheitsdienst. Auch an Medizinverbrechen waren einige Mitglieder der Fakultät beteiligt.“18

Man kann behaupten, dass durch das Mitwirken in der NS-Zeit und dem Zuwiderhandeln ihres Mottos "Pax ultima rerum" sie das Unheil über sich heraufbeschwor. Der Zweite Weltkrieg mit seinen verheerenden Bombennächten beendete diese Ära.

Der seit Mai 1944 bereits beschädigte preußische Prachtbau wurde am 20. Januar schließlich durch Spreng- und Brandbomben so stark verwüstet (Abb. 8), das kein Universitätsbetrieb mehr denkbar war.19

Das für Jahrhunderte, von Martin Gropius und Heino Schmieden, erbaute Kollegiengebäude hatte den universitären Alltag in Kiel bis zu diesem Januartag lediglich 69 Jahre beherbergt.

Ab dem Januar 1945 vergingen zehn Jahre, in denen über den endgültigen Abriss diskutiert wurde, bis am 23. Oktober 1954 die noch stehenden Mauern niederfielen.20

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Christian-Albrechts-Universität schon einen grundlegenden Wandel vollzogen und einen neuen Kurs eingeschlagen.

[...]


1 Nägelke, Hans-Dieter: Hochschulbau im Kaiserreich. Historische Architektur im Prozess bürgerlicher Konsensbildung. Kiel 2000, S. 9.

2 Bode, Christian, und andere: Universitäten in Deutschland. New York 2015, S. 210.

3 Bode (2015), S. 218.

4 Bode (2015), S. 128.

5 Schilling, Johannes: „Die Zerstörung der "Alten Universität", in: Christiana Albertina 58/2004. S. 34.

6 Schilling (2004), S. 34.

7 Albrecht, Uwe: „„Vom Krieg zerstört - zu Frieden mahnend“ Die Rückkehr des Aristoteles von Carl Begas“, in: Christiana Albertina 67. Kiel 2008, S. 71.

8 Nägelke, Hans-Dieter. Der Neubau der Kieler Universität 1876. Planungsgeschichte und Bauausführung durch Martin Gropius. Kiel 1989. S. 69

9 Nägelke, Hans Dieter: Der Gropius-Bau Der Kieler Universität. Architektur zwischen regionaler Identität und preußischer Politik. Kiel: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 1991, S. 89.

10 http://www.romanischestudien.de/index.php/rst/article/view/90/307 (Zugriff 29.09.2016)

11 Nägelke (1991), S. 90.

12 http://www.romanischestudien.de/index.php/rst/article/view/90/307 (Zugriff 29.09.2016)

13 Nägelke (1991), S. 84

14 Nägelke (1989), S. 58.

15 Nägelke (1991), S. 89

16 Cornelissen, Christoph: „Der Neuanfang der Universität Kiel nach 1945“, in: Beuckers, Klaus Gereon (Hrsg.) Architektur für Forschung und Lehre. Universität als Bauaufgabe; Beiträge zur Tagung des Kunsthistorischen Instituts der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel am 5. bis 7. Juni 2009. (Kieler kunsthistorische Studien. - Kiel : Ludwig, 2001- ; N.F.,11). Kiel 2010. S. 335

17 Cornelissen (2010), S. 333-334

18 http://www.uni-kiel.de/pressemeldungen/?pmid=2015-404-medizin-nszeit.

19 Schilling (2004), S. 36.

20 Schilling (2004) S. 33.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Gebäude und Räume der Kieler Romanistik
Untertitel
Von Tradition und Baulichkeit
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Romanisches Seminar)
Note
1,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
23
Katalognummer
V352233
ISBN (eBook)
9783668386655
ISBN (Buch)
9783668386662
Dateigröße
2140 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Elac, Gropius-Bau Kiel
Arbeit zitieren
Oliver Bramwell (Autor:in), 2016, Gebäude und Räume der Kieler Romanistik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/352233

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