Teilhabe durch Arbeit. Auftrag und Rolle der Sozialen Arbeit im Kontext der Arbeitsgelegenheiten für Geflüchtete


Bachelorarbeit, 2016

81 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1 Aktuelle Situation in Deutschland
1.1 Alter der Geflüchteten
1.1.1 Minderjährige und Schulpflicht
1.1.2 Arbeitsfähige Geflüchtete
1.2 Bildungsstand und Qualifikation der Geflüchteten
1.2.1 Schulbildung und Studium
1.2.2 Berufsausbildung
1.3 Anerkennung von Abschlüssen

2 Asylrecht und der Zugang zum Arbeitsmarkt
2.1 Begriffe
2.2 Status und Leistungen
2.3 Zugang zum Arbeitsmarkt
2.3.1 Personen mit Aufenthaltsgestattung
2.3.2 Personen mit Duldung
2.3.3 Personen mit Aufenthaltserlaubnis
2.4 Integrationskurse
2.5 Vorrangprüfung

3 Soziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft
3.1 Politische Aspekte
3.2 Soziale Arbeit und Integration
3.3 Kulturelle und Strukturelle Integration

4 Arbeitsmarktpolitische Instrumente
4.1 Arbeitsgelegenheiten (AGH)
4.2 Entstehung und Position der Instrumente ABM und Arbeitsgelegenheit
4.3 Zielgruppe der Arbeitsgelegenheiten (AGH)

5 Position und Auftrag der Sozialen Arbeit in der Arbeitsgelegenheit
5.1 Case Management und Netzwerkarbeit

6 Arbeitsgelegenheiten für Geflüchtete
6.1 Gesetz zur Flüchtlingsintegrationsmaßnahme
6.2 Finanzierung und Rechtskreisverankerung
6.3 Zielgruppe und Auswahl der Teilnehmer
6.4 Auswahl und Einrichtung der Einsatzstellen
6.5 Qualifizierung und Kompetenzfeststellung

7 Rolle der Sozialen Arbeit

8 Fazit

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Im Zuge der aktuellen Diskussion und Betrachtung des Zustroms von Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten, entstehen immer neue Anforderungen an die Soziale Arbeit und die damit verbundenen Tätigkeitsbereiche.

Inhaltlich wird im Rahmen dieser Thesis die Frage bearbeitet, welche Anforderungen sich in Bezug auf die Arbeitsmarktintegration derer Geflüchteter bieten, die bleiben. Auf die durchaus diskussionswürdige (und nach wie vor aktuelle) Frage im Hinblick auf die Unterbringung der häufig traumatisierten Menschen oder deren oft langwierige Zureise, wird in dieser Arbeit nicht eingegangen. Vielmehr setzt sie sich mit der Frage auseinander, welcher Auftrag Sozialen Arbeit im Rahmen des neuen Arbeitsmarktprogrammes der Arbeitsgelegenheit für Geflüchtete zugedacht wird.

Für die Beschäftigungsförderung und die damit verbundene Soziale Arbeit sind Arbeitslosigkeit und auch Migration schon immer ein Thema. Die Anforderungen verändern sich jedoch, insbesondere in Bezug auf die aktuelle Situation und dem Blick auf neue Arbeitsmarktprogramme und gesetzliche Veränderungen.

Zunächst wird in dieser Arbeit die derzeitige Situation in Deutschland anhand aktueller Daten erläutert. Hier werden insbesondere allgemeine Zahlen und Statistiken angezeigt; mit einem besonderen Schwerpunkt auf solche, welche einen Ausblick auf die tatsächlich arbeitsmarktrelevanten Zuströme geben können. Auch wird ein Blick auf die Altersstruktur geworfen, welche im Hinblick auf die Relevanz für den Arbeitsmarkt sinnvoll ist. Im weiteren Verlauf werden die Voraussetzungen für die Arbeitsmarktzugänge erläutert, welche insbesondere mit dem Status der Geflüchteten einhergehen. Hierzu werden die gesetzlichen Grundlagen deutlich, welche ausschlaggebend für die weitere Betrachtung der Zielgruppe Geflüchtete sind.

Arbeitsverbote, lange Asylverfahren ohne Arbeitserlaubnis, fehlende Sprachkenntnis und mangelnde Fachkenntnisse: Die Politik steht untere Zugzwang. Es besteht Handlungsbedarf. Integrationsjobs werden geschaffen- 100.000 Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge. Kaum eine andere arbeitsmarktpolitische Maßnahme wird, zumindest medial, so negativ betrachtet, wie die sogenannten Ein-€-Jobs. Insofern bedarf es einer genaueren Betrachtung, mit welchen Auflagen diese neuen Stellen geschaffen werden sollen und für wen genau sie angedacht sind.

Diese Arbeit beleuchtet im Hinblick auf diese Arbeitsgelegenheiten die Aufgaben der Sozialen Arbeit- inwieweit und mit welchem Auftrag wird die Soziale Arbeit hinzugezogen? Der Ruf nach Integration der Geflüchteten und Beschäftigung ist in der Politik und auch der Bevölkerung deutlich zu hören. Sind die Ziele der Integration und Teilhabe der Geflüchteten im Rahmen der neuen Arbeitsgelegenheiten für die Soziale Arbeit berücksichtigt?

Diese Arbeit entsteht mit der aktuell zur Verfügung stehenden Literatur, sodass Gesetzesänderungen oder politische Aussagen etc. bis September 2016 berücksichtigt werden konnten. Zudem wird aufgrund der Aktualität der Thematik vermehrt auf Positionspapiere und Stellungnahmen arbeitsmarktpolitischer Institutionen zurückgegriffen.

Auf die Verwendung des Begriffes Flüchtling wird weitestgehend verzichtet, Ausnahme sind hier verwendete Zitate. Die Verwendung des Begriffes Geflüchtete wird bevorzugt verwendet, wobei Geflüchtete/Geflüchteter hierzu synonym verwendet wird.

1 Aktuelle Situation in Deutschland

Wie viele Menschen kommen nach Deutschland? Allein diese Zahl ist wenig aussagekräftig und aufgrund verschiedener Kriterien nicht genau benennbar. Zunächst muss also geklärt werden, wie sich die Zahlen und bisher erfassten Statistiken zusammensetzen. Im Nachgang erst können aus diesen Zahlen Rückschlüsse, insbesondere bezüglich der Relevanz für die Arbeitsmarktintegration, gezogen werden. Ebenso relevant ist die Qualifikation und die bisher erworbenen Schul- und Berufsabschlüsse der Geflüchteten, welche in den nachfolgenden Unterkapiteln betrachtet wird.

1.1 Alter der Geflüchteten

Von Januar bis Dezember 2015 wurden im EASY-System[1] 1.091.894 Zugänge von Asylsuchenden erfasst. Zwischen Januar und Mai 2016 wurden bislang 205.929 Zugänge von Asylsuchenden registriert[2]. Von Bedeutung für die Betrachtung der Arbeitsmarktintegration sind vor allem das Alter und der Bildungsstand der Zuwanderer. Im Zeitraum Januar - Mai 2016 waren 72,8 % der Asylerstantragsteller jünger als 30 Jahre. 2015 waren insgesamt 31% der Asylsuchenden unter 18 Jahre alt. Für das erste Halbjahr 2016 veränderte sich diese Zahl kaum merklich und betrug (Stand Juni 2016) 34%[3]. Für diese Altersgruppe gilt nach deutschem Recht die allgemeine Schulpflicht.

1.1.1 Minderjährige und Schulpflicht

Minderjährige Asylsuchende haben insbesondere durch Art. 28 UN-Kinderrechtskonvention ein Recht auf Bildung, was den Besuch der Grundschule sowie der weiterführenden allgemein- und berufsbildenden Schulen umfassen soll. Daraus resultiert aus höherrangigem Recht für minderjährige Asylsuchende ein Anspruch auf den Schulbesuch, was durch die Schulverwaltung und Rechtsprechung berücksichtigt werden muss. In Deutschland sind die Schulpflicht und gegebenenfalls das Schulbesuchsrecht in den landesrechtlichen Schulgesetzen geregelt. Der Begriff »Schulbesuchsrecht« meint, dass der Zugang zum Schulsystem auf den entsprechenden Wunsch hin gewährt wird. Es besteht also im Unterschied zur Schulpflicht keine Garantie dafür, dass alle betroffenen Kinder tatsächlich »beschult« werden. Außer Bremen und Schleswig-Holstein haben bis dato alle Bundesländer die Schulpflicht bzw. ein Schulbesuchsrecht von Asylsuchenden durch das Landesschulgesetz oder durch Verwaltungsvorschriften explizit geregelt. Damit unterliegen Asylsuchende in drei Bundesländern (Berlin, Hamburg und Saarland) von Anfang an der Schulpflicht. In sechs Ländern (Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz) besteht Schulpflicht, sobald ein Asylsuchender nicht mehr verpflichtet ist, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen bzw. einer Gemeinde zugewiesen wurde[4]. Junge Asylsuchende sowie deren Eltern, die nach Deutschland fliehen, haben in der Regel wenige oder keine deutschen Sprachkenntnisse und sind zudem oftmals in einer anderen Schrift alphabetisiert. Damit stellt sich zunächst die Frage, wie nach der Einschulung die deutsche Sprache erlernt werden kann. Die einzelnen Bundesländer haben in den Landesschulgesetzen oder in Verwaltungsvorschriften Regelungen getroffen, wie junge Zuwanderer die deutsche Sprache erlernen sollen. Dies geschieht unter anderem in Sprachlernklassen. Eine ausführliche Darstellung der Schulpflichtregelung und die einzelne Umsetzung dieser, gehen im Rahmen dieser Arbeit zu weit und werden somit nicht weiter behandelt. Angesichts des geringen Durchschnittsalters der Flüchtlinge (55% sind unter 25 Jahre) besteht jedoch ein erhebliches Potenzial, das diese Zielgruppe durch Investitionen in Bildung und Ausbildung sehr gut qualifiziert und somit auch in den Arbeitsmarkt integriert werden kann.

1.1.2 Arbeitsfähige Geflüchtete

Nur eine sehr geringe Zahl der Geflüchteten befindet sich außerhalb des arbeitsfähigen Alters. So wird lediglich ein Anteil der über 65jährigen (Renteneintrittsalter) von 0,5% für das Jahr 2016 angegeben[5]. Die Mehrzahl, insgesamt 77% der Asylbewerber und Flüchtlinge sind im erwerbsfähigen Alter, also im Alter von 15 bis 64 Jahren. Bei durchschnittlich 58%[6] derer liegt das Alter zwischen 18 und 39 Jahren. Es kommen also hauptsächlich Menschen nach Deutschland, die dem Grunde nach einer Arbeitstätigkeit nachkommen können. Der IAB schätzt, dass (nach Zugrunde legen der 1,1 Mio. Flüchtlinge im EASY-System erfassten Menschen) in Abhängigkeit von Annahmen über die Entscheidungen in den Asylverfahren sich die Zahl der Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter im Jahresdurchschnitt 2016 auf 320.000 bis 390.000 Personen belaufen dürfte[7]. Um den Arbeitsmarktzugang derer zu beschreiben, gilt es, diesen Personenkreis in Kapitel 2 zu erläutern.

1.2 Bildungsstand und Qualifikation der Geflüchteten

Für die Einschätzung und Planung gezielter Fördermaßnahmen und Instrumente der Arbeitsmarktintegration ist die Erfassung der bisher erlangten Schulbildung und weitergehender beruflicher Erfahrung oder Ausbildung sinnvoll.

Während des Asylantragsverfahrens werden durch die Mitarbeitenden des BAMF mit Hilfe eines Übersetzers die sogenannten SoKo- Daten[8] erfasst. Diese Soziale Komponenten sollen Aufschluss über die Qualifikationsstruktur der Zugereisten geben, wobei durch das BAMF ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass hierbei kein wissenschaftlicher Anspruch besteht. Erfasst werden Daten zu Sozialstruktur, der schulischen Ausbildung sowie die zuletzt ausgeübten Berufe und Sprachkenntnisse der volljährigen Asylerstantragsteller. Nachweise (z.B. Schulzeugnisse oder Berufsabschlüsse) müssen nicht vorgelegt werden. Auch Rückschlüsse auf formale Anerkennung der besuchten Bildungseinrichtung sind nicht möglich.

Für die Bearbeitung des Asylverfahrens und die Entscheidung über den Asylantrag sind diese Berufserfahrung, Qualifikation oder ein Schulabschluss jedoch absolut irrelevant und stehen in keinem Zusammenhang mit diesem. Somit können Befragungen der Geflüchteten durch die Mitarbeitenden beim BAMF bei Asylantragstellung nur auf freiwilliger Basis stattfinden. Sie sind keinesfalls verpflichtend. Entsprechende Informationen aus Umfragen liegen bislang ebenfalls kaum vor; eine systematische Erfassung solcher Daten gibt es bisher nicht. Eine Ausnahme stellt die Befragung von 2.800 Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen im Rahmen der BAMFFlüchtlingsstudie 2014[9] dar.

Der IAB stellt in seinem Kurzbericht 15/2016 eine breit angelegte Studie in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Migration, Integration und Asyl des BAMF sowie dem Sozio- ökonomischen Panel am DIW Berlin vor, welche von Dezember 2015 bis März 2016 durchgeführt wurde. Zwar kann diese Studie aufgrund der qualitativen Forschungsmethoden keine repräsentativen Aussagen ableiten, dennoch wurden bestimmte Muster erkennbar, die sich nach Herkunftsländern stark unterscheiden[10].

Eine wichtige Rolle wird der Dauer des Krieges oder andere gewaltsame Konflikte in ihren Herkunftsregionen zugedacht. Ist den Menschen der Zugang zu Bildung sowie eine geregelte Erwerbstätigkeit bis vor kurzem in deren Herkunftsländern noch möglich gewesen, sind deren Bildungs- und Erwerbsbiografien deutlich fortgeschrittener und positiver zu vermerken als von Menschen aus langjährigen Kriegs- und Krisengebieten oder solchen, welche bereits in der zweiten Generation auf der Flucht sind.[11] So haben Asylerstantragsteller aus Syrien und dem Iran überdurchschnittlich oft eine universitäre oder sekundäre Bildung, wohingegen solche aus Mazedonien, Afghanistan und Serbien über ein eher geringes Bildungsniveau verfügen. Auch das Modellprojekt Early Intervention[12] wertete die durch die Teilnehmenden gewonnen Daten aus und kommt zu vergleichbaren Ergebnissen- auch hier ist keine repräsentative Aussage möglich.

1.2.1 Schulbildung und Studium

Rund ein Fünftel der befragten Asylerstantragsteller aller Herkunftsländer besuchte eine Hochschule, ein weiteres Fünftel ein Gymnasium. Jedoch wird von 1/5 der Befragten auch ein nur vierjähriger Schulbesuch und von 7 % gar kein Schulbesuch angegeben. Neben dem Herkunftsland scheint auch das Geschlecht eine Rolle beim Schulbesuch zu spielen. Der Anteil der männlichen Antragsteller, mit einem höhere Bildungs- oder Schulabschluss, ist bei nahezu allen Herkunftsländern weit höher als der der Frauen. Lediglich bei Antragstellern aus dem Iran haben mehr Frauen (46 %) als Männer (31 %) eine Hochschule besucht[13].

1.2.2 Berufsausbildung

Das BAMF erfragt neben der Schulbildung auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Hierbei wird ein Berufsabschluss im Sinne einer erworbenen Berufsausübung nicht erfragt bzw. berücksichtigt. 5 % aller volljährigen Antragsteller gaben jedoch an, zuletzt einen Lehrberuf ausgeübt zu haben. Ungefähr ein Drittel aller Asylerstantragsteller war zuletzt in ihrem Herkunftsland nicht erwerbstätig. Insgesamt waren 66 % der Personen mit und 64 % der Personen ohne Hochschulbesuch in ihren Herkunftsländern zuletzt erwerbstätig. Unter den Erwerbstätigen aller Herkunftsländer gingen 13 % einer Tätigkeit im Handwerk nach, 10 % arbeiteten als Hilfskräfte oder Privatangestellte. Eine der wenigen Erhebungen unter neu zugereisten Menschen wurde 2015 in drei niedersächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen durchgeführt[14]. Hierbei gaben knapp 40 % der Befragten an, über eine mindestens einjährige Berufserfahrung zu verfügen. 20 % berichteten von einer absolvierten Berufsausbildung. Die häufigsten genannten Arbeitsbereiche lagen in den Bereichen Handwerk, Industrie/Handel sowie Dienstleistung.

Inwieweit die erworbenen Qualifikationen und Schulabschlüsse auf dem deutschen Arbeitsmarkt nutzbar sind, ist schwer einzuschätzen. Die Bertelsmann Stiftung[15] geht davon aus, dass von den derzeit zuwandernden Geflüchteten möglicherweise 30-40 % über Berufserfahrung verfügen, die für den hiesigen Arbeitsmarkt verwertbar sind. Auch die unterschiedlichen Schul- und Bildungssysteme in den einzelnen Herkunftsländern erschweren eine adäquate Einschätzung der bereits erworbenen Kompetenzen.

1.3 Anerkennung von Abschlüssen

Die Anerkennung bereits im Herkunftsland erworbener Schul- oder Berufsabschlüsse stellt für viele Geflüchtete ein Problem dar. Nach der Studie der Bertelsmann Stiftung[16] können nur ein Viertel der Geflüchteten Zeugnisse vorlegen. Obwohl die deutsche Staatsbürgerschaft oder ein Aufenthaltstitel für Deutschland für die Anerkennung einer beruflichen Qualifikation nicht erforderlich sind, wollen sich viele Geflüchtete erst nach Anerkennung ihres Asylantrages mit der Thematik befassen.[17] Unsicherheiten in Bezug auf die Kostenübernahme der notwendigen Übersetzungsarbeiten und wage Kenntnisse in Bezug auf der daraus resultierenden Möglichkeiten sind maßgeblich verantwortlich. Umfassende Informationen bezüglich der Anerkennung von Abschlüssen werden durch das BAMF in verschiedenen Sprachen zur Verfügung gestellt. Das Verfahren selbst ist zumeist eine langwierige[18], bürokratische Hürde, welche viele Geflüchtete nach ihrer Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr/Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen: Kooperationsprojekt „Kompetenzen erkennen. Gut ankommen in Niedersachsen“ Ankunft zunächst nicht in Betracht ziehen, zumal mitunter ihre Unterlagen nicht mehr vorhanden sind.

2 Asylrecht und der Zugang zum Arbeitsmarkt

Das Asylrecht in Deutschland ist im Grundgesetz verankert und bietet jedem politisch Verfolgten einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Asyl. [19] Verschiedene Gesetze regeln die Bleiberechte und den draus resultierenden möglichen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Der Arbeitsmarkt ist in Bezug auf die Aufnahme von Geflüchteten sehr komplex und unterliegt zahlreichen Sonderbestimmungen. Aufgrund der verschiedenen Bildungsbiografien und beruflichen Voraussetzungen handelt es sich, wie in den vorangegangenen Kapiteln angedeutet, um eine sehr heterogene Gruppe, deren Arbeitsmarktchancen letztlich im Zusammenhang mit ihrem Aufenthaltsstatusstehen.

Verschiedene Begriffe sind bekannt und sorgen gleichzeitig für Verwirrung. Für den möglichen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt, aber auch für die Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Fördermaßnahmen oder ähnliches, ist der Status der Geflüchteten ausschlaggebend. Hierbei sind folgende Personengruppen zunächst zu benennen, um sodann den Status und Arbeitsmarktzugang derer zu erläutern. Das Asylverfahren ist im Hinblick auf die Arbeitsmarktintegration ein bedeutender Punkt.

2.1 Begriffe

Vor Antragsstellung wird von Asylsuchenden gesprochen, also Personen, die zunächst beabsichtigen, einen Asylantrag zu stellen und noch nicht als Asylantragstellende beim Bundesamt erfasst sind. Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die sich im Asylverfahren befinden und deren Verfahren noch nicht entschieden ist, werden unter dem Begriff Asylantragstellende geführt. Sie haben einen Antrag auf Asyl gestellt und befinden sich bereits im Verfahren. Schutzberechtigte sowie Bleibeberechtigte sind jene Personen, die eine Asylberechtigung, einen Flüchtlingsschutz oder subsidiären Schutz[20] erhalten oder aufgrund eines Abschiebungsverbots in Deutschland bleiben dürfen. Hier kommt oftmals der Begriff der Duldung[21] ins Spiel. Damit ist die „vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“ gemeint. Die Duldung stellt jedoch keine Aufenthaltserlaubnis dar. Es ist eine Bescheinigung, die ausreisepflichtigen Flüchtlingen nach Ablehnung ihres Asylantrages ausgestellt wird. Duldung bedeutet, dass die Zuweisung in die Kommune bestehen bleibt, die räumliche Beschränkung (Bewegungsfreiheit) weiter besteht und sogar noch stärker eingeschränkt werden kann, ein Familiennachzug ausgeschlossen ist und ein Arbeitsverbot eingetragen werden kann[22]. Die Duldung und auch die Aufenthaltsgestattung sind keine Aufenthaltstitel. Es handelt sich lediglich um Dokumente, mit denen ein Aufenthaltsstatus nachgewiesen wird. Die Aufenthaltsgestattung wird gem. § 61 Abs. 2 Asylgesetz im laufenden Asylverfahren gewährt. Nach positiv abgeschlossenem Asylverfahren ist von Aufenthaltserlaubnis[23] die Rede. Dies ist sodann auch ein gültiger Titel über den Aufenthalt.

2.2 Status und Leistungen

Das Asylrecht beinhaltet die gesetzliche Regelung zu allen im Asylverfahrene relevanten Aufenthaltsregelungen und Leistungen. Zunächst werden Antragstellende gemäß des Asylbewerberleistungsgesetzes mit Sachleistungen und ggf. Geldauszahlungen[24] in den Erstaufnahmeeinrichtungen versorgt. Hierbei entscheiden die Länder und Kommunen unterschiedlich, in welcher Form die Leistungen an die Geflüchteten ausgegeben werden. Die Unterbringung erfolgt zunächst in Erstaufnahmeeinrichtungen; während dieser Zeit erhalten sie existenzsichernde Sachleistungen und einen monatlichen Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse im Alltag. Nach Stellung ihres Asylantrags erhalten Antragstellende eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung. Diese weist sie gegenüber staatlichen Stellen als Asylantragstellende aus und belegt, dass sie sich rechtmäßig in Deutschland aufhalten. Die Aufenthaltsgestattung ist räumlich auf den Bezirk beschränkt (Residenzpflicht), in dem sich die zuständige Aufnahmeeinrichtung befindet. Eine ausführliche Darstellung der Leistungen ist im Rahmen dieser Arbeit nicht vorgesehen, vielmehr liegt das Augenmerk auf den Arbeitsmarktzugang, welcher im Nachfolgenden erläutert wird.

2.3 Zugang zum Arbeitsmarkt

Nicht anerkannte Geflüchtete unterliegen im Hinblick auf den Arbeitsmarktzugang dem Aufenthaltsgesetz und der Beschäftigungsverordnung. Hier haben sich in den letzten Jahren und Monate deutliche Verbesserungen ergeben. Auch das im Oktober 2015 in Kraft getretene Asylverfahrenbeschleunigungsgesetz sorgt u.a. dafür, sodass der Zugang z.B. zu Sprachkursen nun bereits solchen Geflüchteten zugestanden wird, welche noch nicht über eine Anerkennung verfügen (vgl. Kapitel 2.4). Der Status der Geflüchteten entscheidet maßgeblich über die Möglichkeiten, am deutschen Arbeitsmarkt teilzuhaben.

2.3.1 Personen mit Aufenthaltsgestattung

Personen mit einer Aufenthaltsgestattung wird ermöglicht, bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens, das heißt bis zur Entscheidung über den Asylantrag, in Deutschland zu leben und unter bestimmten Bedingungen zu arbeiten. Es gilt zunächst jedoch ein 3-monatiges Arbeitsverbot[25]. Ebenfalls 3 Monate ist der Zugang zu betrieblichen Ausbildungen sowie der Zugang zu Förderleistungen[26] nach dem SGB III untersagt. Darüber hinaus dürfen Personen mit einer Aufenthaltsgestattung, die verpflichtet sind in einer Aufnahmeeinrichtung[27] zu wohnen, grundsätzlich keiner Beschäftigung nachgehen. Nach Ablauf der 3 Monate ist theoretisch der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt möglich, wobei für weitere 15 Monate die sogenannte Vorrangprüfung[28] stattfindet. Erst nach Prüfung durch die Agentur für Arbeit in Bezug auf die Vorrangregelung sowie einer Überprüfung der Ausländerbehörde, kommt eine Genehmigung durch die Ausländerbehörde zur Aufnahme einer Tätigkeit in Frage. Hierbei können enorme zeitliche Verzögerungen entstehen. Zwar sieht die Arbeitsagentur eine Bearbeitung binnen 14 Tagen vor, doch diese ist kaum relevant, gilt sie ausschließlich für die antwortende Arbeitsagentur, nicht jedoch für die Ausländerbehörde. So kritisieren Bleiberechtsnetzwerke[29], dass solche Anträge vor der Weiterleitung zur Vorrangprüfung und nach Rücksendung durch die Arbeitsagentur bei der Ausländerbehörde unbearbeitet bleiben. Für potentielle Arbeitgeber, welche eine Stelle zügig besetzen wollen oder müssen, ein zusätzliches Hindernis. Personen mit einer Aufenthaltsgestattung und Personen mit einer Duldung können sich nach Ablauf des Arbeitsverbotes bei der örtlichen Arbeitsagentur arbeitsuchend melden. Sie haben zudem die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachzugehen. Auch Praktika können im Rahmen einer betrieblichen Ausbildung (mit Genehmigung der Ausländerbehörde) sowie im Rahmen einer schulischen Ausbildung (auch ohne Genehmigung) absolviert werden. Dies dient insbesondere des

[...]


[1] EASY System: eine Software, die die Verteilung der Asylsuchenden auf die Erstaufnahme-Einrichtungen in den Bundesländern regelt. Asylsuchende werden einer bestimmten Erstaufnahme-Einrichtung zugeordnet. Diese "Verteilung" stützt sich auf mehrere Kriterien und wird mit Hilfe des Systems "EASY" (Erstverteilung von Asylbegehrenden) ermittelt.

[2] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Asylgeschäftsstatistik, Stand Juni 2016

[3] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Aktuelle Zahlen zu Asyl, Ausgabe Mai 2016

[4] vgl. § 47 Abs. 1 S. 1 AsylVfG

[5] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Aktuelle Zahlen zu Asyl, Mai 2016

[6] der Flüchtlinge 2015 und 2016 zusammen gerechnet

[7] IAB Aktueller Bericht: Typisierung von Flüchtlingsgruppen nach Alter und Bildungsstand von 06/2016 6

[8] SoKo = Soziale Komponente

[9] BAMF Kurzanalyse Ausgabe 01/2016

[10] IAB Kurzbericht 15/2016: S. 4

[11] IAB Kurzbericht 15/2016: S. 4

[12] Early Intervention: Modellprojekt der Bundesagentur für Arbeit, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und das durch den europäische Sozialfonds geförderte Bundesprogramm XENOS Anfang 2014 initiiert um Flüchtlinge frühzeitig in Integrationsmaßnahmen einzubeziehen und ihre Potentiale stärker zu berücksichtigen.

[13] vgl. BAMF Kurzanalyse 03/2016, S. 6

[14] Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr/Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen: Kooperationsprojekt „Kompetenzen erkennen. Gut ankommen in Niedersachsen“

[15] Aumüller, 2015, S. 15

[16] Aumüller, 2015, S. 15

[17] IAB Kurzbericht 15/2016, S. 9

[18] Wenn alle Unterlagen vollständig sind, soll das Verfahren seit dem 1. Dezember 2012 in der Regel nicht länger als drei Monate dauern, wobei Übersetzungen Beglaubigungen etc. nicht mit gerechnet werden.

[19] Art. 16 a GG

[20] vgl. § 4 Asylgesetz; subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht wurden, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht.

[21] § 60a AufenthG

[22] vgl. Kapitel 2.3 Zugang zum Arbeitsmarkt

[23] §7 AufenthG

[24] gem. AsylBLG monatlich 352 Euro (Stand 08/2016)

[25] ab Äußerung des Asylgesuches

[26] Dies beinhaltet Maßnahmen zur beruflichen Aktivierung, Eingliederungszuschüsse, berufliche Weiterbildung, Einstiegsqualifizierung u.ä.

[27] Arbeitserlaubnis- Wohnverpflichtung kann für einen Zeitraum 6 Wochen bis max. 6 Monateausgesprochen werden

[28] vgl. Kapitel 2.5

[29] IvAF-Netzwerk „Bridge“, Berlin, Interview vom 04.12.2015 in Bertelsmann Stiftung: Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen: bestehende Praxisansätze und weiterführende Empfehlungen unter: http://www.bertelsmann- stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/28_Einwanderung_und_Vielfalt/Studie_IB_Arbeitsmarktintegration_ Fluechtlinge_2016.pdf (Aufruf 10.09.2016)

Ende der Leseprobe aus 81 Seiten

Details

Titel
Teilhabe durch Arbeit. Auftrag und Rolle der Sozialen Arbeit im Kontext der Arbeitsgelegenheiten für Geflüchtete
Hochschule
Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
81
Katalognummer
V352167
ISBN (eBook)
9783668385399
ISBN (Buch)
9783668385405
Dateigröße
1177 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Flüchtlinge, Arbeitsmarkt, Arbeitsgelegenheit, Teilhabe
Arbeit zitieren
Janina Papenbrock (Autor:in), 2016, Teilhabe durch Arbeit. Auftrag und Rolle der Sozialen Arbeit im Kontext der Arbeitsgelegenheiten für Geflüchtete, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/352167

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