Justinian I. Vom Sohn eines Bauern zum Herrscher der Einheit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Der Weg auf den Thron

3. Staatsmann oder Theologe? Kaiser Justinian und die Drei Kapitel

4. Justinians Wende: Vom Staatsmann zum Theologen

5. Justinian und die Verfolgung der Häretiker

6. Fazit

7. Verzeichnisse
7.1. Literaturverzeichnis
7.2. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

In der griechisch-orthodoxen Kirche wird Ἰουστινιανός noch heute als Heiliger verehrt. Am 14. November, der vermeintliche Todestag des einstigen Kaisers, wird dem byzantinischen Kaiser gedacht. Für Justinian war klar: Er war ein Kaiser ἐκ θεου, also von Gott eingesetzt. [1] In seiner 38-jährigen Herrschaft, von 527 bis 565, hat der Kaiser viel geleistet: Neben der annähernden Wiederherstellung des Imperium Romanum um 555 mit dem Sieg über die Westgoten und der Einführung des orthodoxen Christentums als Staatsreligion, erschuf Justinian den Codex Justinianus, eine Gesetzesansammlung, auf der zum Beispiel auch der Code Civil von Napoleon aufbaute [2] .

Dennoch gibt es genug Aspekte, die auch gegen den Kaiser sprechen: Seine harsche Verfolgung aller, die nicht gewillt waren, seiner Ansicht des orthodoxen Glaubens zu folgen. Dabei machte er nicht einmal vor den höchsten religiösen Rängen Halt: Er brachte es sogar soweit, dass der Papst seit Pelagius I. (556-561) – den Justinian selbst einsetzte – die kaiserliche Anerkennung benötigte, um Papst werden zu dürfen. [3] Des Weiteren ließ Justinian seine Staatsgeschäfte immer weiter schleifen, während er sich immer mehr als Theologe engagierte. [4] Freiheit im Glaube? Fehlanzeige. Doch genau das wollte Justinian verhindern. Justinian hatte drei große Ziele: die „renovatio imperii“ [5] , also die Fusion von Westrom und Ostrom, das orthodoxe Christentum als einheitliche Staatsreligion, sowie die Vereinheitlichung des Rechts durch den Codex Justinianus, [6] ergo: Die Reichs-Religions-Rechtseinheit.

Die folgende Hausarbeit soll den Fokus darauf legen, inwieweit Justinian es geschafft hat, eine Religionseinheit zu schaffen. Dabei werden die beiden anderen Aspekte, die Reichs- und die Rechtseinheit nur beiläufig behandelt. Hinterher soll die Frage geklärt werden, ob Justinian es geschafft hat, seine Auffassung des richtigen Glaubens als Staatsreligion zu etablieren. Dabei soll auch der Konflikt zwischen West- und Ostrom eine Rolle spielen. Zudem soll Justinians Ziele daraufhin analysiert werden, inwieweit ihm die Reichseinheit oder die Religionseinheit wichtiger war. Dafür wird zunächst der Weg Justinians zum Kaiserthron geschildert. Anschließend wird überprüft, inwiefern in Justinian der Staatsmann wichtiger als der Theologe war oder umgekehrt. Folgend wird seine Regierungszeit nach 542 analysiert, die sehr von den Katastrophen der Jahre 539 bis 542 geprägt waren. Hierbei soll erklärt werden, wie es zu der Veränderung seiner Politik kam und was dies zu bedeuten hatte. Hierzu wird die spezifische Fachliteratur unter anderem vom Althistoriker Mischa Meier herangezogen, der sich mit diesen Themen in seinen Büchern Das andere Zeitalter Justinians und Justinian. Herrschaft, Reich, Religion außerordentlich beschäftigt hat. Des Weiteren wird Hamilcar Alivisatos zitiert, der mit seinem Buch Die kirchliche Gesetzgebung des Kaisers Justinian I. eine Zusammenfassung der kirchlichen und religiösen Gesetze Justinians erstellt hat. Damit fällt die Übersicht über die Gesetze im Hinblick auf die Kirche leichter. Zudem werden die Quellen des Procopius von Caesarea sowie des Kirchenhistorikers Evagrius Scholasticus herangezogen, um so eine bessere Analyse zu ermöglichen. Die Quellen sind jedoch mit Vorsicht zu lesen: Procopius' Werk Anekdota ähnelt sehr einer Hasstirade auf den Kaiser, weshalb man ihm nicht jedem Wort Glauben schenken darf und die Quellen daher eine kritische Analyse durchlaufen müssen. Daher ist die Quellenlage zu Justinian als kritisch zu betrachten. Es gibt nur einige wenige Quellen zu Justinian und einige davon sind subjektiv bewertet, wodurch eine Auswertung schwer wird.

Um den Rahmen der Hausarbeit nicht zu sprengen, wird auch nur auf die Regierungszeit Justinians als Alleinherrscher mit seiner Frau Theodora eingegangen, obgleich er schon unter seinem Onkel Justin eine hohe Machtposition innehatte. Ebenfalls sollte darauf hingewiesen werden, dass viele Aspekte der Verfolgung, also eine genauere Behandlung der Verfolgungen, ebenfalls aufgrund der Rahmeneinhaltung ausgeschlossen sind.

Das folgende Kapitel soll nun der Einführung dienen, weshalb die Thronbesteigung Justinians beschrieben wird.

2. Der Weg auf den Thron

Unter Justinian erlebte das byzantinische Reich seinen machtpolitischen Höhepunkt. Unter ihm blühte die Baukunst mit der Hagia Sophia auf und das orthodoxe Christentum wurde nun auch offiziell Staatsreligion. Auch das weströmische Reich konnte hoffen, war eines von Justinians Ziele, das Imperium Romanum wiederherzustellen.[7]

Justinian war in vieler Hinsicht alles andere als ein typischer Kaiser. Er entstammte keinem Adelsgeschlecht. Geboren wurde Justinian als „Flavius Petrus Sabbatius“[8] „in Tauresium, einem kleinen Dorf zwischen Illyricum und Macedonien“[9] im heutigen Serbien. Sein Vater, Istok genannt,[10] war ein Bauer. Dank der Kinderlosigkeit seines Onkels, Kaiser Justin, wurde Flavius Petrus Sabbatius nach Konstantinopel geholt, wo er einen raschen Aufstieg erfuhr,dem er seinen Onkel zu verdanken hatte. Nach seiner Adoption nannte sich Flavius aus Dank Flavius Petrus Sabbatius Justinianus.[11] Aufgrund der Bildung, die Justinian erfahren hatte, konnte oder durfte er bereits unter seinem Onkel mitregieren, um Erfahrung zu sammeln. John Julius Norwich spricht dem jungen Kaiserneffen in seiner Monographie „Byzanz“ bereits einige Verdienste aus der Regierungszeit Justins zu: Unter anderem soll Justinian bereits bei der Inthronisation Justins mitgewirkt haben. Die Versöhnung zwischen dem durch das Schisma getrennte Papsttum und dem orthodoxen Osten sei ebenfalls auf Justinian zurückzuführen.[12] Mischa Meier widmet der Politik Justinians unter Justin I. gar ein eigenes Kapitel und begründet die Politik mit der Festigung der Politik Justins. Sollte Justin gestürzt werden, wäre für Justinian die Nachfolge eher unwahrscheinlich gewesen.[13]

Flavius Justinianus hatte früh gemerkt, dass er seine Macht beweisen musste, Justin vertraute seinem Neffen fast blind. Er habe ohnehin nie versucht, sich seinem Neffen entgegenzustellen.[14] Daher hatte Justinian früh schon großen Einfluss auf das Byzantinische Reich. Wollte er allerdings nicht, wie sein Onkel, kinderlos bleiben, so brauchte er eine Frau.

Justinian hatte in Konstantinopel schnell eine Frau gefunden: Theodora. Auch sie entstammte keiner Adelsfamilie, Schauspieler aus der Zirkuswelt waren in der Spätantike zumindest gesellschaftlich von niedrigem Stand. Dennoch wollte Justinian Theodora heiraten. Allerdings verbot zunächst das Gesetzt von Augustus, dass ein Mensch aus höherem Stand keine aus dem Niederen heiraten darf die Hochzeit. Dies war allerdings nicht das größte Problem, allein weil es durch Justin so abgeändert wurde, dass sein Neffe Theodora heiraten konnte. John Julius Norwich stellt in seiner Monographie „Byzanz“ ein ganz anderes Problem auf: Euphemia, die Frau von Justin, war selbst nur eine Bäuerin. Dass jetzt eine Frau noch niederer Herkunft ihre Nachfolgerin werden soll, hielt sie für ausgeschlossen. Doch mit ihrem Tod 524 n. Chr. war der Widerstand gegen die Hochzeit gebrochen.[15]

Nur drei Jahre später, am 1. August 527 n. Chr., starb Justin und gleichzeitig wurde Justinian und Theodora zu den Nachfolgern. Denn Justinian erhob Theodora zur Augusta, also zur Mitregentin und gab ihr die gleichen Rechte, wie sie ein Kaiser besaß, was sehr ungewöhnlich gewesen war.[16] Wie die Mitregentschaft gewesen sein muss, ist heute nur schwer nachzustellen. Laut Prokop war Theodora alles andere als eine gute Regentin. Ihre Jugend und präkaiserliche Zeit stellt er in einem außerordentlich schlechtem Licht dar. Sie sei ein „Weib [ohne] irgendwelche Scham“[17], was noch eine der nettesten Formulierungen in diesem Werk ist. Die Anekdota des Prokop sollte man deshalb mit größter Vorsicht genießen, ähnelt sie doch eher einer subjektiven Hasstirade auf das Herrscherpaar. Andere Quellen berichten über Bauten wie Krankenhäuser, Kirchen und Klöster, die sie habe errichten lassen.[18]

[...]


[1] Vgl.: Mischa Meier: Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr.. Bd. 147:Hypomnemata. Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben, Göttingen 2003, S.118-137.

[2] Vgl. Ludwig Könemann (Hg.): Historica. Der große Atlas der Weltgeschichte mit über 1200 Karten, Bath 2009, S. 266.

[3] Vgl. Karlheinz Deschner: Kriminalgeschichte des Christentums, Bd. 2: Die Spätantike. Von den katholischen <<Kindeskaisern>> bis zur Ausrottung der arianischen Wandalen und Ostgoten unter Justinian I. (527-565), Hamburg 1988, S. 371.

[4] Vgl. Meier: Zeitalter, S. 101.

[5] Aus dem Vorwort von: Justinian: Codex Justinianus, ausgewählt und herausgegeben von Gottfried Härtel und Frank-Michael Kaufmann, Leipzig 1991, S. 17.

[6] s. Anm. 5.

[7] Vgl. Härtel, Georg: Codex Justinianus, Leipzig 1991, S. 17.

[8] Härtel: Codex, S. 16.

[9] Hamilcar S. Alivisatos: Die kirchliche Gesetzgebung des Kaisers Justinian I., Aalen 1973, S.1.

[10] Vgl. Alivisatos: Gesetzgebung, S.1.

[11] Vgl. Alexander Demandt: Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284-565 n. Chr. , 2. vollständig überarbeitete Auflage, München 2007, S. 234.

[12] Vgl. Norwich, John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des Oströmischen Reiches, Düsseldorf 1993, S.219ff. .

[13] Vgl. Meier, Mischa: Zeitalter, S. 185-190.

[14] Norwich: Byzanz, S. 225.

[15] Vgl. Norwich: Byzanz, S.224 f. ; vgl. auch: Alivisatos:Gesetzgebung, S. 2.

[16] Vgl. Norwich: Byzanz, S. 225.

[17] Prok.Caes.: Anekdota, Griechisch-Deutsch ed. Otto Veh,, IX,10-15.

[18] Demandt: Spätantike, S.254.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Justinian I. Vom Sohn eines Bauern zum Herrscher der Einheit
Hochschule
Universität Siegen
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
13
Katalognummer
V351883
ISBN (eBook)
9783668382879
ISBN (Buch)
9783668382886
Dateigröße
539 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Justinian;, Byzanz;, römisches Reich;, Christentum;
Arbeit zitieren
Michalis Christogeros (Autor:in), 2012, Justinian I. Vom Sohn eines Bauern zum Herrscher der Einheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/351883

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