Die erschöpfte Gesellschaft. Human Enhancement als Folge einer chronischen Überforderung?


Studienarbeit, 2016

34 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit

2. Grundlagen
2.1 Anthropologie und Anthropotechnik
2.2 Definition des Begriffs Human Enhancement
2.3 Die vier Positionen des Human Enhancement

3. Die Einteilung von Human Enhancement
3.1 Pharmakologisches Enhancement durch Doping im Sport
3.2 Physisches Enhancement in der Ästhetischen Chirurgie
3.3 Neuro-Enhancement durch Technik und Pillen für den Geist
3.3.1 Technisches Neuro-Enhancement
3.3.2 Pharmakologisches Neuro-Enhancement
3.4 Der neue, perfekte Mensch - Genetisches Enhancement zur Steigerung angeborener Eigenschaften
3.4.1 Somatische Gentherapie
3.4.2 Keimbahn Therapie

4. Bedenken und Kritik an Human Enhancement

5. Kritische Reflexion
5.1. Human Enhancement als Folge einer chronischen Überforderung
5.1.1 Die Leistungsgesellschaft und das Streben nach Erfolg
5.1.2 Perfektion und Vollkommenheit
5.1.3 Null-Fehler-Toleranz
5.2 Persönliche Stellungnahme

6. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Einsatzgebiete von Human Enhancement 7 (Quelle: Eigene Darstellung)

Abb. 2: Anzahl der Zollverfahren im Bereich Arzneimittel 9 (Quelle: Spiegel Online 2015, o.S.)

Abb. 3: Anwendungsgebiete der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie 10 (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Runkel 2010, S. 226)

Abb. 4: Gründe für Doping am Arbeitsplatz aus Sicht von Erwerbstätigen 15 (Quelle: vgl. Heyn 2012, o. S.).

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

“Homo sapiens has been such a prolific species, simply because we are very good at relentlessly adapting to our environment. At the most basic level, we have won control over fire and tools to forge a new world around us, we build shelter and weave clothes to repel the brutal elements, and we raise animals and crops for predictability in our meals. With our intellect and resourcefulness, we are thereby better able to survive this world. However, it is not just the world around us that we desire to change. Since the beginning of history, we also have wanted to become more than human, to become Homo superior.” (Allhoff et. al. 2010, S.4)

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Thema Human Enhancement zu einem ethnisch und moralisch häufig diskutierten Thema in unserer Gesellschaft entwickelt. Längst reicht es dem Menschen nicht mehr aus, lediglich intelligent, gesund oder körperlich fit zu sein. Viel erstrebenswerter ist es, sich ständig zu steigern und zu perfektionieren (vgl. Bostrom & Savulescu 2009, S. 1). Auch der immer stärker werdende Leistungsdruck, Idealvorstellungen unserer Gesellschaft hinsichtlich des Aussehens sowie die Anforderungen des Alltags bringen Menschen immer wieder dazu, neue Wege zu suchen, um diesem Druck gerecht werden zu können. Das 21. Jahrhundert hält durch seine ständigen Fortschritte, wie zum Beispiel in der Pharmazie, unzählige Möglichkeiten bereit, das angestrebte Ideal zu erreichen. Nie war es einfacher, Körperteile zu verändern oder die körperliche und geistige Leistung durch Medikamente zu steigern. Heute stellt sich dadurch immer häufiger die Frage, was der Mensch in einem Zeitalter der Biotechnologie und Anthropotechnik, noch sein und werden kann. Hieraus ergibt sich jedoch auch die Frage nach den Risiken und Folgen dieser unnatürlichen Eingriffe in das Dasein des Menschen (vgl. Schmidt 2012, S. 3f.).

Ziel dieser Studienarbeit ist es, einen Einblick in die Grundlagen des Human Enhancements zu geben und dessen mögliche Ursache, verschiedene Eingriffsbereiche, Möglichkeiten sowie damit verbundene Bedenken und Kritik vorzustellen.

1.2 Aufbau der Arbeit

Im ersten Teil dieser Arbeit, sollen zunächst die relevanten Begrifflichkeiten des Human Enhancement geklärt werden. Hierzu zählen unter anderem die Anthropologie und Anthropotechnik, da sie die Grundlage für das Verständnis des Mensch seins und somit die Ausgangsbasis für Human Enhancement bilden. Im weiten Verlauf werden der Begriff Human Enhancement sowie die jeweiligen Einstellungs-Positionen diesem gegenüber erläutert.

Der zweite Abschnitt der Arbeit, bezieht sich auf die verschiedenen Einsatzgebiete des Human Enhancement und die entsprechenden Enhancement-Möglichkeiten innerhalb des jeweiligen Einsatzgebiets.

Die menschliche Verbesserung bringt jedoch auch Bedenken mit sich, welches im dritten Abschnitt thematisiert wird. Hier wird insbesondere auf die ethischen und rechtlichen Aspekte eingegangen.

Im vorletzten Abschnitt erfolgt eine kritische Reflexion der Thematik sowie eine persönliche Stellungnahme der Autorin.

Abschließend werden ein Fazit und Ausblick gegeben.

2. Grundlagen

Bevor im weiteren Verlauf dieser Arbeit tiefer aufdie Thematik eingegangen wird, sollen nun zunächst als Grundlage, sowie zum besseren Verständnis, die Begriffe Anthropologie, Anthropotechnik, Human Enhancement sowie dessen Positionen beschrieben werden.

2.1 Anthropologie und Anthropotechnik

Bereits seit vorgeschichtlichen Zeiten, finden sich in Mythen, Religionen und Weltanschauungen, aber auch in der Kunst, zahlreiche Grundannahmen der Anthropologie wieder. Die Ambivalenz des Menschen wird besonders gut in den Geschichten des Alten Testaments ausgedrückt. Auch Shakespeare beschreibt in seinen Königsdramen die Einsichten, über das permanente Machtstreben der Menschheit (vgl. zu diesem Absatz Thies 2011, S. 12).

Thies (2011, S. 12) definiert den Begriff Anthropologie wie folgt: „Anthropologie ist, gemäß der griechischen Wortbedeutung, die Lehre vom Menschen, im engeren Sinne das begründete und systematisierte Wissen vom Menschen. In einem weiten Sinne verstehen wir unter Anthropologie alles Nachdenken über den Menschen.“ Folglich stellt sich stets die anthropologische Frage nach dem „Was ist der Mensch?“ (Heilinger 2010, S. 17). In einem besonderen Maße, ist der Mensch das, als was er sich selbst beschreibt. Kulturelle Selbstbestimmungsprozesse von Menschen sind daher ein integraler Bestandteil von dem, was Menschen tatsächlich sind (vgl. ebd.).

„Im Menschen ist Geschöpf und Schöpfer vereint: im Menschen ist Stoff, Bruchstück, Überfluß, Lehm, Koth, Unsinn, Chaos: aber im Menschen ist auch Schöpfer, Bildner, Hammer-Härte, Zuschauer-Göttlichkeit und siebenter Tag: -versteht ihr diesen Gegensatz?“

(Nietzsche 2005, S. 161).

Doch seit geraumer Zeit, beginnt die Menschheit immer mehr damit, sich selbst durch unterschiedlichste Techniken zu einem menschlichen Kunstwerk zu verändern und somit ihren natürlichen Ursprung zu überschreiten. Diese Selbstformung des Menschen kann als Anthropotechnik bezeichnet werden. Bereits 1920, während der russischen Revolution, war der Begriff der Anthropotechnik bekannt und bezeichnete die spekulativ antizipierten Möglichkeiten der biotechnischen Manipulation an der menschlichen Erbsubstanz (vgl. Liggieri 2014, S. 14).

„Anthropotechnik, so ließe sich sagen, ist die Transformation von Natur in Kunst, angewendet auf den Menschen selbst. Technik ist hier allerdings eher im antiken Sinne zu verstehen, als ein methodisches Verfahren, als eine Kunstfertigkeit zur Erreichung bestimmter Zwecke. Sie hat zur Voraussetzung, dass es keine wie immer geartete Natur des Menschen gibt, die sich selbst genügt oder als Maßstab gelten könnte. Für den Menschen war seine eigene Natur nur als Ausgangsmaterial, das es erst zu gestalten galt. Der Naturmensch war schon immer eine Fiktion.“ (Liessmann o. J., S. 2).

Menschen waren folglich schon immer darauf bedacht, sich selbst zu formen und sich in Eigentätigkeit hervorzubringen (vgl. Sloterdijk 2009e, o. S.). Sloterdijk stützt sich dabei auf die Annahme, dass die menschliche Kondition als ein grundlegendes Produkt von Herstellungsweisen und Resultat von Prozessen betrachtet werden kann. Anthropotechnik kann somit auch als eine Art Veränderungsprogramm verstanden werden, bei welchem der Mensch als zu veränderndes Produkt betrachtet wird. Dieses Produkt kann jedoch nur dann verstanden und verändert werden, wenn den Produktionsverfahren und Produktionsverhältnissen analytisch nachgegangen wird. Obgleich von einem Produkt die Rede ist, so darf der Mensch nicht als das Resultat einer Erschaffer-Instanz, wie beispielsweise Gott, betrachtet werden. Vielmehr handelt es sich dabei um ein Resultat einer Produktion, welche selbst keinen Menschen darstellt. (Sloterdijk 2001b, S. 152-168).

2.2 Definition des Begriffs Human Enhancement

„It is only by means of the sciences of life that the quality of life can be readically changed… this really revolutionary revolution is to be achieved, not in the external world, but in the souls and flesh of human beings” (Aldous Huxlex 1969)

Visionäre Szenarien einer grundlegenden Transformation von Mensch, Gesellschaft und Natur, bestimmen in hohem Maße aktuelle Debatten über neue Technologiefelder. Besonders stark und kontrovers, werden insbesondere die neuen Formen der technologischen Perfektionierung des Menschen diskutiert. Als Fachbegriff für diese Perfektionierung, wird der englische Terminus Human Enhancement verwendet. “Strictly speaking, “human enhancement” includes any activity by which we improve our bodies, minds, or abilities—things we do to enhance our well-being.” (Allhoff et. al. 2010, S. 3). Mit diesem Begriff gehen vielschichte Auseinandersetzungen über die Möglichkeiten und Grenzen, sowie der Realisierbarkeit und der Wünschbarkeit dieser Perfektionsvisionen einher (vgl. Woyke 2010, S. 21).

Unter dem Begriff Human Enhancement versteht man alle medizinischen oder biotechnologischen Interventionen, deren Ziel in erster Linie nicht therapeutischer oder präventiver Art ist, sondern viel mehr eine Verbesserung der nichtpathologischen Merkmale darstellt. Jedoch gestaltet es sich als sehr schwierig, Enhancement klar von genau diesen therapeutischen Maßnahmen abzugrenzen. Die Grenzpunkte zwischen Enhancement und Therapie fließen daher in die ethische Enhancement-Debatte ein. (vgl. Biller-Andorno & Salathé 2013, S. 168).

Zwar dienen Dinge, wie zum Beispiel das Lesen von Büchern oder Training zur eigenen Verbesserung, zählen jedoch nicht zum Human Enhancement. Solche natürlichen menschlichen Verbesserungen erweisen sich als uninteressant, da sie in diesem Maße mit keinerlei moralischen Problemen verbunden sind und sich stets die Frage stellen würde, weshalb Menschen sich beispielsweise nicht durch Diäten, oder Ernährungsumstellungen verändern sollten und dürften (Allhoff et. al. 2010, S. 3). Bei Human Enhancement geht es um eine ganz andere Dimension dieser Veränderungsmöglichkeiten, fernab von den ursprünglichen, natürlichen Gegebenheiten.

„[...]“human enhancement” is about boosting our capabilities beyond the species-typical level or statistically normal range of functioning for an individual.“ (Allhoff et. al. 2010, S. 3).

Somit werden darunter viel mehr alle technologischen Eingriffe in die Bandbreite der menschlichen Fähigkeiten verstanden. Hierunter fallen ebenso die körperlichen Fähigkeiten, wie beispielsweise die Verlängerung der Lebenszeit durch die beständige technologische Reparatur altersbedingter Krankheiten oder die Steigerung psychischer, geistiger und sozialer Fähigkeiten (vgl. Bostrom & Roache 2008, S. 3f.). Daraus resultiert, dass es dem Menschen nicht mehr primär um die Optimierung äußerlicher Formen geht, sondern auch um den technologischen Eingriff in das physiologische und biochemische Geschehen im Körper sowie eine innerlich ansetzende Züchtung der Erbanlagen oder der Konstitution neurophysiologischer Prozesse (vgl. Woyke 2010, S. 23).

2.3 Die vier Positionen des Human Enhancement

In den Debatten über Human Enhancement sind unterschiedliche Positionen vertreten, welche eng mit den zugrundeliegenden Menschenbildern, zentralen gesellschaftlich- politischen Prämissen, sowie dem Verständnis und der Bewertung von Natur zusammenhängen. Diese Positionen lassen sich wie folgt unterscheiden (vgl. Woyke 2010, S. 23).

Der Transhumanist: Menschen, welche diese Position vertreten, setzen sich starr für die Legitimität und Notwendigkeit von Human Enhancement ein. Ferner schreibt er dem Menschen ein hohes Potential für die beständige Selbstüberschreitung zu und lehnt alle Einbettungen in übergreifende kulturelle und natürliche Kontexte ab. Prinzipiell hat er keinerlei Einwände gegen eine mäßige oder auch radikale technologische Selbstverbesserung des Menschen. Vielmehr denkt er sogar, dass die verschiedenen Anwendungen des Human Enhancement zur Erhöhung der Lebensqualität beitragen können (vgl. Woyke 2010, S. 23f.). „To a transhumanist, progress occurs when more people become more able to shape themselves, their lives, and the ways they relate to others, in accordance with their own deepest values.“ (Deane-Drummond & Manley Scott 2006, S. 45).

Der liberale Ethiker: Diese Position stimmt für die differenzierte Bewertung der neuen technologischen Möglichkeiten. Gleichzeitig werden dabei aber auch die Berechtigung und die Vernünftigkeit der unterschiedlichen Formen des Human Enhancement betont. Der liberale Ethiker unterstreicht die Veränderlichkeit der Menschenbilder und hält jegliche Art verbindlicher Rahmenvorstellungen für nicht zeitgemäß und argumentiert diese anhand individualistischer und utilitaristischer Prämissen. Die liberalen Ethiker entbinden den Gebrauch von Technologien und Selbstverbesserung weitgehend von der staatlichen Kontrolle und möchten diesen vielmehr in die Entscheidungsgewalt des Einzelnen legen (vgl. Woyke 2010, S. 23f.).

Der konservative Ethiker: Diese Position lehnt Human Enhancement prinzipiell ab. Der Konservative Ethiker verteidigt viel mehr das substantielle Verständnis des Menschenseins und geht von der Unhintergehbarkeit einer Einbettung des menschlichen Handelns in die Ordnung der Natur beziehungsweise der Schöpfung aus. Er setzt geradezu darauf, die Endlichkeit und Unvollkommenheit des Menschen zu betonen und diese mit philosophischen und theologischen Argumenten in ihrer zentralen normativen Bedeutung aufzuzeigen.

Demzufolge bekräftigt er die Notwendigkeit der Beschränkung individueller Handlungsfreiheit. (vgl. Woyke 2010, S. 23ff.)

Der Skeptiker: Der Skeptiker hinterfragt alle Argumentationsmuster von Befürwortern von Human Enhancement und ist diesem gegenüber insgesamt sehr kritisch. Das ganze Menschsein betrachtet er in seiner Reichhaltigkeit an natürlichen, historischen und kulturellen Dimensionen als bewahrenswert. Die Realisierbarkeit und Wünschbarkeit der verschiedenen Ansätze einer technologischen Perfektionierung der Menschheit zieht er in Zweifel. (vgl. Woyke 2010, S. 31f.). Dennoch stimmt der Skeptiker in vielen Grundüberzeugungen mit den Ansichten des konservativen Ethikers überein. Seine Argumentationen sind jedoch weniger dogmatisch und er bemüht sich vielmehr um universalisierbare Aussagen. Auch wahrt er viel mehr Distanz gegenüber starken metaphysischen oder gar religiösen Begründungen (vgl. Clarke & Roache 2009, S. 55).

3. Die Einteilung von Human Enhancement

“Are we good enough? If not, how may we improve ourselves? Must we restrict ourselves to traditional methods like study and training? Or should we also use science to enhance some of our mental and physical capacities more directly?”

(Bostrom & Savulescu 2009, S. 1)

Forschung und Technologie schreiten in einer solch enormen Schnelligkeit voran, dass es vermutlich auch in Zukunft, zahlreiche verbesserte Mittel und Wege geben wird, die zu der Optimierung des Menschen beitragen können. Alles wird immer noch besser, auch der Mensch. Noch vor der Geburt, beginnen bereits die ersten Optimierungsprogramme, welche zum Ziel haben, dass sich das Individuum später umfassende Kompetenzen aneignen kann, dass Begabungen sofort erkannt und Höchstleistungen erbracht werden können. Im weiteren Verlauf des Lebens kann der Körper modelliert und trainiert werden, leistungssteigernde Nahrungsergänzungsmittel und langfristige Anti-Aging-Strategien können für eine effiziente Nutzung der physischen Ressourcen sorgen. Auch kleine Defizite und Verfallserscheinungen können durch die ästhetische Chirurgie behoben, größere Defizite durch künstliche Implantate oder Prothesen korrigiert werden. Ebenso kann auch das Gehirn gefördert, gedopt und mit Informations- und Kommunikationsmedien kurzgeschlossen werden. Die Seele kann durch Psychopharmaka von allen Irritationen befreit und durch dauerhafte Kontrolle in Balance gehalten werden. All diese Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts, sind Maßnahmen, die für die Verwirklichung des perfekten, transhumanen Wesen stehen. Jenes Wesen, das reibungslos funktioniert und dem alles Menschliche fremd geworden ist (vgl. Liesmann 2016, S. 8). Mit diesen ständig verbesserten und erweiterten Mitteln und Wegen, wachsen aber auch weiterhin die ethischen Fragen hinsichtlich des Human Enhancement. Um einen Überblick über den breit aufgestellten Begriff Human Enhancement zu wahren, sollte zunächst eine Unterteilung in verschiedene Anwendungsgebiete vorgenommen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Einsatzgebiete von Human Enhancement (Quelle: Eigene Darstellung)

In den nachfolgenden Punkten, werden diese Anwendungsbereiche des Human Enhancement genauer erläutert sowie die Möglichkeiten innerhalb des Einsatzgebietes genannt.

3.1 Pharmakologisches Enhancement durch Doping im Sport

Pharmakologisches Enhancement kann als sehr realitätsnah betrachtet werden, da es im Gegensatz zu anderen technischen Möglichkeiten, zum Großteil tatsächlich realisiert wurde und somit nicht nur eine denkbare Option der Zukunft darstellt. Hierunter fallen alle Pharmaka, welche zur reinen Verbesserung dienen und somit dem nicht- zulassungsgemäßen Einsatz von Mitteln zugeschrieben werden müssen (vgl. Wienke et. al. 2009, S. 69). Die Wirksamkeit der Substanz muss also nicht explizit an einen krankheitsrelevanten Zustand gebunden sein und ferner kann einzelnen Substanzen eine leistungssteigernde Wirkung, auch bei gesunden Menschen, unterstellt werden (vgl. Sauter & Gerlinger 2012, S. 63).

Sobald Anwender Pharmaka als Enhancement einsetzen, wird die tatsächliche Funktion des Medikaments umfunktioniert. Dies geschieht entweder dadurch, dass der Anwendende das ursprünglich zur Therapie verschriebene Medikament selbstständig umfunktioniert, oder aber beim behandelnden Arzt klar geäußert hat, dass ein ganz bestimmtes Medikament zur Umsetzung eines Verbesserungswunsches benötigt wird (vgl. Wienke et. al. 2009, S. 69f.). Insbesondere unter Sportlern ist diese Art von Enhancement sehr verbreitet.

Mittels Doping, hat der Mensch die Möglichkeit, sein natürliches, leibliches Maß zu überschreiten und missachtet damit die ihm von der Natur gesetzten Grenzen. Dies bedeutet, dass herausragende sportliche Leistungen nicht mehr lediglich durch Anstrengung und Talent hervorgerufen werden, sondern viel mehr durch die verabreichten Wirkstoffe des Dopingmittels (vgl. Runkel 2010, S. 256f.). Das Internationale Olympische Komitee definiert Doping wie folgt: „Doping ist die beabsichtigte oder unbeabsichtigte Verwendung von Substanzen aus verbotenen Wirkstoffgruppen und die Anwendung verbotener Methoden entsprechend der aktuellen Dopingliste." (Westdeutscher Rundfunk online 2016, o. S.). Immer noch schneller, höher und weiter zu sein beziehungsweise zu kommen, ist das Motto eines jeden sportlichen Wettkampfes (vgl. Westdeutscher Rundfunk online 2016, o. S.). Doping wird insbesondere dann verwendet, wenn Sportler den für eskalatorische Prozesse typischen Überforderungstendenzen ausgesetzt sind (vgl. Sauter & Gerlinger 2012, S. 264). Unsere aktuelle Leistungsgesellschaft zeigt sich nirgendwo sonst so sehr, wie im Sportbereich. Siegt man, so winken einem Ruhm und Ehre, verliert man jedoch, so ist man ein niemand. Der Leistungsdruck durch die Trainer, Eltern, aber auch Sponsoren ist so enorm, dass ihm bereits junge Sportler am Anfang ihrer Laufbahn ausgeliefert sind und kaum standhalten können. Als Folge draus, kommt es immer häufiger zum einfachen und schnellen Griff zu verbotenen Mitteln, mit denen der gewünschte Erfolg deutlich leichter zu realisieren ist (vgl. Westdeutscher Rundfunk online 2016, o. S.). Hierbei ist jedoch zu betonen, dass die Verwendung von Arzneimitteln zur Leistungssteigerung im Sport in beinahe allen Ländern verboten ist (vgl. Sauter & Gerlinger 2012, S. 267). Dennoch steigt der Konsum von Dopingmitteln immer weiter an. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass der deutsche Zollfahndungsdienst vermehrten Schmuggel von Dopingsubstanzen wie Anabolika registriert. Von 2006 bis 2014 hat sich die Anzahl der Verfahren bezüglich Doping- Schmuggels mehr als verfünffacht. Die Nachfolgende Abbildung dient zur Veranschaulichung dieses Anstiegs.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Anzahl der Zollverfahren im Bereich Arzneimittel (Quelle: vgl. hierzu Spiegel Online 2015, o. S.)

Leider werden dabei häufig die Nebenwirkungen jener hochdosierten Medikamente unterschätzt, weshalb schon viele Athleten durch diese Fehleinschätzung mit ihrem Leben bezahlen mussten (vgl. Westdeutscher Rundfunk online 2016, o. S.).

In den vergangenen Jahren wurde immer deutlicher, dass Dopingmittel häufig von sportlichen Personen verwendet werden, die jedoch keine Leistungssportler sind. Die Rivalen stellen hierbei nicht die anderen Leistungssportler, sondern die eigene, innere Uhr oder aber das individuelle Maß an Leistungsfähigkeit dar, welches es zu übertreffen gilt. Der menschliche Wunsch nach Selbstoptimierung kann sich hier vor allem in messbaren Leistungen oder Körperkompositionen im Kraftsport zeigen. Alleine in Deutschland gibt es bereits 1 Million Menschen, welche Dopingsubstanzen zu sich nehmen, um sich im Sport zu steigern. In Betracht der individuellen Überforderung durch die Komplexität unserer modernen Gesellschaft, können körperorientierte Aktivitäten als Ausdruck des Wunsches betrachtet werden, wenigstens über den eigenen Körper Kontrolle zu besitzen und auszuüben (vgl. Sauter & Gerlinger 2012, S. 267).

3.2 Physisches Enhancement in der Ästhetischen Chirurgie

Die Möglichkeiten der modernen Medizin werden in erster Linie dazu genutzt, Krankheiten zu heilen oder zu lindern. Prinzipiell können sie aber ebenso genutzt werden, um die physische Konstitution gesunder Menschen und ihre naturgegebenen Fähigkeiten zu verbessern.

[...]

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Die erschöpfte Gesellschaft. Human Enhancement als Folge einer chronischen Überforderung?
Hochschule
Hochschule für angewandtes Management GmbH
Veranstaltung
Selbstmanagement und Human Enhancement
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
34
Katalognummer
V351477
ISBN (eBook)
9783668379299
ISBN (Buch)
9783668379305
Dateigröße
871 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Human Enhancement, Anthropologie, Anthropotechnik, Pharmakologisches Enhancement, Doping im Sport, Physisches Enhancement, Neuro-Enhancement, Leistungsgesellschaft
Arbeit zitieren
Veronika Ganser (Autor:in), 2016, Die erschöpfte Gesellschaft. Human Enhancement als Folge einer chronischen Überforderung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/351477

Kommentare

  • Iris Zeytindali am 18.7.2019

    Ab dem Kapitel zur kritischen Reflexion ist es keine wissenschaftliche Arbeit mehr! Sehr umgangssprachlich formuliert und ohne jeglichen wissenschaftlichen Charakter. Bis dahin jedoch ist die Arbeit sehr gelungen, durch gute Recherche und eine gute Gliederung.
    Allerdings habe ich zwei weitere Autoren entdeckt, die mit dem identischen Titel eine nahezu ähnliche Arbeit geschrieben haben - wer also der/die tatsächliche AutorIn ist und wer bei wem abgeschrieben hat, ist schwer zu sagen und gibt vor allem dieser Arbeit insgesamt einen sehr unseriösen Touch. Die Benotung kann ich hier nicht ganz nachvollziehen, und der Preis erscheint im Nachhinein sehr ungerechtfertigt.

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