André Gides "Les faux-monnayeurs". Die Symbolik der Falschmünzerei

„Nicht alles, was glänzt, ist Gold.“


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Falschmünzerei
2.1.1. Das Thema der Falschmünzerei in „Les faux-monnayeurs“
2.2. Die Symbolik der Falschmünzerei
2.2.1. Die Symbolik der Falschmünzerei in „Les faux-monnayeurs“

3. Schluss

4. Quellen

1. Einleitung

In André Gides „Les faux-monnayeurs“ steht, wider dem Titel, nicht das Thema der „Falschmünzerei“ im Mittelpunkt der Erzählung. Vielmehr geht es um den allgemeinen Konflikt von Realität und Schein; die Symbolik der Falschmünzerei in Bezug auf das menschliche Leben.

„Je commence à entrevoir ce que j’appellerais le <<sujet profond>> de mon livre. C’est, ce sera sans doute la rivalité de monde réel et de la représentation que nous nous en faisons. La manière don’t le monde des apparances s’impose à nous et don’t nous tentons d’imposer au monde extérieur notre interprétation particulière, fait le drame de notre vie.” [1]

So fasst die Romanfigur Édouard, welche Autor ist und einen Roman mit gleichnamigen Titel zu schreiben vorhat, seine Vorstellung des Hauptthemas zusammen. Damit trifft er genau den Kern der „faux-monnayeurs“ von Gide: Den Konflikt der wirklichen Welt und der Vorstellung, die wir uns von ihr machen.

Die Figuren präsentieren stets ein bestimmtes Bild von sich nach außen. Die damit verbundenen Verhaltensweisen wollen sie so „beherrschen“, dass sie von anderen für wahrhaftig; den Kern ihrer Persönlichkeit gehalten werden. Teilweise wissen die Personen selbst nicht mehr, wann sie eine Rolle spielen und wann nicht.

Die Oberflächlichkeit der Menschen erlaubt, dass dieses Prinzip leicht funktioniert.

Kleine Makel können jedoch das Innere durchscheinen lassen und die Falschheit der Oberfläche demonstrieren.

Dieses menschliche Phänomen ähnelt ganz dem Prinzip der eigentlichen „Falschmünzerei“.

Strebend nach dem großen Wert echten Geldes, hat das Herstellen von Falschgeld das Ziel einen bestimmten Wert zu imitieren. Nur wenn die Fälschung gut genug ist, kann sie sich unbemerkt fortbewegen.

Anhand dieser Arbeit soll die Symbolik der „Falschmünzerei“ in André Gides „Les faux-monnayeurs“ Anhand verschiedener Aspekte herausgestellt werden.

Dazu wird zunächst erklärt, was die eigentliche „Falschmünzerei“ bedeutet und in wie fern dieses Thema explizit im Roman aufgegriffen wird. Anschließend wird genauer darauf eingegangen, wofür die Falschmünzerei symbolisch stehen kann, und letztendlich wird dies anhand einiger im Roman aufgeführten Beziehungen und Ideale festgemacht.

2. Hauptteil

2.1. Falschmünzerei

Etwas „Falsches“ stellt immer eine Imitation, eine künstliche Nachbildung dar.[2] Damit kann eine Fälschung nur zustande kommen, wenn ein Original dessen bereits existiert.

Als „Falschgeld“ bezeichnet man somit nachgeahmte Geldscheine oder Münzen, die äußerlich kaum bis gar nicht vom Echten zu unterscheiden sind.

Die unberechtigte Herstellung und das in Umlauf bringen dieses nur scheinbar wertvollen Geldes nennt man Falschmünzerei.[3]

2.1.1. Das Thema der Falschmünzerei in „Les faux-monnayeurs“

Anders als der Titel es erwarten lässt, handelt André Gides Roman „Les faux-monnayeurs“ nicht hauptsächlich von dem Handel mit Falschgeld. Vielmehr geht es um die Symbolik der Falschmünzerei im Bezug auf das ganze menschliche Leben, worauf im nächsten Kapitel genauer eingegangen werden soll.

Jedoch findet sich an einigen wenigen Stellen doch die eigentliche falsche Münze wieder.

Édouard befindet sich mit Bernard und Laura in Saas-Fee.

Édouard berichtet in der Gegenwart der beiden und einer weiteren Frau von seinem Buch. Als er den Titel seines Romans, „Die Falschmünzer“, versucht zu rechtfertigen, wird die falsche Münze zum ersten Mal thematisiert.

Die beiden Frauen hatten noch nie eine falsche Münze in der Hand (Jedenfalls sind sie der festen Überzeugung dessen).[4] Édouard versucht ihnen deren Phänomen zu verdeutlichen.

„Eh bien! Imaginez une pièce d’or de dix francs qui soit fausse. Elle ne vaut en réalité que deux sous. Elle vaudra dix francs tant qu’on ne reconnaîtra pas qu’elle est fausse. Mais si donc je pars de cette idée que…” [5]

Er versucht anhand des reellen Wertes den Unterschied zwischen echter und falscher Münze darzustellen. An Fakten mangelt es ihm. Das Einzige, was bereits klar wird ist, dass eine Unterscheidung schwer fällt und das Falschgeld unbemerkt weitergereicht werden kann. Der junge Bernard schafft Abhilfe, und holt ein Geldstück aus seiner Tasche. Er war zuvor von einem Verkäufer hereingelegt worden, der ihn schließlich aber noch über die Falschheit der Münze informierte. Bernard kaufte ihm die Münze ab um sie Édouard, dem Autor „der Falschmünzer“ geben zu können.[6]

„Mais pourquoi partir d’une idée? […] Écoutez comme elle sonne bien. Presque le même son que les autres. On jurerait qu’elle est en or. J’y ai été pris ce matin, comme l’épicier qui me la passait y fut pris[…] Elle n’a pas tout à fait le poids, je crois; mais elle a l’éclat et presque le son d’une vraie pièce; son revêtement est en or, de sorte qu’elle vaut pourtant un peu plus de deux sous; mais elle est en cristal. À l’usage, elle va devenir transparante. Non, ne la frottez pas; vous me l’abîmeriez. Déjà l’on voit presque au travers.” [7]

Bernard verdeutlicht das wahre Problem: Der äußerliche Schein trügt so sehr, dass der Sinn für andere Merkmale der „Echtheit“ verloren geht. Wenn selbst der Verkäufer, der ständig im Umgang mit Geld ist, nicht direkt den Unterschied zu erkennen vermag, so wird jeder andere auch darauf hereinfallen. Auch die beiden Damen können nicht weiter sicher sein, vielleicht doch bereits eine Fälschung in der Hand gehabt zu haben.

Man ist vom Glanz der Stücke so sehr geblendet, dass man die kleinen aber feinen Unterschiede zum Original kaum auszumachen vermag. Bernard kann, obwohl er das falsche Stück zu Händen hat, nicht sicher sagen, woran man den Unterschied erkennt, ist es das Gewicht? Oder der Ton?

Nur im häufigen Gebrauch kann die Fälschung nicht bestehen. Irgendwann ist die goldene Hülle abgenutzt und lässt den eigentlichen, weitaus weniger wertvollen Kern durchscheinen.

Ein weiteres Mal tauchen die falschen Münzen in Zusammenhang mit Schülern der Pension Vedel auf.

Léon Ghéridanisol, kurz Ghéri, ist unter den Schülern der Angesehenste. Er ist nicht besonders groß oder stark, jedoch etwas älter und reifer als seine Mitschüler, und, was ihn besonders interessant macht, er besitzt ein großes Maß an Keckheit und Unverschämtheit.[8] Seine Mitschüler, insbesondere Georges Molinier und Philippe Adamati, nehmen ihn als Vorbild und lassen sich dazu verleiten Falschgeld unter die Leute zu bringen.[9]

Dies gilt als eine Art Mutprobe unter den Jugendlichen. Die Jungen möchten sich mit ihrem Vorbild auf gleiches Niveau bewegen, gleichzeitig merken sie, wie einfach es doch ist falsche Münzen unbemerkt loszuwerden.

„Il se tourne vers Georges, qui tient une petite pièce dans sa main fermée. «Chiche, que j’y vais!»

[…]

-Tu l’as passée?

-Parbleu!

-On ne t’a rien dit?

[…]

-Et on t’a rendue la monnaie?

[…]

Georges sort l’argent de sa poche. Philippe compte: les sept francs y sont.“ [10]

Philippe, kurz Phiphi, hatte sich zunächst nicht getraut, die Tat selbst zu begehen[11], doch nachdem er sieht, welch leichtes Spiel es ist, das falsche Geld loszuwerden, und auch weil Georges nach der Tat keinerlei Zweifel zu haben scheint, möchte er es ebenfalls probieren. Doch der Anführer, Ghéri, bestraft ihn nun für seine vorherige Feigheit mit Missachtung.[12]

Damit wird dem jungen Phiphi von einem schlechten Vorbild die Illusion auferlegt, dass man gar nicht erst überlegen soll, bevor man etwas Falsches tut. Ihm wird vermittelt, dass es das Normalste der Welt ist, Fälschungen in den Umlauf zu bringen.

Ghéri hat keine Probleme das Geld selbst unter die Leute zu bringen, doch im Namen seines Onkels Strouvilhou sucht er Mitschuldige aus guten Elternhäusern. Solche, deren Familien im Falle des Auffliegens alles dafür geben würden, um die Sache zu vertuschen, da sie kein negatives Aufsehen erregen wollen.[13]

Eben dieser Punkt wird in den folgenden Kapiteln weiter aufgefasst: Das krampfhafte Verlangen den äußeren Schein zu wahren und „Minderwertiges“ zu vertuschen.

2.2. Die Symbolik der Falschmünzerei

Symbolisch steht die Falschmünzerei für das „falsche Spiel“ der Menschen. Sie geben den Anschein, jemand anderes zu sein, als sie wirklich im Innersten sind.

Die Menschen haben Ideale im Kopf, denen sie nacheifern. Die Menschen versuchen den Wert dieser Ideale nachzuahmen um ebenso wertvoll zu scheinen. Sie fälschen die eigenen Bedürfnisse und Gefühle oder imitieren gar die von anderen.

Die Problematik ist jedoch, dass man sich leicht vom Schein trügen lässt, falschen Idealen und Vorbildern nacheifert, und man seine eigene Seele, den tiefen Kern des menschlichen Wesens vernachlässigt, um eine fremde Hülle anzunehmen.

Dieser Vorgang spielt sich ab wie bei der eigentlichen Falschmünzerei auch.

Unberechtigt eignet man sich Werte und Eigenschaften anderer an und trägt diese in die Welt, als seien es die eigenen, wahrhaftigen.

Für die Mitmenschen ist es damit nur noch schwer möglich zu erkennen, wer seiner Natur entsprechend handelt und wer nicht. Niemand kann sich sicher sein, ob der Gegenüber „echt“ ist. Doch die künstliche Nachbildung bröckelt im Gebrauch immer wieder, weil der echte Kern irgendwann über die falsche Hülle triumphiert. Das wahre Gesicht des Trägers wird immer mal wieder, mehr oder weniger, durchscheinen.

Im Folgenden werden die verschiedenen Aspekte der symbolischen Falschmünzerei, des „falschen Spiels“ der Personen in Gides „Les faux-monnayeurs“ genauer untersucht.

2.2.1. Die Symbolik der Falschmünzerei in „Les faux-monnayeurs“

Wie zuvor erwähnt, ist der Kern von André Gides Werk „Les faux-monnayeurs“ nicht die Falschmünzerei selbst, sondern die Symbolik dieser.

„Écoutez comme elle sonne bien. Presque le même son que les autres. On jurerait qu’elle est en or. […] Elle n’a pas tout à fait le poids, je crois; mais elle a l’éclat et presque le son d’une vraie pièce; son revêtement est en or, de sorte qu’elle vaut pourtant un peu plus de deux sous; mais elle est en cristal. À l’usage, elle va devenir transparante. Non, ne la frottez pas; vous me l’abîmeriez. Déjà l’on voit presque au travers.” [14]

[...]


[1] (Gide, Les faux-monnayeurs, 1925, S. 201. Deuxième Partie, V., Journal d’Édouard: Conversation avec Sophrinska)

[2] (DUDEN, 2002)

[3] (Das moderne Lexikon, 1979, S. 413)

[4] (Gide, Les faux-monnayeurs, 1925, S. 189. Deuxième Partie, II., Édouard expose ses idées sur le roman)

[5] (Gide, Les faux-monnayeurs, 1925, S. 189. Deuxième Partie, III., Édouard expose ses idées sur le roman.)

[6] (Gide, Les faux-monnayeurs, 1925, S. 189. Deuxième Partie, III., Édouard expose ses idées sur le roman)

[7] (Gide, Les faux-monnayeurs, 1925, S. 189. Deuxième Partie, III., Édouard expose ses idées sur le roman)

[8] (Gide, Les faux-monnayeurs, 1925, S. 248. Troisième Partie, IV., La rentrée.)

[9] (Gide, Les faux-monnayeurs, 1925, S. 259. Troisième Partie, V., Bernard retrouve Olivier, à la sortie de son examen.)

[10] (Gide, Les faux-monnayeurs, 1925, S. 259. Troisième Partie, V., Bernard retrouve Olivier, à la sortie de son examen.)

[11] (Gide, Les faux-monnayeurs, 1925, S. 259. Troisième Partie, V., Bernard retrouve Olivier, à la sortie de son examen.)

[12] (Gide, Les faux-monnayeurs, 1925, S. 260. Troisième Partie, V., Bernard retrouve Olivier, à la sortie de son examen.)

[13] (Gide, Les faux-monnayeurs, 1925, S. 260. Troisième Partie, V., Bernard retrouve Olivier, à la sortie de son examen.)

[14] (Gide, Les faux-monnayeurs, 1925, S. 189. Deuxième Partie, III., Édouard expose ses idées sur le roman)

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Details

Titel
André Gides "Les faux-monnayeurs". Die Symbolik der Falschmünzerei
Untertitel
„Nicht alles, was glänzt, ist Gold.“
Hochschule
Universität Kassel
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
23
Katalognummer
V351697
ISBN (eBook)
9783668381292
ISBN (Buch)
9783668381308
Dateigröße
613 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Französische Literaturwissenschaft, Andre Gide, Les faux monnayeurs, Les caves du vatican, Falschmünzerei, Symbolik, Symbolik der Falschmünzerei
Arbeit zitieren
Ann-Kathrin Berninger (Autor:in), 2014, André Gides "Les faux-monnayeurs". Die Symbolik der Falschmünzerei, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/351697

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