Targeted Killing in der Terrorismusbekämpfung. Legitime Methode neuer Kriegsführung?


Hausarbeit, 2016

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsbestimmungen
2.1 „Targeted Killing“
2.2 Terrorismus

3. Die völkerrechtliche Legitimität
3.1 Der „bewaffnete Angriff“ „ius ad bellum“
3.2. Targeted Killing
3.2.1 In international bewaffneten Konflikten „ius in bello“
3.2.2 In nicht - international bewaffneten Konflikten
3.2.3 Außerhalb bewaffneter Konflikte

4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der internationale und transnationale Terrorismus rückt immer weiter in den Fokus politischen, gesellschaftlichen und medialen Diskurses. Waren noch in den 1980er Jahren vor allem Staaten für den internationalen Terrorismus verantwortlich zu machen, sind es nunmehr private Gruppen, die den Terror zu ihrem Credo erklärt haben (Höfer 2013: 1). Diese zu transnationalen Netzwerken angewachsenen privaten Gruppen und Personen stellen eine Hauptbedrohung für die nationale und internationale Sicherheit im 21. Jahrhundert dar (Florack 2010: 1). Die Entstehung international organisierter und heimlich agierender Terrornetzwerke fordern staatliche Polizei und militärische Streitkräfte gleichermaßen heraus (Strüwer 2010: 41). Diese veränderten Strukturen haben direkte Folgen auf die Abwehr und Bekämpfung von Terroristen und Terrorverdächtigen durch staatliche Maßnahmen. Im Zeitalter dieser „neuen Kriege“ oder „asymmetrischen Konflikte“, greifen Staaten in ihren Maßnahmen zur extraterritorialen Terrorismusbekämpfung zunehmend auf das Mittel des „Targeted Killing“ zurück.

Vor allem Israel und die USA setzen vermehrt auf die gezielte Tötung von Individuen als Teil ihrer operativen Strategie. Laut der israelischen Menschenrechtsorganisation B´Tselem hat Israel auf diese Weise bereits mehr als 450 Menschen getötet (vgl. Heinz 2014: 5). Darunter auch der geistige Hamas Führer Scheich Ahmed Yassin und sein Nachfolger Abdel Aziz Rantisi, welche beide durch Luftangriffe der israelischen Streitkräfte gezielt getötet wurden (Strüwer 2010: 42). Die US-Senatorin Lindsey Graham bestätigte im Februar 2013 sogar insgesamt 4700 gezielte Tötungen allein durch Drohneneinsatz der amerikanischen Streitkräfte (vgl. Heinz 2014: 5). Anwar al-Awlaki und Samir Khan sind hier nur zwei der bis heute weitaus mehr als viertausend-siebenhundert getöteten Individuen. Die gezielte Tötung von Terroristen ist damit eines der zahlreichen Mittel staatlicher (Re)Aktion im sogenannten „Krieg gegen den Terrorismus“ geworden und vereint einige der aktuellen Probleme der internationalen Terrorismusbekämpfung, sowohl auf zwischenstaatlicher Ebene, als auch auf Ebene der individuell betroffenen Personen (Schmitz-Elvenich 2008: 2). Das Mittel, welches für die gezielte Tötung ergriffen wird, wie der Einsatz von Drohnen im Fall von Anwar al-Awlaki, der Einsatz eines Hubschraubers im Fall von Abdel Aziz Rantisi oder der Einsatz von Special Operation Forces, wie dies in Afghanistan oftmals der Fall ist, soll hier jedoch nicht Schwerpunkt der Arbeit sein und wird deshalb vernachlässigt.

Historisch betrachtet ist die gezielte Tötung durch Staaten und Regierungen jedoch nicht neu. Schon immer griffen Staaten auf das Mittel der gezielten Tötung ihrer Feinde zurück. Neu sind die Faktoren und das Ausmaß, welche das „Targeted Killing“ zu einer neuen Form der Kriegsführung macht. So beschreibt es Armin Krishnan für welchen die gezielte Tötung zu einem „Akt der nationalen Selbstverteidigung“ wird (Krishnan 2012: 14). Diese Praxis der präventiven Selbstverteidigung ist dabei höchst umstritten, von einer generellen Unterstützung und einer völkerrechtlichen Legalität bis hin zu der Einstufung einer außergerichtlichen Hinrichtung wird unter Rechtsexperten ein breites Spektrum an Meinungen vertreten (Strüwer 2010: 42f.).

Hierbei bilden das humanitäre Völkerrecht sowie die Menschenrechte den rechtlichen Rahmen der Problemdarstellung. Zwei wesentliche Hauptproblemfelder sind dabei zu identifizieren. Erstens, dass gezielte Töten von Privatpersonen als staatlicher Akt, sprich die rechtliche Frage nach dem Schutz des Individuums vor staatlichen Übergriffen. Sowie zweitens die gezielte Tötung eines Staates außerhalb des eigenen Staatsgebietes, sprich die Frage, wann hat ein Staat das Recht eine gezielte Tötung auf dem Staatsgebiet eines anderen Staates durchzuführen. Diese Fragen möchte ich in folgender Arbeit beantworten. Meine Fragestellung lautet daher „Ist die Methode des „Targeted Killing“ als Teil der extraterritorialen Terrorismusbekämpfung von Staaten völkerrechtlich legitim?“

Um diese Frage zu beantworten, wird im Folgendem zunächst auf die Begriffe „Targeted Killing“ und Terrorismus eingegangen, bevor die völkerrechtliche Legitimation einer militärischen Aggression und einer gezielten Tötung im speziellen thematisiert wird.

2. Begriffsbestimmungen

2.1 „Targeted Killing“

Für den Sachverhalt einer gezielten Tötung eines oder mehrerer Individuen, durch einen staatlichen Akt wird in der Fachliteratur ein breites Feld an Begrifflichkeiten angeführt. Ausdrücke wie „state-sponsored assassinations“ und „extrajudical killings“, aber auch Begriffe wie „präventives Töten“, „preemtive killing“ und „strategic elimination“ sind die einige dieser Begriffe (vgl. Strüwer 2010: 47). Dabei bestimmt jedoch oftmals bereits die Begrifflichkeit eine Wertung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Sachverhalts. So bezeichnet beispielsweise der Begriff „assassination“ ein politisches Attentat auf Staatsoberhäupter, Regierungsvertreter oder ähnliches (Schmitz-Elvenich 2008: 11). Elisabeth Strüwer geht in ihrer Analyse dieser Begrifflichkeit noch weiter und setzt den Begriff „assassination“ in den Kontext des Rechts in bewaffneten Konflikten. Sie stellt heraus, dass in diesem Kontext der Begriff, das Töten durch heimtückische Art oder perfide Mittel, darstellt und auch international mit einer prinzipiellen illegalen Aggression oder Mord gleichgesetzt wird (vgl. Strüwer 2010: 47f). Auch der Begriff „extrajudicial killing“ ist in seiner Formulierung des „außergerichtlichen“ bereits in einer Wertung, welche eine spätere Beurteilung des Sachverhalts beeinflussen könnte (Schmitz-Elvenich 2008: 11). Die Begriffe „preemtive killing“ und „strategic elemination“ sind jedoch ebenfalls nicht wertfrei; diese lehnen sich an eine strategische, präventive Selbstverteidigung des durchführenden Staates und werten den Akt bereits in seiner Begrifflichkeit als Selbstverteidigung. Aufgrund dieser wertenden Begrifflichkeit ist es aus wissenschaftlicher Perspektive erstrebenswert einen weitgehend neutralen Begriff für den vorliegenden Sachverhalt zu finden. Der Begriff „Targeted Killing“ oder „gezielte Tötung“ kann diese Wertfreiheit aufweisen. Der Begriff beschreibt lediglich den Sachverhalt eines gezielten und individualisierten Vorgehens eines Staates, welcher zum Tod des Individuums führt oder führen soll (Schmitz-Elvenich 2008: 12). Des weiteren ist die Durchführung dieser Tötung in der Regel eine militärische Aktion mit begrenztem Umfang (Strüwer 2010: 47). Ausnahmen bilden hier beispielsweise Aktionen von Geheimdiensten wie der Abteilung Kidon des israelischen Mossad, welche speziell für Attentate und gezielte Tötungen zuständig ist. In einer gezielten militärischen Aktion zur gezielten Tötung ist die Besonderheit der Aktion jenes, dass das Ziel die individualisierte Tötung ist und diese Tötung nicht aus einer militärischen Aktion mit anderer Zielsetzung heraus durchgeführt wird. Armin Krishnan definiert gezielte Tötungen in diesem Zusammenhang als einen formalen Prozess, mit dem Ziel der Tötung eines Menschen außerhalb des eigenen Staatsgebietes, durch eine legitime Regierung (Krishnan 2012: 14). Nils Melzer hingegen kategorisiert eine gezielte Tötung in fünf Elemente, ähnlich wie es in einigen Definitionen zum Terrorismus gehandhabt wird, denn auch eine gezielte Tötung hat nach Melzer kumulierte Elemente, die für eine legale Tötung gegeben sein müssen (vgl. Melzer 2009: 3ff.). Der Begriff des „Targeted Killing“ bezieht sich dabei jedoch nicht zwangsläufig auf die Terrorismusbekämpfung sondern kann auch auf sonstige Tötungen bezogen werden. Da jedoch der Schwerpunkt auf dem Fokus der Terrorismusbekämpfung liegt, soll im folgendem der Begriff Terrorismus in diesem Zusammenhang erläutert werden.

2.2 Terrorismus

Der Begriff des internationalen oder transnationalen Terrorismus ist, wie der Begriff des „Targeted Killing“, höchst umstritten. Eine international offiziell anerkannte Definition konnte bis heute noch nicht gefunden werden. Im politikwissenschaftlichen Diskurs wird bereits vom Terrorismus der „Dritten Generation“ gesprochen. Was jedoch die meisten dieser Definitionen oder Annäherungsversuche gleich beabsichtigen zu verdeutlichen, ist der Vorstoß von nichtstaatlichen Gewaltakteuren in Sphären die zuvor lediglich Staaten vorbehalten waren (vgl. Schmitz-Elvenich 2008: 5). Auf diese Herausforderung reagierten Staaten wie die USA oder Israel in ihren Maßnahmen zur extraterritorialen Terrorismusbekämpfung vermehrt mit der Durchführung gezielter Tötungen. Angelehnt an die Fragestellung dieser Arbeit ist es jedoch für eine völkerrechtliche Einordnung des „Targeted Killing“ irrelevant, welche Definition von Terrorismus oder Terrorist für die vorliegende Arbeit gewählt wird. Das Völkerrecht unterscheidet lediglich in Kombattanten und Zivilisten (vgl. Strüwer 2010: 49). Was den Begriff des Terrorismus außen vor lässt, da der Schwerpunkt trotzdessen auf der gezielten Tötung von Terrorverdächtigen und Terroristen liegt, soll im weiteren Verlauf folgende Definition für den Begriff Terrorist oder Mitglied einer terroristischen Organisation gelten: Ein Terrorist oder Terrorverdächtiger ist eine Person die Gewalttaten gegen die Zivilbevölkerung, zivile Einrichtungen, militärisches Personal oder militärische Einrichtungen in der Absicht begeht, Schrecken unter der Zivilbevölkerung und so politischen Druck für ihr Ansinnen zu erzeugen (Strüwer 2010: 50).

3. Die völkerrechtliche Legitimität

Die Durchführung einer gezielten Tötung als Maßnahme der extraterritorialen Terrorismusbekämpfung von Staaten bedarf zwei Legitimationsgrundlagen, welche sich an die zwei Hauptproblemdarstellungen anlehnen. Erstens die zwischenstaatliche Dimension, die Legitimation eine militärische Maßnahme auf dem Staatsgebiet eines anderen Staates durchzuführen. Zweitens die Dimension des Schutzes des Individuums und seiner Menschenrechte, demnach die Legitimation einen Menschen gezielt zu töten. Als Grundbedingung für diese gezielte Tötung sollen dementsprechend zunächst die Kriterien einer Legitimation militärischer Aggression auf fremdem Staatsgebiet erläutert werden, bevor die gezielte Tötung an sich zum Themenschwerpunkt werden kann.

3.1 Der „bewaffnete Angriff“ „ius ad bellum“

Für einen bewaffneten Angriff auf fremdem Hoheitsgebiet kommen zwei zentrale Szenarien in Frage. Entweder der Staat, auf welchem die Maßnahme durchgeführt wird, willigt einer solchen Operation ein oder aber der Staat lehnt diese Maßnahme ab.

[...]

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Details

Titel
Targeted Killing in der Terrorismusbekämpfung. Legitime Methode neuer Kriegsführung?
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
17
Katalognummer
V351881
ISBN (eBook)
9783668383975
ISBN (Buch)
9783668383982
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Militär, Völkerrecht, Kriegsführung, Gezielte Tötung, Targeted Killing
Arbeit zitieren
Maximilian Krause (Autor:in), 2016, Targeted Killing in der Terrorismusbekämpfung. Legitime Methode neuer Kriegsführung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/351881

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